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Ausgabe:

1988

Spalte:

289-290

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Eberhard, Kurt

Titel/Untertitel:

Einführung in die Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie 1988

Rezensent:

Pfüller, Wolfgang

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Seite 1

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I

289 Theologische Literaturzeitung I 13. Jahrgang 1988 Nr. 4 290

liehen Einfluß geblieben ist", und findet es um so erstaunlicher, „daß
Tillich in Amerika und Deutschland von einer Seite beachtet und aufgenommen
wurde, von der man es am wenigsten erwartet hätte, nämlich
vom Katholizismus". Auch Werner Schüßler ist Katholik. Es ist
seiner Arbeit anzumerken, daß das Maß für Theologie und Philosophie
wesentlich durch die analogia entis des Thomas von Aquin mitbestimmt
ist. Welch ein Ausgangspunkt, Tillich gerecht zu werden?
Immerhin ist das zunehmende Unvermögen zur Philosophie im evangelischen
Bereich ein Ursache dafür, daß eine so gediegene Untersuchung
eines evangelischen Theologen nicht aus Versehen aus
katholischer Feder stammt.

Greifswald Reinhard Glöckner

Anz, Wilhelm: Zur philosophischen Hermeneutik Hans Georg Gadamers
(WuD 1987,213-220).

Bochchski, Joseph M.: Über den Sinn des Lebens und über die Philosophie.
Aufsätze. Ausgewählt, eingeleitet u. hg. von D. Gabler. Frciburg-Bascl-Wicn:
Herder; Zürich: NZN-Buchverlag 1987. 168 S. geb. DM 29,80.

Kaiser, Otto: Hegels Religionsphilosophie. Ein Versuch, sie aus dem Ganzen
seines Systems zu verstehen (NZSTh 28,1986,198-222).

Katz, Solomon: Free Will: Does it have a Bio-Cultural Evolutionary Basis?
'In: Mortenscn, V.. and R.C. Sorenscn [Ed.]: Free Will and Determinism.
S. 32-45).

Mortenscn, Viggo, and Robert C. Sorcnsen [Ed.]: Free Will and Determinism
. Papcrs from an Intcrdiseiplinary Research Conference, 1986. Aarhus:
Aarhus University Press 1987. 213 S. 8 dkr 113.-.

Oclmüller, Willi [Hg.]: Leiden. Padcrborn-Münchcn-Wicn-Zürich: Schö-
ningh 1986. 308 S. kl. 8- = Kolloquien zur Gegenwartsphilosophie, 9: Kolloquium
Religion und Philosophie, 3. Kart. DM 34,-.

Schlatter, Adolf: Metaphysik (Z.ThK 1987, Beiheft 7. 17-88).

Sorenscn, Robert C: Abundaneeand the Illusion ofFrecChoicefln: Morten-
sen, V.,andR. C. Sorensen [Ed.]: Free Will and Determinism. S. 52-65).

Stcad, Christophen Die Aufnahme des philosophischen GottesbegrifTes in
der frühchristlichen Theologie: W. Pannenbergs These neu bedacht (ThR 51,
1986,349-371).

Systematische Theologie: Allgemeines

Eberhard, Kurt: Einführung in die Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie
. Geschichte und Praxis der konkurrierenden Erkenntniswege
. Stuttgart-Berlin (West)-Köln-Mainz: Kohlhammer 1987.
160S. 8' = Kohlhammcr Urban-Taschenbücher, 386. Kart.
DM 24,-.

Eine leichter verstellbare „Einführung in die Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie
" als die vorliegende von K. Eberhard wird man
schwerlich finden. Daß sie zudem zügig lesbar ist, notiert als einen
■nrer Vorzüge bereits das „Geleitwort". (Wozu freilich ein solches für
dieses Buch?)

Soweit, so gut. Indes wird der Leser sicher bald fragen, ob er es überhaupt
mit einer Einführung in die Wissenschaftstheorie zu tun hat.
Gravierende Probleme der wissenschaftstheoretischen Diskussion
werden nicht einmal erwähnt (Problem der „Theoriendynamik",
Normenproblematik. Frage der Abgrenzungskritcrien u. a.). Und ist
es bloßer Zufall, daß etwa das kolossale Werk W. Stegmüllers „Probleme
und Resultate der Wissenschaftstheorie und analytischen Philosophie
" im Literaturverz. (150-154) nur in seinem ersten Band
erscheint, der als solcher auch nicht gekennzeichnet ist?

