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Ausgabe:

1988

Spalte:

471-472

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Martini, Carlo Maria

Titel/Untertitel:

Der Acker ist die Welt 1988

Rezensent:

Spiegel, Egon

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Seite 1

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471

Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 6

472

Krötke, Wolf: Beten heute. München: Kösel 1987. 102 S. 8° = Evangelium
konkret. Kart. DM 17,80.

Für Christen in andersdenkender Umwelt gibt Wolf Krötke Auskunft
über das Beten.

In den Kapiteln I und II werden grundlegend Wege zum Beten,
Anfang des Betens (11-33) und der Gott, zu dem Christen beten
(35-59), vorgestellt. Kritisch erörtert und abgewiesen werden die
Möglichkeiten, Beten aus Selbstbesinnung oder Verehrungsbereitschaft
zu begründen. Der Vf. möchte „das Beten ohne alle Abstriche
als Anrede an Gott und vielleicht sogar als Bitte den Menschen von
heute nahebringen ... Es kann ja tatsächlich sein, daß nicht das Beten
etwas tief Fragwürdiges ist, sondern der Mensch, der nicht zu beten
vermag" (20). Mit K. Barth (KD III/4 und IV/4) und E. Jüngel (Gott
als Geheimnis der Welt) weiterdenkend, bestimmt Wolf Krötke Beten
als menschlichen Sprachvollzug ,,aus dem Ereignis der Zuwendung
Gottes zum Menschen, wie es uns in Jesus Christus - als menschenfreundliches
Geheimnis-begegnet" (39).

Die Kapitel III und IV reflektieren die Praxis christlichen Betens:
Die Fürbitte (61-77) wird als Verantwortung der Gemeinde und jedes
einzelnen in ihr dargestellt. Sie leitet zum helfenden und verantwortlichen
Handeln in der Gesellschaft, zum Eintreten für einzelne wie für
Gerechtigkeit, Frieden, Freiheit und Bewahrung der Schöpfung an.
Sprachbereicherung durch Beten, Ordnungen und Zeiten für das
Beten, auch die weltweite Gemeinschaft der Hoffnung im Beten werden
zum Schluß bedacht (77-100). Mit dem Abschiedsgebet Jesu
(Joh 17,5-26) schließt das Buch.

Wolf Krötke beschreibt das Beten als antwortende Mitbeteiligung
der Glaubenden an Gottes Menschenfreundlichkeit. Gottes Ruf „gilt
Sündern. Ihnen kommt er zu Hilfe, indem er ihr Leben im Sündigen
unterbricht und die Wendung ihres Lebens in vorsichtiger Liebe
betreibt" (45). „Unser Beten ist die unausweichliche sprachliche
Fassung unseres Gefallens an Gott" (30). Nicht durchweg gelingt es
dem Vf., Einsichten so einleuchtend und ermutigend zu formulieren.
Es gibt auch Passagen, die durch abstrakte und dogmatische Sprache
ermüden. Ein anspruchsvolles, zur Konzentration forderndes Buch.

Wittenberg Hansjürgen Schulz

Martini, Carlo M.: Der Acker ist die Welt. Was uns Jesus in Gleichnissen
sagt. Aus dem Ital. übers, von R. Kohlhaas. Freiburg-Basel
-Wien: Herder 1986. 176 S. 8 geb. DM 22,80.

Wenn Jesus auch schwerlich „nur" (im Sinne von immer) in
Gleichnissen zu den Jüngern gesprochen haben mag (vgl. Mk 4,34), so
hat er das Evangelium vom Reich Gottes mit Sicherheit vornehmlich
in Gleichnissen verkündet. Der in Anbetracht einer relativ großen
Zahl authentischer Gleichnisse mit Recht eigens als „Schöpfer" von
Gleichnissen (68) vorgestellt wird, hat im Gegensatz zur Urgemeinde
weder in „Kurzformeln des Glaubens" gesprochen (41), noch das
Mysterium zu definieren versucht (68). Eine Auslegung seiner Gleichnisse
im Sinne „kleiner Schulbeispiele" wird seinem originären
Sprechen in Gleichnissen nicht gerecht (17): Sie waren, wie Kardinal
Martini (Mailand) hervorhebt, „nicht einfach eine Unterrichtshilfe,
wie wir sie einsetzen, wenn wir ein Beispiel bringen und dann sagen:
So, das Beispiel bedeutet dies und das." (47) Wer versucht, „tiefer in
die sprachliche und tatsächliche Dynamik der Gleichnisrede und der
Gleichnishandlung einzudringen", gelangt vielmehr „an die Ufer der
Symbolsprache und der Symbolhandlungen", an die auch die Sakramente
grenzen (159). Der sicher angemessene, die exegetische Erschließung
notwendig ergänzende Zugang zu den Gleichnissen Jesu ist
daher der meditative, wie ihn der Vf. - ursprünglich auf einem
Exerzitienkurs für Ordensmissionare/-innen in Kenya-eröffnet.

