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Ausgabe:

1988

Spalte:

18-20

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Augustin, Matthias

Titel/Untertitel:

Bibelkunde des Alten Testaments 1988

Rezensent:

Waschke, Ernst-Joachim

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 1

,18

ausgäbe der Werke Sigmund Freuds steht) allgemein zugänglich
geworden und finden in einer umfangreichen anthroposophisehen
Literatur Interpretation und Aktualisierung. In dieser Situation muß
der erneute Versuch eines evangelischen Theologen, sich mit der
Anthroposophie kritisch auseinanderzusetzen, als legitim betrachtet
werden und kann auf.die Beachtung vieler rechnen, die Information
und Orienticrungshilfe erwarten.

Badewien verbindet in seinem Buch Darstellung und Kritik miteinander
, aber so, daß in den ersten zehn Kapiteln stärker die Informationsabsicht
im Vordergrund steht, während die letzten drei vor allem
der polemischen Auseinandersetzungdienen.

Dem Leser wird zuerst eine kurze biographische Übersicht geboten,
die die wichtigsten Stufen der Entwicklung Steiners bis zur Gründung
der Anthroposophischen Gesellschaft (1913) berücksichtigt und einen
«was summarischen Ausblick auf die letzten zwölf Lebensjahre
(1913-1925) bietet. Kapitel II bis VIII vermitteln in einer systematischen
Überschau die Grundlinien der anthroposophischen Erkenntnis
: Kosmologie, Anthropologie, Gotteslehre, Offenbarungsverständnis
und Christologie sind hier die thematischen Schwerpunkte. Zwei
weitere Kapitel (IX und X) beschäftigen sich mit Waldorfpädagogik
und Christengemeinschaft als besonders repräsentativen Manifestationen
des anthroposophischen Menschen-, Welt- und Gottesverständnisses
. Die zusammenfassende Auseinandersetzung geht von der
Bedeutung der Person Steiners Tür das Selbstverständnis der Anthroposophie
aus (Kap. XI), faßt dann deren Anspruch ins Auge, wissenschaftliche
Erkenntnis zu vermitteln (Kap. XII) und endet mit einer
geistesgeschichtlichen Gesamteinschätzung, die besonders das" Verhältnis
zürn christlichen Glauben ins Auge faßt.

Wenn man sich bemüht, den Informationsgehalt des Buches abgesehen
von seiner polemischen Absicht zu erheben, so läßt sich bestätigen
, daß es manche zutreffenden Eindrücke von der Entstehung,
den Methoden und den Ergebnissen der Anthroposophie vermittelt.
Badewien geht dabei von authentischen Äußerungen der Anthroposophie
, besonders den Schriften Rudolf Steiners aus, aus denen er an
vielen Stellen wörtlich zitiert. So wird dem Leser die Möglichkeit
geboten, sich ein anschauliches und in den Grundzügen zutreffendes
Bild von Steiners Fassung des Entwicklungsgedankens, von den
»Wesensgliedern" und „Inkarnationsstufen" des Menschen und von
seinen theologischen und eschatologischen Vorstellungen zu machen.
Ebenso werden der durch die Waldorfschulen angebotene Bildungs-
weg und die Christcngcmeinschaft. besonders deren Sakraments- und
Schriftverständnis, an Hand von Originalzitaten dargestellt. - Andererseits
gibt der Vf. auch Rechenschaft über die Grundprinzipien vom
Evangelium her bestimmter Glaubenserkenntnis, mit denen er sich
gegenüber den Aussagen der Anthroposophie abgrenzen möchte; er
hat sie am Schluß des Buches in zehn Thesen zusammengefaßt, in
denen das vierfache „allein" reformatorischer Orientierung an der
Schrift, an Christus, an der Gnade und am Glauben auf die vorliegende
Kontroverse hin aktualisiert und konkretisiert wird.

