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Ausgabe:

1988

Spalte:

382-383

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Sorg, Theo

Titel/Untertitel:

Christus vertrauen - Gemeinde erneuern 1988

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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I

381 Theologische Literaturzeitung I 13. Jahrgang 1988 Nr. 5 382

liehe Theologie und kirchliche Praxis historisierend und psychologi- Verteidigung der Genialität Przywaras als zur werbenden Einsicht in

sierend oder gar politisierend zur Naturreligion entartet. Christliche das Evangelium Gottes beitragen kann.

Inhalte dienen dann lediglich als Mittel zu fremden Zwecken. Dies N. exegesiert Przywaras Hauptwerk ..Analogia entis. Metaphysik";
dürfte Vf. auch in seiner pastoralen Tätigkeit deutlich geworden er geht dabei so vor, daß er vom Drehpunkt dieser Schrift aus ihre
sein, sachlich notwendigen Themen systematisch expliziert. Das Zentrum
Allerdings stellt sich - und dies sicher nicht allein aus der Sicht seiner Ausführungen bildet deshalb die sachgemäße Darlegung der
evangelischer Theologie-die Frage, wie sich der Zugang zum Primat aus dem analogen Denken ,sich ergebenden Gotteserkenntnis
der Sache zu der Sache selbst verhält und von ihr her bestimmt wird. (33-49). Diese wird dadurch vorbereitet, daß in Auseinandersetzung
Erst ganz am Schluß des zweibändigen Werks erscheinen in einem mit der metaphysischen Tradition (Aristoteles und Neuplatonismus)
recht knappen Abschnitt Überlegungen, in denen das „Interpretan- die ..logisch-reale Vorgängigkeit" der „Einheit von Seins- und Sinn-
dum" durch die Person und das Kreuz Jesu C hristi bestimmt wird Formen" (31). der eine gewisse Transzendenz eignet, dargelegt wird
(522-534). Alles Vorangehende wird damit dechiffriert bzw. identifi- (Kap. I: Zum Aufbau des Werkes ..Analogia Entis. Metaphysik";
ziert, und es wird völlig richtig betont, daß Christus das Kriterium Tür Kap. 2; Analogie: der Ausgleich zu Logik und Dialektik; Kap. 4:
alles menschliche Reden von Gott ist (528). Doch es ist bereits in der Kreatürliches Denken). Die im Nachdenken des Seins sich eröffnende
Formulierung merkwürdig, wenn dann „Jesus Christus als Dichter Transzendenz ist nicht ein Überstieg in die begriffliche ErfassungCiot-
und Gedicht" (527) bezeichnet wird und wenn „die Grundmetapher tes. sondern „Teilnahme an der Wahrheit, die Gott ist" (37) in einem
alles Redens von Gott die Identifizierung des Gekreuzigten mit dem menschlichen (!) Denkakt, der sich wiederum nicht bei sich beruhigt.
Auferstandenen" (534) sein soll. Denn auf diese Weise wird die Per- Das Ergebnis solcher Gotteserkenntnis ist weder ein logischer Satz,
son Jesu Christi funktionalisiert und prinzipalisiert, nicht aber als noch ein mystisches Gewahr-werden. sondern gleichsam Teilhabe am
handelnde erkannt und bezeugt. Ein knapper, aber völlig verzeich- .Rhythmus des Seins'. „Das Erkannte der einen und umfassenden
neter Hinweis auf Luthers Kreuzestheologie läßt das angedeutete Pro- Analogie ist kein begrifflicher Erkenntnisinhalt, der vom geschöpftem
in aller Schärfe hervortreten (531 f). Was hier als „Offenbarung liehen Erkennen bestimmt ist und dann zur Gotteserkenntnis herhal-
in der Verborgenheit Gottes in Jesus Christus" hervorgehoben wird, ten müßte, sondern hebt an als das Geschöpfliche in seinem unum-
hetrifft lediglich die Vcrstchcnsfrage, während von der Erkenntnis von gänglichen Bezug zum absoluten Geheimnis. Was ist nun dasselbe.
Sünde und Gericht überhaupt nicht die Rede ist. Diese Grenze jedoch das in der Analogie zugleich ähnlich und unähnlich ist, das Umfas-
betrrfft nicht nur einen Theologen, sondern unsere heutige Theologie sende und nur analog sich seiner Gegenläufigkeit Begriffene? Es ist
weithin. Gerade deshalb aber ist dieses Werk ein wichtiger Anstoß, nach Przywara das eine Geschehen (Ur-Dynamischcr Rhythmus) des
den naturalistischen Erfahrungspositivismus in Theologie und Kirche Seins, ist ständige Schöpfung des Seienden und dessen Verwirkli-
•heologisch zu überprüfen. * chung. In dieser Inhaltlichkeit erschöpft sich Analogie nicht, sie ist

r, . auch die freie Bewegung in Gott selbst und sie ist das Zueinander die-

trlangcn Reinhard Slenczkl .

scr und der Bewegung der Welt, ein Geschehen, dessen Freiheit zu

erkennen Aufgabe analogen Denkens ist." (74)

v.,„. _ . . _ _ . . . . , ■ , _ , . _ Es ist schade, daß N., nachdem er in Kap. 5 (Die PossibilitäDdic Bc-

