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Ausgabe:

1988

Spalte:

260-262

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Heister, Maria-Sybilla

Titel/Untertitel:

Frauen in der biblischen Glaubensgeschichte 1988

Rezensent:

Schroer, Silvia

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 1 13. Jahrgang 1988 Nr. 4

260

terem wäre zu fragen, warum das AT nicht zur Sprache kommt. Der
umfangreichste Artikel zu einem Einzelstichwort kommt aus der
Feder von C. Gnilka: „Greisenaltcr" (Sp. 995-1094). Nach Vorbemerkungen
über Terminologie und Lebensdauer geht der Vf. im Abschnitt
B. Nichtchristlich auf die Teilbereiche griechisch-römisch und
israelitisch-jüdisch ein. Es ist schade, daß die jüdische Literatur fast
nur durch Philo repräsentiert wird. Der Abschnitt C. Christlich enthält
- besonders für die Zeit der Kirchenväter - eine Fülle von Informationen
zu Einzelthcmen wie Ehrfurcht vor dem Greisenalter, Übel
der Mißachtung, Verjüngung und Vergreisung.

Relativ kurz ist der Art. „Grenze" (Sp. 1095-1 107) von
K.-H. Ziegler. Der Vf. beschreibt die Vorstellungen im Alten Orient,
in der griechisch-hellenistischen und römischen Welt und in der
christlichen Rechtspraxis des römischen Reiches und der germanischen
Nachfolgestaaten.

T. J.Cornell geht im Art. „Gründer" (Sp. 1107-1 171) zuerst auf
die Quellenlage ein und führt dann griechische und römische Gründer
vor. Dabei geht es vor allem um Städtegründungen. Die Darstellung
der religiösen Gesichtspunkte und des Kultes der Gründer runden den
Abschnitt A. Nichtchristlich ab. Der Abschnitt B. Christlich wird mit
Überlegungen zur Bedeutung und Terminologie eröffnet. An Jesus
Christus als „Gründer des christlichen Glaubens und der Kirche" und
an den Aposteln als „Gründern von Gemeinden" läßt sich ein anderes
Gründerbild entwickeln.

Das Stichwort „Grundbesitz" ist in 2 Artikel aufgeteilt. Im Art.
„Grundbesitz I (rechtsgeschichtlich)" erläutert H. Wieling in acht
historisch gegliederten Abschnitten die mit dem Grundbesitz zusammenhängenden
Rechtsvorstellungcn und Rechtsvorschriften im Zeitraum
zwischen Israel und Byzanz (Sp. I 172-1 196). Es wäre nützlich
gewesen, wenn M.-B. von Stritzky im Art. „Grundbesitz 11 (ethisch)"
parallel dazu die entsprechenden Informationen geliefert hätte
(Sp. 1196-1204). Bei der Kürze der Ausführungen mußten einige Bereiche
, z. B. AT und Judentum, wegfallen.

Im Art. „Grußformen" (Sp. 1204-1232) beginnt H. Zilliacus mit
einer Begriffserklärung und gibt danach einen umfassenden Überblick
über die verschiedenen Grußformen und ihre Funktion (mündliche,
schriftliche und körpersprachliche Grußformen) vom Alten Orient
bis in die Zeit der Kirchenväter. Band XI und Band XII führen in bewährter
Weise das breitangelegte Werk fort. Wünschenswert wäre
eine einheitliche Schreibweise der biblischen Eigennamen nach den
Loccumer Richtlinien.

Leipzig Hans Seidel

Wörterbuch der mittelhochdeutschen lirkundensprache auf der

Grundlage des Corpus der altdeutschen Originalurkunden bis zum
Jahr 1300. Unter Leitung von B. Kirschstein u. U. Schulze erarb.
von S. Ohly u. P. Schmitt. 1. Band. 1. Lfg.: ab - anegesehen. Berlin
(West): Schmidt 1986. XV, 96 S. 4" = Veröffentlichungen der Kommission
für deutsche Literatur des Mittelalters der Bayerischen
Akademie der Wissenschalfen. DM 64,-.

Unsere mittelhochdeutschen Wörterbücher, die aus dem 19, Jh.
stammen, leiden unter einer gewissen Einseitigkeit, denn sie stellen
großenteils nur den sprachlich normierten Wortschatz literarischer
Texte dar. Das Wörterbuch der mittelhochdeutschen Urkundensprache
, dessen I. Lfg. jetzt vorliegt, erfüllt nun den lange gehegten
Wunsch nach einer Ergänzung durch Aufnahme von Wörtern aus
dem mittelalterlichen deutschen Fachschrifttum. Texte aus dem
„Corpus der altdeutschen Originalurkunden", die weder durch Verse
noch durch Reime gebunden und im Kontext sprachlich nicht normiert
sind, steuern den Wortbestand einer mündlich überlieferten
Rechts- und Geschäftssprache bei. Es entsteht auf diese Weise ein
mittelhochdeutsches Speziallexikon, das sein sprachliches Material
zwar nur aus einem sehr eng begrenzten Zeitraum bezieht, vorwiegend
aus den beiden letzten Jahrzehnten des I 3. Jh., aber den Vorzug besitzt
, auf Grund der besonderen Quellenlage die einzelnen Wörter in
viel faltiger Weise vorzustellen, u.a. mit ihren Bedeutungsvarianten,
mit genauen Daten ihrer Niederschrift, mit ihrem Auftreten in
mehreren Sprachräumen und ihrer Verwendung in unterschiedlichem
sozialen Umkreis. Darüber hinaus geben die Wortartikel in jeweils
drei Teilen Auskunft über Graphic, Morphologie, Syntax und Frequenz
der Urkunden Wörter aus dem 13. Jh.

