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Ausgabe:

1988

Spalte:

363-364

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters; 42 1988

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Literaturzeitung I 13. Jahrgang 1988 Nr. 5

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geworden. Sie weist ihren Verfasser als einen der großen Pariser
Gelehrten der zwanziger/dreißiger Jahre aus, der neben Wilhelm von
Auxerre und Wilhelm von Auvergne das geistige Leben hier bestimmte
. Die Edition macht ihn der Forschung zugänglich. Unter den
Registern ist das ausführliche Sachregister hervorzuheben.

ürcifswald . Hans Georg Thümmel

Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters. Namens der
Monumenta Germaniae Historica hg. von H. Fuhrmann, H. M.
Schaller. 42. Jg. Köln-Wien: Böhlau 1986. XVIII, 768 S. gr. 8*.

Hartmut Hoffmann beginnt seinen Aufsatz „Kirche und Sklaverei"
mit einem Brief Konrads II. zwischen 1027 und 1029. der die frevelhafte
Gewohnheit tadelt, „daß Hörige der heiligen Kirche von Verden
um einen geringen Preis wie vernunftlose Tiere verkauft worden
sind". Er erinnert an das kanonische Recht, das höchstens einen
Tausch „Güter gegen Güter und Hörige gegen Hörige" zuläßt. Der
Herrscher wollte nicht nur Vermögensverluste verhindern, vielmehr
zielen „diese Worte auf den Menschenhandel als solchen" (3). Bestimmungen
der kafolingischen Zeit haben „den Sklavenhandel in der
einen oder anderen Form" verboten (4). Der Unterschied zwischen
Altertum und Mittelalter ist „am deutlichsten ... in der marxistischen
Terminologie", die die „Sklavenhaltergesellschaft" von der
„Feudalgesellschaft" absetzt (5). Für die Haltung der Kirche wirkte
der Philemonbrief des Paulus nach: Sklaverei wurde anerkannt, „nur
sollten eben die Christen ihre Sklaven nicht herrisch, sondern brüderlich
behandeln" (9). Synoden vom 6.-8. Jh. haben das Los der Sklaven
erleichtert (10-21). Die Kirche hat Sklaven „vor willkürlicher
Tötung und Mißhandlung geschützt, sie hat die Sklavenehe anerkannt
; sie hat den Verkauf von christlichen Sklaven ins (heidnische)
Ausland verboten; und sie hat die Leistungen der Sklaven in ihren
Grundherrschaften fixiert und dadurch der willkürlichen Ausbeutung
Schranken gesetzt" (21). Der Einfluß der Kirche kann „kaum hoch
genug veranschlagt werden" (22). Sie hat „zu jenem tiefen Wandel in
den Grundlagen der Gesellschaft beitragen, der in der Folge für die
Geschichte des Abendlandes die größte Bedeutung gehabt hat" (24).

Heinz Löwe erarbeitete „Zur Überlieferungsgeschichte der Vita
Findani" ein Handschriftenstemma (40), berücksichtigt acht frühneuzeitliche
Gelehrtenabschriften aus dem 17./18. Jh. und untersucht die
Bezeichnung „Findanus prineeps Laginiae" (52-80). Franz-Reiner
Erkens bietet „Ludwigs des Frommen Urkunde vom 28. Juni 823 für
Passau (BM2 778)" in einer längeren und einer kürzeren Fassung (Edition
S. 112-117). Auch der Beitrag von Rudolf Pokorny „Eine Kurzform
des Konzilskanons von Trosly (909)" führt zu einer Edition
(141 -144). Jene Synode gilt „als die letzte der großen aus dem Geist
karolingischer Renovatio getragenen Reformsynoden" (118). Claudia
Märti schildert „Regensburg in den geistigen Auseinandersetzungen
des Investiturstreits". Heinrich IV. weilte „etwa 30mal in dieser
Stadt" (146). Das Kloster St. Emmcran war „ein Sammelbecken für
Texte aus dem Umkreis Heinrichs IV." (151-154). Nach dem Wormser
Konkordat 1122 wurde Regensburg „zum Sammelbecken eines
Kreises von literarisch äußerst aktiven Reformfreunden" (159). Das
Bamberger Kloster Prüfening spielte dabei eine Rolle. Der Abschnitt
„In Regensburg nachweisbare Werke aus Reformzeit und Investitur-
streiV (161-178) nennt u. a. Petrus Damiani, Gebhard von Salzburg,
Anselm von Lucca, Deusdedit, Bcrnold von Konstanz, Bonizo von
Sutri. Bruno von Scgni, Placidus von Nonantola, Ivo von Chartres
und Gratian. Das Eindringen reformfreundlicher Schriften wird auf
Gerhoh von Reichersberg und Paul von Bernried zurückgeführt
(1790. Handschriften in Regensburg haben noch Matthias Flacius
Illyricus genützt (182).

Klaus Jaitner informiert über „Georg Heinrich Pcrtz. die Monumenta
Germaniae Historica und die Wiederentdeckung des Evangeliars
Heinrichs des Löwen (1860/61)". Nach Details über die Vorgänge
in Hannover und Prag werden 14 Briefe abgedruckt (419-445).

