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Ausgabe:

1988

Spalte:

21-22

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Zenger, Erich

Titel/Untertitel:

Das Buch Ruth 1988

Rezensent:

Meinhold, Arndt

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 1

So bildet diese Studie einen Beitrag zur Textkritik der Samuelbücher
und kann besonders den Übersetzern und Auslegern der
Samuelbücher von Nutzen sein. Aus diesem Grund denke ich. daß ein
übersehbares Register der behandelten Bibelstellen mit Seitenangabe
für eine schnelle Orientierung des Benutzers hilfreich sein könnte.

Ostrava Tomas Novotny

Zenger, Erich: Das Buch Ruth. Zürich: Theologischer Verlag 1986.
128 S. gr. 8° = Zürcher Bibelkommentare, AT 8. sfr 22.-.

Die Auslegung der Megillot in der Reihe der Zürcher Bibel-
kommentare HAT) wird nun - nach Esther (1983). Klagelieder (1985)
und Hoheslied (1986) - mit Ruth fortgesetzt. Der Kommentar des
katholischen Alttestamcntlers in Münster ist dreiteilig aufgebaut: Einleitung
(9-28), Auslegung (29-102) und Zusammenfassung
(103-127). Angefügt ist ein Verzeichnis ausgewählter Literatur, leider
kein Register.

Insgesamt besticht die einfühlsame Exegese dieses Büchleins, das
eine literarische und theologische Kostbarkeit unter den atl. Schriften
ist. Obgleich die Auslegung sehr argumentativ und komprimiert
durchgerührt ist, verdeckt sie doch die zahlreichen Feinheiten ihres
Gegenstandes nicht. Im Gegenteil!

Besonders hervorzuheben ist dreierlei: Einmal werden jedem der
vier Kapitel ausführliche Erläuterungen zu Realien oder Sachverhalten
, die für das Kapitel jeweils wichtig sind, vorangestellt (so zu Bethlehem
[29-32], zur altorientalischen Erntepraxis [44-46] sowie zu
den darauffolgenden Arbeitsgängen [62-64] und schließlich zum
Stadttor und seiner Bedeutung für das Leben in damaliger Zeit
[78-80]). Dadurch kommt die Plastizität des berichteten Geschehens
eindrucksvoll hervor. Zum anderen wird jeder Abschnitt vor der
Übersetzung sorgfältig auf seine Struktur, Dimension und Funktion
hin beobachtet und - wenn möglich - zu anderen Abschnitten in Beziehung
gesetzt. Damit wird das feine Netz der sprachlichen und inhaltlichen
Bezüge, das das Ruthbuch überzieht, von vornherein sichtbar
gemacht (vor allem 32. 36f. 51. 59. 64. 68. 76. 95). Zugleich
gelingt es, die verschiedenen Bedeutungsebenen kenntlich zu machen.
Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Leitwörter, die für das ganze
Buch von Belang sind (18-20), und Wörter und Wendungen, die einzelne
Abschnitte akzentuieren oder bestimmen (z.B. 55f. 73).
Schließlich tritt die theologische Grundaussage des Buches klar hervor
: Durch Güte (hasad) kommt es zu Leben aus Tod (41), weil der
Gott Israels sie gewährt und weil Menschen sie tun, allen voran die
Moabiterin Ruth, die keine Fremde bleibt (92).

Dem Reichtum an exegetischen Erkenntnissen, den der Kommentar
enthält, ist hier nicht gerecht zu werden. Unterstrichen sei lediglich
das Plädoyer, das Vf. Tür die hermeneutische Bedeutsamkeit der
Grußformeln (2.4) ausbringt (54). Verschiedentlich wird sich auch
eine andere Ansicht als die vertretene nahelegen, etwa wenn ein
Gleich- (oder Parallel-?)SteIlen von Naemi und Israel vorgenommen
wird>(99; vgl. 124). Zur behutsamen Sprachgebung will die Wiedergabe
der die Ruth kennzeichnenden Bewertung'e?a! hajil (4,1 1b) mit
...eine wackere Frau'" (73) nicht recht passen, zumal Vf. selbst Ruth
als ..Idealgestalt" versteht (97); und genau diese Bewertung kommt
der Frau von Prov 31,10-31 zu, die ebenfalls'*?«! hajil genannt wird.
Wünschenswert wären ferner die Nachweise für alle beigebrachten
altorientalischen Vergleiche und Texte (45.48). - Eine Liste mit zahlreichen
Druckfehlern geht Vf. direkt zu.

Die Einleitung behandelt - nach Stellung von Ruth im Kanon - die
Frage nach dem ursprünglichen Umfang und der literarischen Gestalt
des Buches, das als weisheitliche Novelle bestimmt wird (23-25). Mit
Mitgehend plausiblen Gründen werden 1.1a«: 2,12bß; 4,7.8a. 11 b. 12
und 17-22 für Bestandteile einer nachträglichen („Israel"-)Redaktion
gehalten, die die ursprüngliche, aber wohl bereits nachexilischc
•'Er-lLöscr"-Geschichte auf David auszog (25-28). Die messianische
'ntention. die diese Redaktion kennzeichne, wäre gewiß einleuchtender
, wenn eine adäquate atl. messianische Konzeption dem Ruthbuch
an die Seite gestellt werden könnte.

