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Ausgabe:

1987

Spalte:

153-154

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Dulles, Avery

Titel/Untertitel:

The catholicity of the church 1987

Rezensent:

Ellingsen, Mark

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Theologische Literaturzeitung I 12. Jahrgang 1987 Nr. 2

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Den begründenden, beauftragenden und Verheißung zusprechenden ren. sondern auch die Verkündigung des Wortes gewährleisten sollen

Ruf Jesu gibt es also nur durch die real existierende Kirche. Das gilt (119-120. 125-127. 136-138, 144). Er zeigt auch, daß diese heute

auch für die .Vereinsgründungen' der IM im 19. Jh. Diakon«: ist ein vorherrschende römisch-katholische Interpretation der Strukturen.

Dienstbereich der Kirche des Herrn, der seine Jünger ausgesandt hat, besonders des päpstlichen Primats, von Lutheranern und Anglikanern

zu predigen und zu heilen. Mit dem Vf. stimmen wir übercin im in verschiedenen Dialogen mit der römisch-katholischen Kirche weit-

HofTen auf und im Arbeiten für eine diakonische Kirche, weil wir gehend bestätigt worden ist.

kirchliche Diakonie sind! An anderen Punkten jedoch wirft Dulles herausfordernde und zum

Schließlich: Deshalb ist auch das Amt der Kirche, die in Jesus Chri- Teil problemgeladcne Fragen auf. In'Antwort auf Tillichs Gedanken

stus vollzogene Versöhnung und anbrechende neue Schöpfung in von einem „protestantischen Prinzip" als kritischer Norm der katho-

Wort und Tat zu vergegenwärtigen, tatsächlich nicht auf eine theolo- lischen Substanz der Kirche fordert er. die Existenz eines „katho-

gische Spezialfunktion in der Leitung der Diakonie zu reduzieren. lischen Prinzips" anzuerkennen, das wiederum die protestantische

Wem „Theologie . . . unverzichtbar (ist), Tür die Kompaßarbeit der Norm kritisieren könnte (6-7). Dieses zweite Prinzip, das das vom

drakonischen Leitung" (114), wenn sie als „Management Theologie" Autor vertretene Verständnis des römischen Katholizismus zum

"n ganzheitlichen Planen und Handeln des diakonischen Unterneh- Inhalt hat, wird zusammenlässend beschrieben als „Akzeptieren des

mens unverzichtbar Tür dessen Authentizität wirksam wird, dann ist Gegebenen, als Vermittlung (mediation) und als Konformität". Von

damit nur uni so dringlicher die Frage nach der Autorisierung durch daher ergibt sich, daß katholisches Denken immer versucht, kreative

die Kirche, also nach dem von der Kirche eingesetzten Amtsträger gc- „sowohl/als auch" - Spannungen zwischen Gegensätzen wie Natur

stellt. Seine Endverantwortlichkeit als ordinierter und auf Schrift und und Gnade, Schrift und Tradition usw. zu schaffen und zu erhalten

Bekenntnis verpflichteter Amtsträger für die .Christlichkeit' und (163,169-170.5-7).

Kirchlichkeit des diakonischen Unternehmens muß nicht dem .Allge- Zumindest einige der Elemente dieser Darstellung römisch-kalho-
meinen Priestcrtum aller Gläubigen' widersprechen, sondern steht - lischer Identität stehen in klarem Gegensatz zur dialektischen Denk-
recht verstanden - in fördernder Korrespondenz dazu. weise, die das lutherische Erbe kennzeichnet. Natürlich sagt Dulles,
Ungeachtet dieser nur sehr verkürzt formulierten Fragen (in Aus- daß diese beiden Prinzipien oder Denkweisen sich in unserer gegen-
wahl) bleibt die große Dankbarkeit Tür die Fülle durchleuchtender, wärtigen Situation der Trennung ergänzen und daß sie in einer geein-
^'HLTluhrendcr und ermutigender Gedanken als wirkliche Hilfe, „der ten Kirche dialektisch vereint sein können (164-165, 170). Sein Vortiefsten
Not heutiger Diakonie" (347), nämlich dem Schwinden ihrer schlag impliziert jedoch, daß in einer enger vereinten Kirche die
Identität entgegenzuwirken, die im ganzheitlichen Hilfchandeln und Rechtfertigungslehre nicht, wie Lutheraner es normalerweise verlan-
hoffhungsvollen Vergegenwärtigen des gekommenen und kommen- gen, als einzige Norm für kirchliche Lehre und Praxis fungieren
den Reich es besteht. Mit besonderer Erwartung darf darum auch einer könne. Sie müßte mit einer weiteren Norm verbunden werden, dem
• integralen Diakonik" aus der Hand des Vf. entgegengesehen katholischen Prinzip der Vermittlung (mediation) und des Vertrauens
Werden. darauf, daß Gott in den Mitteln, die er uns gegeben hat. gegenwärtig

Berlin Ernst Petzold ISt'

Dulles stellt noch weitere herausfordernde Fragen an Lutheraner

und andere ökumenische Partner der römisch-katholischen Kirche.

