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1988

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Kirchengeschichte: Reformationszeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Litcraturzcitung I 13. Jahrgang 1988 Nr. 5

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Kirchengeschichte: Reformationszeit

Schilling. Heinz [Hg.]: Die reformierte Konfessionalisierung in
Deutschland - Das Problem der „Zweiten Reformation". Wissenschaftliches
Symposion des Vereins für Reformationsgcschichte
1985. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1986.
480 S. gr. 8* = Schriften des Vereins für Reformationsgcschichte,
195. geb. DM 98,-.

Das Buch ist ein Berichtsband über ein wissenschaftliches Symposion
, zu dem der Verein für Reformationsgcschichte im Oktober
1985 nach Göttingen eingeladen hatte. Neben dem Abdruck der 22
Referate wird erstmals ein Bericht über die Diskussion im Anschluß
an die Einzelrcferate (S. 373-378)gcgeben, vorallem aberdie gesamte
interessante Schlußdiskussion (S. 439-467) abgedruckt. Teilnehmerverzeichnis
, Sach-, Orts- und Personenregister runden den Band ab.

Das Thema des Symposions, um das sich die einzelnen Beitrage
ranken, war das Problem der „Zweiten Reformation" in Deutschland,
wobei es darum ging, die Vorgänge genau zu erfassen, die in den letzten
Jahrzehnten des 16. Jh. bis hin zum Konfcssionswechsel des
brandenburgischen Kurfürsten Sigismund am Weihnachtstag 1613 in
einigen deutschen Territorien und Städten das „lutherische in ein
reformiertes oder calvinistisches Kirchen- und Staatswesen umwandelten
oder es versuchten" (S. 7).

Die vorgelegten Referate versuchen dabei, ausgehend von jüngeren
Untersuchungen, sie als gesellschaftlichen Wandlungsprozeß von
einer gewissen Einheit zu deuten und zu untersuchen, ob es sich „hierbei
tatsächlich um einen Gesamtvorgang handelte, der über die
Kirchen- und Iheologiegeschichtlichen Veränderungen hinaus politische
, soziale, kulturelle und mentalitätsgeschichtlichc Umbrüche
herbeiführte" (ib.).

Die Gliederung des Sammelbandes entspricht der des interdisziplinaren
Symposions: I. Übergreifende Strukturen und Bewegungen.
Hierzu gehörte etwa Martin Hecke!: Reichsrecht und „Zweite Reformation
", Theologisch - juristische Probleme der reformierten Konfessionalisierung
, oder auch Ernst Koch, der über den sächsischen
Philippismus dieser Zeit referierte. II. Regionale Fallstudien beschäf-
•'gten sich mit Kursachsen (Karlheinz Blaschke); Zweibrücken
'Werner-Ulrich Deetjcn); Kurpfalz (Volker Press); Württemberg und
Hessen (Manfred Rudersdorf): Hessen-Kassel (Gerhard Menk); der
Wettcrau (Georg Schmidt): Westfalen (Harm Klueting); Branden-
hurg-Preußcn (Rudolf v. Thadden): Danzig, Elbing und Thorn
(Michael G. Müller) und Schweden (Ingun Montgomery). Hl. Sach-
Problcmen im Umkreis der „Zweiten Reformation" waren u. a.
Untersuchungen zur Theorie und Praxis der „reformatio vitae" (Paul
Münch), zur Auswirkung der „Zweiten Reformation" an den Elementarschulen
(Cierhard Schormann) oder auch in der Literatur des
Barock gewidmet. IV. Die „Zweite Reformation" als Forschungskontroverse
stellten einmal Heinz Schilling (Die „Zweite Reformation
" als Kategorie der Geschichtswissenschaft) sowie von entgegengesetzter
Position Wilhelm Neuser (Die Erforschung der „Zweiten
Deformation" - eine wissenschalt liehe Fehlentwicklung) dar.

™ der überaus instruktiven Schlußdiskussion ging es in erster Linie
Urn die Benennung des historischen Sachverhaltes. Schon im Vorfeld
der Tagung war klargeworden, daß sich zwar der Forschungsansatz
hewährt hatte, nicht jedoch der umstrittene Begriff der „Zweiten
Deformation", obwohl auch dem Luthertum die Vorstellung einer
Deformation des Lebens als zweiter Schritt nach der der Lehre durchaus
deutlich ist. Man diskutierte also über den BegriIT..Zweiter Reformation
" als solchen, über seine theologiegeschichtliche, aber auch
geistesgeschichtliche Provenienz und schließlich über die sich daraus
ergebenden gesellschaftlichen Konsequenzen. Dabei kristallisierte
sich weithin heraus, daß die Ausbreitung der reformierten Lehre die
Einheitlichkeit des kirchcngeschichtlichcn Prozesses nicht durchkrochen
hat und keine neue, keine zweite Reformation „im Selbst-
verständnis der Handelnden um I 580" (S. 441) und später war. sondern
nur eine Weiterführung, eine Konsequenz und Fortsetzung der
lutherischen Reformation. Der umstrittene Begriff der „Zweiten
Reformation" ist also eher durch ein Wort wie Konfessionalisierung
oder auch reformierte Konfessionsbildung zu ersetzen, zumal er in
englischen und französischen Veröffentlichungen eine ganz andere
Bedeutung hat.

