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Ausgabe:

1988

Spalte:

433-435

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Lee, Thomas R.

Titel/Untertitel:

Studies in the form of Sirach 44 - 50 1988

Rezensent:

Sauer, Georg

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 6

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büchern (EHS.T 263), 1985. Überhaupt hatte der Vf. in erster Linie die weit über die Zeit von Ben Sira hinausreicht, nämlich bis in die
die englischsprachige Literatur im Blick, was sich dann auch darin christliche Zeit hinein (S. 163-178). Eine gewisse Zusammenfassung
zeigt, daß er von deutschsprachigen Arbeiten, die sekundär in einer dieser Untersuchungen bieten die Ausführungen über die Wesensenglischen
Obersetzung erschienen, stets nur diese Übersetzung merkmale des Encomiums (S. 178-206), wozu folgende Merkmale zu
nennt. Trotzdem ist der vorliegende Kommentar in seiner Übersicht- rechnen sind: die Überhöhung (amplification), der Vergleich, die
liehen Anlage und mit seinen soliden, die moderne Diskussion umfas- Feststellung der Einzigartigkeit und der Hinweis darauf, daß Gott die
send berücksichtigenden Aussagen auch jedem, der sich im deutschen Taten verursacht hat. Der Horm nach umfaßt das Encomium ein
Sprachraum mit Chr beschäftigt, sehr zu empfehlen. Proömium, fernerden eigentlichen Hauptteil mit der Darstellung der

p . i „. -....,„, . , Taten und einen Epilog.

Kostock Klaus-Dietrich Schunck v a

Erst nun kommt der Vf. auf Ben Sira zurück und stellt auf den Seiten
206-239 die Ergebnisse für Ben Sira zusammen. Er versucht den

Judaica Nachweis, daß auch in den Kapiteln 44-50 die eben dargestellten

Wesensmerkmale des Encomiums zu finden sind, nämlich die Über-

, _, höhung durch Auswahl der wiedergegebenen Beispiele, der Vergleich

l*c. Thomas R.: Studies in the Form of Sirach 44-50. Atlanta. GA: ., * T , ..... j, . f . . V- ! , , .

c u , „ ,,.„, ..,, „_, „ „„ „„, _. _ . mit anderen I aten und Mannern, der Autweis der Einzigartigkeit und

Scholars Press 1986. XII, 271 S. 8 = SBL. Dissertation Sencs, 75. ., . „. , .. , „ , .,

Kart $13 95 Unvergleichlichkeit des betreffenden Mannes aus der Geschichte

Israels und schließlich der Hinweis darauf, daß Gott die Taten ver-

Dic nun im Druck vorliegende Dissertation zum Erwerb des Ph. D. ursacht habe. Das Proömium findet er in Ben Sira 44,1-15, den

aus dem Jahre 1979 wurde an der University of California in Berkeley eigentlichen Hauptteil in Ben Sira 44,16 bis 49,16 mit dem abschlie-

unter der Leitung von Victor R. Gold geschrieben und war bisher nur ßenden Teil 50,1-21, und den Epilog in Ben Sira 50,22-24.

als Micro-Film zugänglich. Der Autor wirkt nun als Adjunct-Pro- In der Zusammenfassung (S. 241-245) wird das Resultat folgender-

•essor in Religious Studies an der University of Montana in Mis- maßen formuliert: "Thus 1 suggest that Sirach 44-50 is to be under-

soula/Montana. Daß eine Veröffentlichung im Druck möglich wurde, stood as a composition that Sirach consciously patterned after the

entspricht ganz der Forschungslagc auf dem Gebiet der jüdischen types of encomia with which he could conceivably have come into

Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. In den vergangenen 20 Jah- contact in his day." (S. 243) Ein letztes Mal fragt der Vf. danach, ob

ren ist zu diesem Thema viel gearbeitet worden. Leider konnte der Ben Sira eine ausgeführte Form des hellenistischen Encomiums ge-

Eortgangder Forschung in den zwischen der Erstellung der Arbeit und kannt habe, und beantwortet diese Unsicherheit mit dem Hinweis auf

'hrem Druck liegenden sieben Jahren nicht mehr berücksichtigt wer- drei Gesichtspunkte. 1. Die hellenistische Rhetorik sei in jener Zeit

^en- allgemein verbreitet gewesen; Ben Sira habe Reisen unternommen,

Es ist das Anliegen der zu rezensierenden Arbeit, auf formkri- wobei er diese geistigen Strömungen habe kennenlernen können,

''schem Wege den starken hellenistischen Einfluß auf die Kapitel Ben 2. Auch in der späteren (!) rabbinischen Literatur läßt sich helleni-

Sira 44-50 nachzuweisen. Es sei zunächst der Gang der Darlegung stische rhetorische Form nachweisen. 3. Auch an anderen Stellen

Beschildert, ehe dazu kritisch Stellung genommen wird. zeigt Ben Sira hellenistischen Einfluß, wie dies schon Marböck,

Die Untersuchung gliedert sich in zwei ungleiche Teile und eine Middendorp. Levi und Bigot aufgewiesen hätten (S. 243f).

