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1988

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 1

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düngen konnten im 10. und 11. Jh. eine Rolle spielen (189). Ratschläge
zur Milde wurden mitunter biblisch begründet, weil „schließlich
auch des Papstes Vorgänger, der Apostel Petrus, die Verzeihung
Christi wegen dessen Verleugnung nötig hatte" (191). Auch das weltliche
Recht wurde berücksichtigt. Neue Editionen könnten die Frage
klären, „wie das Corpus juris beschaffen war, das an der römischen
Kurie mehr oder weniger genau zur Anwendung kam, und in welchem
Verhältnis pietätvolle Rechtstradition und autoritative Modifikation
des Rechtes durch Päpste zueinander standen" (194). - Der abschließende
Beitrag „Valentin Ernst Löscher, das finstere Mittelalter
und dessen Saeculum obscurum" geht auf dessen 1725 in Leipzig
erschienene Schrift ein „Die Historie der Mittleren Zeiten als ein
Licht aus der Finsternis vorgestellt". Löscher hatte 1705 eine
„Historie des Römischen Huren-Regiments" geschrieben. Dazwischen
„scheint in Löschers Geschichtsauffassung und historischem
Bewußtsein eine gewisse Kluft zu bestehen" (202). Tatsächlich ist die
Schrift von 1725 nur ein kurzes Programm; es stellt fest, daß das
Mittelalter „fast überall noch nachwirke" (207); es warnt „vor dem
unhistorischen Überspringen der mittelalterlichen Jahrhunderte"
(209). Löscher forderte exakte Datierungen und Lokalisierungen der
Fakten. Zum Gegensatz zwischen seinen Arbeiten 1705 und 1725 sagt
Z.: Löscher behauptete 1725 nicht, daß „das. Mittelalter Licht sei,
sondern bloß, daß auch aus den obscura saecula Licht und das heißt
Erleuchtung zu erlangen sei, wodurch sich freilich die Einschätzung
des finsteren Mittelalters ändern und dieses weniger negativ erscheinen
müßte" (217).

Dem eindrucksvollen Schriftenverzeichnis des Jubilars folgt ein
Register, das die Vielfalt der behandelten Personen und Orte aufweist.
Die Beiträge beruhen durchweg auf Quellen, sie scheuen nicht detaillierte
Einzeluntersuchungen; sie bleiben aber immer spannend zu
lesen.

Rostock Gert Haendler

Kutsch, Ernst: Kleine Schriften zum Alten Testament. Zum 65. Geburtstag
hg. von L. Schmidt u. K. Eberlein. Berlin (West) - New
York: de Gruyter 1986. IX, 392 S. gr. 8* = BZAW, 168. Lw.
DM 152,-.

Der von den beiden Hgg. mit einer kurzen Würdigung eingeleitete
Band enthält nur einen Teil der stattlichen Reihe von Aufsätzen, die
der Jubilar seit dem Jahre 1952 veröffentlicht hat. Es handelt sich um
die unveränderte Wiedergabe der Originaltexte im Originalsatz. Die
Zusammenstellung von 18 Arbeiten des langjährigen Erlanger Alt-
testamentlers wird dem Fachmann nicht nur deshalb willkommen
sein, weil sie z. T. in Festschriften oder an entlegener Stelle erschienen
sind, sondern auch deshalb, weil eine ganze Anzahl von ihnen Themen
gewidmet ist, an die sich nur wenige aus der großen Schar der
Kollegen heranwagen. Den Wiederabdrucken hat E. Kutsch noch
zwei bisher unveröffentlichte Abhandlungen hinzugefügt: „Der Sabbat
- ursprünglich Vollmöndstag?" (71-77). Die Antwort des Vf. lautet
„ausgeschlossen". - „Unschuldsbekenntnis und Gottesbegegnung.
Der Zusammenhang zwischen Hiob31 und 36ff" (308-335). Geboten
wird vor allem eine literar- und formkritische Untersuchung des
Problems der Gottesreden im Hiobbuch. K. arbeitet eine ursprüngliche
Gottesrede heraus: 38,1-39,12; 39,19.30; 40,8-14. Die Texte
40,6-7.15-32; 41,1-26; 40,1-2 „und wohl auch" 39,13-18 sind
„sekundäre Einfügungen". - Der Band enthält auch eine vollständige
Bibliographie K.s (379-383) und ist mit einem Register der erwähnten
Bibelstellen versehen.

K.-H.B.

[Thielicke, Helmut:] Zum Gedenken an Helmut Thielicke (1908-1986). Ansprachen
auf der Akademischen Gedenkfeieram 4. Dezember 1986. Hamburg:
Pressestelle der Universität Hamburg 1987. 46 S., 1 Taf. 8' = Hamburger
Universitätsreden, 45.

