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Ausgabe:

1988

Spalte:

286-288

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Titel/Untertitel:

Von der Aufklärung bis zur Gegenwart - 1987 1988

Rezensent:

Nethöfel, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 1 13. Jahrgang 1988 Nr. 4

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tigen Normen von 1980 (59) nur solchen Priestern eine Chance, die
schon lange das priesterliche Leben verlassen haben und eine nicht zu
ändernde Lebenssituation in Ordnung bringen wollen oderaber die
niemals die Priesterweihe hätten empfangen sollen, weil sie zum Priesteramt
nicht geeignet waren. Mit der erfahrungsgemäß erst nach langen
Untersuchungen zu erwartenden „Laisierung" verliert der Kleriker
alle Rechte und Pflichten seines geistlichen Amtes; nur noch die
sakramentale Absolution eines Pönitenten in Todesgefahr bleibt ihm
erlaubt (75). Er verliert alle Kirchenämter und kann Funktionen der
Liturgie oder Lehre auch dann nicht ausüben, wenn dies einem Laien
an sich gestattet wäre (790- Ohne Dispens des Ortsbischofs darf er sich
nicht an Orten aufhalten, wo er als Priester bekannt ist (78). Er verliert
die erdienten kirchlichen Versorgungsansprüchc und kann allenfalls
eine Notunterstützung erhoffen (830- Dies alles wird mit vielen Einzelheiten
aus den gesetzlichen Quellen heraus entfaltet.

Nach alledem verwundert es nicht, wenn der Vf. zwar das in der
Tradition der lateinischen Kirche begründete Zeugnis eheloser Priester
nicht beseitigt sehen will, wohl aber von einer geänderten Rechtslage
mehr Glaubwürdigkeit für seine Kirche erhofft (88, 90). Neben
Veränderungen des Laisicrungsvcrfahrens (86f, 890 liegen ihm die
Rücksichtnahme auf die sittlichen Bindungen des Priesters gegenüber
der Partnerin einer zivilen Ehe (34f, 48. 87) und die Integration des
dispensierten, laisiertcn Priesters in die kirchliche Gemeinschaft (82)
besondersam Herzen.

Nicht nur wer einen katholischen Priester in Problemen zu beraten
hat, wird an dieser verdienstvollen Monographie nicht vorübergehen
können. Sic bietet auch für die Probleme, die sich vom katholischen
Kirchenrechtssystem her dem Verlangen nach christlicher Einheit
immer noch stellen, einen nachdenkenswerten Beleg.

Karlsruhe Albert Stein

Ratzinger, Joseph Cardinal: The Fcast of Faith. Approaches to a
Theology ofthe Liturgy. Transl. by G. Harrison. San Francisco: Ignatius
Press 1986. 153 S. 8 Pp. £ 6.75.

Da dieser Band - eine Übersetzung aus dem Deutschen - seinerzeit
nicht zur Besprechung in der ThLZ vorlag, seien die Angaben für die
Originalausgabe hier doch auch noch vorangeschickt: Ratzinger, Joseph
: Das Fest des Glaubens. Versuche zur Theologie des Gottesdien-
stesTEinsiedeln: Johannes Verlag 1981.133 S.

Man kann sich fragen, welche Absicht wohl bestanden haben mag.
fünf Jahre nach Erscheinen noch eine Übersetzung anzufertigen.
Denn schon damals waren die Beiträge nicht durchweg ganz neu. Das
Ganze ist nichts anderes als eine Sammlung von verschiedenen
Aufsätzen des damaligen Erzbischofs und Kardinals von München,
von denen die Hälfte zwischen 1977 und 1979 in der Internationalen
Katholischen Zeitschrift Communio erschienen waren, ein weiterer in
einer Festschrift (bereits 1974). Nur drei („Was bedeutet Fronleichnam
für mich?"-drei Meditationen,sowie „Dasgottesdienstliche Lehen
in den Gemeinden 15 Jahre nach dem Konzil", eine Predigt
anläßlieh einer Bischofskonferenz in Fulda - die Ausgabe hier nennt
überhaupt keine Quellen und verschweigt auch frühere Veröffentlichungen
) waren bis dato noch nicht publiziert.

Der erste Beitrag „Zur theologischen Grundlegung von Gebet und
Liturgie" (S. 11-32)-auch er hier erstmalig vorgelegt - setzt sich mit
der These auseinander, das Ende aller Religion sei unwiderruflich
angebrochen, „der metaphysisch-transzendente Bezug aller Ursachen
ist abgebaut worden; und wenn die Ursache nicht mehr metaphysisch
Bedeutet wird, entfällt auch die metaphysische Deutung der Folgen"
HO. Ob dann auch das Gebet als Möglichkeit eigentlich nicht
mehr möglich ist, ist dann die große Frage, die R. mit einer ausführlichen
Besinnung über die positive Grundlage des christlichen Gebets.
Xl'ie Struktur und seinen Inhalt zu beantworten versucht.

