Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1988

Spalte:

592-593

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schenk, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Die Sprache des Matthäus 1988

Rezensent:

Becker, Jürgen

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

591

Theologische Literaturzeilung I 13. .lahrgang 1988 Nr. 8

592

Eine Fehlanzeige und ein Ausrufezeichen zum Schluß: Der früh
jüdischen Synagoge ist kein eigener Abschnitt gewidmet. Seitenblicke
in den Beiträgen von Meyers (Archäologie) und Charlesworth
(Gebete) ersetzen nicht, was etwa P. Schäfer in dem oben angeführten
deutschsprachigen Band (a. a. O. 391-413) geboten hat. Die von den
Hgg. angesagte Internationalität ist trotz deutlicher Prägung durch das
Herkunftsland in allen Teilen des Berichts durchgehalten. Der Rez. ist
beeindruckt, daß (ausgewiesen durch das sorgfaltige Personenregister)
G. Delling unter den auswärtigen Namen nahezu oben ansteht und
Autoren wie H. Bardtke. R. Meyer und N. Walter vordere Plätze
einnehmen. Die Überwindung von nationalen wie konfessionellen
Grenzen ist in diesem Bereich der Wissenschaft nicht mehr Vision,
sondern Wirklichkeit.

Leipzig/Halle (Saale) Wolfgang Wiefel

Hebräische Beiträge zur Wissenschaft des Judentums deutsch angezeigt
. Im Auftrag der Lessing-Akademie (Wolfenbüttel) hg. von
M.Graetz (Jerusalem) und K.Gründer (Berlin) Jahrgang 1/1985,
1/2. Heidelberg: Schneider 1985. XIX, 176 S. gr. 8'. Kart.
DM 96,-.

Das Vorhaben, dem sich verdienstvollerweise Michael Graetz und
Karlfried Gründer als Herausgeber und Dafna Mach als Übersetzerin
im Auftrage der Lessing-Akademie widmen, bedarf keiner besonderen
Begründung. Deutschsprachige Referate über Arbeiten jüdischer
Gelehrter zu Themen der Bibelwissenschaft, der jüdischen Geschichte
, Kultur und Philosophie sind schon lange ein Desideratum.
Die Zahl der Hebraisten, denen sich ohne weiteres Veröffentlichungen
in hebräischer Sprache erschließen, ist klein; um so größer aber
die Zahl derjenigen, die an den Ergebnissen der modernen Wissenschaft
vom Judentum, speziell aus den Arbeitsbereichen der israelischen
Universitäten interessiert sind. Die erste Doppelliefcrung der
,,Hebräischen Beiträge" dürfte also viele aufmerksame und dankbare
Nutzer finden. Die Herausgeber haben eine Einführung vorangestellt
(XIII-XIX), in der kurz auf die Entwicklung der „Wissenschaft des
Judentums" eingegangen wird. Vornehmlich erörtert werden die
Ursachen für den Wechsel vom Deutschen zum Hebräischen als
Wissenschaftssprache, der sich schon vor der Herrschaft des Faschismus
in Deutschland anbahnte.

Angezeigt werden Monographien und Zeitschriftenaufsätze mit der
jeweils erforderlichen Ausführlichkeit. In einigen Fällen können
Autorreferate geboten werden. Selbstverständlich kann ein Referat in
der wissenschaftlichen Arbeit niemals die Einsichtnahme in die originale
Publikation ersetzen; aber es erleichtert das Auffinden von
Veröffentlichungen, die jeweils der eigenen Forschungsarbeit dienlich
sein können. Vor allem aber vermittelt das neue Referate-Organ einen
Einblick in die Ergebnisse der hebräischsprachigen Forschung zur
Wissenschaft des Judentums, wie er individuell auch bei genügenden
Sprachkenntnissen nicht zu erreichen ist. Man kann dem Unternehmen
, das auf Erweiterung der berücksichtigten Themenkreise angelegt
ist. nur einen guten Fortgang wünschen.

K.-H. B.

Baumgarten, Albert I.: Joscphus und Hippolytus on the Pharisees (HUCA
LV, 1984. 1-25).

Cienkc, Horst: Jeruschalajim - Stadt des Friedens? (Standpunkt 15. 1987,
88-90).

Coldberg. Arnold: Das Schriftzitat in der Hckhalot-Literatur (FJB 1985. 13.
43-60).

Grözinger, Karl Erich: Gershom Scholems Darstellung des Hasidismus und
seine Auseinandersetzung mit Martin Buber (FJB 1984, 12, 105-127).

Hinz, Christoph: Entdeckung der Juden als Brüder und Zeugen. Stationen
und Fragestellungen im christlich-jüdischen Dialog seit 1945 (Berliner Theologische
Zeitschrift 4, 1987, 170-196).

