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Ausgabe:

1988

Spalte:

675-676

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Gooding, David W.

Titel/Untertitel:

According to Luke 1988

Rezensent:

Burchard, Christoph

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Seite 1

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675

Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 9

676

Judenchristentums, mindestens für die Anfangszeit der Kirche, betonen
(180; einerseits hat er als Mann der dritten christlichen Generation
ein deutliches Interesse an den Fragen von Tradition und Institution
, trotzdem weiß er, daß die Kirche im letzten und entscheidenden
von der unverfügbaren Gegenwart des Geistes Gottes lebt (219 f).

Von den im deutschen Parallelband noch nicht publizierten Beiträgen
ist der einleitende Essay «Luc: Portrait et projet» (15-25) trotz
seiner Kürze besonders bemerkenswert, bietet er doch eine sehr klare
Zusammenfassung der Leitlinien von Bovons Lukasverständnis. Verdienstvoll
ist ferner die skizzenhafte Studie «La figure de Moise dans
L'ceuvre de Luc» (73-96), die den Nachweis erbringt, daß in
Apg7,17-44 Mose als Typus Christi erscheint, um von da aus die
Frage zu stellen (wenn auch nicht abschließend zu beantworten), wie
sich dieser Befund zum sonstigen urchristlichen Mose-Bild verhält.
Ein Beitrag über Apg 10,1-11,18 (97-120) stellt, m. E. zu Recht, heraus
,, daß hinter der Cornelius-Geschichte alte petrinische Tradition
steht, der ein geschichtlicher Kern nicht abzusprechen ist. Dem
Themenkreis der lukanischen Ekklesiologie ist der Aufsatz «Evangelisation
et unite de l'eglise dans la perspective de Luc» (205-220)
gewidmet.

Erlangen Jürgen Roioff

Gooding, David: According to Luke. A new exposition of the Third
Gospel. Leicester: Inter-Varsity Press; Grand Rapids: Eerdmans
1987.362 S.8Pb.£5.95.

David Gooding, emeritierter Professor of Old Testament Greek und
verdienter Septuagintaforscher, hat seinen Kommentar nicht den neu-
testamentlichen Kollegen zugedacht. "It is written, with a great deal of
fellow-feeling, for non-expert but serious readers of Luke's Gospel
whose main difficulty lies not in understanding exactly what Luke is
saying, but in understanding why he says it" (S. 10f)-

Was der dritte Evangelist sagt, ist klar genug oder erklärbar; im
Zweifel hilft F. H. Marshall, The Gospel of Luke, Exeter 1978, eine
gute Autorität (M. Rese, ThLZ 106, 1981, 229f). Zudem berichtet
Lukas, kein Mann gleichen Namens, historisch getreu von Jesus, und
zwar von Jesus dem inkarnierten Sohn Gottes, wie ihn das Credo
bekennt (so sprach Jesus z. B. auch Lk 21,24 und meinte damit, daß
"Jerusalem, the holy city, would become a Gentile city, run by Gen-
tiles according to Gentile values" [S. 327], obwohl der Wortlaut „wird
zertreten bleiben" weniger Voraussicht nahelegt; wenn übrigens die
Endzeitreden in Mk 13 und Mt24f manchmal anders klingen als
Lk 21, dann weil Jesus däS, was er hier öffentlich im Tempel lehrte,
wahrscheinlich nachher privat auf dem Ölberg vertiefte).

Jedoch: wie jeder Historiker schrieb Lukas nicht alles auf, was er
wußte. Die Geschehnisse und Worte sprechen je für sich. Lukas sah
aber oft noch mehr Sinn in ihnen. Der ergibt sich, wenn man beobachtet
, welche Stoffe er auswählte, welche Themen er durch Wiederholung
betonte und wie er das Ganze anordnete. Hier liegt Goodings
Hauptinteresse. Es äußert sich optisch in tabellarischen Gliederungen
zu jedem Abschnitt. Es erklärt auch, warum der Kommentar ungleichmäßig
ist. Zum Beispiel deutet Gooding 2,8-20 (V. 1-7 sind
eine Geschichte für sich) vor allem als Trost für Maria, die seit
1,26-38 keinen Engel mehr gesehen hatte und durch Steuern, Stall
und Krippe verunsichert war; das Gloria 2,14 legt er nicht aus. In
10,25-37 fällt fast alles Licht auf das Gleichnis, weil Gooding die
Perikope als Gegenstück zu 9,51-56 liest, fast keins auf das Doppelgebot
.

Übrigens sieht Gooding, daß literarische Prägung gegen Historizität
ausgespielt werden kann, symmetrische Form (als Ästhetik des kleinen
Mannes) auch gegen Lukas' Kunst, und zeigt in drei Anhängen,
daß das nicht so sein muß(S. 357-362).