Herlin , Hans-Ulrich Delius

Braun. Dietrich: Luther über die Grenzen des Staates 1523 (ARG 78. 1987.
61-80).

Dieter, Hans Jörg: Das Verständnis von Schrift in der Confessio Taboritarum
(CV 30,1987. 157-180).

GraB, Hans: LuthersZwci-Reiche-Lehre (ZFvKR 31, 1986. 145-176).

Ilnusclmann, Klemens: Wimpina's Druck der Ablaßthcsen,Martin Luthers
1528 (nach einem der 1517 von Luther ausgegebenen Texte) und Luthers frühe
Aussagen zur Verbreitung seiner Ablaßthcsen (ZKG 97. 1986. 189-204).

Koch. F.rnst: Handschriftliche Überlieferungen aus der Reformationszeit in
der Stadtbibliothek Dcssau(ARG 78,1987,321-345).

Krumwiede. Hans-Walter: Kirchen Verfassung und christliche Existenz bei
Bugenhagen(JGNKG 84. 1986.105-122).

Meinhardi. Andreas: Über die Lage, die Schönheit und den Ruhm der hoch-
berühmten, herrlichen Stadl Albioris. gemeinhin Wittenberg genannt. Ein Dialog
, hg. für diejenigen, die ihre Lehrzeit in den edlen Wissenschaften beginnen.
Aus dem Lat. Übersetzung. Einleitung und Anmerkungen von M.Trcu.
Leipzig: Reclam 1986. 270 S. m. 30 Abb. kl. 8-= Reclams UniversaTBiblio-
Ihek, I 145. M 2,50.

Müller, Cierhard: Luthers theologisches Testament. Vor 450 Jahren entstanden
die Schmalkaldischen Artikel (LM 26,1987.396-398).

Pcttfcc, Sabine: Das Gutachten des Urbanus Rhcgius für den Rostoeker Rat
vom 8. November 1531 (JGNKG 84,1986.93-103).

Schützeichel. Heribert: Inwiefern war die Reformation Calvins eine Bewegung
des Hl. Geistes? (TThZ 96,1987.236-240).

-: Calvins Kritik der biblischen Begründung des Papstamtes (Cath 41. 1987.
42-63).

Schuppan. Erich: Endlässung der Textrevision des Kleinen Katechismus
Dr. Martin Luthers (Die Christenlehre 40.1987,163-166).

Steitz. Heinrich: Geistige und kulturelle Auswirkungen von Reformation
und Gegenreformation (BPIXG 53.1986, 197-208).

Tracy. James D.: Two Erasmuses, Two Luthers: Erasmus' Strategy in De-
feneeof De Libero Arbitrio (ARG 78,1987.37-60).

Kirchengeschichte: Neuzeit

Reingrabner. Gustav: Aus der Krall des Evangeliums. Geschehnisse
und Personen aus der Geschichte des österreichischen Protestantismus
. Erlangen: Martin-Luther-Verlag; Wien: Evang. Presseverband
in Österreich, 1986. 1 19 S. m. zahlr. Abb. 4° = Evangelisch in
Österreich-geb. DM 25,-.

Beide Verlage legen hier eine großformatige und überaus reich
bebilderte Darstellung der.Geschichte des österreichischen Protestantismus
vor. die - in einer Kombination aus Grundsatzüberlegungen,
kurzen Querschnitten und biographischen „Kalendergcschichten"
(wie sie etwa der vom Vf. mitgestaltete „Evangelische Kalender für
Österreich" „Glaube und Heimat" bietet) - vom ausgehenden Mittelalter
bis zur Gegenwart reicht. Dem Besucher Österreichs, der um
dessen evangelische Geschichte wenig weiß, wird sich hier ein ansprechend
geschriebener erster Einblick bieten. Viele Fragen, etwa die
nach der ..lutherischen Identität" dieses einst zu 9 %. heute zu gut 5 %
formal lutherischen Landes, werden zu Recht gestellt, ihre Beantwortung
freilich wird dem leicht verwirrten Leser überlassen. Eine
besondere Schwierigkeit der Darstellung der Geschichte der Evangelischen
in Österreich bietet das Phänomen, daß sie ohne Schilderung
einer sehr langen „Vorgeschichte" und zumal ohne eine sehr ausführliche
Würdigung der Geschichte der Evangelischen in den Ländern
der Böhmischen und Ungarischen Krone, z. T. auch der Vorlande.
Galiziens und der Bukowina (fast alle Schwerpunkte der „Evangeli-