>aao, Erich: Zur Begründung der analogia entis bei Erich Przywara. ,. „„,.,, , ., , , ,

Eine Erörterung. Regensburg: Pustet 1987. 140 S. gr. 8" = Eichstät- din8un8 der Möglichkeit solchen Denkens im OtTcnbarungshandeln

ter Beiträge. 21. Abt. Philosophie u. Theologie, 4. Kart. Gottes „begründet" und in Kap. 6 (Die Formalisierung) die Grenzen

DM 36.-. solchen Denkens abgesteckt hat, nicht noch ausführlicher als in

Kap. 7 (Abgrenzungen - Verdeutlichungen) in die Diskussion über

Das Thema, wie angemessen von Gott zu reden sei. ist gegenwärtig Przywaras Konzeption eingestiegen ist. Wohl werden die wichtigsten
deshalb

von aktueller Bedeutung, weil von verschiedenen Seiten der Diskutantcn Przywaras genannt (ein Hinweis auf J. Track fehlt!), aber
Theologie ihr traditionelles und notwendiges Verhältnis zur Philo- den philosophischen Gegenargumenten Puntcls und H. Wagners wer-
soPhie streitig gemacht wird. Wo Gefühl und Emotionen zur Methode den etwas zu schnell das Bekenntnis zur Freiheit Gottes entgegenge-
der Gotlcscrkenntnis gemacht werden, scheinen theo-logischc Bcmü- setzt. Trotzdem - wer eine anspruchsvolle und sachgemäße Erörterungen
scholastischer Provenienz ziemlich obsolet. Um so mehr ist es rung über die Möglichkeilen der analogia-entis-Konzeption Przywaras
/u begrüßen, daß der Vf. die diffizilen Bemühungen E. Przywaras vor- sucht, wird von N. gut geleitet.
n"mnt. um die Beziehung zwischen Gott und Mensch in theologisch-
fhilosophischer Hinsicht zu erörtern. Dabei steht ihm nicht nur der
angesprochene religiöse Trend entgegen, sondern ebenso das Vorur-
*H, der Sachverhalt um eine analogia entis sei ausdiskutiert. „Eine
analogia entis für einen der Offenbarung vorgängigen Wesensstand des

Geschöpfes anzunehmen, wird weder dem trinitarischen Sein Gottes

(Barth- r> u * u a c- i •• . w.jli: i Sorg, Theo: Christus vertrauen - Gemeinde erneuern. Beiträge zum

"win. Pannenberg) noch unserer von der Sunde geprägten Wirklich- . . , " 1

keii „„ . /t- . .. , missionarischen Gemeindeautbau in der Volkskirche. Stuttgart:

gerecht."(Track,TRE 11,648) , „. r. , „ ■ , „ , r... , . an

r, . , Calwcr 1987. I 19 S. 8 =Calwcr Paperback. Kart. DM 14.80.

IJoch N. geht es nicht nur darum. ..Przywaras Konzeption [der

aiialogja entis. W. B.] wie sie sieh uns darstellt, zu verdeutlichen". Dieser Band enthält acht Aufsätze zum Thema Gemeindeaufbau,

"2S, A. 212) sondern im Vollzug der Erörterung offenzulcgcn. daß die einen breiten Leserkreis ansprechen können. Der Württcm-

'wischen einer argumentativ gewonnenen Einsicht Gottes und einem bergischc Landesbischof tritt für missionarischen Gemeindeaufbau

^erstehenden Glauben keine unüberbrückbare Differenz besteht. ein. indem er die positiven Ziele von F. Schwartz aufnimmt, die

"Geschöpflich Diffcrentes findet seine Einheit jenseits seiner. Die schroffe Trennung zwischen Ekklcsia und Kirche aber nicht mit-

f-inlieit und Differenz zwischen Geschöpf und Gott wird in der Analo- vollzieht. Sorg weist dem Gemcindeaufbau zwei Aufgaben zu: „die

^'e erhoben (in Philosophie und Theologie)." (70) Mit Przywara geht Sammlung und Zurüstung derer, die mit Ernst Christen sein wollen.

Cs N. also darum, das Wissen um Gottes Beziehung zu uns als Rcflc- und mit ihnen zusammen dann eine missionarische Breitenarbeit in

"lon Oes (ilaubens, die nicht ohne philosophische Implikationen aus- der volkskirchlichen Gemeinde". Wie der Vf. selber betont, ist das

kommt, darzulegen. Daß N. sich dabei - trotz des hohen Abstrak- Konzept nicht neu. aber cs ist nach wie vor aktuell. Sorgs Stärke

ll°nsnicaus - der rationalen Grenzen seines Unternehmens bewußt besteht in einer biblischen Orientierung, die nicht biblizistischen

lsL wird schon im Vorwort ersichtlich: Theologie zielt auf das Problcnncrkürzungen erliegt. Er zeigt Verständnis lür evangclikalc

«Mysterium Gottes" (5). Es ist deshalb verständlich, daß N. mehr zur Anliegen und wirkt so gegen Polarisierungstcndcnzen. Langfristig

Windheim Werner Brändlc

Praktische Theologie: Allgemeines