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Ausgabe:

1988

Spalte:

530-532

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Vogt, Arnold

Titel/Untertitel:

Religion im Militär 1988

Rezensent:

Graf, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 7

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Mit dem Abschluß dieser Ausgabe ist eines von den großen Unternehmen
, die im ehemaligen „Sonderbereich Spätmittelalter und Reformation
" unter der Leitung von Oberman angefangen wurden,
glücklich beendet worden. Die Freude über diese vornehme Ausgabe
darf nicht darunter leiden, daß die Erwartungen, mit der die Arbeit
angefangen wurde, dadurch einer Erklärung der Anfänge der Reformation
näher zu kommen, nicht erfüllt worden sind. Das Scheitern
von der ,.Augustinismus"-Idee in Verbindung mit den Anfängen
Luthers verringert die Leistung des Herausgeberkreises nicht, denn
Gregors Bedeutung bleibt unangetastet. Ein hervorragendes Werkzeug
zum Studium des Augustinergcnerals liegt jetzt bereit.

Kopenhagen LeifGrane

Fontaine. Jacques, Gillet, Robert, Stan Pellistrandi: Gregoire le

Grand. Chantilly. Centre culturel Les Fontaines 15-19 septembre
1982. Paris: Ed. du Centre National de la Recherche Scientifique
1986. 690 S., I Taf. gr. 8' = Colloques Internationaux du Centre
National de la Recherche Scientifique.

Das Vorwort von Claude Dagens und Jacques Fontaine verweist auf
die zunehmende Bedeutung, die man Papst Gregor d. Gr. zuerkennt.
Noch im vorigen Jh. hat man ihn vielfach mit dem Stichwort „Vulgärkatholizismus
" abgetan (17). Dagegen hat man in neuerer Zeit vielfach
Zugang zu dieser Gestalt gewonnen. Die Fortschritte in den
neuen Textreihen Sources Chretiennes und Corpus Christianorum
schlössen auch Gregor ein. Die Patristikerkongresse und das steigende
Interesse am Mittelalter legten ein Kolloquium über Gregor d. Gr.
nahe, nachdem vorher Kongresse über Augustin, Ambrosius und
Hilarius von Poitiers stattgefunden haben: «Gregoire succede ainsi
'ogiquement ä ses grands ancetres et ä ses mattres, les evenques ora-
'eurs et ecrivains, tous amis et pratiquants de l'ascetisme monastique:
Augustinus magister, Hilaire de Poitiers, Ambrosius episcopus; trois
maitres ä prier, ä penser, ä ecrire» (19). Hier hätte man auch den Kongreß
über Columban, einen Zeitgenossen Gregors, nennen können.
Man fand auch für das Jahr 1982 noch einen besonderen Zusammenhang
: Im Jahre 582 - also vor 1400 Jahren - kam Bischof Leander von
Sevilla nach Konstantinopel, wo Gregor damals Apokrisiar war; er
gab einen ersten Anstoß zur Abfassung der „Moralia", des Kommentars
zum Buch Hiob, durch Gregor.-Der Sammelband gliedert sich in
frnf Teile: Gregor und seine Zeit, Gregor als Theologe und geistlicher
Lehrer, Gregor als Schriftsteller, Handschriftliche Traditionen
und Weiterleben Gregors, Gregor und die Liturgie. Von den 60 Beilagen
seien genannt:

Carol Heitz: Les monuments de Rome ä l'epoque de Gregoire le Grand;
Friedrich Prinz: Das westliche Mönchtum zur Zeit Gregors des Großen:
Georg Jenal: Gregoire le Grand et la vie monastique dans l'Italie de son
tenips; Emilienne Demougeot: Gregoire le Grand et la conversion du roi ger-
■nain au VIe siede; Rodriguc Be langer: Antropologic et Parole de Dieu dans
'e eommentaire de Gregoire la Grand sur le Cantique des Cantiques: Cyrill
^°gel: Deux consequences de l'eschatologie gregorienne: la multiplication
des messes privees et les moincs-pretres; Adalbert de Vogüe : De la crise aux
resolutions: les Dialogues commc histoirc d'unc äme; Claudio Moreschini:
Gregorio Magno e le eresie; Paolo Siniscalco: Le eta del mondo in Gregorio
^agno; Herve Savon: L'Antechrist dans l'oeuvre de Gregoire le Grand;
Bruno Judic: Structure et fonetion de la Regula pastoralis; Francis Clark:
The Authenticitiy of Grcgorian Dialogues: A Rcopening of the Question?;
Giuseppe Cremascoli: Le symbolisme des nombres dans les oeuvres de
Gregoire le Grand; Jean Gribomont: Le texte biblique de Gregoire; Dag
Norberg: Style personcl et style administratif dans le Registrum epistularum
de Saint Gregoire le Grand; Jacques Fontaine: Augustin, Gregoire et Isidore:
csquisse d'unc recherche sur 1c style de Moralia in Job; Vera Paronetto: Une
Prescncc augustinienne chez Gregoire le Grand: le De catechizandis rudi-
°Us dans la Regula pastoralis; Louis Holtz: Le contexte grammatical
du defi ä la grammairc: Gregoire et Cassiodore; Gabrielle Braga : Moralia in
J°b: Epitomi dei secoli VII-X c loro evoluzione; Francois Kerlouegan:
Gregoire le Grand et les pays ccltiques; Germain Marc 'Hadou r: Gregoire le
Grand et Thomas More; Jean Dcshusses: Gregoire et le Sacramentairc
Kregoricn; Jean Ciaire: La musique de l'ofTice de l'Avent; Michel Huglo:

L'Antiphonaire: archetype ou repertoire originel?; Pierre Jounel: Le cultede
saint Gregoire le Grand; Jean Lcclcrque: Actualite de Gregoire le Grand.

