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Ausgabe:

1988

Spalte:

277-278

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Atlas zur Kirchengeschichte 1988

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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Seite 1

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277

Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 4

Solche im Verlaufder Kommentierung überzeugend herausgearbeitete
christologisch-ekklesiologische Auslegung laßt den Vf. bei sachkritischen
Urteilen hinsichtlich der Interpretation apokalyptischer
Tradition in der Apk aufs Ganze gesehen zurückhaltend sein (vgl.
z.B. S. 83 zur Racheforderung in Apk 6,10; S. I87f: „Jesus als
Richter" sowie S. 189-192: „Das tausendjährige Reich"), schließt
jedoch andererseits die kritische Einsicht nicht aus, daß dem Autor
der Apk der Versuch, „das aus dem reichen Reservoir frühchristlichapokalyptischer
Tradition übernommene Material durch Überarbeitung
seiner eigenen theologischen Aussageabsicht einzugliedern",
keineswegs durchgehend gelungen ist: „Weithin führen die Überlieferungen
unter der dünnen Decke der Interpretation noch ihr Eigenleben
" (S. 22; zum einzelnen vgl. S. I 1 1 If zu Apk I I und S. I22ffzu
Apk 12). Aufs Ganze gesehen läßt jedoch die Erkenntnis der Grenzen
des in der Apk sich darstellenden Interpretationsprozesses die erklärte
Absicht des Vf., durch seine Auslegung die Apk als „eine legitime
Ausprägung des Evangeliums" zu erweisen, nur um so deutlicher hervortreten
. Zu den Vorzügen dieser Auslegung gehört es nicht zuletzt
auch, daß vorschnelle Aktualisierungsversuche eindeutig abgewehrt
werden (vgl. S.85f zu Apk 6,12-17 und S. 99 zu Apk 8,7-13),
andererseits aber auch gegenwärtig aktuelle Fragestellungen mutig in
den Horizont des in der Apk sich dokumentierenden Gottes- und
Weltverständnisscs gestellt werden (vgl. z.B. S. 120 zur heutigen
„Umweliproblematik" oder auch die grundsätzlichen Überlegungen
zum Thema „Die Christen und der Staat nach Apk 13" im Exkurs
S- 145-147). Aktualisierungsversuche solcher und ähnlicher Art
finden sich freilich nur selten in diesem Kommentar. Seine Aktualität
gewinnt er viel eher in der Konzentration auf den christologischen
Ansatz der Apk und die für die christliche Gemeinde von daher sich
eröffnende Perspektive. Angesichts der vielfältigen, mitunter höchst
problematischen Auslegungs- und Wirkungsgeschichte der Apk (vgl.
dazu S. 9-11) erweist sich die vorliegende Auslegung gerade so der
Sache der „Offenbarung des Johannes" selbst verpflichtet.

Rostock Hans-Friedrich Weiß

Kirchengeschichte: Allgemeines

Jedin. Hubert, Latourette, Kenneth Scott, u. Jochen Martin [Hg.]:
Atlas zur Kirchvngvschichte. Die christlichen Kirchen in Geschichte
und Gegenwart. 257 mchrfarb. Karten u. schematische
Darstellungen, Kommentare, ausführliches Register. Unter JVIit-
wirk. zahlr. Fachgelehrter bearb. von J. Martin. Aktualisierte
Neuausgabe bearb. u. hg. von J. Martin. Freiburg-Basel-
Rom-Wien: Herder 1987. 83* S„ 152S. m. 257 färb. Ktn.,
XXXVIII S.2".geb. DM 68,-.

E>er Informationswert des Werkes ist hoch einzuschätzen. Ein übersichtliches
Inhaltsverzeichnis sowie 36 Seiten 6spaltiger Register erschließen
den Reichtum. Wie viele Details enthält z. B. Karte 7
-Donatistischc und katholische Bischofssitze in Nordafrika im Jahre
"*l1" oder Karte 12 „Die von Theodoretus von Cyrus (444) genannten
Klöster"! In vielen Fällen wurden Fachleute hinzugezogen, insbesondere
für das Mittelalter. Als Beispiele seien genannt: S. 14 „Das
westliche Mönchtum der Antike" nach Friedrich Prinz, S. 18 „Die
Wallfahrtsorte der Antike und des Mittelalters" von Bernhard Köt-
t,ng> S. 35 B „Jungclunyazenser in Deutschland" von Hermann
Jakobs. Ausführlich kommt der evangelische Kirchenrechtler Chri-
stoPh Link zu Wort in einer Erklärung der Karte S. 118/119
•.Kirehcnvcrfassungcn der Evangelisch-Lutherischen Kirchen
Deutschlands"; die Verfassungen von Oldenburg, Württemberg und
Hannover werden schematisch skizziert, so daß Übereinstimmungen
Und auch Detailunterschiedc gut sichtbar werden. Zahlreiche weltweite
Übersichtskarten informieren nicht nur über die katholische
Kirche, sondern auch über die Anglikanische Kirche (S. 112/113), die
rcformierten Kirchen (S. 116/117), die methodistischen Kirchen

(S. 126/127) und baptistischen Kirchen (S. 128/129). Der Band endet
mit einer Karte sowie statistischen Angaben über den Weltrat der
Kirchen (S. 150/152).