Okumenik: CathOÜCa Er beschreibt auf eindrückliche Weise, in welchem Sinne es Kirchen.

die keine Gemeinschaft mit dem Stuhle Petri haben, an Katholizität

D«Iles. Avery: The Catholicity of the Church. Oxford: Clarendon fehit ('45-146). Jedoch sagt er zugleich, daß die Bildung weltweiter

Press 1985. VIII, 199 S. 8'. Lw. £ 17.50. konfessioneller Körperschaften den protestantischen Kirchen dazu

verhelfe, ihre Katholizität wiederzuerlangen (81-82, 77). Seine Über-

Dulles Buch ist ein zeitgerechter Beitrag zur gegenwärtigen ökume- legungen, wie eine verstärkte Rolle dieser Organisationen die

n,schen Diskussion über die Frage, ob zwischen Protestanten und Beziehungen zu Rom fördern könnte, stellen für viele protestantische

Katholiken eine Grundverschiedenheit in der Ekklesiologie besteht. Kirchen eine weitere Herausforderung dar.

^er Autor legt eine gründliche und ökumenisch feinfühlige Analyse Aber die vielleicht dringendste ökumenische Herausforderung liegt

des Konzeptes der „Katholizität" der Kirche vor, verstanden im Sinne in der Art und Weise, in der Dulles die römisch-katholische Lehre von

der Universalität der Kirche wie auch als Synonym für seine eigene der Kirche mit einer besonderen Art der Soteriologie verbindet. Die

••römisch-katholische" Kirche. So ermöglicht dieses Buch öku- ekklesiologische Hervorhebung der Vermittlung (mediation) wird in

menisch interessierten Protestanten ein besseres Verständnis für Bezug gesetzt zu einer Soteriologie, die, wenn auch mit Einschränkun-

ln'ge der Hauptprobleme römisch-katholischer Ekklesiologie und gen behauptet, daß das Werk Christi nicht vollkommen sei und daß

bietet ihnen eine überzeugende, klare und gegenwartsbezogene Dar- Glaube und Bekehrung „menschliche Handlungen [seien], die unter

Stellung des Wesens des römischen Katholizismus (des vom Autor so dem Einfluß der Gnade entstehen" (42-46. 48-50). Sofern solche

genannten „katholischen Prinzips") durch einen der bedeutendsten soteriologischen Behauptungen für Protestanten problematisch sind.

amcrikanischen katholischen Theologen und Ökumeniker. weist, was Dulles sagt, darauf hin, daß einige der bleibenden Probleme

Vieles in diesem Buch ist ökumenisch beruhigend, eine Zusammen- im protestantisch/römisch-katholischen Dialog sich auf die Ekklesio-

fassung gegenwärtiger römisch-katholischer Positionen, die von ver- logic beziehen. Auf eine Weise, die selbst Nichtfachlcute verstehen,

sehiedenen ökumenischen Dialogen als mit dem protestantischen hat Dulles aufgezeigt, wie zumindest einige Katholiken die Ekklcsio-

^r°e konvergierend beurteilt werden. So beschreibt Dulles z. B. das logic und die charakteristische katholische Soteriologie miteinander

Konzept der Katholizität. wie es vom Zweiten Vatikanischen Konzil verbinden können, und warum der ekklcsiologischen Frage gegenwär-

definiert wird, als „versöhnte Verschiedenheit" (24, 79-80) und legt tig so viel Aufmerksamkeit in ökumenischen Kreisen zukommt. Er

dar, wie dieses Einheitsmodcll der Konfessionellen Weltbünde grund- hat uns damit ein äußerst aktuelles Buch vorgelegt,

'egend übereinstimmt mit der römisch-katholischen Auffassung von Strasbourg Mark Ellingsen
katholizität (28-29. 149, 165). Auch die Art und Weise, wie Dulles
die Rolle der römisch-katholischen Hierarchie, insbesondere des
^apstamtes. auslegt, ist gewinnend. Er betont die Bedeutung der Kol

Bieler. Martin: Karl Harths Weg mit der römisch-katholischen Kirche
VtdKl 37,1986.28-33).
Bonora. Antonio: Vent'anni dopo la costituzionc dogmatica De
ren nicht nur die Katholizität und Sakramc'ntalität der Kirche bewah- mctodoescgciico(criticaeteologia)(Tcologia 10. 1985.287-306).

~ — — DICICI. vi,nun. ixtli i

'egialität in einer Weise, die auf die meisten protestantischen Leser (MdKl 37.1986.28-33).
S'chcrlich anziehend wirkt, und versucht zu zeigen, daß diese Struktu- Bonora. Antonio: Vent'anni dopo la costituzionc dogmatica Dei Vcrbum: il