Hubert Mordek verweist auf „Unbekannte Texte zur karolingischen
Gesetzgebung" mit dem Untertitel „Ludwig der Fromme, Einhard
und die Capitula adhuc conferenda". Ein 1985 versteigertes Pergamentblatt
wird abgedruckt, es enthält 18 Punkte. Vermutlich war Einhard
der geistige Vater (463); Ludwig der Fromme wird als Gesetzgeber
aufgeweitet (468). Eine ähnliche Tendenz vertritt Gerhard
Schmitz in seinem Beitrag „Zur Kapitulariensammlung Ludwigs des
Frommen" (471-516). Es gab eine Kontinuität von Karl d. Gr. her im
Verhalten gegenüber der Kirche; Ludwig hat „auf den von seinem
Vater gelegten Fundamenten weitergebaut" (490). Das Urteil von
U.Stutz, Ludwig habe sich seines großen Vaters nicht unwürdig
gezeigt, sollte man „auf die Kirchengesetzgebung überhaupt ausdehnen
" (496). Das gilt jedenfalls bis 829, erst danach gab es „aus der Perspektive
der Kapitularien eine entscheidende Zäsur" (516). Werner
Goez formulierte das Thema: juravit in anima regis': Hochmittelalterliche
Beschränkungen königlicher Eidesleistungen" (517 bis
554). Selbst in Canossa 1077 konnte Heinrich IV. daran festhalten,
daß er als König keinen Eid „corporaliter" ablegen müsse (523). Es
gab ein „Nebeneinander von königlichem Handschlag, persönlichem
Versprechen und Schwur durch Beauftragte" (527). Papst Innozenz
III. erreichte persönliche Eide der konkurrierenden Herrscher
(534). - Hilary Seton Offler schreibt „Zum Verfasser der .Allegaciones
de potestate imperiali' (1338)". Der Traktat zugunsten Ludwigs des
Bayern ist in mehreren Handschriften erhalten (563-569). Es gibt
keinen Hinweis auf Ockham als Verfasser, den man eher in dem
Juristen Bonagratia aus Bergamo zu sehen hat (617). Man muß sich
allerdings „mit der Aussage gemeinschaftlicher Verantwortung" des
um Michael von Cesena gescharten Kreises begnügen. Auf die ursprüngliche
Fassung G hatte Bonagratia den größten Einfluß (619).

5 Miszellen seien genannt. Ferdinand ü e I d n e r: Das Problem der vierzehn
Slawenkirchen Karls des Großen im Lichte der bisher unbeachteten Dorsalvcr-
merke der Urkunden Ludwigs des Deutsehen (845) und Arnulfs (8X4); Otto
Prinz: Zur lexikalischen Auswertung der beiden ältesten Vilae sanetae Wibo-
radae; Franz Fuchs: Zum Anonymus Mellieensis; Paul Zinsmaicr: Drei
ungedruekte Diplome der älteren Staulerzeit; Ernst-Dieter Hehl: Die angeblichen
Kanoncs der römischen Synode vom Februar 462. Horst Fuhrmann
berichtet über Fortschritte der Monumenta Germaniae Historica für 1985/86:
man erfährt von der Tätigkeit der Pius-Stiftung fTir Papsturkundcnfbrschung
1984/85 sowie vom Stand der Germania Sacra 1985/86. Von 3 Nachrufen
beeindruckt besonders der für Margarete Kühn, die noch bis in ihr 93. Lebensjahr
hinein bei der Arbeitsgruppe der MGH des Zentralinstituts für Geschichte
bei der AdW der DDR gearbeitet hat.

Rostock Gert Haendler

Augustinus. Aurclius: Unteilbar ist die Liebe. Predigten des heiligen Augustinus
über den ersten Johannesbrief. Eingeleitet u. übers, von H. M. Biedermann.
Würzburg: Augustinus-Verlag 1986. 177 S. 8' = Augustinus - heute. 5. Kart
DM 19.80.

Gal. Gcdcon: William of Ockham died impenitent in April 1347 (FrS42.
1982,90-95).

Klima. Hellmut: Ein GroUscheuerner vor 600 Jahren auf dem Bischofsstuhl
von Wcissenburg: Der siebenbürgisehe Bischof Gohiinus (1378-1386) (Kirchliche
Blätter 14. 1986. Nr. 7. S. 6 u. 8).

Molnär. Amedo: Hieronymus von Prag. Ein Zeuge lur die Wahrheit des
Evangeliums. Hg. und mit einer Einführung verschen von K.-C'h. Epting und
einem Textbeitrag ..Hieronymus und Konstanz" von M. Müller. Konstanz:
Christi. Verlagsanstalt 1987. 24 S. m. 3 Abb. 8- = Konstanzer theologische
Reden, 5. DM 4,50.

Kivinius. Karl J.: Häretische Bewegungen des Hochmittelalters unter besonderer
Berücksichtigung des Katharismus und des Waldcnscrtums
(ThGL 77. 1987.361-380).

Rübner Jargensen. Kaare: Om karmelilcrordcncn i Danmark: SpredtC
mcddelclser pä grundiag af nyfund i udenlandskc arkiver(KHS 1986. 7-42).

.Seibrich. Wolfgang: Die Benediktinerprovinz Köln-Trier im letzten Jahrzehnt
vor der Reformation (TThZ 96, 1987! 1-20).

Ulimann. Wolfgang: Aspekte christlicher Mission in der frühmittelalterlichen
Völkcrwelt Mittel-und Ostcuropas(SOrth 1988.2. 11-17).

Wolter. Allan B.: MeC'ord Adams. Marilyn: Duns Scotus' Parisian proofför
the existance ofGod (FrS 42. 1982,248-321).