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Ausgabe:

1988

Spalte:

359-360

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Jacobs, Manfred

Titel/Untertitel:

Das Christentum in der antiken Welt 1988

Rezensent:

Haendler, Gert

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Seite 1

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359

Theologische Literaturzeitung I I 3. Jahrgang 1988 Nr. 5

360

Weiser, Alfons: Miteinander Gemeinde werden. Sachbuch zum Neuen
Testament und/um kirchlichen Leben. Stuttgart: Kath. Bibelwerk 1987. 151 S.
m. 79 Abb.gr. 8/»Sachbücher zur Bibel. Pp. DM 35.-.

Wilhelm!, Gerhard: Der Versöhner-Hymnus in Eph 2.14IV(/.NW 78. 1987.
145-152).

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Jacobs, Manfred: Das Christentum in der antiken Welt. Von der früh-
katholischen Kirche bis zu Kaiser Konstantin. Göltingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1987. 202 S. m. 4 Ktn 8- = Zugänge zur Kirchengeschichte
, 2. Kart. DM 16,80.

-: Die Reichskirche und ihre Dogmen. Von der Zeil Konstantins bis
zum Niedergang des weströmischen Reiches. Göltingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1987. 182 S. m. 10 Ktn 8° = Zugänge zur Kirchengeschichte
, 3. Kart. DM 16,80.

Manfred Jacobs will eine auf 1 1 Bände berechnete neue Reihe herausbringen
„Zugänge zur Kirchengcschichte", für die er die beiden
ersten, von ihm selbst übernommenen Bände vorlegt. Im Vorwort
begründet er die Notwendigkeit des Unternehmens: Es droht ein Substanzverlust
an geschichtlicher Kenntnis, ein ..hintergrundloses Denken
", das von einem „Bewußtsein der Machbarkeit und Verfügbarkeit
" bestimmt wird. Davon ist auch die Kirche mil betroffen, „ihr
Verhältnis zur theologischen Substanz in dieser Geschichte" und
dünner. Die neue Reihe will „Arbeits- und Lesebuch zugleich" sein;
sie hat das Ziel, „daß der Leser angeleitet wird, selbständig mit den
Quellen umzugehen" (5). Dieses Ziel hat die Überschrift und die Gliederung
des Kapitels I geprägt: „Die apostolischen Väter". Nach einem
Abschnitt über die Frage des Frühkatholizismus kommen die Quellen
ausführlich nacheinander in den Blick: 1. Clemensbrief. Didaehe,
Ignatius. Barnabasbrief und Hirt des Hermas. Wichtige Abschnitte
werden geboten, dazwischen steht ein verbindender Text. Es sieht so
aus. als ob die ganze Darstellung im Sinne einer christlichen Quellenkunde
gemeint sein könnte. Tatsächlich wird aber diese primär nach
Quellen gegliederte Darstellungsweise nach Kapitel 1 aufgegeben. Es
folgt Kapitel II „Römische Religiosität und Religionspolitik" mit
wichtigen Quellenabschnitten: Vergils vierte Ekloge. der Bericht des
Tacitus über den Brand Roms, der Pliniusbrief (ohne Trajans Antwort
), der Brief Hadrians an Minucius Fundanus (nach Justins Apologie
1,68). Der Leser wird also mit wichtigen Quellen bekannt gemacht,
aber als Gliederungsprinzip werden andere Gesichtspunkte vorangestellt
. Nach diesem System wird auch weiter verfahren - und nur so
kann man ja auch durch die immer reicher fließenden Quellen hindurchkommen
.

Die folgenden Kapitel „Entwicklungstendenzen der Kirche im
2. Jahrhundert" sowie „Die frühkatholische Kirche und Theologie"
stellen die äußere Geschichte relativ knapp dar und zeigen starkes
Interesse an der Theologie. Insbesondere Kapitel V „Philosophie und
Theologie in Alexandria" weist in diese Richtung. Der Kirchenvater
Origenes wird stets „Origines" geschrieben. Auch Band III wendet viel
Raum auf für die theologische Entwicklung: Kap. I „Der Streit um die
Trinitätslehre". Kap. III „Der Abschluß der Trinitätslehre", Kap. IV
„Die christologischen Klärungen". Es bleibt eigentlich gar keine Notwendigkeit
für eine zusätzliche Dogmengeschichte. Das im Vorwort
angekündigte Interesse an einerchristlichen Kulturgeschichte kommt
ebenfalls zum Tragen und kann zu prägnanten Formulierungen führen
: „Der Semipelagianismus hat eine kulturgeschichtlich umfassendere
Bedeutung als die Thesen des Pelagius" (III. 149); „Papst
Gregor I. (gest. 604) wird seine Weisungen zur Germanenmission, daß
die heidnischen Heiligtümer nicht zu zerstören, sondern in den katholischen
Ritus einzubeziehen sind, aus dem Geist des Semipelagianismus
erteilen" (III. I 59). Ein erprobter Zugang zur Kirchengeschichte
w ird wenig genutzt: Biographische Angaben sind knapp, die (iestalten

