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Ausgabe:

1988

Spalte:

551-552

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Christentum, Anthroposophie

Titel/Untertitel:

Waldorfschule 1988

Rezensent:

Kehnscherper, Günther

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 7

552

Der Schlußteil dieser Arbeit verdeutlicht einige wichtige Ergebnisse
. Dabei wird u. a. erkennbar, daß bei vielen Lehrern lt. Umfrageerhebungen
die Vermittlung der Katholischen Soziallehre kaum
mehr als eine nur nebensächliche Rolle spielt. Auch hinsichtlich der
Lehrerausbildung hat die empirische Untersuchung gezeigt, daß die
kirchliche Soziallehre im Studiengang katholischer Religionslehrcr
kaum von Bedeutung ist. Die ungünstigen Relationen zwischen Ist
und Soll, zwischen kirchenamtlicher Forderung und katechetischer
Nichterfüllung haben jedenfalls den Vf. veranlaßt darüber nachzudenken
, „wie ein Weg aussehen könnte, auf dem ein künftiger RU die
KSL fruchtbringend in den Unterricht einbinden kann". (S. 416)

Als evangelischer Rezensent aus der DDR wird einem bei der
Lektüre dieses interessanten Buches sowohl eine konfessionelle als
auch eine gesellschaftliche Distanz deutlich. Es wäre auch zu fragen,
wie die römisch-katholische Kirche hierzulande mit der lehramtlich
festgelegten Soziallehre umgeht und diese den wenigen katholischen
Schülern unserer Erweiterten Oberschulen vermittelt.

Für die Bundesrepublik leistet dieses Buch einen wichtigen Beitrag,
zumal es zeigt, wie eine an sich „trockene" Materie zeitnah und
lebensrelevant umgesetzt werden kann, so daß Gymnasiasten aufmerksam
zuhören und nachdenken lernen.

Leipzig Gottfried Kretzschmar

Christentum, Anthroposophie, Waldorfschule. Waldorfpädagogik im
Umfeld konfessioneller Kritik. 2. Aufl. Mit Beiträgen von
H.-W. Schroeder, M. Debus, A. Sückau, H. Haug, S. Leber, H. von
Kügelgen, W. Schad. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 1987.
I 19 S. 8' = Erziehung vor dem Forum der Zeit. Schriften aus der
Freien Waldorfschule, 15. Kart. DM 10,-.

Trotz einer Fülle anthroposophisch orientierten Schrifttums ist es
doch immer noch recht schwierig, zu bestimmten, vielleicht auch
kontroversen Fragestellungen klare Auskunft im Sinne verbindlicher
Lehraussagen zu erhalten. So darf sich ein Sammelband, der sich
echten Anfragen stellt, kritischen Rückfragen aus christlicher Sicht
nicht ausweicht und sich um eindeutige und verständliche Auskunft
und Definitionen bemüht, allgemeinen Interesses gewiß sein.

Bei der Anwendung anthroposophischer Anschauungen auf verschiedene
Gebiete, wie Kunst, Geistesgeschichte, Medizin, biologisch
-dynamische Landwirtschaft, Mathematik und Astronomie,
stehen gegenwärtig vor allem Heilpädagogik und Erziehungskunst im
Blickfeld der Öffentlichkeit, daneben aber auch weiterhin religionsphilosophische
Fragen im Umfeld christlicher Botschaft. Der Untertitel
des vorliegenden Buches, „Waldorfpädagogik im Umfeld konfessioneller
Kritik", macht Anlaß und Akzentsetzung deutlich. Das
bedeutet aber angesichts der bekannten Weite anthroposophischer
Gedankengänge und Problemfelder keine Verengung, sondern einen
Gewinn für den Leser.

Da die einzelnen Beiträge in ihrem Inhalt und in der Anordnung
einander sinnvoll ergänzend konzipiert erscheinen, seien alle Aufsätze
und ihre Autoren genannt:
Einleitung (Stefan Leber) (7-15)

Vom Wesen des Christentums - was heißt „christlich"? (Hans-Werner

Schroeder) (16-26)
Anthroposophie - eine neue Offenbarung? (Michael Debus) (27-32)
Anthroposophie und häretische Strömungen (Arnold Sückau)(33-41)
Die Legende von der Selbsterlösung (Hellmut Haug) (42-50)
Die Waldorfschule-eine Weltanschauungsschule? (Stefan Leber) (51 -79)
Zum Religionsunterricht an den Freien Waldorfschulen (Helmut von Kügelgen
) (80-91)

Christentum und Naturwissenschaft (Wolfgang Schad) (92-118)

Schon der einleitende Aufsatz von S. Leber setzt in der Bundesrepublik
Wegzeichen. Heilpädagogische Heime und Tagesstätten,
Werkstätten für Behinderte, mehr als hundert Waldorf- oder Rudolf
Steiner-Schulen, 230 Waldorfkindergärten sowie sozialtherapeutische
Bemühungen in verschiedenen Lebensbereichen stehen vor großen

Aufgaben, zu deren Bewältigung die Anthroposophie ihre Kräfte
helfend einbringen möchte, wobei positives Fachwissen und überlieferter
Glaube nicht als gegensätzlich, sondern als sich wechselseitig
ergänzend erlebt werden sollten.

