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Ausgabe:

1988

Spalte:

207-208

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Fait, Joachim

Titel/Untertitel:

Das Danielbuch in Stein 1988

Rezensent:

Neumann, Helga

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Seite 1

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207

Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 3

208

aktuellen Kunst", S. 186-196) ist „die Kunst Sprache von Religion".
Kunst und Religion sind zwei autonome, sich gegenseitig durchdringende
und befruchtende Bereiche.

Das 4. Kapitel behandelt „Ästhetische und theologische Theorien
zur bildenden Kunst". Der Vortrag, den Paul Tillich 1961 auf der
Hamburger Kirchenbautagung „Zur Theologie der bildenden Kunst
und der Architektur" gehalten hat, wird erneut abgedruckt
(S. 206-213). Im Beitrag Karl Rahners „Zur Theologie des Bildes"
(S. 213-222) werden die vielschichtigen anthropologischen und
theologischen Besonderheiten des Bildes herausgearbeitet, ohne den
Vorrang des Wortes im Christentum zu bestreiten. Johannes Schreiter
sieht in der „Kunst eine Chance der Religion" (S. 222-230), gerade
weil sie miteinander verwandt sind. Günter Rombold thematisiert den
„Glauben und seine Bilder" (S. 230-242) in 5 Thesen. Der Spielraum
liegt zwischen den antithetischen Aussagen „Bilder sind für den Glauben
gefährlich" und „Bilder sind für den Glauben unverzichtbar". Die
beiden folgenden Beiträge stammen wieder von Volp. Er sieht „Kunst
als Gestaltungskompetenz" (S. 259-273) für die kirchliche Praxis und
geht dabei von einem doppelten, die ganze kirchliche Wirklichkeit
umspannenden Kunstverständnis aus, indem er zum einen Kunst als
Praxisdimension, zum andern als Bereich von Kunstwerken begreift.
In seinem zweiten Beitrag („Post scriptum: Der Streit um die Bilder
beginnt erst", S. 274-278) benennt er noch einmal zusammenfassend
das Anliegen des Buches: „Was ansteht und wozu dieses Buch beitragen
möchte, ist der geistige und leibhaftige, der politische und persönliche
Wettstreit um die Freiheit des von Gott geliebten Menschen -
eine ebenso äußere wie innere Freiheit - ein Wettstreit nicht zuletzt in
der Kunst glaubwürdiger Lebens- und Frömmigkeitsstile" (S. 278).

Das 5. Kapitel enthält „Dokumentationen über das praktische Verhältnis
von Kunst und Kirchen" (S. 285-289). Es stellt charakteristische
Texte evangelischer und katholischer Herkunft der letzten
zehn Jahre zusammen, unter denen das Memorandum des Evangelischen
Kirchbautages 1982 zur „Ausbildung von Theologen in Fragen
künstlerischer Gestaltung" hervorgehoben sei.

Der „Anhang" (6., S. 309-326) bringt ein katalogartiges Abbildungsverzeichnis
, Kurzbiographien der Vff. und Hgg., Literaturverzeichnis
, Quellennachweis und Künstlerregister.

Der Wert des gut gestalteten und reich bebilderten Bandes liegt in
der Vielfalt kompetenter Äußerungen zum Verhältnis von Kirche
und bildender Kunst. Seine Grenzen bestehen darin, daß er sich auf
Beiträge aus der Bundesrepublik Deutschland und Österreich
beschränkt.

Leipzig Hartmut Mai

Fait, Joachim: Das Danielbuch in Stein. Deutung und Bedeutung der
Kapitellbilder im Chorumgang des Magdeburger Domes. Berlin:
Evang. Verlagsanstalt 1986. 114 S. m. 43 Taf. 8'. Lw. M 16,20.

Dem Vf. ist mit seiner Deutung der Kapitellplastik des Magdeburger
hohen Domchores ein überraschender Effekt gelungen: Was bisher
jahrzehntelang in der Forschung als z. T. unverständliche Symbolik
galt, scheint sich nun als Illustration der Schicksale und Visionen
des Propheten Daniel zu erschließen.

Nach einem kurzen Einblick in die Anfänge der Baugeschichte des
Magdeburger Domes behandelt der Vf. nun Kapitell für Kapitell und
belegt alle seine Deutungen mit Bibelzitaten. Am Anfang steht eine
Szene, die sich auf dem nördlichen Chorschcitelkapitell befindet.
Diese Darstellung, die mit einer Fülle von merkwürdigen, realistischen
Details überrascht, ist, nach Fait, der Schlüssel zu dem ganzen
Programm. Sie soll auf einen „ganz außergewöhnlichen und bedeutungsvollen
geschichtlichen Vorgang hinweisen", nämlich auf die
Zerstörung des jüdischen Königtums und den Beginn der babylonischen
Gefangenschaft. Der seltsame, bisher nie gedeutete Gegenstand
auf den Stoßzähnen des Kriegselefanten wird von Fait mit dem
geraubten Schaubrottisch aus dem zerstörten Tempel von Jerusalem

