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Ausgabe:

1988

Spalte:

183-185

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Fitzmyer, Joseph A.

Titel/Untertitel:

The Gospel according to Luke 1988

Rezensent:

Burchard, Christoph

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Theologische Literaturzeitung 113. Jahrgang 1988 Nr. 3

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liehen zugleich, welche Bedeutung dieser lange vernachlässigten
Literatur für die Theologie- und Kulturgeschichte zukommt. Die
Themen der Beiträge im einzelnen:

J. H. Charlesworth, The Significance of the New Edition of the Old
Testament Pseudepigrapha (11-28); A. Pinero-Saenz, Les coneeptions de
l'inspiration dans les Pseudepigraphes de l'Ancien Testament (29-41); A.
Hultgärd, Theophanie et presence divine dans le Judaisme antique: Quelques
remarques ä partir des textes «intertestamentaires» (43-55); A. Caq uot,
Elements aggadiques dans le livre des «Jubiles» (57-68); E.-M. Laperrou-
saz, Le classement chronologique des passages messianiques des «Manuscrits
de la mer Morte» (69-88); B. Ph i Ionen ko-Sayar, La Version slave de
l'«Apocalypse de Baruch» (89-97); J.-M. Rosenstiehl, Les revelations
d'Elie. Ehe et les tourments des damnes (99-107); D. A. Bertrand, Ledestin
«post mortem» des protoplastes Selon la «Vie grecque dAdam et Eve»
(109-118); M. Pet i t, La cachette de l'Arche d'Alliance: ä partir de la «Vie de
Jeremie» 9-15 dans les «Vitae Prophetarum» (119-131); J. Riaud, Les
Samaritains dans les «Paralipomena Jeremiae» (133-152); J. Hadot, Le
milieu d'origine du «über Antiquitatum Biblicarum» (153-171); H. Anderson
, Third and Fourth Maccabees and Jewish Apologetics (173-179); D.
Sänger, Erwägungen zur historischen Einordnung und zur Datierung von
„Joseph und Aseneth" (181-202); F. Schmidt, L'autorite du «Quatrieme
Livre d'Esdras» dans la discussion sur la parente des Juifs et les Indiens
d'Amerique, 1540-1661 (203-220);M.Philonenko, Priereausoleiletlitur-
gie angelique (221-228).

K.-H. B.

Lux, Rüdiger: „Ivri Anochi*' - „Ein Hebräer bin ich." Zum 100. Geburtstag
von Franz Rosenzweig (ZdZ 40, 1986,293-301).

Meier, Kurt: Literatur zum christlich-jüdischen Dialog (ThR 52, 1987,
155-181).

Moses, Stephan: Franz Rosenzweig und die dialogische Struktur der
biblischen Erzählung(ZRGG 39,1987,84-86).

Neusner, Jacob: Den jodisk-kristne diskusjon i forste ärhundre. Hvordan to
grupper snakkerforbi hverandre(NTT 87,1986,205-218).

Pummer, Reinhard: The Samaritans. Leiden: Brill 1987. XIV, 46 S., 48 Taf.
z.T. färb. 4* = Iconography of Religions. Section XXIII: Judaism. Fase. 5.
hfl 72.-.

Neues Testament

Fitzmyer, Joseph A.: The Gospel According to Luke (I—IX),
(X-XXIV). Introduction, Translation, and Notes. Garden City,
New York: Doubleday & Company 1981/1985. XXVI,
837 S. + XXXVI, S. 839-1642. gr. 8' = The Anchor Bible 28. 28 A.

"1 have sought to write a new, modern commentary on the Gospel
according to Luke in the 'classic' mode" (II, S. ix). Gemeint ist einer,
der nach Methode und Inhalt auch.in den Meyer oder Herder passen
würde. F. unterscheidet drei "stages of the gospel tradition": was Jesus
tat und sagte, was nach Ostern über ihn gepredigt wurde und was neu-
testamentliche Schriftsteller über ihn zu Papyrus brachten. Lukas
gehört auf die dritte Stufe. Er hat weder Jesusüberlieferung noch
urchristliche Jesusdarstellung einfach wiederholt. Sein Evangelium ist
ihnen gegenüber etwas Neues. "It is the result of literary composition,
based on material inherited by the author from Stages I and II and
fashioned by him into a synthesis, an interpretation of the Christ
event" (I, S. viii). Diese literarische Neuinterpretation des Christusereignisses
kommentiert F. vor allem, ohne zu vergessen, daß Lukas
nach Quellen schrieb, denen man literarisch und formgeschichtlich
nahekommen kann, und daß sein Buch den ersten Band eines Werkes
bildet, dessen zweiter die Apostelgeschichte ist.

Aus seinem Hauptzweck hat F. zwei Konsequenzen für die Form
gezogen. Um sich nicht dauernd zu wiederholen, hat er einen eingehenden
Abriß der lukanischen Theologie ans Ende der ohnehin ausführlichen
Einleitung gestellt. Sie wird dadurch ein Buch im Buch
(S. 3-283). Die Exegesen sind zweigeteilt in eine theologische Auslegung
auf Grund von Quellenkritik, Form- und Religionsgeschichte
(Comment), wohinzu man gegebenenfalls den Abriß nachschlagen

muß, und Glossen zu textkritischen, sprachlichen, historischen und
anderen Einzelheiten (Notes). Vieles daraus würde bei anderen Kommentaren
in Fußnoten auftreten, die es bei F. nicht gibt, auch nicht in
der Einleitung. Spezialbibliographie zu jedem Abschnitt; Nachträge
in II, S. 1594-1599. Verfasser- und Sachregister in II, S. 1601 bis
1642.