Nun mag man vermuten, daß diese Irritation an der vom Vf.
behaupteten, durchaus problematischen Subsumtion der Wissen-
^haftstheorie unter der Erkenntnistheorie liegt (vgl. 13). Haben wir es
a'so doch vornehmlich mit einer Einführung in die Erkenntnistheorie
*u tun? Auch im Blick auf diese Frage zögert der Rcz.. vorbehaltlos
bejahend zu antworten. Ist es nicht symptomatisch, daß der Name
Kants nicht einmal vorkommt? Daß statt der dialektisch-materialistischen
Erkcnntnisf/Kw/r der dialektisch-materialistische Erkennt-
niswetf charakterisiert wird? Daß überhaupt die Charakteristik, historische
Einordnung und integrierende Koordination verschiedener Er-
kcnntnisiw#e sichtlich im Zentrum des Buches stehen? - Nach alledem
würde ich das vorl. Buch als eine Einführung in die Methodologie
der Wissenschaften, besonders der empirischen Sozialforschung (mit
Blick auf die sozialen Berufe) bezeichnen. Dazu stimmt sowohl die
betonte Praxisorientierung des Buches (vgl. I I u. ö.) wie auch die Tatsache
, daß der Vf. als Professor an der Staatlichen Fachhochschule für
Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Berlin (West) lehrt.

Der interdisziplinären Vielfält der Sozialarbeit (vgl. bes. 143) entspricht
nun zunächst die Vielfalt der vorgeführten „Erkenntniswege"
(22-57). In übersichtlicher Anordnung und klarer Sprache charakterisiert
der Vf. hier den „mystisch-magischen", den „deduktiv-
dogmatischen", den „induktiv-empiristischen", den „deduktiv-theoriekritischen
", den „dialektisch-materialistischen" Erkenntnisweg sowie
den „Erkenntnisweg der Aktionsforschung" (vielleicht könnte
man präziser sagen „des Diskurses"?). Problematisch bleibt dabei
allerdings nicht nur die offenbar intendierte Gleichrangigkeit der gen.
Erkenntniswege. Zu fragen ist auch, ob diese überhaupt auf einer
Ebene liegen. Die gerade in der Wissenschaftstheorie bedeutsam
gewordene Unterscheidung zwischen Entdeckungs- und Begründungszusammenhang
beispielsweise hätte hier gewiß eine differenziertere
Betrachtung ermöglicht. - Interessant und anregend dann der
Versuch des Vf., die charakterisierten Erkenntniswege gesellsehafts-
geschichtlich und entwicklungspsychologisch (mit Bezug auf Piaget)
zu verankern (58-80), wenn auch das Verfahren einem mit dem historischen
Materialismus vertrauten Leser nicht eben unbekannt sein
wird. Für unsere Zwecke wichtiger freilich die umsichtige, ausgewogene
Erörterung der Problematik der Hermeneutik (81-137). Sie stellt
m. E. den eigentlichen Höhepunkt des Buches dar. Nicht nur wird der
von hermeneutischer Seite behauptete Methodendualismus zwischen
„Natur- und Geisteswissenschaften" so einleuchtend wie präzise kritisiert
(86ff), sondern es wird auch ein gewichtiger Impuls gegeben, der
notorischen methodologischen Insuffizienz der Hermeneutik aufzuhelfen
. Die „Logik der Abduktion" (im Anschluß an C. S. Peirce),
nicht nur historisch verwandt mit der medizinischen Diagnostik, wird
als methodologischer Leitfaden der Hermeneutik angeboten (vgl. v. a.
I24ff). - Der abschließende „Integrative Rückblick" (138-149)
akzentuiert nochmals die Intention des Vf., wobei die Integrationsarbeit
, vor allem hinsichtlich der angestrebten „Verbindung analytisch
-naturwissenschaftlicher Forschungsprinzipien mit hermeneutischer
Deutungsarbeit auf der Basis der semiotischen Abduktions-
logik" (148), zum erheblichen Teil noch zu leisten sein wird.

Was soll das Buch dem Theologen? Nun, es dürfte eine nicht unbeträchtliche
Hilfe bei der, meine ich, dringend erforderlichen Klärung
des theologischen „Erkenntnisweges", der Methodologie der Theologie
, leisten können, sofern man sich nicht mit der vom Vf. gegebenen
Zuordnung der Theologie zum deduktiv-dogmatischen Erkenntnisweg
, der „von der Gültigkeit der Bibel als dem geoffenbarten Wort
Gottes" ausgeht (121), begnügen will. Sicher aber wird es im übrigen
auch den in kirchlichen sozialen Berufen Beschäftigten wertvoll sein,
wenn anders sie reflektieren möchten, welchen Stellenwert ihre gewiß
oft folgenreichen Beobachtungen besitzen, und wie bzw. mit welchem
Recht sie ihre Schlußfolgerungen ziehen (können). Ganz gewiß werden
dabei die erläuternden Beispiele, die der Vf. in großer Anzahl gibt,
erhellend sein, wenngleich andererseits - und damit sind wir wieder
beim Anfang der Rezension - die vergleichsweise häufigen langen Zitationen
den Text nicht lesbarer machen dürften.

Gerichshain Wolfgang Pfiillcr

McDonald, H. D.: TheGodWho Responds. Cambridge: Clarke 1986.
204 S. 8'. Kart. £5.95.

H. D. McDonald, emeritierter Professor am London Bible College,
ist laut Verlagswerbung "one of England's foremost evangelical Theo-
logians". Sein neuestes Buch versteht er als Bußruf an die Kirche.