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Ausgabe:

1988

Spalte:

185-186

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bjerkelund, Carl J.

Titel/Untertitel:

Tauta egeneto 1988

Rezensent:

Schnelle, Udo

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 3

186

ansieht, an dessen Verheißungen die Heiden Anteil bekommen, nicht
als Israels Nachfolgerin); wie sich Jüngerschaft auf diesem Grund
leben läßt; und wie Lukas das alles erzählerisch in Szene setzt.

F. geht also auf der mittleren Linie, auf der sich heute auch viele
andere bewegen, z. B. G. Schneider mit seinen Kommentaren zum
Lukasevangelium (vgl. N. Walter, ThLZ 106, 1981, 39-41) und zur
Apostelgeschichte. Weniger Aufbruch zu neuen Ufern als Prüfet alles
und das Beste behaltet. Das ist vermutlich die beste Art, aufgegebenem
Raum die meisten Richtigkeiten zu versammeln, und für einen
Kommentar ein gutes Programm. Wem das milde Licht der Ausgewogenheit
zu herbstlich ist, der kann Lukas immer noch im Schein
der Thesen lesen, über die F. informiert, und die dazugekommenen.

In der Anchor Bibel, an der übrigens Protestanten, Katholiken und
Juden zusammen arbeiten, hat es schon dünnere Kommentare gegeben
, innen und außen. Dieser ist das Gegenteil. So gründlich hat
noch niemand Lukas erläutert außer H. Schürmann. Aber von ihm
gibt es erst Lk 1-9,53. ohne Einleitung, und der eine Band kostet
doppelt so viel wie F.s zwei.

Heidelberg Christoph Burchard

Bjerkelund, Carl J.: Tauta Kgencto. Die Präzisierungssätze im Johannesevangelium
. Tübingen: Mohr 1987. XI, 162 S. gr. 8" = WUNT,
40. Lw. DM 88,-.

Die Arbeit von C. J. Bjerkelund ist ein Beitrag zur johanneischen
Formgeschichte. Sie untersucht die joh. „Präzisierungssätze" (= P-
Sätze). Diese Sätze haben die Funktion, vorangehende Aussagen zu
Präzisieren, und sie finden sich in Joh 1,28; 2,11; 4,54; 6,59; 7,39;
8,20; 10.6; 11,51; 12.16; 12,33; 12,41. Formale Kennzeichen der
P-Sätze sind das vorangestellte Demonstrativpronomen (xoiiw bzw.
TO'JTa), der Gebrauch von ai, die 3. Pcrs. Sing. Aorist beim Verbum
und die häufige Verbindung von Verben mit einem Partizip Präsens.
Inhaltlich stellen die P-Sätze einen Kommentar zu den vorangegangenen
Taten und Reden Jesu dar. „Entweder wird festgestellt, wo
und wann sich etwas zutrug, oder eine Episode wird erklärt" (S. 14).
Bevor der Evangelist in seiner Erzählung fortfährt, bestätigt er noch
e>nmal die Umstände des zuvor Geschilderten, erklärt den tieferen
Sinn dieses Geschehens und gibt häufig das Verständnis des Ereignisses
durch die Jünger an. Nach einem Einleitungstcil und einem
forschungsgeschichtlichen Überblick untersucht der Vf. außertesta-
mentlichcs Vergleichsmatcrial zu den P-Sälzen (Josephus. samarita-
n|sche Literatur. Philo von Alexandrien), wobei sich allerdings nur
bei Josephus den P-Sätzen vergleichbare Kommenticrungcn finden
(vgl. Jos.. Ant X 79.272.276; XI 5-6). Den Hauptteil des Buches
bilden dann Exegesen der obengenannten P-Sätze und der von ihnen
••Präzisierten" Pcrikopen (S. 55-125), wobei insbesondere die Ausführungen
zu Joh 2,1 I ;4,54 und die vom Vf. überzeugend herausgearbeitete
Korrespondenz zwischen Joh 6,59 und 6,27 hervorzuheben
s,nd. Das zentrale Ergebnis dieses Abschnittes lautet: Alle P-Sätze
gehen auf den Evangelisten zurück. Sic sind jeweils mit dem gesamten
vorangehenden Bericht verbunden und „tragen konkret historisches
Und gleichzeitig offenbarungsgeschichtliches Gepräge" (S. 129). Zugleich
kommt den P-Sätzen für die Komposition des ersten Haupttcils
des Evangeliums eine große Bedeutung zu, denn sie verbinden die einzelnen
Teile des Evangeliums und stellen die Linien des geschichtlichen
Verlaufes heraus. Auffallend ist schließlich das starke atl.
Element in den P-Sätzen. Im vorletzten Kapitel behandelt der Vf. das
Verhältnis der P-Sätze zu den johanneischen Erfüllungszitaten (vgl.
J°h 12,38; 13,18; 15,25: 19,24.36, ferner 17,12; 19,28) und meint,
daß die Erfüllungszitatc im zweiten Hauptteil die Funktion ausüben,
die den P-Sätzen im ersten Hauptteil zukommt. Die P-Sätze enden,
w°die Erfüllungszitatc beginnen (Joh 12,37-41), und beide zeigen die
gleiche Grundauffassutig, indem sie hervorheben, daß Jesu Verurtei-
'Ung und Kreuzigung nach Gottes Willen geschahen. „Die P-Sätze
Und die Rcllexions/itate stehen nicht nur gliederungsmäßig, sondern

auch theologisch als aufeinander abgestimmte Rahmenbemerkungen
im vierten Evangelium" (S. 151). Das abschließende Kapitel enthält
eine Zusammenfassung der Ergebnisse, wobei zu Recht die Bedeutung
des Evangelisten für die Komposition des Evangeliums betont wird.
Der Umgang des Evangelisten mit seinem Stoff und die vom ihm gewählte
Darstellung zeigt sich in den P-Sätzen.

