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Ausgabe:

1988

Spalte:

315

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Amador, Stephen Christopher

Titel/Untertitel:

Gerechtes Gericht und Gerechtigkeit im Vierten Evangelium 1988

Rezensent:

Amador, Stephen Christopher

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315

Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 4

316

Referate über theologische
Dissertationen in Maschinenschrift

Amador, Stephen C: Gerechtes Gericht und Gerechtigkeit im Vierten
Evangelium. Eine exegelisehe und traditionsgcschichtlichc Untersuchung
. Diss. Tübingen 1986. 293 S.

Der Aufsatz von T. Preiß, «La justitication dans la pensee johan-
nique» (FS K. Barth 1946, S. 100—118), zeigt, daß eine Untersuchung
über die Begriffe „gerechtes Gericht" und „Gerechtigkeit" im Rahmen
der johanneischen Prozeßvorstellung zu erfolgen hätte. Ein
Uberblick über sechs zentrale juristische Termini demonstriert, daß
die These von Preiß in ihrem Fundament richtig ist und daß Johannes
' Prozcßvorstellung eigentlich zwei Prozesse widerspiegelt: einen,
in dem die Juden die Hinrichtung Jesu, den sie als messianischen Prälendenten
betrachten, verursachen, und einen, in dem Jesus vor den
Juden bzw. der Welt Zeugnis für die Wahrheit ablegt. Eine Darstellung
juristischer Modellvorstellungen zeigt den breiten Hintergrund
von Johannes' juristischem Denken und spiegelt diesen „zweiseitigen
" Prozeß wider. Die bedeutende juristische Rolle der (Dt-)Jes-
Zitate und -Anspielungen im Johev und ihre Beziehung zu Johannes'
Prozcßvorstellung werden herausgearbeitet.

Der Begriff des gerechten Gerichts wird untersucht, zunächst durch
eine Untersuchung von Jes 11 Textformen und damit zusammenhängenden
Traditionen, um die Anspielung auf Jes 11,3-4 in Joh 7,24 zu
erhellen. Von dieser Basis her wird herausgearbeitet, daß Johannes Jesus
als einen König darstellt, der übernatürliche messianische Einsicht besitzt
und als Gottesknecht für die Wahrheil Zeugnis ablegt, der aber
streng apolitisch und sicherlich unmilitärisch ist. Jesu gerechtes Gericht
wird erhellt durch die richtende Rolle des Menschensohnes, und seine
übernatürliche messianische Einsicht wird in Verbindung mit auf Jes 11
bezogene Traditionen gebracht. Es zeigt sich, daß der Kontrast in
Jes 11,3-4 zwischen dem Richten nach dem Augenschein und dem gerechten
Gericht mit ISam 16 und der Frage nach dem Christus assoziiert
ist. Das gerechte Urteil über Jesus durch seine Nachfolger und Johannes
den Täufer erweist sich als Geist-befähigte Handlung.

Die Darstellung dieses Geistes, d. h. des Parakleten, wird hinsichtlich
seines Hintergrundes, seiner Funktion und seiner Bedeutung
untersucht. Die Frage nach dem Hintergrund des Parakleten wird besprochen
und eine Lösung vorgeschlagen, wonach die synoptische
Tradition, wie sie sich in Mk 13,9-11 parr spiegelt, die Basis für eine
juristische Vorstellung vom Beistand des Geistes für Jesu Nachfolger
geliefert hat. Johannes' Parakletvorstellung baut auf dieser juristisch
begriffenen Tradition auf und entwickelt sie im Sinne von Funktionen
der Weisheit weiter. Die beiden allgemein als juristisch betrachteten
Parakletsprüche, Joh 15,26-27 und 16,7-11, werden untersucht,
wobei dem Ausdruck Sixaiom'wt] besonderes Augenmerk gilt. Diesen
Terminus, gemeinsam mit a^apxia und xpiaiQ, versteht man am besten
im Sinne des „zweiseitigen" Prozesses, der die Frage nach dem gerechten
Gericht widerspiegelt. Die Gerechtigkeit Jesu, des Gesandten des
Vaters, besteht in Jesu „Hingang" zu ihm, und damit wird die endgültige
Antwort auf die Frage gegeben, wie man Jesus zu beurteilen hat.
Die drei verbleibenden Parakletsprüche (Joh 14,16-17; 14,26 und
16,13-15) werden auf ihren juristischen Kontext und Charakter hin
untersucht. Als der „zweite Beschützer" der Jünger befähigt der
Paraklet diese, die Ereignisse von Jesu Wirken und Tod zu verstehen,
so daß Jesus als der vom Vater trotz (bzw. wegen) seines Todes am
Kreuz Verherrlichte verkündigt werden kann.

Grob, Beate: Im Himmel wie auf Erden. Studien zum Verhältnis von
himmlischer und irdischer Welt im rabbinischen Judentum. Diss.
Tübingen 1987. 300 S.