Uberraschend ist allerdings, daß der bereits bekannte mittelhochdeutsche
Wortbestand durch die Erschließung der Urkundensprache
keine entscheidende Erweiterung findet. Selbst ein großer Teil der
Wörter, der als neu bezeichnet wird, zeigt nur geringe Abwandlungen
der in anderen Wörterbüchern erfaßten Worterscheinungsarten und
-formen. Auch der erhoffte Zuwachs an Bedeutungsübergängen hält
sich in engen Grenzen. Bei einem Vergleich mit Worterklärungen in
Lexers Mhd. Wörterbuch fällt auf. daß sog. neue Wortbedeutungen
oftmals nur durch Austausch von Synonymen gewonnen werden. Zumindest
bedarf es eines äußerst fein entwickelten Sprachempfindens,
um überhaupt Bedeulungsnuancen wahrzunehmen. Dennoch sieht
man der Fertigstellung dieses Spezialwörterbuchs mit einiger Erwartung
entgegen. Zu erhoffen ist ein klares Bild von der Urkunden-
und Geschäftssprache des 13. Jh. und ein Hilfsmittel für die Übersetzung
der Urkunden ins Neuhochdeutsche. Dem größten Gewinn
dürfte wohl die Sprachgeschichtsforschung entgegensehen.

Halle (Saale) Brigitta Schreyer-Kochmann

Altes Testament

Heister, Maria-Sybilla: Krauen in der biblischen Glaubcnsgcschichtc.

Göttingen: Vandenhocck & Ruprecht 1984. 226 S. gr. 8 Kart.
DM32.-.

Unter den inzwischen sehr zahlreichen Büchern zum Themenkreis
„Frau'und Bibel" dürfte das inhaltlich außerordentlich umfassende
und doch zugleich handliche Buch von M.-S. Heister zu den fundierten
und m. E. auch zu den originelleren gehören. Die Autorin hat es
bewundernswerterweise gewagt, ihr Thema in seiner ganzen Komplexität
anzugehen, und sich weder mit Diskussion von Detailfragen
noch mit der Abhandlung von klassischen Themendarstellungen
wie „Frauengestafteil im Alten Testament" begnügt. Es ist
ihr tatsächlich gelungen, diesen immensen Stoff in sehr gut lesbarer
und übersichtlicher Weise in insgesamt sieben Kapiteln und vier
Exkursen zu bewältigen. Das Schwergewicht liegt dabei ganz offensichtlich
(schon quantitativ) auf dem Alten Testament, während das
Neue Testament in jeder Hinsicht, auch von der Qualität her. zu einer
Art Anhanggeraten ist.

Zur Bewältigung des Stoffes dürften in erster Linie die profunden
exegetischen Kenntnisse der Vfn. beigetragen haben, deren Trittfestigkeit
im Umgang vor allem mit den all. Texten überall zu spüren ist.
Dazu dürfte aber auch die Beschränkung in der Rezeption und Diskussion
von Sekundärliteratur beigetragen haben. Einige inzwischen
vorliegende Monographien, wie E. Schüssler-Fiorenzas "In Memory
of Her" (1983) und U. Winters „Frau und Göttin" (1983) konnte die
Autorin evtl. aus zeitlichen Gründen nicht berücksichtigen. Man vermißt
aber überhaupt die amerikanisch-englische Literatur der feministisch
-kritischen Exegese und Theologie.

Über 160 der insgesamt 226 Seiten des Textes sind dem Alten
Testament gewidmet. M.-S. Heister wendet sich zunächst den Frauen
in den Vätererzählungcn zu (Sara, Hagar. Rebekka), indem sie die
Texte qucllenkritisch untersucht. Mit der Stellung der Frau in der geschichtlichen
Zeit des biblischen Israel beschäftigt sich das zweite
Kapitel, das mit sehr klaren Worten und ehrlichen Urteilen das Bild
von der Frau in Israel, wie sie uns im Alten Testament entgegentritt,
in seiner ganzen Widersprüchlichkeit bewahrt. Sehr differenziert wird
die Realität der israelitischen Frau rekonstruiert. Die Eingrenzung der