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Ausgabe:

1988

Spalte:

26-27

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schwarz, Günther

Titel/Untertitel:

Jesus - "Der Menschensohn" 1988

Rezensent:

Caragounis, Chrys C.

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. I

Dominierend ist zunächst das Bemühen, die duale Struktur des phi- verarbeiteten Material gewonnene Zahl der überlebenden Kinder
Ionischen Menschenbilds herauszuarbeiten (Leib und Seele, Sensibili- (2,7) und die errechnete Lebenserwartung (27,15) weisen keinen Untat
und Körperlichkeit, intellektuelle und vegetative Psyche). Beson- terschied zu anderen Bevölkerungsgruppen auf.
dere Aufmerksamkeit findet die für die christliche (vor allem pauli- Leipzig/Halle (Saale) Wolfgang Wiefel
nische) Anthropologie entscheidende Entgegensetzung von Pneuma
und Surx. Im Zentrum der philonischen Anthropologie steht demgegenüber
die Position des Menschen zwischen Himmel und Erde. Neues Testament
Gleichsam im Gegenzug dazu wird aufgewiesen, wie bei Philo ange-

sichte der Dualititt im Menschenbild die Einheit des Menschen durch- ^ ^ ^ Menschensohn„ Aramais,ische Ungehalten
wird. Erst auf dieser Basis ist das sachgerechte Verstandn.s tersuchungen zu den synoptischen Menschensohnworten Jesu,
der Gottebenbildlichkeit des Menschen bei Philo möglich. Als ge- Stuttgart-Berlin (West)-Köln-Mainz: Kohlhammer 1986. X,
'leime Mitte dieser Philointcrpretation erweist sich die xravilacion, 352 s. gr. 8" = Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen
dank derer die im Logos gründende wesenhafte Seite des Geschöpfes Testament. 6. Folge, 19. Kart. DM 74,-.
auf den Schöpfer zustrebt.

Der sich zunächst aufdrängende Vergleich mit R. Bultmanns The lively debateabout the Son of Man (= SM)question that has fla-

gleichfalls von der Anthropologie bestimmten Paulusinterpretation red up during the last two decades shows no signs of ebbing. The pre-

wird von diesem Ende her doch eingeschränkt: Es ist nicht wie dort die sent work is one of several books on the subject published in Germany

Existentialanalyse, sondern die im Zeichen des reditus-Gedankens this year (1986). Yet this book is significant in at least two respects: a) for

stehende und von da aus die anthropologischen Kategorien bc- being the first sustained German attempt (il'I am not mistaken) to intro-

messende thomistische Ontologie, die das interpretative Gerüst bereit- duce the results of Vermes's hypothesis to Germany, and b) for the origi-

stellt. Dank des obwaltenden, über den christlichen Neuplatonismus nality(alsoforEnglish-speakingcircles)ofitsmethodology.

vermittelten geistesgeschichtlichen Zusammenhangs erweist sie sich je- The Author (= A) makes his starting-point Vermes's position that

doch als zur Aufschließung des philonischen Denkens und zur Einord- "since 'the son of man' is not a Greek phrase, but Aramaic, ifit is to

n"n%indk Genesis de laculturaoccidental als durchaus angemessen. make sense at all, it must be Aramaic sense". He is of the opion that

the SM problem is „ein christologisches Scheinproblem" (p. v), the

Le,pz,g/Halle(Saale) Wolfgang W.efel expression harnasha being simply a circumlocution for 'I*.

To achieve this he gears his entire investigation towards proving that

... a) the circumlocutional use is found in pre-NT times, b) none of the

^«.Günter: Die jüdische Frau in der hell'n"^^l^l,en authentic(i. e. primären) SM logia witness toa sense otherthan that of

W5*S»r'-^^(West)-K0,n-Ma'nZ- Kohlhammer 1987- and.c) all lhe titular SM logia are inauthentic (i. e. sekundären),

being creations of the Early Church. The key to the Solution is through

Der Vf., Judaist in Mainz und als kenntnisreicher Interpret jüdi- emendation of the Greek text and translation back into Aramaic with

scher Traditionsliteratur mehrfach hervorgetreten, hat sich auf ein the help ofthe Aramaic ofTargums and esp. the Syriac (pp. 3ff)which

Gebiet begeben, das aktuelles Interesse beanspruchen kann. Seit man „der Sprache Jesu nahesteht" (p. 80).

