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Ausgabe:

1988

Spalte:

613-614

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Painter, John

Titel/Untertitel:

Theology as hermeneutics 1988

Rezensent:

Schmithals, Walter

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Seite 1

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Theologische Literaturzcitunp I 13. Jahrgang 1988 Nr. 8

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Es sei darauf hingewiesen, daß M. V. Nesterov 1917 ein l'orträtgemälde
..Philosophen" gcmall hat. das l lorenskij und Bulgakov darstellt.

Manchmal hat man den Findruck, als ob M. S„ wenn man es so ausdrücken
darf. Thomas zu stark ..scholastisiert'*. Das gilt vor allem über die Frage nach
den Frkcnnlnismöglichkeitcn des Verstandes in bezug auf die Wahrheit (der
gesamte zweite Teil, aber auch dritter Teil, II und selbstverständlich durchgehend
). Divergenz und Konvergenz zwischen F. und dem Aquinaten läßt sich
n. E. an dem ..semantischen Schlüssel" des intellcctus demonstrieren, den
Thomas als ..intus legere" aullöst, um zugleich seine endlichen Grenzen und
seine gnadenhafle. durch den heiligen Geist bewirkte „Ergänzung" darzustellen
. Die Vorstellung, über den äußeren Text (z. B. eines Symbols, auch eines
Glaubenssymbols!) in seine ,,Inwendigkeil", in seine „Substanz", in seinen
geistigen Text vorzudringen, stellt sich dar als disziplinierte, F. und Thomas
gemeinsame Spiritualität. Mit Recht hat M. S. herausgearbeitet, daß F.s Vorwurf
gegen die katholische Theologie und Philosophie als „Rationalismus" ein
Irrtum gewesen ist. insofern man nicht von Rationalismus, sondern von (im
oben erwähnten Sinne zu verstehender) „intellektueller" Spiritualität reden
s°Hte. die dem russischen Denker keineswegs fremd war. Die Ausräumung
dieses Irrtums bei F. macht aber den Weg frei Für einen parlncrschaftlichcn
Dialog.

Systematische Theologie: Aligemeines

ng, Jesus sei „in das Kcrygma auferstanden", sowie die Problematik
Jer Kontinuität von Jesus zum Christuskcrygma. zum Kanon und zur
Kirche. Kap. 5 schließlieh steht im Zeichen des Verhältnisses von
„Glauben und Verstehen", das Painter sachgemäß als Zirkel von
eigentlichem und uneigentlichem Verstehen der christlichen Botschaft
interpretiert. In diesem Zusammenhang korrigiert er das Mißverständnis
, die Entscheidung des Glaubens sei bei Bultmann inhaltsleer
und geschehe um der Entscheidung selbst willen, und der Glaube
sei individualistisch bzw. wcltlos. Unter der Fragestellung, ob es
authentische menschliche Existenz auch außerhalb des christolo-
gischen Bekenntnisses gebe, nimmt Painter abschließend noch einmal
das verständnisvolle Gespräch mit Schubert Ogden auf.

Das Buch ist mit viel Liebe und Verständnis Für seinen Gegenstand
geschrieben, und man liest es mit Sympathie. Painter will keinen
Beitrag zur Forschung liefern, sondern dem besseren Verstehen
dienen und zur Verständigung helfen. Sein Buch ist sorgfältig und klar
konzipiert und erfüllt seine selbstgcwählte Aufgabe im allgemeinen
hervorragend, dem Leser die Theologie Bultmanns nahezubringen
und Fehlinterpretationen, wie sie nicht nur in englischen Publikationen
verbreitet sind, richtigzustellen.

Herlin (West) Walter Schmithals

Painter, John: TbeotOgy as Hermeneuties. Rudolf Bultmann's Interpretation
of the History of Jesus. Sheffield: Almond Press 1987.
XIV. 265 S. 8* = Historie Texts and Interpreters in Biblical Scho-
larship. Kart. £ 10.95; Lw. £ 25.-.

Der Autor, der in Melbourne Theologie lehrt, beabsichtigt, dem
englischen Leser die Theologie Bultmanns nahezubringen. Er ist von
der Aktualität dieser Theologie überzeugt, sieht aber zugleich, daß
Viele Mißverständnisse der Intention Bultmanns im Schwange sind
und sich, vor allem im englischen Sprachbereich, weiter verfestigen.
Er verbindet deshalb seine Darstellung der Theologie Bultmanns mit
Vielen ausfuhrlichen Richtigstellungen. Dabei befindet ersieh im kri-
•iechen Gespräch vor allem mit S. Ogden. R. C. Roberts. A. C. Thi-
■elton, D. Tracy und R.A.Johnson, daneben mit Karl Barth und
(Hänchen anderen Interpreten Bultmanns. Er orientiert sich vor allem
an Bultmanns Johanneskommentar sowie an den Aufsätzen aus
Glauben und Verstehen. Da er eine Wurzel der vielen Mißverständnisse
, denen Bultmann ausgesetzt ist, darin erkennt, daß Bultmanns
°ft eigenwillige Begrifflichkeit schwer zu übersetzen ist und darum
häutig nicht adäquat ins Englische übertragen wurde, legt er besonderen
Wert auf die semantische Analyse und angemessene Wiedergabe
der Sch I üsseIbegri ffe Bu 11 manns.