Goodings Augenmerk auf Gliederung muß auch Auslegern sympathisch
sein, die seine konservativen Voraussetzungen nicht teilen.
Freilich denkt er für meinen Geschmack oft zu systematisch oder zu

formal. Der erste Abschnitt des Reiseberichts umfaßt nach ihm
9,51-10,37 und zerfällt in zweimal drei Perikopen, die, 1. "costs and
sorrows" (9,51-56.57-62; 10,1-16) und 2. "joys and triumphs"
(10,17-20.21-24.25-37) des Weges der Jünger mit Jesus schildern;
das Ganze heißt "the path to glory". Ich würde den Anfang des Reiseberichts
lieber strikt christologisch lesen. Jesus sorgt durch Boten dafür
, daß man ihn überall als Repräsentanten der Gottesherrschaft
erwartet. Er ist nahe herbeigekommen, und auch wenn er nur durchreist
auf dem Weg in den Himmel, um sich die Krone zu holen (vgl.
19,12), bleibt doch sein Bild gegenwärtig und macht die Zukunft
gewiß (es ist dann auch in diesem Rahmen einen Gedanken wert, ob
10,18 unausgesprochen 9,51 korrespondiert [S. 191]). Dann gehört
aber 10,25-37 nicht mehr dazu, wohl aber mit 10,28-42 und 11,1-13
zusammen. Hier geht es nun um Fragen der Jüngerschaft, nämlich
was einer tun muß, um nach der Begegnung mit der Gottesherrschaft
in Jesus auch das ewige Leben zu bekommen: den Nächsten lieben,
Jesu Wort hören und beten.

Oder: der dritte Abschnitt des Reiseberichts 13,22-17,10 ("The
destination that awaits us") hat ah; 2. Unterabschnitt 14,7-15,2, überschrieben
"The satisfactions of the Messianic banquet". Gooding
trennt also die Gastmahlgespräche 14,7-24 von der Gastmahlszene
14,1-6, verbindet sie dafür mit den Korbedingungen der Jüngerschaft
14,25-35 (m. E. nicht "cost of discipleship" [S. 268]), die Jesus,
wieder auf der Reise, den ihn begleitenden Massen nennt, und schlägt
dazu noch die Einleitung zu den Gleichnissen vom Verlorenen 15,1 f
(15,1 „um ihn zu hören" nimmt wohl bewußt 14,35b auf, aber das ist
eher ein Grund, 14,25-35 auf Kap. 15 hin zu lesen, als dieses Kapitel
zu köpfen). Hat Lukas wirklich so über seine eigenen Situationsangaben
weggedacht?

Heidelberg Christoph Burchard

Barrett, C. K. [Ed.]: The New Testament Background: Selected Docu-
ments. Revised Edition. With Introduction and Notes. London:
SPCK 1987. XXIX,361 S. 8". Kart.£ 12.50.

Die erste Auflage dieses Werkes - in der ThLZ nicht besprochen -
ist bereits 1956 erschienen. Über 30 Jahre hat sie - seit 1959 auch in
deutscher Sprache vorliegend' - als illustre Quellensammlung für Studenten
, Lehrer und Pfarrer einen ausgezeichneten Dienst getan. Angeregt
durch das gleichnamige Buch von P. Fiebig1 hatte B. - anders
als dieser - eine von neutestamentlichen Topoi unabhängige Auswahl
und Übersetzung antiker Texte vorgelegt, getragen von der richtigen
Überzeugung, daß die Umwelt des NT es wert ist, um ihrer selbst
willen studiert zu werden. Wenn sich B. nun zu einer "Revised Edition
" entschlossen hat, so vor allem, um die 1956 noch nicht verfügbaren
Nag Hammadi-Texte zu berücksichtigen und die damals nur
sehr knapp dokumentierten Qumran-Texte in größerer Breite vorzustellen
. Erstmals vertreten sind ferner die großen Tragödiendichter,
die mandäische Literatur, die Targume und die jüdische Mystik, so
daß die Zahl der ausgewählten Texte von 235 auf 280 gestiegen ist.
Willkommen ist die "Revised Edition" aber auch aus dem ganz
anderen Grund, daß die Bekanntschaft von Studenten der Theologie
mit antiker Literatur heute noch geringer sein dürfte als vor 30 Jahren
.

Der Aufbau des Werkes zeigt den soliden, alle wesentlichen Bereiche
der Umwelt des NT abdeckenden Charakter der hier geleisteten
Arbeit. Nach knappen Vorbemerkungen zu den Quellen der in 13 Kapiteln
vorgelegten Texte eröffnet B. die eigentliche Textdarbietung in
Kap. 1 mit 19 Texten zum Stichwort „Das römische Imperium". Es
handelt sich um Texte, die die römischen Kaiser von Augustus bis
Domitian betreffen. Kurze Einleitungen zu den jeweiligen Textgruppen
sowie Anmerkungen zu interpretationsbedürftigen Textwendungen
erleichtern das Verständnis. In gleicher Weise stellt Kap. 2 mit 29
Texten das weite Feld der Papyri vor. Kap. 3 bringt 9 Inschriften, an
erster Stelle die Gallio-Inschrift in Delphi, weiter eine Tempel-