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Ausgabe:

1988

Spalte:

37-38

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Nyberg, Tore

Titel/Untertitel:

Die Kirche in Skandinavien 1988

Rezensent:

Haendler, Gert

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Seite 1

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Theologische Litcraturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. I

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liert Jasper: „Nimmt man alles zusammen, so ist mir die Verfälschung
des Pwd. zu Anfang der großen Auseinandersetzungen zwischen
Heinrich IV. und Gregor VII. im Frühjahr 1076 am wahrscheinlichsten
. Dabei ging es nicht um die Nivellierung der kardinalizischen
Ordines - dieses Problem dürfte sich dem Fälscher so wenig gestellt
haben wie den Wormser Bischöfen - sondern um die gebührende
Berücksichtigung der kaiserlichen Mitspräche bei der Papstwahl.
Offensichtlich war dem Autor der Verfälschung im echten Dekret, in
dem die Königsklausel an entlegener Stelle steht, das königliche Recht
nicht klar genug ausgedrückt und gewährleistet. .." (88).

Ein Textanhang nennt die Handschriften (91-97) und bietet im
Paralleldruck die echte und verfälschte Fassung des Pwd. (98-119); es
folgen die Kurzformen des Pwd. (120-127). Man kann so jene Stellen
nachschlagen, die in der vorangegangenen Untersuchung eine Rolle
gespielt haben. Die spezielle Untersuchung dürfte kaum breitere
Leserkreise ansprechen; der Fachmann jedoch wird an ihr nicht vorübergehen
können.

Rostock GertHaendler

Nyberg. Tore S.: Die Kirche in Skandinavien. Mitteleuropäischerund
englischer Einfluß im 11. und 12. Jahrhundert. Anfänge der Domkapitel
Borglum- und Odense in Dänemark. Sigmaringen: Thorbecke
1986. 197 S. m. I Kte, 1 Farbtaf. gr. 8" = Beiträge zur
Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters, 10. Lw.
DM 58,-.

Die Untersuchung beginnt mit einem Überblick: „Die Errichtung
der skandinavischen Kirchenprovinzen. Der regionale Hintergrund
"nd der Einfluß zeittypischer Vorstellungen" (Kap. I). In Dänemark
'egten die ersten christlichen Könige wahrscheinlich neue Grenzen
fest, die für den Aufbau der Kirche wichtig waren (11-20). In
Schweden dagegen übernahmen die Bistümer die alten Grenzen der
Thingversammlung (20-24). Über den Geschichtsschreiber Adam
von Bremen wird gesagt, ihm sei „immer noch etwas Neues abzugewinnen
" (24). Adam hat sich in Dänemark von dem alten König Sven
Estridsen informieren lassen; Adam schrieb nach 1066, also nach dem
Sturz des Erzbischofs Adalbert „in den ersten aufregenden Jahren des
neuen Papstes Gregor VII.". Adam wollte „der Nachwelt Ereignisse
einer vergangenen, von der neuen Gegenwart bedrohten großen Epo-
ehe eines alten Kirchenfursten" überliefern (25). Adam verwies auf
Ansgar (28), die Rolle Gotlands und der Älandsinseln wird untersucht
. Detailbeobachtungen erhellen die Angaben bei Adam (33
Passim). „Das Bild Adams spiegelt zweifellos den Weg des deutsch-
ontinentalen Einflusses in Skandinavien, der somit auf dem Landwege
die Südgotar, auf dem Seewege die Nordgotar erreichte. Wir
mussen annehmen, daß diese Gesamtvorstellung dem Horizont nordischer
Informanten Adams entsprochen hat." (34) - Die nächste
wichtige Quelle ist die „Florenzliste", eine Handschrift aus der Biblio-
*heca Laurenziana in Florenz, die einen Abschnitt über Skandinavien
enthält. Ähnlich wie Adam von Bremen hat auch die Florenzliste „die
^andinavischen Angaben über die Himmelsrichtungen in die eigene

orstellungswelt übersetzt und entsprechend korrigiert" (42). Man

ann erneut das Konzept der entstehenden Bistümer erkennen, das
schon Adam zeigte und das bei „der endgültigen Bistumseinteilung
v°m Jahrc I 164 ... am deutlichsten" hervortrat (57). Die Florenzliste
sPiegelt vermutlich die Lage um I 100 wider, kurz vor der Errichtung
des Erzbistums Lund 1103/04 mit seiner Kirchenprovinz. - Römische
Quellen aus dem 12. Jh. sind Provinzverzeichnissc, die auf

eneim (den späteren Papst Honorius III.) sowie auf den Kardinal
A'binus zurückgehen. Deutlich treten 3 Kirchenprovinzen im Norken
hervor: Trundum, Lundis und Ubsalensis (59). Probleme gibt es

e' der Zahl der zugeordneten Bistümer (60-75). Die Kirchcnprovin-
^en entsprachen den politischen Machtbereichen der Könige. In der
Ute des 13. Jh. ist „politische Macht mit Kirchenprovinz ausnahmslos
kongruent" (76). Englische Missionare bewirkten keine

dauerhaften größeren Kirchenstrukturen, die vielmehr „als eine
kontinuierliche Geschichte kontinentaleuropäischer Impulse" zu
beschreiben sind (78).