Beispielhaft knapp und klar sind die komplizierten rechtlichen
Sachverhalte - vor allem bezüglich des Levirats - gelöst und dargestellt
worden (20-22. 80-95).

Der dritte Teil zeigt ein beachtens- und für biblisch-theologisches
Arbeiten nachahmenswertes Vorgehen. Denn es werden nicht nur ntl.
und altkirchliche Bezugnahmen auf Ruth erwähnt (116-119), sondern
auch frühjüdische, und da neben hellenistisch-jüdischen (LXX,
Josephus) und dem Targum auch rabbinische (Pesikta de Rab
Kahana, Ruth rabba. Talmud; 107-1 15). Für den Ausblick auf eine
Weggemeinschaft von Juden und Christen, mit dem der Kommentar
schließt (1260, ist dieser methodische Schritt selbst fast schon
zeichenhaft. Die Überschrift des dritten Teils („Zusammenfassung")
erscheint nicht stimmig, denn mit den Beispielen aus der jüdischen
und christlichen Tradition, dem Problemüberblick zu Ruth in der
Forschung (I 19-121), den Perspektiven einer feministischen Lektüre
(1240 und den erwähnten Anmerkungen zur jüdisch-christlichen
Weggemeinschaft sind vorrangig Sachverhalte der Wirkungsgeschichte
erfaßt. Die tatsächlich zusammenfassende Passage (121-124)
wirkt darin eher etwas deplaziert.

• Anlage und Gehalt weisen diesen Kommentar als wertvoll aus. Sein
Studium und auch sein inhaltlich-geistlicher Anspruch (!) sollten aufgenommen
werden.

Naumburg (Saale) Arndt Mein hold

Ahlström, Gösta W.: Who W'erc the Israelites? Winona Lake, IN:
Eisenbrauns 1986. X. 134 S. m. 3 Abb. gr. 8'. Lw. $ 12.50.

Der Studie geht es. was der Titel nicht sogleich zu erkennen gibt, um
Ursprung und Geschichte des Namens Israel. Ahlström (= A.) kommt
zu dem Ergebnis, daß der Name ursprünglich nicht als Bezeichnung
einer ethnischen Gruppe, sondern einer territorialen Größe, eines
geographischen Raumes, nämlich des mittelpalästinischen Berglandes
mit Zentrum Sichern, gedient hat, dabei Bewohner unterschiedlicher
ethnischer Zugehörigkeit umschließend. Die Verwendung
änderte sich im Laufe der Zeit dahingehend, daß mit Entstehungeines
Territorialstaatcs in diesem Gebiet seit Saul Israel zur politischen
Bezeichnung der neuen Nation wurde. Nach dem Zerfall des durch
David und Salomo zusammengehaltenen Staates blieb Israel als
nationalpolitische Bezeichnung des Nordreiches erhalten, bis Israel
assyrische Provinz wurde. Damit endet die Geschichte des Namens
Israel als Bezeichnung einer politischen Größe. Israel lebte weiter "as
a religious, ideal name for Yahweh's people" (118). Schon in der liturgischen
Sprache der vereinten Reiche "Israel signified the qahal. the
cult congregation, of Yahweh" (118), und so blieb es auch im Südreich
Juda. Schließlich erfuhr Israel eine weitere Verengung der
Bedeutung, indem es exklusiv "the new Yahweh society" bezeichnete
, "which emerged within the party of the returnees. the golah",
besonders seit Esras „neuem Gesetz". Damit wird Israel zum "ideolo-
gical term for Judaism"(l 170-

Das skizzierte Ergebnis gewinnt A. in 8 Kapiteln. Hinter den mit
energischen, zügigen Strichen gezeichneten Darlegungen dieses
Buches stehen verschiedene detailliertere Vorstudien der letzten
Jahre.

Die "Introduction" zeichnet den soziopolitischen und geographischen
Zusammenhang, in den Israels erste Erwähnung eingebettet ist.
nämlich auf der Mcrenptah-Stclc am Ende der Spätbronzezeit
(=SpBr). Sind die (nachmaligen) Israeliten nach Kanaan eingewandert
, oder waren sie autochthon? Waren sie Nomaden, religiös und
kulturell von den Kanaanäern unterschieden? Wenn sie von außerhalb
Kanaans kamen, lag dort (wo?) der Ursprung der JHWH-
Rcligion'?

Kap. 2 ("Population Groups and Theories") enthält u. a. eine kritisch
dilfcrcnzicrcnde Analyse dessen, was hinter der Bezeichnung
'Aptrti steht (u. a. ein propagandistisch-pejorativer Pauschalge-