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Ausgabe:

1987

Spalte:

172-173

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Vetus Latina ; Sapientia Salomonis, Lfg. 8 1987

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 3

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gion" und in seinen „Vertrauten Briefen über Friedrich Schlegels
Lucinde". W. zeigt die Nähe und die Distanz beider Männer zueinander
bei den zentralen romantischen Themen von Religion und Liebe
, wobei Schleiermacher das unbestreitbare Verdienst zukommt, „an
der Wende zur Romantik für die Präsenz der evangelischen Theologie
gesorgt zu haben" (63). - H. P. Gensichen stellt das zoologische und
das theologische Lebenswerk Otto Kleinschmidts, des ersten langjährigen
Leiters des Wittenberger Kirchlichen Forschungsheimes, vor
(65-76). Nach biographischen Anmerkungen zum Werdegang des
1870 Geborenen und 1954 Gestorbenen wird seine Neukonzipierung
des Artbegriffes in der Ornithologie und seine daraus abgeleitete
Formenkreislehre erläutert (unabhängige Entstehung und parallele
Entwicklung der Formenkreise). Besonderes Interesse verdient noch
heute die wechselseitige Relevanz von naturwissenschaftlichem Forschen
und christlichem Glauben in Kleinschmidts Denken. -
H. G. Sternberg untersucht höchst lehrreich „Kirchenaustritte in
Preußen 1847 bis 1874 im Lichte der kirchlichen Publizistik"
(77-102). Den Hintergrund bilden die Entstehung der „freien Gemeinden
" um die sog. „Lichtfreunde", das Toleranz-Edikt von 1847,
die Ermöglichung einer fakultativen Zivilehe von 1859 und die
Zivilstandsgesetzgebung sowie das neue Kirchenaustrittsgesetz von
1874. Der Leser wird Zeuge einer Entwicklung, deren Ergebnisse noch
unsere Gegenwart bestimmen. - M. Petzoldt vermittelt „Theologische
Orientierung angesichts der Herausforderung durch Ludwig
Feuerbach" (103-120). Ausgehend von Feuerbachs sensualistischem
Wirklichkeitsverständnis skizziert er sechs Typen theologischer
Reaktion, die kritisch beurteilt werden. Die eigene theologische
Orientierung des Autors insistiert auf die Ausklammerung der historischen
Fragestellung in Feuerbachs Auseinandersetzung mit der
Christologie und betont von daher das auch heute notwendige
„Pochen auf den irdischen Jesus" als Zugang zum christlichen Wirklichkeitsverständnis
. - Unter den Stichworten „Offenbarung und
Kultur bei Josef L. Hromädka" macht W. Wittenberger mit der
Habilitationsschrift des tschechischen Theologen über „Masaryks
Religionsphilosophie und die Voraussetzungen einer wissenschaftlichen
Dogmatik" von 1919 bekannt (121-134). Hromädkas Methode
ist weder apologetisch noch dialektisch, sondern dialogisch.
Sein Denken zielt in dieser frühen Arbeit auf eine religiöse Kultur, in
der kulturelles Leben durch Frömmigkeit angeeignet und dieses zugleich
mit Christologie durchdrungen wird. - Hilfreich reflektiert der
katholische Dogmatiker L. Ullrich über „Die Bedeutung des Symbo-
lum Chalcedonense für die Christologie" (135-149). Er deutet
Chalkedon einerseits als „Ende", d. h. als Synthese der altkirchlichen,
im Rahmen der Zweistufen-Christologie von Rom l,3f ermöglichten
christologischen Dogmenbildung, andrerseits als „Anfang", der weitergehender
zeitgemäßer Auslegung bedarf. Konkret: „Um Chalkedon
heute zu verstehen, wird man besonders die Auslegung mit einer
anthropologischen Terminologie wagen müssen, die das Freiheitsthema
und das geschichtliche Denken gebührend berücksichtigt"
(146). - „Ökumene im Widerstreit von Schriftautorität und Kirchenverständnis
" ist das Thema des Beitrages von H. J. Kühne (151-162).
Der Autor beleuchtet den immer noch grundlegenden Dissensus in
der Bestimmung des Verhältnisses von Schrift und Kirche zwischen
evangelischem und katholischem Denken. Mit guten Gründen plädiert
er für den „Dialog als Existenzweise der Kirche". - Auf dem
Hintergrund der Vieldeutigkeit und Widersprüchlichkeit heutiger
kirchlicher Situation in der DDR fragt H. Zeddies nach dem Sinn von
verbindlicher Lehre und Ordnung. Verbindlichkeit interpretiert er als
Ausdruck der Identität des Evangeliums, die nicht einfach verfügbar,
sondern „ein pneumatisches Ereignis" ist (143). Das verlangt einerseits
eine auf Aktualisierung orientierte Bekenntnishermeneutik,
andrerseits eine kommunikativ praktizierte Lehrverantwortung. „Off-
nungsordnungen" sollten nur das unbedingt Nötige regeln und im
übrigen „Freiräume lassen für eine von Gottes Geist erhoffte Kreativität
" (178). - P. Toaspern endlich plädiert angesichts der sich heute
vollziehenden weiten Öffnung der Seelsorgc zu humanwissenschaftlichen
Erkenntnissen für ein neues Ernstnehmen der transzendentgeistlichen
Dimension christlicher Seelsorge. Das betrifft ihr Subjektverständnis
(der gegenwärtige Christus als der eigentlich Handelnde),
ihre Zielstellung (das heilgewordene Gottesverhältnis) und ihren
zentralen Vollzug (Lösung aus der Schuld als Mitte der Seelsorge). Der
Seelsorger selbst muß auf die Geistesleitung achten und erkennen, daß
der biblische Heilungsauftrag mit den Leistungen der modernen
Medizin noch nicht abgegolten ist.

