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Ausgabe:

1988

Spalte:

518-519

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Klein, Hans

Titel/Untertitel:

Barmherzigkeit gegenüber den Elenden und Geächteten 1988

Rezensent:

Sellin, Gerhard

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Seite 1, Seite 2

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517 Theologische Litcraturzeitung 113, Jahrgang 1988 Nr. 7 51 g

Hern Ulrich Luz

Dieses Werk bildet eine Ergänzung zu dem Früheren Werk des Vf.: derjenigen des unabhängig von Massa*ux entstandenen Werkes von

"Syntaelieal Evidence of Semitie Sourees in (ireek Documents" II. Köster. Synoptische 1Iberlieferung bei den Apostolischen Vätern ,

(Cambridge 1974). Ziel Martins ist es. mit Hille einer möglichst objek- nach deren Grundthese im zweiten Jahrhundert weitgehend mit dem

liven. statistischen Methode jene Abschnitte in griechischen Texten Weiterwirken von mündlichen Traditionen, nicht aber mit einer

zu bestimmen, denen semitische Quellen zugrundeliegen. Zu diesem Benutzung des schriftlichen Matthäusevangeliums gerechnet werden

Zweck hat M. 17 syntaktisch-stilistische Lrschcinungen ausgesucht. muß. Im Rückblick läßt sich sagen, daß Kösters These im Ganzen

uio in sicher aus dem Semitischen übersetzten Texten der Septuaginta erfolgreicher gewesen ist als diejenige von Massaux. Allerdings

verglichen mit original griechischen Quellen mit signifikanter Häufig- erheben sich heute wieder Stimmen, die Massaux gegenüber Köster

keil oder Seltenheit auftreten. Zu diesen Erscheinungen gehört der weithin rehabilitieren." Der Neudruck des großen Werkes, das durch

Gebrauch verschiedener Präpositionen wie diu. eis. kma. /ny><> und seine Register und gründlichen Textanalysen auch als Materialsamm-

/"'"v von denen laut M. zu erwarten ist. daß sie im Gegensatz zu der hing und Arbeitsinstrument unersetzlich ist, ist verdienstvoll. F. Nei-

nüposition en in Texten, denen semitische Quellen zugrundeliegen. rynck hat ein lOseitiges forschungsgeschichtliches Vorwort, B.

deutlich seltener sind als in original griechischen Texten. Weitere Dchandschutter eine über SOseitige Bibliographie der seit 1950 neu

Kriterien bilden das Verhältnis von km und de, die Trennung von erschienenen Fachliteratur beigesteuert.
Artikel und Substantiv, der Gebrauch adverbialer Partizipien und des
Genetivs des Personalpronomens. Die original griechischen Ver-
Bleichstexte hat M. Plutarch, Polybius. Epiktet. Josephus, den Papyri

u"d Philo entnommen: dazu kommen Hebr und Apg 15.36-28.31 1 Vgl. die Rezension in ThLZ 78..1953.281-283.

<S.6f). Durch vergleichende Statistiken, die den größten Teil des ' Diss. Marburg 1954. gedruckte Ausgabe: TU 65(= V/10). Berlin 1957.

Buches ausmachen, kommt M. u. a. zu dem Ergebnis, daß Teile von ' Vgl. zur Didaehc K. Wengst. Didache (Apostellehre). Barnabasbricf. Zwci-

Mk 1-10 "arc clearly dependent on Semitie sourees. but the Gospel as tef Klcmcnsbrief. Schritt an Diognet. (Schrillen des Urchristentums II). Darm-

a u-hnt.»; . . i .• e c !•< ic •/ i - u stadt 1984. bes. 25-30: W. I). Köhler. Die Rezeption des Matthäuscvangcliums

■ wnoie ts not a transiatton of a Semitie gospel (S. 73). Zu den „über- »•""»■ u • »

sei7i,.„-f.- i i- iv. n ><i . . ,-,-,-> .-, ioder Zeit vor Irenäus, Diss. Bern 1986 (erscheint in WUNl II) zum gesamten

setzten Stucken gehören nach M. z. B. Mk 1.16-20: 2.1 -12: 3.7-12: r-xih -l'un 1

~* '-9: 5.21-43. Mt und Lk sind nach M s Ergebnissen in den aus Q
übernommenen Perikopen noch semitischer als Mk: das Sondergut

des Lk ist danach stark, das des Mt kaum semitisch geprägt. ....., „ ... .... ... ,„ ...

r-, .,, ■ , ,- , .. Klein. Hans: Barmherzigkeit ncgeniibcr den Elenden und Geachteten.

'-'er Wert statistischer Ergebnisse hangt von der angewandten „. ,. - . . 7 ■ • . c j m i ■ u

I . e Studien zur Botschall des lukanischcn Sondergutes. Neukirchen-

'ethode und den benutzten Kriterien ab. Es ist ein Verd.enst. daß M. v,uyn; Neukirchencr Vcrlag 1987. 138 S. 8" = Biblisch-Theolo-

/ur Klärung der Semitismus-Erage ein statistisches Verlähren gewählt gische Studien. 10. Pb. DM 27.-.
"St. Vber leider zeigen seine Statistiken grundlegende methodische

Dingel. So sollten bei einem syntaktisch-stilistischen Vergleich die Hans Klein. Schüler und Nachfolger Hermann Binders in Sibiu-

u'rglichencn Texte auch w irklich vergleichbar sein, und zwar sowohl Hermannstadt, hat mit diesen Studien ein nützliches und - trotz

1111 Hinblick auf die Stilschicht, als auch im Hinblick auf die Gattung methodischer Vorbehalte des Rez. - sympathisches Buch geschrieben.

