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Ausgabe:

1988

Spalte:

279-280

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Basilius Caesariensis, Basili Regvla 1988

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 4

280

Hg. mußte daher zwischen den verschiedenen Lesarten immer wieder
neu eine Entscheidung treffen, je nachdem wie es der „contextus
orationis et usus scribendi poscere videntur" (XXXI). Auch bei der
Aufnahme von Randlesarten hat sich der Hg. alle Türen orten gehalten
: Er kann nicht alle Randlesarten bringen, er bringt diejenigen, die
„alieujus pretii esse videntur" (XXXI). Offenkundige Irrtümer und
orthographische Quisquilien werden weggelassen. Tatsächlich füllt
der Apparat im Schnitt etwa ein Drittel der Seite aus, so daß also stets
der Text überwiegt. Der Text der Soliloquia reicht bis S. 98, der von
De immortalitateanimae bis S. 128 und der von De quantitate animae
bis S. 231. Die Indices stellen einen „Index locorum e sacra scriptura
adhibitorum" an den Anfang, der recht kurz ist. Es folgt ein .,Index
locorum ex aliis scriptis adhibitorum", in dem Cicero am häufigsten
genannt wird, danach Horaz und Vergil. Sehr ausführlich gestaltete
sich der Index verborum (234-316); es ist aufschlußreich zu sehen,
daß z. B. die Worte anima, animus, corpus, intelligere, ratio und verus
besonders häufig vorkommen. Auf der letzten Seite werden zwei
weitere Bände mit Augustin-Texten angekündigt: Contra Julianum
opus imperfectum (M. Zelzer) sowie De moribus ecclesiae catholicac
(J. Bauer). Die Fortschritte dieser ehrwürdigen und gründlichen
Editionsreihe verdienen Anteilnahme.

Rostock • Gert Haendler

Zelzer, Klaus: Basiii Regula. A Rufino Latine Versa. Wien: Höl-
der-Pichler-Tcmpsky 1986. XXXII, 330 S. gr. 8" = Corpus Scrip-
torum Ecclesiasticorum Latinorum, 86.

In einem Bericht über die Wiener Edition der Kirchenväter in
ThLZ 1 10, 1985, 78 waren als Schwerpunkte Ambrosius und
Augustin genannt worden; daneben war auch auf die Erforschung der
lateinischen Mönchsregeln hingewiesen worden. Die Regula Bene-
dicti (ed. R. Hanslik) war 1977 in 2. Aufl. erschienen, die Regel des
Eugippius war 1976 als Band 87 herausgekommen. Nun legt der
Wiener Altphilologe Klaus Zelzer einen dritten Band zur Regelforschung
vor: Die Mönchsregel des Basilius, die Rufin ins Lateinische
übersetzt hat. In den Prolegomena geht er zunächst auf die
Probleme ein, die die griechische Überlieferung bietet. Basilius hatte
zuerst seine „Ethica" verfaßt, die Regulae morales: Über 1 500 Verse
des Neuen Testaments wurden herangezogen und zu 80 Regeln mit
Unterkapiteln zusammengezogen. Freilich wendet sich diese Regel
keineswegs nur an Mönche, sondern auch Kleriker, Laien, Verheiratete
, Witwen und Jungfrauen werden angesprochen, ebenso auch
Eltern, Meister und Soldaten. Das nächste Werk des Basilius war das
„Asceticum Parvum", das uns lediglich durch die lateinische Übersetzung
Rufins erhalten blieb; um diesen Text geht es in dem jetzt vorgelegten
Band. Es sind Gespräche, die Basilius mit Asketengruppen
geführt hat, Schnellschreiber haben sie aufgezeichnet. Das abschließende
ethische Werk des Basilius war das „Asceticum Magnum", das
besondere Verbreitung fand und auch in die Patrologia Graeca von
Migne aufgenommen wurde (MPG31, 700-869). Hier geht es um
Unterweisungen im Sinne einer eindeutig mönchischen Lebensgestaltung
. Das Asceticum Magnum ist aber auf der Grundlage des Asceticum
Parvum entstanden, so daß es auch Beziehungen zum lateinischen
Text des Rufin gibt, die für Zelzers Suche nach dem besten Text
bedeutsam waren. In die Zusammenhänge hatte J. Gribomont Ordnung
gebracht: Histoire du texte des Ascetiques de S. Basile (Louvain
1953); auf ihn beruft sich auch die neue Edition (IX Anm. 1). Hans
Urs von Balthasar hat Gribomonts „grandiose Textgeschichtc" einem
breiteren Leserkreis bekannt gemacht durch sein Buch „Die großen
Ordensregeln" (Zürich21961, Lizenzausgabe Leipzig 1976).