der Kirchengeschichte bleiben blaß. So wird Tertullian im Register
I 7mal genannt, aber die Spannung dieses Lebens fehlt, der Leser w ird
nicht mit vor die Entscheidungen gestellt, denen er sich einst gegenübersah
. Tertullian wird wohl als Gewährsmann genannt und zitiert,
aber erst nach sieben Erwähnungen wird im Kleindruck auf wenigen
Zeilen etwas über sein Leben gesagt (II. 79). Bischof Cyprian kommt
laut Register nur 5mal vor (das Register ist unvollständig), aber keine
Stelle schildert im Zusammenhang den Lebensweg dieses Mannes.
Pamphilus, der als Verbindungsglied zwischen Origenes und Euseb
doch einige Bedeutung hat. fehlt überhaupt. Euseb wird häutig zitiert,
er wird einmal als ..Hoftheologe" bezeichnet (175), aber der spannungsvolle
Lebensweg Eusebs wird als Zugang zur Kirchengeschichte
nicht genutzt. Anders sieht es bei Augustin aus. dessen Confessioncs
breit ausgewertet werden (III, I 18-123). Insgesamt bringen die beulen
Bände sehr viel Material auf engem Raum. Meinungsunterschiede
Über Auswahl, Gliederung und Einzelheiten werden immer bestehen.
„Zugänge zur Kirchengeschichte" sind die beiden neuen Bände ganz
gewiß. Dem Unternehmen ist ein zügiger Fortschritt zu wünschen.
Mit Jacobs ist zu hoffen, daß die große Kontinuität von der Kirche
Christi bis heute Mut machen möge zu dem Schritt, „der von der Kirchengeschichte
als Fach zum Leben in der Kirche führt" (6).

Rostock Gert Hacndler

Hilaire de Poitiers: Contre Constance. Introduction, Texte critique,
Traduction. Notes et Index par A. Rochcr. Paris: ;Ccrf 1987.
275 S. 8'=SC. 334. Kart: ffr 195.-.

Der Band gilt einer kurzen Streitschrift: Liber in Constantium
imperatorem. Text und Obersetzung nehmen zusammen nur 58
Seiten ein (166-223). Viel umfangreicher ist die «Introduction»
(7-161). Das Kapitel « Probte mes historiques» schildert /unächst den
Lebensweg des Hilarius bis zu den Jahren 355-360. die er im Exil zubringen
mußte: dort verfaßte er seine wesentlichsten Werke: „De Tri-
nitate" und „De Synodis" (17). Die Schritt gegen Konstantius hängt
schon mit seiner Rückkehr aus dem Exil zusammen. Die Redaktion
gehört in die ersten Monate des Jahres 360, es sind Etappen einer
Redaktion zu unterscheiden (30IT). Als Adressaten hat man sich kaum
den Kaiser Konstantius vorzustellen, obwohl die Überschrift ihn
nennt (41 II"). Der Briefist vielmehr gedacht fürdie Kirchen in Gallien
und insbesondere für die dortigen Bischöfe (42). Hilarius hat sich trotz
seiner Verbannung immer als «citoyen loyal» verhalten; bis 360 hat
er kein Wort gegen den Kaiser gesagt, lediglich den Beratern des Kaisers
machte er Vorwürfe, zumal den Hofbischöfen Ursacius und
Valens. In seiner Schrift an Konstantius freilich bezeichnet er den
Kaiser als einen Feind Gottes und Christi: «Contra Deum pugnas . . .
Christi novus hostis es" (Kap. 7. S. 180). Der Editor Rocher möchte
diese Wendungen auf keinen Fall überbewerten; der heidnische Historiker
Ammtanus M a reell in us ging noch strenger mit dem Kaiser um
(49). Letztlich blieb Hilarius doch «un hommc doux, ami de la paix et
de la Concorde» (5 1). Seine Schrift gegen Konstantius wurde zunächst
nicht verbreitet, nur ein kleiner Kreis von Freunden kannte sie. Die
Vorstellung, Hilarius habe schon von der beginnenden Machtergreifung
durch den späteren Kaiser Julian Nutzen gehabt, wird überzeugend
zurückgewiesen (541").

Ein weiterer Schwerpunkt des Bandes ist das Kapitel III «La Tradition
manuscrite» (85-161). Hier kann der Hg. anschließen an jene
Untersuchungen von A. Feder für die Edition in der Wiener Kirchenväterausgabe
(CSEL 65. 1916) sowie an jene von P. Smulders für die
Edition im Corpus Christianorum (Series Latina 62. Turnhout 1979).
Die Textzeugen werden ausführlich vorgeführt (91-126). es werden
Manuskripte zu Familien zusammengeordnet (126-1 52). Eine Editio
prmeeps war in Mailand I 489 erschienen; eine Ausgabe von Erasmus
I 523 wurde nachgedruckt 1 526 und I 535. Wichtig war die Maurincr-
ausgabe 1693. der auch noch die Ausgabe von Migne folgte. Anmer-