Macina, Robert: Lc «judeo-christianismc» de Franz Rosenzweig. Compro-

mis d'un Juif assimile, esprit de Systeme ou choix existentiel? (RHPhR 66.
1986,429-450).

Schlüter. Margarete: Zur Frage eines Kanons der rabbinischen Literatur im
Iggcrct Rav Sherira Gaon und in der Vorrede zum Mishnc Tora des Rambam
(FJB 1987,15.91-110).

Neues Testament

Schenk, Wolfgang: Die Sprache des Matthäus. Die Text-Konstituenten
in ihren makro- und mikrostrukturellen Relationen. Göttingen
: Vandenhoeck & Ruprecht 1987. V, 493 S. gr. 8". Lw.
DM 98,-.

Der Autor legte sein Werk als Arbeitsbuch an, d. h. er bespricht in
alphabetischer Abfolge den lexikalischen Wortbestand des Matthäusevangeliums
. Man kann die Arbeit also nicht wie eine Monographie
lesen, sondern wird sie zu Einzelfragen immer aufs neue heranziehen.
So gibt es naturgemäß auch keine Hauptthese, die Sch. begründen
will. Er liefert vielmehr zu allen wichtigen wie auch weniger bedeutsamen
Wörtern in gleicher Weise-wie ein in formaler Unbestechlichkeit
arbeitender Computer - die Angaben zur Häufigkeit, Herkunft
sowie syntaktischen und semantischen Kennzeichnung der Wörter.
Sch. faßt das Ziel seines Werkes so zusammen: „Zielpunkt ist eine
kommunikativ-äquivalente Übersetzung" des Mt; „insofern stellt die
Darbietung dieses Handbuchs die Teilarbeit eines Kommentars dar;
sein Ziel ist es, den Quellentext als strukturiertes Material Für weiterführende
Einzelforschungen bereitzustellen" (S. 1).

Damit ist in der Tat jedem Matthäuskommentator ein wichtiges
Basiswerk in die Hand gegeben, mit dessen Hilfe die Eigenheit dieses
Evangelisten erschlossen werden kann. Alle bisherigen sprachlichen
Beobachtungen zu Mt haben demgegenüber nur begrenzte und wenig
systematische Angaben zu dieser Seite des Evangeliums gemacht. Sie
sind in das vorliegende Werk eingeflossen und dabei nicht selten auch
korrigiert worden. Mit Recht erhebt die Untersuchung darüber hinaus
den Anspruch, auch Für den dornigen Weg der Rekonstruktion der
Logienquelle entscheidende Hilfen anzubieten.

Allerdings fallen bei der Anlage des Werkes und bei der Bewertung
der einzelnen Phänomene auch Entscheide, die den Eindruck objektiv
-technischer Neutralität der Darbietungen in einem anderen Licht
erscheinen lassen. Die Erörterung der mt Lexik ist ja nicht zuletzt an
den Textbestand des Mt selbst gebunden. Hier fußt Sch. auf der
Synopsis Quattuor Evangeliorum von K.Aland (9. Aufl. 1976) und
auf den beiden Konkordanzen („Vollständige Konkordanz",
"Computer-Concordance"), die derselbe Autor herausgegeben hat-
Aber die in vielen textkritischen Entscheiden eigene Wege gehende
Synopsc von H. Greeven wird gar nicht konsultiert. Nun soll die Solidität
der Alandschen Opera nicht in Zweifel gezogen werden. Nur indiziert
das Phänomen der Greevenschen Synopse schon als solches,
daß textkritische Entscheide auch wertende und hypothetische Ergebnisse
sind. Man kann also die Statistik von Sch. nicht ohne kritische
Rückfragen zu Vorentscheiden benutzen.

Ein weiterer Vorentscheid wird sichtbar, wenn Sch. seine semantische
Theorie andeutungsweise freigibt. Da liest man: „Ein Wort"
hat „nur Bcdeutungsmöglichkeiu-n . . . Nur Texte haben Bedeutung"
(S. 2. Hervorhebungen von mir). Ich halte dies für eine sehr einseitige,
weil vor allem undialektische These: Worte haben auch Bedeutungsgrenzen
. Als Ausdruck eines Soziolektes können sie sehr hohe
Konstanz, in bezug auf ihre Bedeutung haben. Texte schreiben nicht
nur Bedeutung als Wahl aus Möglichkeiten fest. Sie wiederholen z. B.
auch Bedeutungen, können sie unscharf machen oder sogar verfälschen
. Dazu gehört eine zweite Anmerkung: Sch. kann von dem
angedeuteten Ansatz her nur einer „je autorbezogcne(n) Wortfcld-
analyse" das Wort reden (S. 2). Er plädiert also Für eine „Rezeptionsanalyse
" als „Textverarbeitung eines Autors" (S. 2). Er gewinnt die
Daten dazu vor allem aus dem Vergleich der Synoptiker. Das dabei