Insgesamt kann diese Untersuchung als ein gelungener Baustein zu
einer noch ausstehenden joh. Formgeschichte gesehen werden. Der
Vf. betont mit Recht die oft wenig beachtete Eigenart des Evangelisten
, Taten und Reden Jesu zu kommentieren und ihnen dadurch
einen hervorgehobenen Platz im Aufbau des Evangeliums zu geben.
Ein Ergebnis, das sich durch eingehende Sprachuntersuchungen
(Vokabclstatistik!) noch erhärten ließe. Die Arbeit ist z. T. in einem
sehr gedehnten Stil geschrieben, lange Zitate und ausführliche
Wiedergabe von Forschungsmeinungen nehmen einen breiten Raum
ein. Inhaltlich bleibt leider unklar, wie sich der Vf. die Entstehungsgeschichte
des 4. Evangeliums vorstellt. Er erwähnt zwar mehrfach,
der Evangelist stütze sich auf „gewisse Quellen" (S. 58), geht aber auf
diese auch für seine Fragestellung wichtige Problematik nicht mit der
wünschenswerten Klarheit ein. Konsequenzen für Quellcntheorien
können aus dieser Arbeit gezogen werden, denn wenn Joh 2,11; 4,54
Kommentare des Evangelisten sind, entfällt mit der Zählung das
Hauptargument für eine „Zeichenquelle". Auch die herausgearbeitete
Korrespondenz zwischen Joh 6,27 und Joh 6.59 deutet darauf hin.
daß Joh 6,51 c—58 nicht erst von einer .Kirchlichen Redaktion'
stammt.

Erlangen Udo Schnelle

llyldahl, Niels: Die paulinische Chronologie. Leiden: Brill 1986. VIII.
136 S. gr. 8' = Acta Theologica Danica, 19. geb. hfl. 50,-.

Mit der Formulierung seines Titels erweckt H. den Eindruck, als
könne er die Lösung schlechthin für alle offenen Fragen der
paulinischen Chronologie bieten. Davon kann aber keine Rede sein.
Hat schon die bisherige Diskussion mit ihren divergierenden Urteilen
bestenfalls Verwunderung erregt, so wird gerade auch H.s Beitrag mit
der völlig unangemessen aggressiven Verurteilung anderer Meinungen
(die in den neueren Beiträgen oft umgekehrt proportional ist zur
Stichhaltigkeit der eigenen Argumente) die Abneigung eines größeren
Publikums gegen eine eingehende Beschäftigung mit den Fragen der
.Chronologie eher verstärken als zu der dringend notwendigen Klärung
im Interesse der Sache einladen.

Nach dem Vorwort (S. Vllf) gehen die Vorarbeiten der Untersuchung
bis ins Jahr 1973 zurück. Inzwischen aber datiert H. (zu
Recht!) die ephesinische Gefangenschaft schon vor I Kor und Gal.
Viel wichtiger ist jedoch, daß er an seiner Auffassung über „Die Frage
nach der literarischen Einheit des Zweiten Korinthcrbricfes" (ZNW
64, 1973, 289-306) unverändert festhält und dadurch m. E. zu einer
völligen Verzeichnung der Ereignisse nach der ephesinischen Gefangenschaft
kommt. Drei Punkte sind dabei als grundlegend auch für
die neue Arbeit hervorzuheben:

1. H. bestreitet, daß Paulus nach dem Gründungsaufenthalt zum
sogen. „Zwischenbesuch" in Korinth war, und er versteht 2Kor 12,1;
13,1, wo Paulus sein Kommen „dieses dritte Mal" ankündigt, nicht
als Hinweise auf den Gründungsaufenthalt und eben den Zwischenbesuch
, sondern bezieht die Worte auf zwei nicht realisierte Besuchsabsichten
und paraphrasiert dementsprechend: „Die beiden vorigen
Male, als ich von mir hören ließ, war ich zum sofortigen Besuch nicht
bereit und kam deshalb auch nicht: dies dritte Mal aber bin ich dazu
bereit und komme auch wirklich" (S. VII). Dieses Verständnis
wurde 1973 begründet, wobei H. aber viel zu punktuell argumentierte
und insbesondere 2Kor 13,2 von der vermeintlich feststehenden Tatsache
her vergewaltigt, ein Zwischenbesuch habe nicht stattgefunden;
Paulus soll demnach nicht Bezug nehmen auf etwas, was er bei seinem
zweiten Besuch bereits gesagt hat. sondern seinen Brief mit dem noch