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Ausgabe:

1988

Spalte:

541-542

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Osborne, Kenan B.

Titel/Untertitel:

The Christian sacraments of initiation 1988

Rezensent:

Wenz, Gunther

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541

Theologische Litcraturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 7

542

zieren zu entgehen und neue Kriterien für die Beurteilung kirchlicher
Praxis zu formulieren.

Leipzig Wilfried Fngcmann

Osborne, Kenan B.: The Christian Sacraments of Initiation. Baptism,
Confirmatibn, Eucharist. New York-Mahwah: Paulist Press 1987.
IV. 249 S.gr. 8-. Kart.S 10:95.

Seil dem II, Vatikanischen Konzil ist die Rede von der Kirche als
Sakrament, welche sich vorher bereits bei einzelnen Theologen linden
läßt (z.B. .1. Scheeben. J. II. Oswald. O. Semmelroth, K. Rahner),
fester Bestandteil römisch-katholischer Ekklesiologie. Die Einzcl-
sakramente haben sonach als Bxplikationsgestalten und Elementarvollzüge
des Grundsakraments der Kirche zu gelten. Die Kirche als
Grundsakrament wiederum findet ihre Basis im Ursakrament, das
«SUS Christus, der Sohn Gottes, in Person ist. Dabei kann im Anschluß
an Karl Rahners „Theologie des Symbols" (Schriften zur
Theologie IV. i960. 275-311) differenzierend hinzugefügt werden,
daß der Sohn (iottes als Realsymbol (iottvaters in der menschlichen
Erscheinung Jesu nicht nur in der Weise eines instrumentellen
Zeichens, sondern real gegenwärtig ist. so daß der Mensch Jesus als
effektives Sakrament, als die Offcnbarungsgcstalt des mit der Gottheit
Gottes wesenseinen Logos zu gelten hat.

Damit sind die entscheidenden dogmatischen Rahmenbedingungen
benannt, die Osbornes Lehre von den sog. Initiationssakramenten
Bestimmen: "The Christian rite of initiation is baptism - (confirma-
tion)- eucharist. Such a saeramental proeess isbased on the Church as
■ fundamental sacrament, since the Church is the Community ofbap-
tl2ed in which Jesus is really present both as 'substantially present'
;'nd as 'propitiatory sacrifice'. Yel the Church itsclf is only such a
"crament of Jesus beeause Jesus, in Iiis humanity. is the primordial
"erament. The theology of both baptism and eucharist is intimalely
eonjoined to ecclesiolog) and even more fundamentally to christo-
'°gy. Indeed. we cannot speak of the baptism-eonlirmation-eucharisl
Proeess as the Christian sacrament of initiation. unlcss the Church
Usell was fundamentally a sacrament of initiation. and even more
"ttically were it not that Jesus is the sacrament of initiation, and entry
'Wo the lifc of Jesus is the proeess of initiation." (231 0

In dieses strukturelle Konzept zeichnet Osborne - ehemaliger Doktorand
der Ludwig -Maximilians-Universität München und derzeit
Professor für Systematische Theologie an der Franciscan School of
Theology in Berkeley/CA - die F.inzelaussagen über Taufe, Konfirmation
und Eucharistie ein. Er setzt dabei jeweils ein mit einer knap-
r>c,i Darstellung der offiziellen römisch-katholischen Lehrmeinung.
SKizz.icrt anschließend den neutestamentlichen Befund, um sodann
Grundzüge der dogmen- bzw. der theologiegeschichtlichen und teilweise
auch der liturgiegeschichtlichen Entwicklung zu entfallen.
Diese Passagen, die den Hauptanteil des Buchesausmachen und wohl
""mittelbar aus Osbornes Lehrtätigkeit erwachsen sind, enthalten
«war weniger innovative Einsichten, sind vielmehr eher reproduktivreferierend
gestaltet, dafür aber sehr kenntnisreich und didaktisch gut
Aufbereitet. Seinen eigenen theologischen Ansatz verdeutlicht
Osborne in zusammenfassenden Sehlußkapitcln. Deren Grundthesen
Können hier nur anhand exemplarischer Basissätzc angedeutet
•erden: I. ". . . Jesus is truly seen as the original sacrament insofar as
ne is the original baptism. the ('rlaii/c .. ." ". . . All other 'baptisms'
arc seeondary and derivative from him as the baptized . . ." ".. . Just
ds Jesus is the baptized. beeause of the presence of God to his entirc.
eneated humanness, so, too, the Church is baptized beeause of the real
Presence of Jesus (and therefore the total Godhead) in and to the
c°niniunity . . ." (871") 2. "Just as we noted in the chapter on baptism
'hat Jesus is the baptized, so too wc can say. even though the usc of the
,errn as far as the timc of Jesus is concerned is anachronistic. that Jesus
's f/((. confirmed. Whatevcr eonlirmation as a sacrament intends to
Proelaim. it is to bc found in Jesus, the locus classicus of what the