Rostock Gert Haendler

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Kirchengeschichte: Neuzeit

Vogt, Arnold: Religion im Militär. Seelsorge zwischen Kriegsverherrlichung
und Humanität. Eine militärgeschichtliche Studie.
Frankfurt/M.-Bern-New York: Lang 1984. 951 S. 8" = Europäische
Hochschulschriften. Reihe III: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften
, Bd. 253.

Sicher scheint es ungewöhnlich, wenn in dieser Zeitschrift eine
„militärgeschichtliche Studie" angezeigt wird. Doch sollte dieser vom
Autor gewählte Untertitel nicht in die Irre führen, da es sich tatsächlich
um eine Untersuchung handelt, die auch speziell für kirchen- und
zeitgeschichtliche Forschung von Wichtigkeit ist. Wurde hier einst
schon die Arbeit von H. Rudolph, Das evangelische Militärkirchenwesen
in Preußen, Göttingen 1973, besprochen (ThLZ 103, 1978,
761 f). so liegt mit Vogts Werk nun eine Darstellung vor, die dieses
Thema nicht nur wieder aufnimmt, sondern es auch ausbaut: Gegenstand
der Ermittlungen sind unter Einbeziehung der preußischen Vorgeschichte
seit 1832der Ausbau und die Funktion des gesamten Militärkirchenwesens
des Deutschen Reiches bis zum Jahr 1918. Was der
Autor auf diesem Wege an Material ausbreitet, ist voluminös (etwa
640 Seiten Text, dazu rund 230 Seiten Anmerkungen, belegt durch 60
Seiten ungedruckten und gedruckten Quellenmaterials), aber eigentlich
nie ermüdend, und entpuppt sich zunehmend als ein Werk handbuchähnlichen
Charakters. Auch deshalb das Folgende nur in Form
eines Konspekts:

Ausgangspunkt ist für den Autor die veränderte Welt seit der
Reichsgründung von 1871 (S. 35-43). Preußens militärische Kraft
habe das neue Deutsche Reich ermöglicht. Im Selbstverständnis der
Zeit war diese Gründung nicht lediglich ein politischer Akt, sondern
sie besaß, wie schon die Vorgänge in Versailles zeigen, von vornherein
eine religiöse Dimension: Es entstand ein bewußt protestantisches
Kaiserreich, das unter Anteil des preußischen Militärkirchenwesens,
fungierend in der Person des Militäroberpfarrers Rogge, aus der Taufe
gehoben wurde.

Diese auch weiterhin geforderte preußisch-protestantische Prävalenz
- sie entspricht der militärischen „Verpreußung" Deutschlands -
ist dann Thema des folgenden Kapitels (S. 45-166). Eingegangen wird
zunächst auf die noch unter Friedrich Wilhelm III. geregelte Ordnung
des Militärkirchenwesens von 1832, die in nuce das spätere Konzept
bereits vertritt. Die weiteren Ausführungen liest man mit wachsender
Spannung: So, wie die katholische Kirche um bessere geistliche Betreuung
innerhalb des Militärs ringt (mit schwerem Rückschlag im
Kulturkampf), wie nach der Reichsgründung andere Bundesstaaten
ihre ursprünglichen Traditionen beibehalten wollen, wie sich Juden
und andere „Dissidenten" gegen die Vereinnahmung durch das evangelische
oder katholische Militärkirchenwesen wehren.

Einen wichtigen Einschnitt erlebte die Militärkirchengeschichte
dann mit dem Anbruch der Wilhelminischen Ära, die eine Intensivierung
der Militärkirchenpolitik aus primär innenpolitischen Gründen
betrieb (S. 167-316). Ausgelöst war sie durch das beständige Anwachsen
der Sozialdemokratie, und es wurde von der Militärgeistlichkeit
erwartet, daß sie sich verstärkt an der Rückgewinnung der traditionellen
Grundwerte beteiligte, d. h. gezielt ihr Wirken auf einen
dynastisch-konservativen Patriotismus und ein obrigkeitstreues,
monarchistisches Christentum richtete. Unter dem Eindruck der Zeit
waren nun auch die anderen Bundesstaaten geneigter, sich Preußens
reichseinheitlichen und überkonfessionellen (!) Regelungen bzgl. des
Militärkirchenwesens zu beugen, doch kam es freilich nicht überall
dahin, daß, wie in Preußen, ein derart abgeschlossenes Kirchentum
neben dem der Zivilkirche existierte.

Erörtert wurde das Militärkirchenwesen auch im Reichstag