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Ausgabe:

1988

Spalte:

234-236

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Feldmeier, Reinhard

Titel/Untertitel:

Die Krisis des Gottessohnes 1988

Rezensent:

Feldmeier, Reinhard

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 3

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kirchliche Willkür, wenn innerkirchliche Kritik nicht stets als
Christenpflicht verstanden wird, auch durchaus das Kleid des Gesetzes
und der Gesetze zu tragen vermag.

Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß die hier vorgebrachte Sicht des
Kirchenrechtes im Rahmen des römischen Katholizismus unwidersprochen
bleibt. Ich gehe davon aus, daß der zu erwartende römisch-
katholische Widerspruch gegen die Position des von mir rezensierten
Buches der Wirklichkeit der kirchenrechtlichen Situation des Katholizismus
weit eher entspricht als das von mir rezensierte Buch.

Wien Koloman N. Micskey

ökumenik: Missionswissenschaft

Moritzen, Niels-Petcr: Werkzeug Gottes in der Welt. Leipziger
Mission 1836-1936-1986. Erlangen: Verlag der Ev.-Luth. Mission
1986. 263 S., 1 Taf. 8*. Kart. DM 24,-.

Aus Anlaß des 150jährigen Jubiläums der Leipziger Mission legt
der Erlangcr Ordinarius für Missions- und Religionswissenschaft und
ökumenische Theologie einen kurzgefaßten historischen Abriß der
letzten 50 Jahre vor. Im ersten Teil hebt er einige wichtige Akzente
der Leipziger Konzeption und Aktivitäten in den ersten einhundert
Jahren hervor und knüpft damit an die 1936 von Paul Fleisch herausgegebene
umfassende, detaillierte und nahezu lückenlose Geschichtsdarstellung
dieses Zeitabschnittes an. Darum geht es dem Vf. nicht. Er
nennt seine Darstellung die „Beschreibung einer Ablösung", womit er
die in diesem Zeitraum geschehenen Veränderungen in Übersee und
in der Heimatarbeit meint. Er fragt: Gibt es trotz dieser gravierenden
Veränderungen ein Kontinuum und neue Chancen und Aufgaben?
Nach wie vor versteht er - in Übereinstimmung mit dem Leipziger
Missionshaus - die Leipziger Mission als ein „Werkzeug Gottes in der
Welt".

Es finden sich chronologisch geordnete Übersichten sowie solche
nach geographischen Gesichtspunkten (Heimat - Überseegebiete).
Dazu kommen charakteristische Qucllenzitate aus Jahresberichten,
Dokumenten, Protokollen usw. Damit gelingt dem Vf. über die bloße
Darstellung der Ereignisse hinaus zugleich ein Stück Deutung und
Trendmarkierung, die (ür den Leser wichtig ist. Überdies wird dadurch
das Buch lebendiger und trotz des geringen Umfanges möglicherweise
gehaltvoller. Man kann es freilich nicht, wie das bei Paul
Fleisch der Fall ist („Hundert Jahre lutherischer Mission"), als Nachschlagewerk
benutzen. Einen gewissen Ausgleich dafür bieten am
Schluß die ausführlichen Literatur- und Quellenangaben und die
nahezu vollständige Auflistung der Mitarbeiter der Leipziger Mission
seit 1936 in Indien, Ostafrika, Brasilien und Papua Neuguinea.

Wichtig und wertvoll ist, was der Vf. über die Begegnung der Leipziger
Mission mit dem sogenannten „Dritten Reich" schreibt. Das
fehlte bei Paul Fleisch völlig. Mit Quellcnzitaten kann der Vf. verdeutlichen
, daß die Leipziger Mission bemüht war, bewußt und
betont ihrem lutherischen Bekenntnis treu zu bleiben und von diesem
Fundament her „den missionarischen Geist in der heimischen
Christenheit wachzuhalten und zu stärken" (S. 45). Man wollte
bewußt keine kirchenpolitischc Stellung einnehmen, um „für die
Kirche als Ganzes zu wirken und in alle Gruppierungen zur Mission
zu rufen" (S. 51). Die betonte Bekenntnisbindung war natürlich eine
Abweisung der unierten Kirchenpolitik der Deutschen Christen und
damit ein Politikum. Dennoch fragt der Missionsdirektor Carl Ihmcls
m seinem Vortrag beim Festakt 1936 selbstkritisch und bußfertig:
»• . . hat uns der Trieb zur Selbsterhaltung veranlaßt, gelegentlich
doch die klare Linie zu verlassen? . . . Wir haben uns wohl bemüht,
ein unverletztes Gewissen zu behalten, aber erst wenn der Herr unser
Geschlecht richten wird, dann wird offenbar werden, wie weit uns das
gelungen ist." (S. 520