sacrament of eonlirmation is all about." (129) 3. "The contemporary
theology of the Church as the basic sacrament (Vatican II doeuments)
and of Jesus as the primordial sacrament indicates that the foundation
for real presence is not the ctlcharist, but (a) the real presence ofthe
Logos in the humanness of Jesus and (b) the real presence of Jesus in
the Church. Only on the basis of these instances of real presence will
the real presence of Jesus in the eucharist make theological sense."
(210) In diesem Zusammenhang wird schließlich auch die Meßopferfrage
integriert, gemäß der Devise: ". . . the Mass is a sacrament of the
one sacrifice of Jesus" (224). Bei der Entfaltung solcher Basissätze
wird häutig auf die Konvergenzerklärungen der Kommission für
Glauben und KirchenVerfassung des Ökumenischen Rates der
Kirchen über Taufe, Eucharistie und Amt, auf das sog. Lima-
Dokument. Bezug genommen, wie überhaupt Osbornes ökumenische
Aufgeschlossenheit bei aller Entschiedenheit seiner römisch-katholischen
Position bemerkenswert ist.

Anlaß zu kritischen Anfragen geben denn auch weniger exegetische
bzw. dogmenhistorische Einzelprobleme, über die sachlich und ökumenisch
informiert berichtet wird, als vielmehr die angedeuteten
dogmatischen Rahmenbedingungen. So begrüßenswert die christo-
logische Zentrierung der Sakramentenlehre und ihre Ausrichtung auf
die konkrete geschichtliche Erscheinung Jesu von Nazareth zweifellos
ist, nachgefragt werden muß, wie sich die Rede von Jesus als "the
primordial sacrament of initiation" zur Rede von der Kirche als "the
second sacrament of initiation" (228) eigentlich genau verhält. Ist die
Unterscheidung zwischen Ur- und Grundsakrament wirklieh hinreichend
, um den differenzierten Zusammenhang von Christologie und
Ekklesiologie angemessen zum Ausdruck zu bringen? Welches sind
insonderheit die Kriterien, welche die Unterscheidbarkeit von Christologie
und Ekklesiologie garantieren und ihre mögliche Gleichschaltung
verhindern? In diesem Zusammenhang wäre schließlich
weiter zu prüfen, ob die Einzelsakramente wirklich in den Realisierungszusammenhang
und nicht vielmehr in den Begründungszusammenhang
der Kirche gehören. Wie immer man hier urteilen mag:
jedenfalls wird sich die römisch-katholische Rede von der Sakramen-
talitäl der Kirche, welche sieh in konkreten sakramentalen Einzel-
handlungen konkretisiert, hinreichend gegen das Mißverständnis
absichern müssen, als vollziehe die Kirche in den Sakramenten unmittelbar
ihr eigenes Sein, statt im Empfang sakramentaler Gaben der
Sakramentalität Jesu Christi sich zu vergewissern.

Augsburg Gunther Wcnz

Biser. Eugen: Die glaubensgeschichtliche W ende. Eine theologische
Positionsbestimmung. Graz: Styria 1986. 348 S. 8*. Kart. öS.
298.-.

-: Glaubenswende. Eine Hoffnungsperspektive. Freiburg-Basel-,
Wien: Herder 1987. 160 S. kl. 8" = Herderbücherei. 1392. Kart.
DM 9.90.

„Eine geistige Wende ist erreicht, die der christlichen Botschaft eine
neue Chance eröffnet, wenn sie nur in einer zeitgemäßen und auf die
Nöte des heutigen Menschen eingehenden Sprache ausgerichtet wird"
(I 15). so beschreibt der katholische Theologe E. Biser in seiner 1987
erschienenen Schrift „Glaubenswende" (als ..nachgeschobene Prolc-
gomena" zu der Monographie „Die glaubensgeschichtliche Wende"
von 1986 gedacht) die gegenwärtige Situation. Der Argumentationsgang
beider Bücher ist ähnlich. In den sieben Kapiteln der „Glaubensgeschichtlichen
Wende" (Vorzeichen - Diagnose - Symptome -
Hemmnisse - Perspektiven - Prozesse - Prognosen) versucht B. mit
großem Aufgebot an Literatur im Grunde eine These nachzuweisen:
Der Mensch unserer Zeit, der auf die Rechtfertigungsbotsehaft nicht
mehr ansprechbar sei. würde in einer grundsätzlichen Sinn- und Da-
seinskrisc stehen, die für christlichen Glauben und Theologie eine
qualitativ neue Situation darstelle und die jetzt, am Ende des neuzeitlichen
Säkularisierungsprozesses, die Chance lür einen dialogischen.