Hintergrund des zweiten Beitrages „Gestalt und Gehalt der euchari-
st'schcn Feier" (S. 33-60) ist die auch durch das Konzil noch nicht

beseitigte Unklarheit bezüglich des Verhältnisses zwischen der liturgischen
Vollzugsform der Eucharistiefeier als Mahlfeier und ihrem
theologischen, dogmatischen Gehalt als Opfer. R. erkennt hierin „das
zentrale Problem der liturgischen Reform" (deutsch S. 33, englisch
S. 36), das „in das Grundproblem gegenwärtiger, unter dem Zeichen
des Dissenses von Historie und Dogma stehender Theologie überhaupt
" hineinführt (S. 36 bzw. 39), zu deren Klärung R. beitragen
möchte. Sein Ergebnis: Der Begriff „Mahlgestalt" sei als nicht sachgemäß
(weil eine historisch nicht haltbare Vereinfachung) fallenzulassen
. Das tragende Element sei die „Eucharistie": „Zwischen .Mahl'
und ,Opfer' gibt es keinen Gegensatz; in dem neuen Opfer des Herrn
gehören sie beide untrennbar zusammen" (S. 46 bzw. 50). Deshalb sei
auch eine Revision der deutschen Übersetzung des Missale Pauls VI.
zu wünschen.

Die weiteren Beiträge seien hier wenigstens mit ihrem Thema benannt
: „Zur Frage nach der Strukturder liturgischen Feier"; „Liturgie
- wandelbar oder unwandelbar?"; „Zur theologischen Grundlegung
der Kirchenmusik"; „Anmerkungen zur Frage der Zelebrationsrich-
tung" (hier empfiehlt R., von den „protestantischen Brüdern" zu lernen
; entscheidend ist die Wendung zum Kreuz). Theologische Grund-
problcme und praktische Fragen (die vorliegende Ausgabe teilt entsprechend
ein) werden also in gleicher Weise bedacht. Und zusammengenommen
unter der Leitfrage: "How, under modern conditions,
we can pray and join in the Church's praise of God, and how we can
see and experience the salvation of man and the glory of God as a
single whole" bilden die Beiträge schon einen recht guten Einblick in
die Diskussion. Und in welche Richtung diese nach Meinung des
Autors zu führen habe, ist auch deutlich: Behutsam verwirklichen all
das, was das Konzil anregte. Dabei aber keineswegs kritiklos all das
weiterführen, was an Reform seither geschah. Denn Liturgie ist nicht
ein minder wichtiger Nebenplatz, sondern untrennbar verbunden mit
den zentralen Fragen nach den Quellen des geistlichen Lebens, aus
denen derGlaube lebt.

Schöneiche bei Berlin Huberl Kirchner

Philosophie, Religionsphilosophie

Keil, Günther: Philosophiegeschichte II. Von der Aufklärung bis zur
Gegenwart. Stuttgart-Berlin (Wcst)-Köln-Mainz: Kohlhammer
1987. 202 S. 8* = Theologische Wissenschaft. 14,2. Kart.
DM 29,80.

Auf Kontext und Anliegen dieser Philosophiegeschichte bin ich bei
Erscheinen des 1. Teilbandes eingegangen (ThLZ 112, 1987, 2920- In
zwei großen Abschnitten („Die Philosophie zwischen Descartes und
Hegel",S. 13-107;„Die Philosophienach Hegel", S. 108-190) stellt
Vf. nun die neuzeitliche „Philosophie unter primär erkenntnistheoretischer
Fragestellung" dar (statt wie zuvor unter „primär ontologi-
scher Fragestellung"). Im „Rückblick" (S. 191-194; ihm folgen noch
Begriffs- und Namensregister sowie Corrigenda zu Teilband I)
erscheint der Deutsche Idealismus als „die eigentliche Klassik dieser
Epoche". Entsprechend im Umfang hervorgehoben sind die Kapitel
(=§§) über Kant (S. 53-73), Fichte (S. 74-88) und Hegel
(S. 96-107).

Im ganzen aber ist die Gliederung ausgeglichener, und die Darstellungsformen
sind vielfältiger als im 1. Teilband. Nur das Kant-
Kapitel läßt sich noch mit den dort besonders hervortretenden Platon-
und Aristoteles-Interpretationen vergleichen, und die Kurzinformationen
über einzelne Denker sind deutlicher als dort in größere Zusammenhänge
eingebettet. Vf. entscheidet sich mit einleuchtenden
Gründen einmal für eine straff systematische Darstellung - die sich
auf ein Hauptwerk beschränken oder Grundgedanken verschiedener
Werke zusammenfassen kann (z. B. bei Descartes, Spinoza, Kant,
Fichte, Hegel, Nietzsche, Kierkegaard, Jaspers)-, dann wieder zeich-