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1988

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Neues Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Litcraturzeitung 1 13. Jahrgang 1988 Nr. 8

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verhilft ihm die Theorie über das Verhältnis von Gesellschaft und
Gewalt des französischen strukturalistischen Anthropologen Rene
Girard. Nach der tiefschürfenden Deutung von Gen 3 (in Verbindung
mit Gen 4) und Ps 51,7 wäre man für eine Einbeziehung von
Rom 5,12 ff dankbar gewesen.

Die Rahmenstücke des Buches greifen zum Teil weit über das in
seinem Titel bezeichnete Thema hinaus. Was der Vf. im Gespräch mit
Peter Handke über den Glauben und die Form (17-29), über seine
Vision einer menschlichen Stadt (30-47 = GuL 58, 1985, 402-414)
und unter der Uberschrift Buch und Bibliothek zugleich über neuere
deutsche Bibelübersetzungen (217-234) zu sagen weiß, hat mit dem
Jüdischen im Christentum kaum zu tun.

Mit der Herausarbeitung einer der alttestamentlich-jüdischen Tradition
abgewonnenen Denkform hat der Vf. die biblischen Fundamente
einer aktuellen befreiungstheologischen Position freigelegt.
Dieser Entwurf bedarf selbst freilich des Korrektivs im Sinne eines
neutestamentlich fundierten inkarnatorisch-staurologischen Hcilsver-
ständnisses, damit über dem Gewinn der einen nicht die andere
Dimension verlorengeht.

Leipzig/Halle (Saale) Wolfgang Wiefel

Lohfink. Gerhard, u. Rudolf Pesch: Tiefenpsychologie und keine
Exegese. Eine Auseinandersetzung mit Eugen Drewermann. Stuttgart
: Kath. Bibelwerk 1987. 112 S. 8" = SBS, 129. Kart.
DM 26,80.

Diese Veröffentlichung der beiden katholischen Neutestamentlcr,
die ihre Universitätsämter aufgaben, um sich in den Dienst der „Integrierten
Gemeinde" in München nehmen zu lassen, will eine engagierte
Streitschrift sein; sie wird zugleich eine Schrift, die mit
bemerkenswertem Anspruch für ihre Gemeinde wirbt.

Ohne daß erkennbar würde, wer von den beiden Autoren jeweils
federführend ist, setzen sie sich mit dem Werk von Eugen Drewermann
, Tiefenpsychologie und Exegese I.II. Olten-Frciburg
1984/1985 - und nur mit diesem (vgl. S. 101) - auseinander. Ein
erster Teil befaßt sich mit dem Angriff Drewermanns gegen die historisch
-kritische Exegese insgesamt sowie mit der tiefenpsychologischen
Alternative, die er ihr entgegensetzt, einschließlich deren Voraussetzungen
und Implikationen; ein zweiter Teil stellt exemplarisch
einige seiner Exegesen kritisch vor; ein abschließender dritter Teil
faßt die Kritik an Drewermann zusammen, stellt das Recht seiner
Anfrage heraus und legt eine Ortsbestimmung des eigenen Verstehens
und Auslegens vor. Zweifellos zu Recht wird hinsichtlich Drewermanns
konstatiert: „Aufs Ganze gesehen, ist die Theologie verabschiedet
; sie hat zugunsten einer vagen Religiosität abgedankt, die sich
mit der Tiefenpsychologie zu einer modernen Gnosis verbindet"
(S. 101).

Fraglich ist allerdings, ob einem solchen Phänomen - trotz des
Anspruchs, den Drewermann erhebt - mittels einer Auseinandersetzung
über die Exegese beizukommen ist, oder ob hier nicht von allem
Anfang an systematisch gestritten werden muß, was die Autoren
durchaus auch tun (dazu s. auch H.-M. Barth, Gottes Wort ist dreifaltig
, in: ThLZ 113, 1988,241-254).

T. H.

Dupont. Jacques: Le Dieu de Jesus (NRTh 109, 1987,321-344).

Lührmann. Dieter: Die Pharisäer und die Schriftgelehrtcn im Markusevangelium
(ZNW 78,1987,169-185).

Mußner, Franz: Was lehn Jesus über das Ende der Welt? Frciburg-Ba-
sel-Wien: Herder 1987.92 S. 8 Pb. DM 12,-.

Scanlin. Harold P.: Bible Translation as a Means of Communicating New
Testament Textual Critism to the public (BiTi*39,1988,101-114).