Und Darstellungsart: Der Klassizist Plutarch und das Markusevange- Der Stoff wird thematisch gegliedert (Sabbatheilungen - Wundertaten

liuni gehören ganz verschiedenen Stilschichtcn an, Epiktet und das - Rechtfertigung der Sünderannahme - Samaritancr - Umkehr -

Markusevangelium sind nach Gattung und Darstcllungsart sehr ver- Umgang mit Gütern - Gebet - Einladungen - Demut), wobei dann

schieden. Das Häuligkcilsverhältnis von ktu'und de aber ändert sich je manche Texte mehrfach behandelt werden. K. findet in den tradi-

n«ich Stilschichl und Gattung. Eine unumgängliche Unterscheidung tionskritiseh rekonstruierten Texten eine Homogenität von Eormen

'll'i s ntaktisch-stilistischen Statistiken ist fernerdie von direkter Rede und Inhalten, die ihn an eine schriftliche Quelle denken läßt. Er

ur>d Erzählung, da bestimmte Gebrauchsweisen bevorzugt in dieser vermutet dahinter so etwas wie ein Evangelium der .lerusalemer

°der jener begegnen. Hätte M. die genannten Unterscheidungen Aramäcr zur Zeit des Jakobus. Doch sind die Argumente für palästi-

"e'rücksiehtigt. wären seine Statistiken zweifellos anders ausgc- nischen. aramäischen Ursprung nicht immer zwingend. Manches

lallen.

ließe sieh auch aus diasporajüdischer Tradition herleiten. Das

den 17 Kriterien M.s gehört auch der Gebrauch von pros + methodische Grundproblem besteht in dieser Frage schon immer in

Dativ. Pros + Dativ ist im Griechischen außerordentlich selten und der notwendig zirkulären Aufteilung von Tradition und Redaktion,

kommt auch in vielen originalgriechischcn Schriften überhaupt nicht Was K. SLk zurechnet, würde ich in vielen Fällen dem Redaktor

vor. hei Mk nur einmal. Welchen Sinn hat also dieses Kriterium für Lukas zuschreiben. Dessen konzeptionelle Leistung wird von K. ent-

e'me vergleichende St atistik. bei der es um signifikante Frequenzunter- sprechend minimalisiert. Wirklich schwierig ist es da. wo K. drei, vier

schiedegeht? oder gar fünf Stadien des Textes herausarbeitet. z.B. bei 7.36ff;

Für eine detaillierte Kritik an M s Methode und Ergebnissen sei auf 16.1-15; 18.1-8. Müßte man aber nicht damit rechnen, daß ein

J^- Reiser: ..Syntax und Stil des Markusevangeliums im Licht der Autor wie Lukas seine Traditionen und Quellen verarbeitet und ver-

c|lenistisehcn Volksliteratur". Tübingen 1984. S. 27-31 hinge- innerlicht hat. so daß deren spezifische formale und inhaltliche

esen- Aussagen und ihre Vorstufen nur noch in Ausnahmefällen zu ermit-

Olicrdmgen Marius Reiser tc'n sind? - Trotz dieser Einwände muß ich gestehen, daß K. mich an

manchen Stellen überzeugt bzw. meine bisherige Meinung verunsichert
hat. So verraten viele Texte eine besondere „Weisheitliche"

assau. Edouard: Influenee de l*Evanjjilc de Saint Mattliieu Sur la Argumentation (ich würde sie gegen K. nicht „nomistisch" nennen)-

''•tcrature ehretienne avant Saint Irene. Reimpression Anastatique So z. B. in den Sabbatheilungen, den Beispielerzählungen und man-

Pfesentee par F. Neirynck. Supplement Bibliographie 1950-1985 cnen parabcln - die sich aber auch von der jesuanischen Tradition

I». Dchandschutter. Leuven: Univcrsity Press: Leuven: Peetcrs durch das Feh|en eschato|ogischer bzw. apokalyptischer Akzente
l9X6. xxvil. 854 S. gr. 8" = Bibliotheca Ephemcridum Theologi-

carum Lovaniensium, 75. bfr. 2500 -

unterscheidet. Doch scheint mir hier die ..praktische Vernunft" des
Alltags der Diasporasynagoge durchzuschlagen, die man durchaus
Das Buch ist ein Nachdruck des im Jahre 1950 erschienenen monu- auch als ..geistige Heimat" des Lukas ansehen darf.
"»«Halen Werkes'. Seine Grundthese war die einer weitgehenden Ute- Es ist das Verdienst dieses Buches, der Frage nach dem Ursprung
'""u licn Benutzung des Matthäusevangeliums durch fast alle nach- der theologischen und wirkungsgeschichtlich so bedeutungsvollen
°'gen(jL>n christlichen Autoren. Sie wurde zur Gegenthese zu SLk-Texte neue Anstöße und Lösungsimpulse gegeben zu haben. Daß