Zusammenfassung. Im ersten Teil (S. 1-79) wird der Überschrift zu- Eine umfangreiche Bibliographie (S. 247-263) und ein Index
folge

versucht, die Form des zu behandelnden Abschnittes zu definie- (S. 265-271) beschließen das Werk.
ren. Dabei ist es unumgänglich, auch litcrarkrilische Fragen zu behan- Der Rcz. hat starke Bedenken, ob die vorgetragene Beweisführung
''ein (S. 3-21). Das Ergebnis ist, daß Ben Sira 42,15-43,33 nicht, wohl das postulierte Ergebnis auch zu tragen imstande ist. Mit dem Aufweis
abcr Kapitel 50 zu der zu behandelnden Einheit gehört. Dieses literar- ähnlicher literarischer Formen in der hellenistischen Literatur ist
britische Ergebnis wird nun (S. 21 -79) formkrilisch untersucht und sicher noch nicht der eindeutige Nachweis im Sinne des Vf. erbracht,
dabei viel über hymnische Abschnitte im Kanon des Alten Testa- solange nicht auch nachgewiesen werden kann, daß es in der alttcsta-
menls selbst (S. 23-29), außerhalb des Kanons (Judith 5 und 16 und mentlichen Literatur nicht auch Hinweise auf ähnliche literarische
Apostelgeschichte 7; S. 29-48), sodann sogar über die vorrabbinische Formen gibt. Hier wären Beispiele vorzubringen, durch die der enge
Midrasch-Litcratur (S. 48-54) und schließlich über die hellenisti- Zusammenhang Ben Siras mit seiner jüdischen Welt und Literatur ersehen
Biographien (S. 54-79) gehandelt. Mit der Erreichung dieses wiesen werden kann. Dies gilt für andere Versuche, den helleni-
Punktes hat der Vf. sein eigentliches Arbeitsgebiet gefunden. stischen Hintergrund deutlich werden zu lassen ebenso wie für den,
Der umfangreichere zweite Teil gibt schon in der Überschrift der mit diesem anzuzeigenden Werk unternommen wird. Wenn auf
'hesenartig das Resultat der Untersuchung bekannt: "Sirach 44-50: S. 216-219 auf die Einzigartigkeit der erwähnten Taten hingewiesen
An Encomium of Simon II." (S. 81-239). Über weite Strecken hinweg wird, dann wäre auch darauf aufmerksam zu machen, daß in der Lite-
erweisi sich der Vf. als ausgezeichneter Kenner der griechischen Lite- ratur des Alten Testaments selbst die Einzigartigkeit immer wieder
ratur. Die wichtigsten Ergebnisse sind folgende: Ausgehend von der betont wird. Es sei hierbei an die besonderen Taten Davids oder an die
Definition des Aristoteles in seiner Rhetorik teilt der Vf. die mensch- besondere Weisheit Salomos erinnert, ja das ganze Debora-Lied (Ri 5)
liehe Rede in die drei Bereiche, beratende, forensische und unterhal- ist ein Hinweis auf diese Art der Erinnerung an die vergangene Zeit,
•ende (epideiktisch) Rede ein (S. 83). Diese Einteilung wird nach ver- Hier wird man sicher nicht von einem Encomium sprechen können.
sehiedenen Seiten hin abgegrenzt, wobei besonderer Wert auf die Bei- Ähnliches gilt z. B. von dem bewundernden Ausruf: „Wie herrlich.
sPielreihen gelegt wird. Innerhalb dieser Darlegung wird dem Termi- wie weise", hebräisch ma (S. 2220- Eine sehr naheliegende Parallele
nus ..enkomion" besondere Bedeutung beigemessen. Dieser Begriff findet sich hierzu in Ps8. Es erscheint symptomatisch, daß der Vf.
habe eine besondere Konstanz in der griechischen Literatur und sei (ähnlich wie Middendorp) die Rückfrage nach den alttcstamentlichen
Sehraucht worden von Pindar an bis in die christliche Zeit (S. 96). Es Wurzeln ganz zurückslellt.

handelt sich hierbei um ein Preislied, Loblied, das die großen Taten Waren bei der ersten Lektüre der literarkritischen Beobachtungen

Ergangener Zeiten und früherer Helden besingt. Nach dieser Begriffs- (S. 3-21) schon Bedenken gekommen, ob es in der Tat möglich ist.

Klärung wird in einem sehr umfänglichen Teil (S. 103-206) eine Ge- Ben Sira 42,15 bis 43,33 von Kapitel 44-49 zu trennen, andererseits

sehichte der Gattung Encomium geboten, die in den ersten beiden aber Kapitel 50 hinzuzunchmen, so gewinnen diese Fragen erneut an

Teilen (S. 105-163) bis an die Zeit heranführt, in der Ben Sira lebte. Bedeutung, wenn man am Ende der Ausführungen liest, daß das aus

^■er wird als Ben Sira besonders nahestehend Theokrit erwähnt der hellenistischen Welt erschlossene Encomium einen besonders zu

'S. I 59) f)er vf. tut ein übriges, indem er auch die Periode behandelt, ehrenden Menschen heraushebt und mit der vergangenen Geschichte