Schilling. Alfred: Geschichten Jesu - weitererzählt. Frciburg-Basel-Wicn:
Herder 1988. 158 S. kl. 8- = Herder Taschenbuch, 1513. DM 9,90.

Stcgvmann, Wollgang: War der Apostel Paulus ein römischer Bürger?
(ZNW 78,1987,200-229).

Strecker. Georg: Indicative and Imperative aeeording to Paul (ABR 35, 1987.
60-72).

Vouga. Francois: Römer 1,18-3,20als narratio(ThGl 77, 1987,225-236).
Weder. Hans: Zu neuen Ufern? Exegetische Vorstöße in methodisches Neuland
(EK 21, 1988, 141-144).

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Actualite de la Reforme. Vingt-quatre lecons presentecs par la Fa-
cultc de theologie de l'Univcrsite de Gcnevc a l'Auditoire de Calvin
dans le cadre du 450e anniversaire de la Reformation 1536-1986.
Genf: Labor et Fides 1987. 328 S. 8" = Publications de la Faculte de
Theologie de l'Universite de Geneve, 12.

Der Titel der Vortragssammlung entspricht exakt dem Sachverhalt
: Wir haben 24 Vorlesungen vor uns, die der Aktualisierung des
Lebenswerkes Calvins dienen können. Also: kein Programm historisierender
Calvin-Forschung, sondern ein Fragenkatalog darüber, was
der Genfer Reformator heute oder zukünftig Tür die Kirche bedeuten
könnte. Veranstalter und Zusammensetzung der jeweiligen Auditorien
im Mai 1986,450 Jahre nach offizieller Einführung der Reformation
in Genf, geben schon Anhaltspunkte für den inhaltlichen
Rahmen des Dargebotenen. Die Theologische Fakultät in Genf, die
protestantische Nationalkirche, die ganze Republik und der Reformierte
Weltbund gedachten des 21. Mai 1536, des Tages der Einführung
der Reformation durch Generalratsbeschluß in dem Genfer
Stadtstaat.

Als Rahmen für den festlichen Anlaß wurde weniger eine Konferenz
, vielmehr eine Vorlesungsreihe gewählt, deren ökumenische
Weite schon durch die Referenten zum Ausdruck kommt. Ein Vertreter
des Römisch-katholischen Sekretariates für die Einheit der
Christen beteiligte sich ebenso wie ein griechisch-orthodoxer Gelehrter
wie auch der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen
, Emilio Castro, der Stadt und der calvinistischen Reformation
durch seinen Dienst besonders verbunden. Da Calvins Bedeutung weit
über Theologie und Kirche hinausging, wurde auch der Altrektor der
Universität, der Physiker M. Peter, eingeladen, der denn auch protestantische
Theologie und Naturwissenschaft in seinem Beitrag aufeinander
bezog (21).

Der Sammelband macht zweierlei deutlich: Calvins Vermächtnis
lebt nicht nur in inzwischen alt gewordenen reformatorischen Kirchen
und theologischen Fakultäten, sondern auch nach manchen
Wandlungen in der heutigen Gesellschaft. Zum anderen erfahren hier
die mannigfachen mehr oder weniger spezialisierten und von Experten
besuchten internationalen Calvin-Kongresse, deren Berichterstattung
großenteils literarisch vorliegt, eine begrüßenswerte Ergänzung-
Die Dialognotwendigkeit und -bereitschaft heutiger Theologie, die
vom Verfasser des Vorwortes, Dekan Jean-Marc Chappuis, direkt und
indirekt angesprochen wird (5), hat ihre interdisziplinär fragenden
Partner. Das vorliegende Buch ist des Zeuge.

6 Themenkomplexe werden jeweils durch mindestens 2, meist aber
mehrere Vorträge berührt: I.Reformierte Theologie und die Welt
von heute, 2. Besonderheiten der reformierten Bibelcxegese, 3. Aktuelle
Probleme der reformierten Praxis und Ethik, 4. Geschichtsschreibung
der Reformation in Genf und der reformierten Theologie.
5. Reformierte Sensibilitäten, 6. Reformierte Theologie und ökumenische
Bewegung.

Eine irgendwie akzentuierende Gesamteinschätzung hat der Band
nicht, auch das Vorwort verzichtet - von allgemeinen Angaben zum
kulturellen Fortschritt Genfs durch die Einführung der Reformation
abgesehen - auf summierende Notizen, so daß jeder Vortrag für sich
steht und eine Generallinie erst gar nicht gesucht werden sollte.

A. Dumas äußert sich einleitend zur reformierten Identität «Scule-