begann, die Rolle der Frau in Kirche und Gesellschaft neu zu bestim- The book is struetured in the following way: Ch. I, Grundlegung

men, richtete sich der Blick neben dem Neuen Testament besonders (pp. 1-14), introduces the subject concentrating speeifieally upon

auf das Frühjudentum. Die von jüdischer Apologetik herausgestellte, Dan 7. Like most scholars the A. understands bar enash = the saints =

von der antiken Umwelt deutlich abweichende Wertschätzung der Israel, but puts forth the novel interpretation that the ke in kehar

Frau in diesem Bereich ist oft angezweifelt worden. Von da aus enash does not describe the appearance ofthe Figurc. but lhe manner

erscheint es verdiensüich, neben den literarischen (Josephus, Philo) of his Coming, i. e. 'He was Coming like a son of man'. The application

auch die archäologischen (inschriftlichen) Quellen sprechen zu lassen. of this text to Jesus was the work ofthe Early Church. As for the titular

ln der vorliegenden knappen Studie wird dieser Versuch unter- use ofthe term in the Parables, though this work was probably older

nommen. than Jesus, it could not have infiuenced him since he used the term

Bevor der Vf. zum Thema im engeren Sinne kommt, steckt er den exclusively with the sense of'I'. Ch. 2, Entfaltung (pp. 15-70). öftersa

historischen Rahmen ab, in dem die Zeugnisse ihren Platz haben, brief discussion of the views of twenty-five scholars upon the subject.

wobeier mit ebenso knapp gehaltenen wie informativen Angaben auf- The A. is astonished to find that of these only three scholars

warten kann. Das antike Judentum in Palästina, Ägypten. Rom und (A. Meyer, G. Vermes and C. H. Dodd) cons.dered the expression

Mesopotamien wird hinsichtlich seiner Geschichte, seines Anteils an „Als verhüllende Umschreibung für .ich'" (p. 73). The rest reckoned

der Bevölkerung, seiner juristischen, religiösen und sozialen Lage kurz with a titular or semititular use. Ch. 3. Vertiefung (pp. 71-85), deals

charakterisiert (9-32). Es entspricht der streng am Einzelbcfund aus- with the significance of the Aramaic expression. Among other things

gerichteten Arbeitsweise, daß der erste große Abschnitt den über- the A. controverts J. A. Fitzmyer's contention that the lack of initial

iieferten Namen der jüdischen Frauen gilt. Der auch in der Diaspora Aleph was a sign of lateness, finding this natural in view ofthe Gali-

re'ativ hohe Anteil spezifisch jüdischer (über 37 %), darunter vor leans' not being pure Semites (p. 73). Despite his reliance upon the

allem biblischer Namen fällt auf(33-42). Syriac the A. discountenances the Peshitta rendering beruh de-

Was folgt, ist ein Durchblick durch verschiedene Aspekte des harnasha (in e. g. Mk 10:45) as over-literal (p. 82f)and imposs.ble for

Lebens, angefangen vom Verbot der Kindesaussetzung über das Jesus, but this only highlights the problems of his retranslation

Frauenbild („Sozialisationsidcal") bis zur religiösen Bildung (43-50). method. Ch. 4, Erhellung (pp. 86-95), presents the methodology.

Den breitesten Raum nehmen die Angaben über Ehe und Familien- What is of basic importance here is the A.'s view that Jesus „seine

leben ein: Heirat, Verwandtenehen, Anverlobung und Heimführung, Worte durchweg poetisch gestaltet hat" (p. 87). This has far-reaching

F-hevertrag. Erbrecht, häuslicher Alltag. Scheidung und Witwenrecht consequences since it implies that the authenticity of a SM logion

(5l-84). Auffallend ist. wie häufig die Nachrichten des Josephus. depends upon its fulfillingcertain poetic or rhetorical condit.ons. The

besonders über die von ihm geschilderten Herrscherfamilien, zur Ver- procedure is a)to set the Greek in „Sinn/eilen", b) if the Greek is not

anschaulichungdienen. intact t0 reslore jt by rethinking its strueture in Aramaic and emen-

Ein wichtiges, freilich auch desillusionierendes Ergebnis: Die gün- ding it accordingly, c) to retranslate the emended text. and d) to

sti8e Stellung der jüdischen Frau, die oft angesprochen wird, hat im translate the retranslated text into German and to Interpret it (p. 87).

elementaren Lcbensvollzug kaum Konsequenzen gehabt. Die aus dem The A. might have added a fifth step. but has refrained, sc. to translate