Religionswissenschaft

Greschat, Hans-Jürgen, u. Martin Kraatz: Buddhismus. Göttingen:
Vandenhoeck & Ruprecht 1985. 87 S. 8" = Religionen, 2. Kart.
DM 11,80.

Das kleine Buch von nur 87 Kleinoktavseiten verdient aus der
reichhaltigen Literatur zum Buddhismus hervorgehoben zu werden.
Den Hgg., die sich auf die Theraväda-Tradition beschränken, geht es
darum, „in einer knappen Auswahl klassischer und moderner Texte
und deren Erläuterungen überschaubar, schlüssig und gegenwärtig
eine buddhistische Erfahrung, wie sie einem einzelnen Buddhisten
verfügbar sein kann, für einen Menschen des Westens nachvollziehbar
zu machen" (8). Das ist ihnen vorzüglich gelungen. Für den christlichen
Leser kann sich aus der Lektüre - vorausgesetzt, daß er sich den
Anforderungen und der Herausforderung der Texte und Kommentare
stellt - ein doppelter Gewinn ergeben: einmal das Erlangen eines
wirklichen Einblicks in das Wesen buddhistischen Denkens und zum
anderen die für manche gewiß überraschende Erkenntnis, daß es dabei
für einen Christen etliches ernsthaft zu bedenken, zu beachten und zu
lernen gibt. Das gilt beispielsweise für die Texte und Ausführungen
über das „Nichtanhaften" im zweiten Kapitel. Das vorhergehende
erste Kapitel ist der Erfahrung von Wirklichkeit als „Leiden" gewidmet
, das dritte, ausführliche und wichtige Kapitel der zentralen
Anatta-Vorstellung. Diese für einen Europäer nicht leicht zu verstehende
Lehre vom „Nicht-Selbst" wird dem Leser in ihrer Dialektik
eindrücklich nahegebracht. Wichtig sind die ethischen Implikationen
dieser Religionsphilosophie. Nach ihnen wird schon im dritten, besonders
aber im vierten Kapitel unter der Überschrift „Metta" (d. h.
Güte, Liebe) gefragt. Dabei kommt der Gedanke des „Mit-leidens",
die Gestalt des um das Heil der anderen besorgten Bodhisattva und die
„aktive Zuwendung zu anderen" zur Sprache, und zwar unter dem
Vorzeichen von Anatta. Vor, bei und nach seinem Denken und Tun
soll der Buddhist danach fragen, was heilbringend und was schädlich
ist für den anderen. „Wie verstehen Theravada-Buddhisten tätige
Nächstenliebe?" Antwort: als Freigebigkeit, selbstlose Hilfe und Verantwortung
. Letztere „macht die tätige Nächstenliebe ohne Anhaften,
ein Helfen, das keine Bedingungen stellt, möglich" (71). Freilich,
„wirklich kann man seinen Nächsten erst dann lieben, wenn man
gelernt hat, sich selber zu lieben und anzunehmen" (75). „Metta verleugnet
nie, was ist. Sic nimmt es an. Wer aus ihr handelt, der läßt
einen Kranken krank sein, läßt ihm diese Krankheit als seine Aufgabe
, als seinen Weg" (77). Auf dem Felde der Ethik werden dann aber
auch die Unterschiede zwischen christlichem und buddhistischem
Denken deutlich, tritt zutage, wie die Verwurzelung in der Kamraa-
Lehre zu einer ganz anderen Einordnung von Leid und Unrecht in der
Welt führt, obwohl Christen und Buddhisten in der Zuwendung zum
Nächsten, in den humanistischen Grundanliegen übereinstimmen.

Wer sich das Büchlein anschafft, wird es nicht bereuen. Es ermöglicht
wertvolle Entdeckungen in einer anderen Vorstellungswelt, und
es setzt Verstehen in Gang, was heute dringlicher denn je ist, um in
unserer Welt friedlich miteinander leben zu können.

Berlin Karl-Wolfgang Tröger

Badewien, Jan: Anthroposophie. Eine kritische Darstellung. Mit
einem Vorwort von K.-M. Bender. Konstanz: Bahn 1985. 235 S. 8°
Kart. DM 19,80.

Das Interesse an der Anthroposophie hat in den letzten drei Jahrzehnten
, seit der Veröffentlichung der Monographie von Klaus von
Stieglitz über „Die Christosophie Rudolf Steiners" (Witten 1955), erheblich
zugenommen. Steiners Schriften sind in einer vielbändigen
Gesamtausgabe, daneben auch in handlichen Taschenbucheditionen
(unter anderem in einer zehnbändigen Auswahl in einem der größten
deutschsprachigen Taschenbuchverlage, die dort neben einer Studien-