Zwei Bistümer werden im Detail beschrieben. Das Bistum Borglum
im Norden Jütlands geht zurück auf ein Bistum Wendila, das 1065/66
entstand; nach Adam 111,7 wurde das Bistum Ribe damals geteilt in
4 Bistümer: Ribe, Viborg, Ärhus und „Wendila insula" (81). Bei
einem Aufstand gegen den König befand sich dieser 1085 beim 3. Bischof
von Wendila (82). Die Florenzliste nennt als 8. Bistum in
Dänemark Birgila. Offenbar war kurz vorher dem Bischof von Wendila
der Königshof Borglum (Birgila) geschenkt worden (85). Die
Synode in Lund 1139 brachte den Abschluß, „nach diesem Jahr
kommt kein anderer Bischofstitel,als Borglum für das Inselbistum
vor" (88). Zu seiner Aufwertung sollte eine Klerikergemeinschaft
errichtet werden; erste Kontakte zum Kloster Steinfeld in der Eifel
wurden vermutlich noch 1139 aufgenommen unter Mitwirkung des
päpstlichen Legaten Theodewin; er hatte in Lund den Vorsitz, als
1139 „ganz Skandinavien kirchlich dem Erzbischof von Lund unterstellt
und die .. Rückführung Skandinaviens unter die Oberhoheit
der Hamburger Erzbischöfe endgültig aufgegeben wurde" (106). Das
Kloster Steinfeld knüpfte später Kontakte zum Prämonstratenser-
orden; auf diesem Wege mußte Borglum „etwa von 1180 an Premon-
tre als Hauptkloster und Norm der klösterlichen Lebensweise
anerkennen" (109).

Kapitel III „Die Stellung des Benediktiner-Domkapitels von
Odense im 12. Jahrhundert" verweist auf Einflüsse aus England (III).
Erster Bischof von Odense war Hubald, dem Papst Paschalis II. im
Jahre 1117 Besitz bestätigte (113). Sehr detailliert werden die Pfarrkirchen
von Odense (118-122) sowie der königliche Einfluß auf die
Ämterbesetzung untersucht. Die Synode in Lund 1139 sprach dem
Knudskloster „die erste Stimme bei der Bischofswahl und die volle
Entscheidung bei der Priorwahl zu" (128). Papst Alexander bestätigte
1180 die Rechte des Klosters (132 mit Textvergleichungen). Damit
war der „König gänzlich um seinen Einfluß auf die Bischofswahl von
Odense und auf die Priorwahl im Knudskloster gebracht" (138). Die
Klöster in Dänemark werden beschrieben, Zistersienser und Prämon-
stratenser gewannen größeren Einfluß. Das 1180 bestätigte Wahlrecht
der Mönche für den Bischofssitz von Odense „bedeutete im gewissen
Sinne eine Gegenmaßnahme der gemäßigten Benediktiner unter dem
Eindruck der großen Erfolge des zistersiensischen Benediktincrtums
in Dänemark seit 1150" (161).

Es gibt Gemeinsamkeiten zwischen Borglum und Odense: Der
Inselcharakter der beiden Bistümer, die aus politisch zweitrangigen
Gebieten Dänemarks bestehen, die vom Rechtsleben Jütlands abhängig
sind und in denen der König einen gewissen Rückhalt behalten
wollte. Beide Domkapitel wurden Glieder eines Ordensverbandes, das
Bischofsamt war primär den Mitgliedern des mönchischen Domkapitels
vorbehalten. Es'gab auch Unterschiede: Odense war eine
Stadt, Borglum ein einsamer Hof; die Benediktiner waren anders
strukturiert als die Prämonstratenser; Odense geht auf englische
Einflüsse zurück, Borglum nur auf kontinentale Tradition (168). Ausführliche
Verzeichnisse und Register beschließen den Band
(169-184). Die Untersuchungen gehen oft sehr speziell ins Detail, die
Ergebnisse sind von großem Interesse für die Kirchengeschichte des
Mittelalters und für die Geschichte der deutsch-skandinavischen
Kirchenbeziehungen.

Rostock Gert Haendler

Kirchengeschichte: Neuzeit

Roon, Ger van: Widerstand im Dritten Reich. Ein Überblick. 4..
neubearb. Aufl. Aus dem Niederländ. von M. E. Baumer-Thierfelder
. München: Beck 1987. 253 S. kl. 8'= Beck'sche Reihe, 191.
Pb. DM 17.80.