Für die pädagogischen Tätigkeiten wird wichtig, daß die Anthroposophie
schon von ihrer Entstehung her darauf abzielt, „sowohl
Erkenntnis wie Erleben und auch moralisch verantwortetes Handeln
zu vereinen" (10).

Der Beitrag von H.-W. Schroeder entwickelt dann zunächst einmal
eine Bcgrifflichkcit mit Definitionen vor allem im Hinblick auf das
Wesen des Christentums. Die folgenden Autoren bauen darauf auf.
M. Debus bemüht sich verständnisvoll, den Stellenwert der Offenbarung
in der christlichen Verkündigung und in der Anthroposophie
zu klären. Die Darstellung der verwandten Grundstrukturen gibt
A. Sückau Gelegenheit, eine Reihe von Mißverständnissen im Hinblick
auf die Anthroposophie aufzuhellen. H. Haug geht anschließend
auf das Verhältnis von Erlösung und Gnade ein. Wichtige Gegenüberstellungen
von fundamentalen Aussagen zu den Problemfeldern
Schuld und Schuldlösung, Angst und Angstlösung zeichnen dieses
Kapitel aus. Die religionsphilosophischen Erkenntnisse werden dann
von S. Leber und H. von Kügelgen am Beispiel der Waldorfschulen
untersucht. Der Naturwissenschaftler W. Schad macht abschließend
auf Aspekte gegenwärtiger Umweltproblematik aufmerksam. Auch
dieser wichtige Beitrag zum Gespräch zwischen den Naturwissenschaften
und dem Christentum ist durch Sachkenntnis und unpolemische
Darstellungsweise gekennzeichnet.

Es fällt in diesem Sammelband auf, daß nicht dogmatisiert wird,
sondern die Begriffe und die durch sie gekennzeichneten Sachverhalte
offen sind für das Gespräch und damit zugleich für Verständnis
werben.

Eine wichtige Hilfe zur Aufarbeitung des dargestellten Materials ist
die am Schluß des instruktiven Bandes zusammengestellte weiterführende
Literatur.

Greilswald Günther Kchnscherper

Ökumenik: Allgemeines

Fries, Heinrich, u. Otto Hermann Pesch: Streiten für die eine Kirche.

München: Köscl 1987. 190 S. 8" = Evangelium konkret. Kart.
DM 26,80.

Das vorliegende Buch, Michael Schmaus zum 90. Geburtstag
gewidmet, besteht aus drei Teilen. Im ersten liefert H. Fries eine ausführliche
Bilanz über bisherige Reaktionen zu seinem zusammen mit
K. Rahner geschriebenen Buch „Einigung der Kirchen - reale
Möglichkeit", 1983 (ThLZ 109, 1984, 312-314). O. H. Pesch, der
sowohl den zweiten wie den dritten Teil verfaßt hat, gibt zuerst eine
Einführung in das von K. Lehmann und W. Pannenberg herausgegebene
Werk „Lehrverurteilungen - kirchentrennend? I: Rechtfertigung
, Sakrament und Amt im Zeitalter der Reformation und
heute", 1986, und behandelt zum Schluß Aspekte der gegenwärtigen
ökumenischen Lage unter dem Titel: Ökumenismus der Bekehrung in
der Zerreißprobe der Logik. Ein Rückblick auf das Ökumenismusdekret
des 2. Vatikanischen Konzils.

Der Beitrag von Fries ist eine stark erweiterte Version eines Nachworts
, das 1985 in einer Sonderausgabc von „Einigung der Kirchen
. . ." erschien. Einige Seiten dieses Nachworts sind in fast
unveränderter Gestalt wiedergegeben, z. B. die Ablehnung der Kritik
von E. Hcrms. Dabei sind inzwischen andere Stimmen hinzugekommen
, die meisten mit vollem Verständnis für das Anliegen des Buches.
Unter ihnen ist vielleicht besonders O. Cullmann zu nennen, der 1986
mit der Schrift „Einheit durch Vielfalt" hervortrat. Für ihn liegt der
Hauptunterschied zwischen dem I rics-Rahnerschen Konzept und