Einige kritische Hinweise beginnen mit der Zeichnung „Die
Gemeinde nach Paulus", die Angaben aus I Kor 12 und Phil 1 zusammenzieht
; so einfach geht das nicht mit dem kreisrunden Zirkel
auf! Für die Weltkarte „Die lutherischen Kirchen" hätte man differenzieren
können zwischen dem Lutherischen Weltbund, der Missouri
-Synode und Lutheranern,in der Union (S. 122/123). Die Reformation
kommt auf S. 73 zur Darstellung unter der Überschrift „Die
obrigkeitliche Einführung der Reformation in Deutschland bis 1570"
(E. W. Zeeden); als Protestant möchte man in Erinnerung rufen, daß
dann mit noch mehr Grund von einer „obrigkeitlichen Verhinderung
der Reformation" zu reden wäre! Erfreulicherweise sagt J. Martin
selbst im Vorwort, daß man die Reformation nicht unter der Überschrift
„obrigkeitliche Einführung" recht erfassen könne; er hofft auf
eine Verbesserung in einer späteren Neubearbeitung.

G. H.

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Hörmann, Wolfgang: Sancti Aureli Augustini Opera. Sect. I Pars IV.
Soliloquiorum Libri duo. De Inmortalitate Animae. De Quantitate
Animae. Wien: Hölder-Pichler-Tempsky 1986. XXXI, 316 S.
gr. 8" = Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum, 89.

Akademiepräsident Herbert Hunger verweist in einer Vorbemerkung
auf ein Jubiläum: Vor 1600 Jahren entstanden die Soliloquia
Augustins, die nun endlich in einer modernen Ausgabe vorgelegt
werden. Der Hg. W. Hörmann war erkrankt, so daß Michaela Zelzer
und Johannes Divjak als wesentliche Helfer genannt werden. Die
Praefatio schildert die Lage Augustins in Cassiciacum 386, wo er als
Katechumene mehrere Schrillen verfaßte, auf die er schon in seinen
Confessionen hinwies und auf die er später in seinen Retractationes
noch einmal Bezug nahm (IX-XI). Diese kleinen Frühschriften
Augustins wurden im Mittelalter viel gelesen und abgeschrieben, verwiesen
wird auf das 5bändige Standardwerk „Die handschriftliche
Überlieferung der Werke des heiligen Augustin" (Wien 1969-79).
Nur wenige Codices überliefern die drei Schriften gemeinsam,
manchmal stehen je zwei Werke zusammen, zumal die beiden Schriften
über die Seele; der größte Teil der Manuskripte überliefert jedoch
jede Schrift einzeln für sich (XII). Die Codices werden vorgeführt:
Soliloquia (XII-XXI), De immortalitate animae (XXI-XXI1I). De
quantitate animae (XXIII-XXV). Überraschend kurz ist der Überblick
„De editionibus": 1491 erschienen erste Drucke in Parma und
Venedig, dann folgte in Basel 1506 eine Ausgabe von Johannes Amer-
bach und 1529 eine von Erasmus. Eine 5. Edition gab es 1567 in
Löwen, ehe dann die große Ausgabe der Mauriner die Frühschriften
Augustins in Band I, 1679 aufnahm. Dem Text der Mauriner folgte
die Patrologie von Mignc (MPL 32). Weder die Sources Chretiennes,
die bisher wenig von Augustin gebracht haben, noch das Corpus
Christianorum, dessen Series Latina gerade bei Augustin größere
Lücken aufweist, haben die Früh Schriften gebracht. Die neue Wiener
Ausgabe ist also nach mehr als drei Jhh. die erste, die wieder auf die
handschriftliche Überlieferung zurückgeht; sie kann als die erste
moderne wissenschaftliche Ausgabe dieser wichtigen Schriften Augustins
bezeichnet werden, nachdem Harald Fuchs und Hanspeter
Müller sich viel mit dem Text beschäftigt hatten (XXX Anm. 28).

Die Untersuchung der handschriftlichen Überlieferung führte zu
dem Ergebnis, daß nur die älteste Überlieferung aus dem 8.-10. Jh.
hilfreich war; spätere Texte aus dem 11.-14. Jh. wurden zwar ebenfalls
zu Rate gezogen, erwiesen sich aber als weniger nützlich. Eine
Einteilung der Codices in Familien oder eine Ableitung unserer Texte
aus einer gemeinsamen älteren Vorlage stellte sich als undurchführbar
heraus. Hörmann kommt zu der Feststellung, daß auch die älteren
Zeugen doch immer nur einen gemischten Text bieten (XXXI). Der