In seiner Ausarbeitung unterscheidet der frühere Rektor des Bibelinstituts
in Rom nach Gleichnissen, die Jesus zu Beginn, in der Mitte
und am Ende seiner Verkündigungstätigkeit erzählt hat (460,

schränkt allerdings ein, daß eine zeitliche Zuordnung nicht immer
exakt möglich sei (49). Eine weitere wesentliche, durch eine Arbeit des
Alttestamentlers C. Westermann (Vergleiche und Gleichnisse im
Alten und Neuen Testament, Stuttgart 1984) bestätigte Feststellung
ist die, daß Jesu Gleichnisse nicht als Beispielerzählung zu verstehen
seien, sondern als Mittel, die Hörer zu wecken (65), wachzurütteln
(47) - eine Beobachtung, die auch im Zentrum der Gleichnisinterpretation
von G. Baudler (Jesus im Spiegel seiner Gleichnisse. Das erzählerische
Lebenswerk Jesu - ein Zugang zum Glauben, Stuttgart
und München 1986) steht. Eine weite Fassung des Gleichnisbegriffs
vorausgesetzt, bezieht Martini auch Symbolhandlungen Jesu (wie sie
J. Jeremias in seinem Gleichnisbuch nur am Rande berücksichtigt) in
seine Gleichnismeditationen ein (116ff und 132f)- In nicht zuletzt
diesem Kontext wird deutlich, was mit der Aussage gemeint ist, daß
das Leben Jesu ein einziges Gleichnis sei (131 ff).

Unbefrachtet von Spezialliteratur, doch mit vielen bibelwissenschaftlichen
Hinweisen versehen (die verraten, daß der Autor in der
Exegese beheimatet ist), zeichnet sich vorliegende Veröffentlichung
durch zahlreiche „Nutzanwendungen" aus. Dabei sollte es den Laien
nicht befremden, daß bisweilen stärker-dem ursprünglichen Adressatenkreis
entsprechend - insbesondere die klösterliche und priesterliche
Existenz angesprochen ist (157). In der Kürze etwas mißverständlich
könnte die Feststellung sein, daß die Zahl der (geistlichen
) Berufe so gering sei, weil es Menschen gebe, denen das
Heiraten „wichtiger" sei, wie anderen der eben gekaufte Acker oder
Ochse (156 f).

Die Kategorisierung der Gleichnisse nach I. Samen- bzw. Anfangsgleichnisse
, II. Gleichnisse vom Gericht bzw. Ende, III. Gleichnisse
vom Verlorenen und Wiedergefundenen bzw. Heimkehrgleichnisse
und IV. Berufungs- bzw. Einladungsgleichnisse (38 und 1471) befriedigt
den Vf. selbst nicht ganz; einige Gleichnisse lassen sich nur
schwer einordnen (49). Allein die (158 erwähnte) Formulierung
„Wenn ihr schon dieses Gleichnis (hier ein Samengleichnis) nicht versteht
, wie wollt ihr dann all die anderen Gleichnisse (die Jesus offensichtlich
vorher seinen Jüngern erzählt haben muß) verstehen?"
(Mk4,I3) läßt fragen, ob Jesus die Samengleichnisse am Anfang
seines öffentlichen Wirkens erzählt haben mag (55f, 158) oder nicht
besser doch gegen Ende, gewissermaßen zum Trost: Ihr könnt euch
gegen die Botschaft vom Reich Gottes noch so sperren, ihr könnt
mich, ihren Vertreter, sogar töten, aber die Saat ist ausgesät und wird
gegen alle Widerstände aufgehen - nichts kann, wie hier Martini selbst
ausführt, das Reich aufhalten (79). Dann wäre auch zu verstehen, daß
in den Samengleichnissen Hörer vorauszusetzen sind, die Jesus mit
„offener Ablehnung" begegnen (66), ein „Publikum aus mißgünstigen
Neidern" (119), mit dem aber nicht schon zu Beginn seiner Verkündigung
zu rechnen ist.

Zweifelsohne sind Jesu Samengleichnisse Ausdruck von Höflichkeit
, Verständnis, liebevoller Zuwendung, Erbarmen, Achtung vor
der Freiheit sowie Rücksicht auf die Sensibilität der Menschen und
darin - Herausforderung zur Geduld: Jesus „nimmt es in Kauf, daß
die Menschen ihn nicht ganz verstehen, daß einige sich Fragen stellen:
für ihn ist es in diesem Augenblick wichtiger, Fragezeichen zu setzen,
die das Herz für neue Fragen und neue Ahnungen erschließen, als
alles auf einmal zu sagen" (67).

Aachen Egon Spiegel

Praktische Theologie:
Katechetik/Religionspädagogik

Jahrbuch der Religionspädagogik (JRP). Hg. von P. Biehl, C. Bizer,
H.-G. Heimbrock u. F. Rickers. Bd. 2, 1985. Neukirchen-Vluyn:
Neukirchencr Verlag 1986. VI, 313 S. 8°. Pb. DM 49,80.

Der hier anzuzeigende Band hat die Aufgabe, den Stand wissenschaftlicher
Arbeit in der Religionspädagogik auf verschiedene Weise