Das Frühjudentum beschreibt die Relation von himmlischer und
irdischer Welt in verschiedenen Kategorien, denen jeweils ein spezifisches
theologisches Konzept korrespondiert.

Eine Priorität der himmlischen Welt formulieren zunächst all die
Texte, die unter dem Aspekt der Ehre Gottes nach der Tempelzerstörung
eine Substitution des irdischen Kults durch den Opferdienst und
den Lobpreis der Engel annehmen. Wenn diese Vorstellung nach
rabbinischem Denken lediglich eine Interimslösung bis zur Wiedererbauung
des Heiligtums darstellt, so zeigen die apokalyptischen
Texte eine Radikalisierung des Konzepts. Das obere Jerusalem ist
nicht nur eine kosmologischc Größe, sondern gleichzeitig eschatolo-
gisches Hcilsgut, das sich schon in der noch unerlöslen Gegenwart des
jetzigen Äons bei Gott befindet und am Ende der Tage zur Erde herabkommen
wird. Die Vorstellung, daß der praemundan erschaffene Tempel
mit seinen Geräten bei der Erbauung der Stiftshütte als Modell
diente, fungiert zunächst im Hinblick auf deren Legitimation; eine entsprechende
Begründung in der Transzendenz erfährt auch der irdische
Gottesdienst, wenn er als Nachbildung des himmlischen Lobgesanges
und Opferdienstes dargestellt wird. Da das antike Symbolverständnis
auf der Identität von Bild und Sache basiert, begründet dieser Aspekt zudem
das Motiv der Kultusgemeinschaft von Engeln und Menschen, die
einstimmig das Königtum des Wcltcnschöpfers verkünden.

Die am breitesten belegte Tradition zum Verhältnis von himmlischer
und irdischer Welt ist das Motiv der lokalen Entsprechung von
oberem und unterem Heiligtum. Diese Vorstellung kann als konsequente
Entfaltung des alttestamentlichen Gottcsbcrgmotivcs verstanden
werden, das wiederum in der ugaritisch-kanaanäischen
Mythologie wurzelt; eine Übertragung dieser lokalen Entsprechung
auf die Relation von oberem und unterem Jerusalem ist erst in amo-
räischcr Zeit belegt. Unter dem Motto „Alles, was es oben gibt, das
gibt es auch unten" erfolgt* - motivgeschichtlich sekundär - die
Integration der Motive von himmlischem Heiligtum, Opferdienst und
Lobgesang in das weisheitliche Entsprechungsdenken; in der kosmischen
Harmonie von himmlischen und irdischen Elementen zeigt
sich die allem Seienden inhärente gleiche Struktur als allumfassender
Schöpfungsplan Gottes.

Wenn diese Vorstellungen, die auf die Zeit des Tempels zurückgehen,
in der tannaitischen und amoräischen Epoche rezipiert und tradiert
werden, so artikuliert sich ganz generell eine Affirmation des Kultischen
, die in restaurativ-utopischem Sinne zu verstehen ist. Speziell der
Topos der lokalen Korrespondenz von oberem und unterem Tempel
formuliert die kosmologische Verankerung der Heiligkeit des Zion und
impliziert so auch eine Polemik gegen diesamaritanischen bzw. christlichen
Ortstraditionen von Garizim und Grabeskirche.

Im Laufe des Traditionsprozesses erfolgt eine Uminterpretation des
Materials. Unter dem Aspekt der Liebe Gottes zu den Menschen wird
die Priorität des Irdischen postuliert: Das himmlische Heiligtum
wurde nicht praemundan, sondern erst nach der Errichtung der irdischen
Stiftshütte erbaut; die Menschen stimmen ihren Lobgesang vor
den Engeln an.

Eine weitere Neukonzeption der traditionellen Strukturen gründet
in der direkten theologischen Auseinandersetzung mit der Tempelzerstörung
. Gott, der vom Leid seines Volkes betroffen ist, versagt den
himmlischen Scharen den Lobpreis und den Opferdienst, er weigert
sich, seine Stadt, das obere Jerusalem, zu betreten, und will schließlich
sogar das himmlische Heiligtum zerstören. Das Konzept der Kultussubstitution
durch den himmlischen Gottesdienst, das ja ebenfalls auf
die Tempelzerstörung rekurrierte, erfährt so eine dezidierte Absage:
Der Gott Israels offenbart sich primär in der Verbundenheit mit
seinem Volk; in dieser Verbundenheit aber liegt der Keim der künftigen
Erlösung.

Müller, Ulrich: Kirchenordnung und Staatsverfassung. Eine
systematisch-theologische Untersuchung über das Problem der
Trennung von Staat und Kirche auf deutschem Territorium in der
Zeit von 1919-1974. Diss. Halle (Saale) 1987.234 S.

Das Thema „Kirchenordnung und Staatsverfassung" ist zu umfassend
, um in „einer" wissenschaftlichen Arbeit erschöpfend behan-