Der Raum (von 44 Seiten), den der Vf. der Leipziger Mitarbeit in
Indien einräumt im Vergleich zur Mitarbeit in Ostafrika (31 Seiten)

und gar Papua Neuguinea (12 Seiten) und Brasilien (5 Seiten), entspricht
wohl durchaus der Bedeutung, die dieses erste und älteste
Arbeitsgebiet für die Leipziger Mission hatte, und der besonderen
Zuwendung, die es erfuhr, aber auch den speziellen Herausforderungen
, die von dort auf die Leipziger Mission zukamen. Die Mitarbeit
war besonders geprägt vom immer stärker werdenden Einfluß der
Schwedischen Kirchenmission und vor allem von dem Prozeß der
Verselbständigung der Lutherischen Tamilenkirche. Der Vf. hat die
diffizilen Verhandlungen und deren Ergebnisse in dankenswerter
Kürze - ohne zu verkürzen - dargestellt. Leipzig war dabei ein
retardierendes Element vor allem hinsichtlich des Bischofsamtes nach
schwedischer Tradition und der Unionsgespräche mit der Kirche von
Südindien und hat, auch wo es sich nicht durchsetzen konnte, der
Tamilcnkirche gute theologische Dienste geleistet. Es wollte der
Kirche und ihrem missionarischen Zeugnis nicht im Wege stehen,
dasselbe vielmehr fördern. Das hat der Vf. durch die zitierten Quellen
sehr anschaulich hervorgehoben.

Objektiv und darum nicht ohne indirekte Kritik an den Organen
der Leipziger Mission hat der Vf. den Ablösungsprozeß der einstigen
Missionsfelder in Indien und Ostafrika aus der - ohne Zweifel gut
gemeinten - „väterlichen" Fürsorge und Bindung hinein in die Unabhängigkeit
und Selbständigkeit einheimischer Kirchen entfaltet. Man
war in Leipzig nie grundsätzlich dagegen, sondern betonte, sich immer
nur als „Treuhänder" und als „Helfer zum Glauben" verstanden zu
haben. Aber es tat weh und fiel schwer, die „Kinder" zu entlassen,
vorwiegend aus der Sorge heraus, ob sie gefestigt genug seien, ihren
Weg als lutherische Kirche zu gehen.

Im letzten Teil des Buches hat der Vf. in relativ ausführlicher Weise
die durch die Entstehung zweier deutscher Staaten bedingte ebenso
schwierige wie notwendige Phase der Neuordnung und -strukturierung
der Heimatarbeit beschrieben. Diese hat durch die unterschiedlichen
Schwerpunktsetzungen zu einer Art Arbeitsteilung geführt
, die beide Teile nie aus der Verantwortung der Mission und der
Verbindung zu den entstandenen Partnerkirchen entlassen hat. Hier
konnte der Vf. einmal mehr am Beispiel der Leipziger Mission das
Kontinuum des Missionsauftrages auch durch noch so gravierende
Veränderungen hindurch verdeutlichen.

Charakteristisch ist die vom Vf. wiederholt - auch noch einmal im
letzten Teil des Buches - hervorgehobene Zuordnung von Leipziger
Mission und lutherischer Kirche (S. 177ff). Als eine bewußt kirchliche
Mission, die auch ganz gezielt auf Kirchengründung in ihren
Missionsgebieten hinarbeitete, war sie „das älteste Einheitsband im
deutschen Luthertum und darüber hinaus" (S. 177).

Die Grundeinstellung der Leipziger Mission, die auch eine gewisse
Einseitigkeit oder zumindest einseitige Überbetonung hervortreten
läßt, hat der Vf. als guter Kenner und Sachwalter der Leipziger
Mission wie folgt umschrieben: „Die Aufgabe wurde nicht in der Vermittlung
einer Leipziger Besonderheit gesehen, sondernin der Bezeugung
des biblischen Evangeliums, wie es die lutherische Reformation
erfaßt hat. Bibel, Katechismus und Gesangbuch, darin findet sich das
Wesentliche. Es findet seine Lebensform in der gottesdienstlichen
Gemeinde und in der christlichen Schule. Und wenn diese Vermittlung
gelungen ist, muß man dafür zuallererst Gott preisen"
(S. 104).

Leipzig Joachim Schlegel

Referate über theologische Dissertationen
in Maschinenschrift

Feldmeier, Reinhard: Die Krisis des Gottessohnes. Die markinische
Gethsemancperikope als Schlüssel der Markuspassion. Diss. Tübingen
1986.271 S.

(I) Kein Text des Evangeliums birgt eine so ungeheure Spannung
wie jene Erzählung von Jesus in Gethsemane (Mk 14.32-42). Da ist