identifiziert. Wenn diese Zerstörung des Tempels auch in einem
anderen geschichtlichen Zusammenhang steht, so soll die Darstellung
dieses wichtigen liturgischen Gerätes die Bedeutung des Sieges von
Nebukadnezar über Jerusalem, der die Gefangenschaft Daniels zur
Folge hatte, hervorheben. Auf dem gleichen Kapitell werden noch
Belsazar und das Menetekel (m. M. am eindeutigsten zu identifizieren
durch die Wand und die Menschenhand), sowie die gehörnten Tiere
aus Daniels Traum dargestellt. Dazwischen erscheinen Blattmasken,
Köpfe und Tiere, die von Fait ganz konkret als bestimmte Gestalten
aus dem Danielbuch gedeutet werden.

Den anderen Kapitellen fehlen diese komplizierten Darstellungen,
es sind meist stilisierte Pflanzen, Tiere und Menschen, die Fait ausnahmslos
mit Figuren aus Daniel identifiziert. Die Büsten von Maria
und einem Engel am südlichen Chorscheitelpfeiler wurden von Fait,
übereinstimmend mit der älteren Forschung, als Verkündigung
erkannt.

Nicht ganz einleuchtend erscheint es, daß die schon in der frühchristlichen
Ikonographie so wichtigen und geläufigen Darstellungen,
wie Daniel in der Löwengrube und die drei Männer im Feuerofen, in
einem Danielzyklus nur versteckt symbolhaft erscheinen sollen. So
gelten nach Fait „8 babylonische Drachen" als Symbol der Löwengrube
, und die drei Männer im Feuerofen sollen von drei Molchen
symbolisiert werden. Auch wenn diese letzte Deutung durch den Phy-
siologus legitimiert wird, bleiben Zweifel bestehen.

So bestechend die Interpretation der Magdeburger Kapitellplastik
auf den ersten Blick auch erscheint, so läßt sie bei genauerer Betrachtung
doch noch viele Fragen offen. Wenn für Magdeburg eine so
durchgehende ikonographische Erklärung möglich ist, müßte das
eigentlich auch bei anderen romanischen Kapitellprogrammen der
Fall sein. Welch weites Feld erschließt sich hier noch für die ikonographische
Forschung! Oder gestaltete eben doch nur der Meister des
nördlichen Chorscheitelpfeilers Szenen aus dem Buch Daniel, und die
Kapitellplastik an den anderen Pfeilern besteht aus den bekannten
Fabeltieren, den Pflanzen und Blattmasken und den kämpfenden
Dämonen, die den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse symbolisieren
?

Wernigerode Helga Neumann

Christliche Archäologie

Avigad, Naham: Hebrew Bullae from the Time of Jcremiah. Rem-
nants of a Burnt Archive. Transl. by R. Grafman. Jerusalem: Israel
Exploration Society 1986. 139 S. m. zahlr. Abb. gr. 8 geb. $ 20.-.

Professor Nahman Avigad, einer der bedeutendsten Kenner der althebräischen
Glyptik, stellt in der vorliegenden Studie eine Sammlung
von 255 Bullae vor, die großteils bisher unveröffentlicht waren.
Nach dem Vorwort (pp. 9-10) gliedert sich das Buch in sechs Abschnitte
: 1. Einleitung (pp. 11-20), 2. Bullae (pp. 21-112), 3. Paläo-
graphie und Orthographie (pp. 113-115), 4. Die Namen
(pp. 116-117), 5. Ikonographie (pp. 118-119), 6. Schlußfolgerungen
(pp. 120-130). Daran schließen sich die Liste der Abkürzungen
(pp. 131-132), der Index der Namen und Titel (pp. 133-136) und
eine List of Bulla Inscriptions (pp. 137-139) an. Die Abbildungen der
Bullae (Photographien, teilweise Zeichnungen) sind jeweils dem Text
beigegeben, der darauf Bezug nimmt, was nicht nur die Handhabung
des Buches überaus erleichert, sondern auch eine ständige Kontrolle
der dargebotenen und vorgeschlagenen Transliteration ermöglicht.

Von den 255 Siegelabdrücken sind 44 Duplikate, so daß 211 Einzelstücke
verbleiben. Die ganze Sammlung wird in sechs Gruppen
gegliedert: A. Abdrücke von Beamtensiegeln (Nr. 1-10), B. Abdrücke
von Privatsiegeln (Nr. 11-168), C.-D. Siegelabdrücke, deren Namen
nur fragmentarisch erhalten sind (Nr. 169-198), E. Siegclabdrücke
mit ornamentalen Motiven (Nr. 199-206) und F. „Illcgiblc Bullae"
(Nr. 207-211). Das Material der Bullae ist Ton. Auf ihrer Rückseite