Über seine lateinische Übersetzung gibt Rufin selbst Auskunft: Um
396 war er aus dem Orient nach Aquileja zurückgekehrt; auf Bitte
eines Abtes Ursacus hat er Vorschriften des Basilius zur Reform des
Mönchtums ins Lateinische übersetzt (Praefatio, S. 3). Diese Übersetzung
verbreitete sich rasch durch Italien, Gallien und Spanien; die
Regel Benedikts erinnert an die „regula saneti patris nostri Basiii"

(73,50- Aus dem 6. Jh. stammen Codices in Italien, im südgallischen
Kloster Lerinum sowie kaum später auch in Germanien. K. Zelzer
untersucht die einzelnen Manuskripte (X-XII). Bisher gab es nur eine
Edition von Holstenius (Rom 1661, vollendet in Paris 1663), die
später in die Patrologia von Migne aufgenommen wurde (MPL 103,
403-554). Diese Edition ging zurück auf Benedikt von Aniane, der zu
Beginn des 9. Jh. in seine Regelsammlung auch die Übersetzung
Rulins aufgenommen hatte. Dieser Überlicferungsstrang wird von
K. Zelzer gering eingeschätzt: Textum nec bonum nec fidelem
praebet (XII). Zelzer stützt sich auf die älteren Handschriften, die freilich
unter s'ch nicht übereinstimmen und auch durch manche Irrtümer
verderbt sind. Er bevorzugt Traditionen aus Lerinum und
Spanien, die untereinander zusammenhängen und mit anderen
Zeugen übereinstimmen. Dennoch bleibt die bittere Erkenntnis, daß
die Übersetzung der Regel des Basilius wohl schon in der ältesten Zeit
in mancher Weise verdorben war und nur durch eine mühsame
Zusammenstellung korrigiert werden kann (XIII). Eine Liste von
Codices, die die Regel des Basilius enthalten, umfaßt 65 Angaben
(XXVIII-XXIX). Ein vergleichender Überblick zeigt, wo die lateinischen
Kapitel ihre Vorlage im griechischen Text des Basilius haben
(XXX-XXXII). Der Text ist sinnvoll mit Anmerkungen unterkellert,
die etwa die Hälfte der Seiten füllen (1-221). Es folgt ein Appendix
mit Kapitelüberschriften. Umfangreiche Indices beschließen den
Band (231-330). Die gründliche Edition dieses wichtigen Textes
bereichert unsere Kenntnis in vielfacher Weise: Über Basilius und
Rufin ebenso wie über das Mönchtum und die Ethik sowie schließlich
über die Kirchengeschichte der Spätantike überhaupt.

Rostock Gert Haendler

Kirchengeschichte: Neuzeit

Rest, Walter: Kierkegaard für Christen. Eine Herausforderung. Einleitung
u. Textauswahl von W. Rest. Freiburg-Basel-Wien: Herder
1987. 222 S. kl. 8' = Herderbücherei, 1389. Kart. DM 10,90.

Walter Rest - ein Altmeister der deutschen Kierkegaardforschung
(vgl. seine herausragende Mitarbeit an der ,,Hegner"-Ausgabe von
Kierkegaards Werken!) - läßt in der kleinen Werkauswahl die großen
Linien des Kierkcgaardschen Denkens zu einer Grundorientierung
erstehen. Das vorliegende Herder-Taschenbuch hat zwei Teile: (a)
„Werkbiographie", (b) „Textauswahl" (S. 61-220).

Das Vorwort stellt eine indirekte Widmung an den französischen
Widerstandskämpfer und „Märtyrer" Paul Petit (t 1944) dar und
weist so auf die kierkegaardsche Verbindung von der „Kategorie des
Einzelnen" zum Begriff der „Nachfolge" und der christlichen Auffassung
vom Märtyrerzeugnis hin (S. 9). Das ist insofern berechtigt, da
die Werkauswahl als „Herausforderung" für Christen zu verstehen ist,
was durch die „Werkbiographie" erhärtet wird: „Sören Kierkegaards
Herausforderung gilt einer Christenheit, die diesen Namen kaum
noch in einer Beziehung zu Christus trägt. . ." (S. 54).

An diese Feststellung schließt sich nun die Frage an Kierkegaard
selbst an: „ob dieser Schriftsteller Kierkegaard selber überhaupt ein
Christ gewesen sei . . .", denn ihm fehlen „viele Merkmale, die man
gemeinhin einem Christen heute zuordnen würde, vor allem eine karitative
Sozialität" (S. 54). Rest argumentiert damit, daß die „soziale"
Frage weder in des Dänen Bücher noch Tagebuchnotizen vorkommt!
Liest man aber aufmerksam die „Literarische Anzeige" (1846, bes.
SV VIII, 64-105)', die Tagebuchnotizen, die sich um das Revolutionsjahr
1848 ranken, und die verschiedenen Reflexionen über das
„Christ-Sein" und das „Christ-Werden" für Kierkegaards eigene Person
, so ist Rests Argument problematisch.

Auch der Folgesatz erweist sich als nicht stichhaltig: „Ohne Skrupel
verlebte er [Kierkegaard] das vom Vater geerbte, ansehnliche Vermögen
und als es damit zu Ende geht, erlischt auch seine Lebenskrart"
(S. 54). Hier ist nur der letzte Satzteil richtig! Gemessen an Kierkc-