Greifswald Günter Haufe

[Dumoulin, Heinrich:] Fernöstliche Weisheit und christlicher Glaube.

Festgabe für Heinrich Dumoulin SJ zur Vollendung des 80. Lebensjahres
, hg. von H. Waldenfels u. Th. Immoos. Mainz: Grünewald
1985.324 S„ 1 Porträt. gr8- = Dialog der Religionen. Lw. DM 42,-.

Am 31. Mai 1985 vollendete Heinrich Dumoulin SJ sein 80. Lebensjahr
. Ihm, dem Begründer des Institute of Oriental Religions an
der Sophia-Universität der Societas Jesu in Tokio, dem seit 50 Jahren
in Japan tätigen Forscher und Kenner des Zen-Buddhismus, ist dieser
Band gewidmet. Sein Titel und sein Inhalt spiegeln das unablässige
Bemühen Dumoulins um ein gegenseitiges Verständnis zwischen
Christentum und Buddhismus wider. Eine kurze Würdigung des Jubilars
hat H. Waidenfels vorangestellt (7-10). Den Beschluß bildet ein
ergreifendes Gedicht („Exodus") von Th. Immoos SMB, dem Nachfolger
des Jubilars in Tokio (313-315). Biographische Daten, Bibliographie
und Mitarbeiterverzeichnis (316-322) ergänzen den stattlichen
Band, der folgende Beiträge enthält:

J.C. Maraldo. Das Studium des Zen und Zen als Studium (11-24); H.
Brin ker. Religiöse Metaphorik in Vogeldarstellungen zenbuddhistischcr Malermönche
(25-42); Shun'ichi Takayanagi, Weisheit und Sprache in
Dögens .Shöbögenzö' (43-55); R. Ohash i/H.Brockard. Das Buch
.Shin Fukatoku' aus Dögens ,Shöbögenzö' (56-67); K. Kadowaki, Mit
dem Körper lesen: Paulus und Dogen (68-78); H. M. Enomiya-Lasalle,
Gedanken zu Zen und christlicher Mystik (79-90); H. Nakamura, Zum
Gegenstand von Meditation (91-105); K. Riesenhuber, Reine Erfahrung.
Im Gespräch zwischen Aristoteles, Nishida und Pseudo-Dionysios (106-118);
H. Bürkle, Rationalität und Ekstase (119-124); E. Biser, Die Geburt des
Glaubens aus dem Wort (125-146); E. Gössmann, Zirkuläres Denken und
kosmische Spekulationen im 12. Jahrhundert. Erläutert an Hildegard von Bingen
und Alanus von Lille (147-160); J. Ching, Konfuzianische Spiritualität
(161-176); W. Bauer, Das .Allein' als eine Metapher des , Ich' (177-195); Th.
Immoos, Archetypen religiöser Erfahrung im Shintöfest (196-220); Y.
Takeuchi, Der neue Buddhismus der Kamakurazeit (221-234); H.-J.
Klimkeit, Buddha als Vater (235-259); R. J. Zwi Werblowsky, Fernöstliche
Weisheit und christlicher Glaube (260-267); J. van Bragt, Begegnung
von Ost und West, Buddhismus und Christentum (268-288); H. Waldenfels
, Sprechsituationen: Leid - Ver-nichtung - Geheimnis. Zum buddhistischen
und christlichen Sprechverhalten (289-312).

K.-H. B.

Bibelwissenschaft

Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel. Nach Petrus Saba-
tier neu gesammelt und hg. von der Erzabtei Beuren. 11/1: Sapi-
entia Salomonis, hg. von W. Thiele. 8. Lfg.: Sap 18,18 bis Schluß;
Nachträge, Register. Freiburg (Br.): Herder 1985. S. 561-598 u.
8S.4-.

In der Reihe Vetus Latina lag vom Alten Testament bisher nur das
Buch Genesis vor, das Bonifatius Fischer 1954 abschließen konnte.
Danach ging man an die Weisheit Salomos, die zusammen mit Jesus
Sirach den Band 11 bilden sollten. Zur Begründung heißt es im Vorwort
, daß 1955 in der römischen Vulgataausgabe und wenig später in
der Göttinger Septuagintaausgabe die Sapientia Salomonis bearbeitet
wurde. Im Rahmen der Septuagintaausgabe erschien die Weisheit
Salomos 1962, in der Vulgataausgabe 1964. Man hatte dort schon Exzerpte
der Vetus Latina einsehen können, deren eigene Edition sich
jedoch länger hinzog. Erst 1969 wurde W. Thiele mit der Redaktion