Ereilich macht es der Vf. dem Leser nicht leicht, sich durch sein
Buch über die Anthroposophie unterrichten zu lassen, um dann in
einer gewissen Selbständigkeit zu einem eigenen Urteil zu gelangen.
Denn er bietet Polemik nicht erst in den letzten, ausdrücklich der kritischen
Auseinandersetzung gewidmeten Kapiteln; von den ersten
Seiten an wird vielmehr die Information durch polemische Unter-
und Zwischentöne durchsetzt, so daß der Leser sich ständig in seiner
eigenen Meinungsbildung unterbrochen und der Zumutung ausgesetzt
sieht, sich durch das spürbare Mißvergnügen des Vf. bevormunden
zu lassen. So wird Steiner von Anfang an seltsam ins Zwielicht
gestellt; durch seinen Bildungsgang, in dem sich frühe Erfahrungen
mit katholischer Frömmigkeit und eine naturwissenschaftliche
Ausbildung in den Schul- und Universitätsjahren verbanden (S. 18),
seine erste Ehe (S. 21 0. seine Beziehungen zur Freimaurerei (S. 26f).
Ja sogar durch sein Geburtsdatum (S. 16) erscheint er als undurchsich-
t'ge Persönlichkeit; seine Forschungen und Erkenntnisse werden nur
m't distanzierenden Anführungszeichen als „Forschungen" und „Erkenntnisse
" vorgestellt (S. 13, 36 u. ö.). Diese Form der Polemik
findet sich auch in den späteren Kapiteln immer wieder: Anthropo-
sophische Selbstdarstellung wird als „Propaganda" (S. 136 u. ö.), das
Verhältnis zu Steiner als „Personenkult" (S. 178) abgewertet; Steiner
selbst wird der philosophischen Ignoranz (S. 212 im Hinblick auf
Dilthey), der „Arroganz" (S. 216) und unlauterer Polemik (S. 215: „es
wird getrickst") bezichtigt. Mag es sich bei solchen und vielen ähnlichen
Wendungen auch vielleicht nur um stilistische Mißgriffe handeln
- freilich unterlaufen dabei dem Vf. auch handfeste Fehlinformationen
(der Vortrag „Jesus oder Christus" entstand 1921, also nicht
„viel früher"-so Badewien S. 18-alsder „Lebensgang", der 1925 erschien
; Steiners Ehe mit Anna Eunike wird in der Biographie Hemlebens
nicht verschwiegen - Badewien S. 21 -, sondern mit genauen
Daten und halbseitigem Bild dokumentiert; Steiner war nicht in Unkenntnis
über Diltheys Philosophie, sondern stellt sie in seinem Werk
„Die Rätsel der Philosophie" ausführlich dar) - so muß doch bedauert
werden, daß durch solche zu vordergründig ansetzende Kritik die Gelegenheit
versäumt wurde, zu einem ernstnehmenden und darum
ernstzunchmenden Dialog auf höchstmöglichem Niveau zu gelangen.
Er ist heute m. E. nicht anders zu erreichen als über die Bereitschaft zu
rückhaltloser evangelischer Selbstkritik. Da genügt es dann nicht,
Steiners „Karma"-Lehre einen nicht ganz geklärten Begriff von
„evangelischer Freiheit" entgegenzustellen (S. 690. der eher an Kant
als an Paulus erinnert, sondern es wäre gerade umgekehrt von Steiners
„Philosophie der Freiheit" auszugehen und deren Erkenntnisgewinn
sorgfältig gegen Luthers Anthropologie des „servum arbitrium" abzuwägen
. Es genügt nicht, dem anthroposophischen Bibclverständnis
das protestantische Schriftprinzip thetisch entgegenzustellen (S. 90f),
sondern es ist zu fragen, in welcher Beziehung christliche Anthropologie
. Christologie, Pneumatologie und Eschatologie zum Erkenntnisproblem
stehen und wie es von da aus möglich ist, ein heute verantwortbares
Offenbarungsverständnis zu entfalten. Es genügt nicht. „Erlösung
durch Jesus Christus" gegen ,,Selbsterlösung" schlagwortartig
ins Feld zu führen, sondern es ist zu fragen, wie die Erlösung des
..Selbst" durch Christus Wirklichkeit werden kann und ob sich nicht
auch bei Steiner Hinweise dafür finden. Diesen Dialog bleibt der Vf.
dem Leser schuldig. So kann der in Fragen der Anthroposophie Unkundige
, aber Interessierte, zuletzt doch nur auf die Originalquellen
zurückverwiesen werden.

Halle (Saale)/Leipzig Norbert Müller

Altes Testament

Augustin, Matthias, u. Jürgen Kegler: Bibelkunde des Alten Testaments
. Ein Arbeitsbuch. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd
Mohn 1987.404 S. gr. 8*. Lw. DM 48,-.

Jeder Studierende, der sich den Inhalt des Alten Testaments in seiner
übergroßen Mannigfaltigkeit und Fülle aneignen will, und der
dann auch noch den gesamten Stoff für eine Bibclkundeprüfung als
Wissen parat Jiaben muß. wird immer wieder gern auf ein Buch
zurückgreifen, das ihm eine erste Hilfe gibt, den Inhalt der einzelnen
biblischen Bücher sachgerecht zu gliedern, das ihm ferner Stichworte
zum selbständigen Lernen anbietet und das nicht zuletzt auf Querverbindungen
innerhalb der Bibel hinweist und thematische Sachverhalte
zusammenfaßt.

Dieser Aufgabe stellen sich M. Augustin und J. Kegler mit dem
Arbeitsbuch „Bibelkunde des Alten Testaments": „Die Bibclkunde
will. . . eine Anleitung und Hilfe zur Lektüre des Alten Testaments
sein, sie will aber keinesfalls die Lektüre des Alten Testaments selbst
ersetzen" (S. 8).

Sie versuchen ihrem Programm in der Weise gerecht zu werden, daß
sie jedem biblischen Buch eine ..Grobgliederung" voranstellen (für
den Pentateuch und die Bücher Josua bis 2. Könige finden sich noch
gesonderte Gesamtübersichten), dem eine ..Feingliederung" folgt, die