Lukas' Quellen sind Markus (auch Grundlage für die Passionsgeschichte
), Q und „L", eher eine Restkategorie, denn die L-Stoffe
(S. 83f. mit Korrekturen auf S. 1600) müssen weder zusammenhängend
schriftlich gewesen sein noch von einer einzigen Person
stammen: "a modified Two-Source-Theory". Der Mann, der das
Evangelium schrieb, war Lukas aus Antiochia. Aber weil er nur zeitweise
bei Paulus war, nämlich etwa in den Perioden, die die Wir-
Abschnitte der Apostelgeschichte decken, und gerade nicht, als der
Apostel seine Briefe schrieb, die der Evangelist denn auch nicht kennt,
kann F. ihn als eigenständigen Theologen würdigen, ohne sich
dauernd über Differenzen zu Paulus wundern oder über Epigonentum
ärgern zu müssen. Auch zu Frühdatierung sieht er keinen Anlaß:
80-85 n. Chr. In Palästina schrieb Lukas nicht; wo sonst, weiß
niemand. Die Leser sind aber Heidenchristen in heidnischer Umgebung
. Soweit im Westen nichts Neues, jedenfalls in den Grundlinien
nicht. Aber F. behauptet nicht, er erörtert, meistens ausführlich und
immer gut disponiert (ein bißchen mehr über die Leser jenseits der
Alternative Juden- oder Heidenchristen, über das Verhältnis des
Doppelwerks zu hellenistischen Literaturformen abgesehen von der
Historiographie und über Lukas' Nachwirkung hätten das Heidelberger
Auge interessiert). Es schändet niemanden, wenn er am Ende
klassische Positionen richtig findet. Das könnte daran liegen, daß sie
es sind. ... .

Die Einleitung fangt aber an mit dem Stand der Forschung
(S. 3-34). Haupteindruck: "The current study of the Lucan writings is
more dominated by.thesesabout Lukc-Acts than by adetailcd analysis
of these writings" (S. 6). Lukas wollte das Heilsereignis Jesus von
Nazareth durch den Nachweis seiner Geschichtlichkeit überhaupt
erst vollenden (er wollte eher dem Leser ermöglichen, dem Jesusglauben
seiner Gemeinde treu zu bleiben). Lukas hat das Kerygma
verdorben, weil er es historisch zu sichern versuchte (er spielt es nur in
einer anderen Tonart, Sicherheit gibt der Geist, nicht die eigene
Schreibe). Lukas' Bücher haben keinen großen Quellenwert (manchmal
nicht, was Jahrzehnte nach den Ereignissen kein Wunder ist, oft
doch, und im übrigen wollte Lukas in erster Linie Theologe sein).
Lukas hat die radikal eschatologische Orientierung der Frühzeit durch
Heilsgeschichte ersetzt (ersetzt nicht, Conzelmanns Periodenschema
ist zwar grundsätzlich richtig, aber die Parusieerwartung wirkt noch,
und die Gegenwart hat ihre eschatologische Dimension z. B. in der
Forderung der täglichen Leidensnachfolge). Lukas kennt das Skanda-
lon des Kreuzes nicht und vertritt eine theologia gloriae (des Kreuzes
vielleicht nicht, aber Jesus ist Für ihn sehr wohl das Ende aller
menschlichen Heilswege). Lukas ist frühkatholisch (das ist Definitionssache
, im Sinn von Heilsanstalt, Hierarchie, Sakramentsfrömmigkeit
, depositum fidei allenfalls in Ansätzen, dafür weiß Lukas
zuviel vom souveränen Walten des Geistes). Lukas ist weit weg von
Paulus (Vielhauers Beobachtungen sind im großen ganzen richtig,
aber er deutet als Gegensätze, was meist nur Unterschiede auf einem
gemeinsamen Fundament sind). Kurz: der Fehler der Thesen, so viel
Richtiges sie sehen, ist der, daß sie, meist auf eine Auswahl von
Texten gestützt, Lukas' Besonderheiten überinterpretieren und ihn
theologisch so beurteilen, als ob er nicht auch im Kanon stände.

Man ahnt, was F. im Abriß der lukanischen Theologie (S. 143-270)
dann betonen wird: die eigene Art und Weise, wie Lukas das Kerygma
vom Heil im Sterben und Auferstehen Jesu verkündigt, nicht bloß in
eine historische Perspektive stellt; wie er Jesus als den alleinigen
Grund des Heils und Führer zum ewigen Leben schildert (F. untersucht
ausführlich die christologischen Titel und Funktionsbezeichnungen
, die Lukas verwendet); wie der Geist wirkt, besonders in der
Zeit der Kirche (die F. mit J. Jervell als wiederhergestelltes Israel