Painter gliedert sein Buch in fünf Kapitel, wobei er Überschneidungen
und Wiederholungen um seiner Zielsetzung willen in Kauf
ni"init. In allen fünf Kapiteln spricht er dabei, vor allem im Gespräch
Olli Schubert Ogden. das im Untertitel seines Buches genannte Problem
an. welche Bedeutung die Geschichte Jesu für Bultmanns Theo-
'ogiehat.

Kap. I beläßt sich mit dem Wesen der existentialen Interpretation.
Die Anthropologie Bultmanns - der Mensch als Beziehungswesen -
*'rd mit Rücksicht auf Heidegger angemessen dargelegt, zugleich die
"leologische Unabhängigkeit Bultmanns von Heidegger aufgezeigt.
^aP. 2 wendet sieh dem Geschichtsbegriff Bultmanns zu und unter-
•Cheidet sachgemäß zwischen „historischem Faktum" im Sinne der
'"gemeinen Weltgeschichte und dem vom Kerygma konstituierten
•geschichtlichen Ereignis". In diesem Zusammenhang versucht Pain-
,cr. den Übergang von Jesus als dem Verkündiger zum verkündigten
^ liristus zu erhellen. Kap. 3 behandelt einfühlsam das Phänomen des
Mythos und das Problem der Entmythologisierung. Daß Bultmanns
Eitmythologisierungsprogramm eine Antwort auf das "mylhologi-
e-'IK based Nazi gospcl of'Blood and Soil'" gewesen sei, ist freilich
e|r> Mißverständnis des einen und des anderen. Kap. 4 orientiert sich
'"ii Begriff des Kerygmas und untersucht unter anderem die Wcn-

Althaus. Hein/ [Hg.]: Apokalyptik und Eschatologie. Sinn und Ziel
der Geschichte. Frciburg-Basel-Wien: Herder 1987. 142 S. 8".
Kart. DM 19,80.

Apokalyptik - oder was man dafür hält - hat derzeit offenbar
Konjunktur. Im Vorwort von H. Althaus wird das vor allem auf die
wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der 70er Jahre vorrangig
im Westen zurückgeführt. Hinzu kommen fortschreitender
Rüstungswettlauf und Gefährdung des Friedens. Weltuntergangs^
Stimmung, so scheint es, ist omnipräsent: Apocalypse now.

Ich lasse es dahingestellt, ob diese Situationsbeschreibung die
gegenwärtige Bcwußtscinslagc wirklich zutreffend charakterisiert.
Nach den Worten des Hg. jedenfalls benennt sie den aktuellen Kontext
und gemeinsamen Bezugspunkt der in dem Sammeiband vereinten
, ursprünglich für eine 1985 in Köln veranstaltete Eorlbildungs-
tagung des Verbandes katholischer Religionsichrer an Gymnasien in
West- und Norddeutschland konzipierten Beiträge. Gleichwohl überwiegt
in ihnen eindeutig die historische bzw. geistesgeschichtliche
Perspektive. Ansätze der Aktualisierung sind zwar gegeben, aber keineswegs
in dem Maße, wie es das Vorwort erwarten läßt: Im übrigen
wird nicht hinreichend klar, wie man sich eigentlich das Verhältnis
geschichtlicher Analyse und aktueller Urleilsbildung zu denken hat.
Diese Anfrage betrifft primär die Gesamtkonzeption des Sammelhan-
des und weniger die Einzelbeiträge, die im folgenden in gegebener
Reihenfolge kurz vorgestellt werden sollen.

1. H. Merklein, Professor für Ncutestamcntliehe Exegese in Bonn,
gibt einen summarischen, chronologisch bzw. traditionsgeschichtlich
geordneten Uberblick über Eschatologie im Neuen Testament
(11-42). Dabei gelangt er zu dem Ergebnis, daß sich die Vielzahl
cschatologischer Entwürfe im NT nicht zu einem einheitlichen Konzept
systematisieren läßt: daß dennoch im Singular von neutesta-
menllicher Eschatologie gesprochen werden könne, sei darin begründet
, daß die ( hristologie ihre cinheitstiftende Konstante darstelle.

2. Apokalyptik im Judentum (43-72) ist Thema der Studie von
I. Maier, Professor für Judaislik in Köln. Maier bestreitet, daß sich
eine überzeugende literaturwissenschaftliche Definition der behaupteten
Gattung „Apokalypse" finden lasse. Ebensowenig sei „Apokalyptik
" eine klar bestimmbare und eingrenzbare historische Größe; es
handle sich dabei iclmchr um „ein Sy mptom, das auftritt, sobald auf
der Basis des deutcronomislisch-eschatologischen Geschichtsbildes
die Überzeugung Platz greift, die eigene Gegenwart sei jene entscheidende
Phase, in der im menschlichen wie übermenschlichen Bereich