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Ausgabe:

1987

Spalte:

134-135

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Marian Studies ; 35 1987

Rezensent:

Beintker, Horst

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 2

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Potsdam Peter Schicketanz

Trotzdem ist er kein Mitläufer Wesleys geworden und hat zu dessen Leistung wie auch in der Vorsicht theologiegeschichtlicher Zuord-

Leidwesen ihm immer wieder widerstanden in der Frage, das Pfarramt nung. Nicht herangezogene Quellen und Veröffentlichungen werden

aufzugeben und reisender Evangelist zu werden. Fletcher sah seine als solche ausdrücklich benannt. Die Quellen - vor allem die

Aufgaben in seiner Gemeinde als Gottes Ruf an. Wesley, der 1786 die französischen und englischen Briefe - werden in großer Breite und

erste Biographie über Fletcher schreibt, sieht darin nur den Eigen- Ausführlichkeit zitiert, so daß ca. ein Viertel des Buches aus Zitaten

w>llen Fletchers (156). Streiff vermittelt uns ein eindrückliches Bild besteht. Laut Vorwort soll das Buch auch von Nichttheologen ver-

von den frühindustriellen Verhältnissen in dieser Gegend (161-176). standen werden. Hinsichtlich der Allgemeinverständlichkeit theolo-

Dabei ist Fletchers Arbeit in Madeley von viel Anfeindungen und gischer Sachverhalte ist dieser Anspruch vielleicht erreicht worden.

Schwierigkeiten begleitet. Seine persönliche Frömmigkeit (seine Ein- Das Buch ist mit sehr kleinen Typen gedruckt worden, so daß die

künfte verschenkte er meistens), seine Verkündigung und Seelsorge stattliche Seitenzahl noch lange nicht die Fülle des Materials erahnen

"aben ihm aber doch langsam hohes Ansehen und Respekt läßt. Mir will scheinen, daß dem Buch eine Straffung an einigen

Erschafft. Stellen gutgetan hätte. Es gibt doch sehr viele Wiederholungen vor

Die Predigt im Freien, die Evangelisation vor Tausenden von allem durch die oftmals den Zitaten folgende Kommentierung. Ein

Menschen - Dinge, die zum Kennzeichen für Wesleys und recht gutes Gliederungssystem und ein Personenregister erleichtern

^hitefields Arbeit geworden waren, lehnte er nicht ab-er konnte sich die Arbeit mit dem Buch wesentlich.

an ihnen auch beteiligen, aber er blieb in seiner Gemeinde. Auf Das Buch versteht sich als Beitrag für den frühen Methodismus. Es

Drängen der Gräfin Hutingdon übernimmt er die Leitung der ersten ist mehr. Es ist für die Geschichte der anglikanischen Kirche in jenen

methodistischen Ausbildungsstätte in Trevecca 1768, bleibt jedoch in Jahrzehnten wichtig, auch für die Schweizer Verhältnisse gibt es

Madeley. Fletcher sieht in der Ausbildungsarbeit die Möglichkeit, beachtenswerte Abschnitte. Vor allem ist es mit seiner sorgfältigen

divergierende Strömungen ökumenisch zu vereinigen. Zwei Reisen in Beachtung und Darstellung der theologischen Fragen ein Beitrag für

seine alte Heimat 1770 und 1778-1781 - die zweite aus gesund- die viel zu wenig beachtete Auseinandersetzung pietistischer

eitlichen Gründen - zeigen ihn als erfolgreichen Prediger, bringen Theologen mit der Aufklärung. Für den deutschprachigen Raum wird

deshalb auch Schwierigkeiten mit den Obrigkeiten. Seine Sehnsucht einmal mehr bewiesen, daß die traditionelle Engführung des

nach Madeley bleibt bestehen, er kehrt zurück, heiratet eine ihm Verhältnisses von Pietismus und Aufklärung auf die in Deutschland

schon über zwanzig Jahre bekannte Frau. Während seiner Reisen und vorherrschenden Strömungen nicht sachgemäß ist. Es handelt sich um

Krankheiten hat er Aushilfsgeistliche in Madeley. Aber Fletcher ist Fragestellungen, die im englisch-amerikanischen Raum ebenfalls zur

n t nur Pfarrer, Prediger und frommer Heiliger, sondern er wird in Diskussion standen,
den methodistischen Streitigkeiten der 60er Jahre und im Verhältnis
^""anglikanischen Kirche zum maßgeblichen Theologen jener Jahre.

■e bislang als calvinistische oder calvinistisch-arminianische

Kontrnverc u i • a a . _h u. c. •«• i Marian Studies, 35, 1984. Proceedings of the Thirty-Fifth National

""iroverse bekannten Auseinandersetzungen mochte Streiff als _ '„ ' „ .J . , ,, .

antinr>m- .■ u ... Convention of The Manological Society fo America hcld in

""umistisch-praedestinatianische Kontroverse bezeichnen (294), ... ,. .. -n . ,„ ,„„. n ,, , TU ., • . ,

um Ho- Washington, DC. May 29 and 30, 1984. Puhl, by The Manological

aen Streitpunkt genauer zu markieren. Dabei ist Fletcher auf Aus- Socjety of Arnerica. Editor: Th. A. Koehler. Dayton, OH: The

nnung und Liebe aus, nicht auf Streit. Während seiner zweiten Marian Library 1984. 187 S. 8*.
'sc auf den Kontinent beschäftigt er sich mit Voltaire und Rousseau
. Auch hier versucht er die Wahrheitserkenntnis der Aufklärer zu Der jährliche Konvent der amerikanischen Mariologischen Gesell-
respektieren, aber Vernunft und Moral sind durch Christi Heils- schaft versammelte sich 1984 zum vierten Mal in der Gründungsstadt
geschehen überboten worden. Die Offenbarung ist aber nicht gegen im Washingtoner Retreat House und gibt von seiner Mai-Tagung mit
'e. ^crnunft gerichtet (430). Hinsichtlich der Kirchenorganisation gedruckten Referaten den hier besprochenen Berichtsband heraus,
lochte er die methodistische Bewegung als Tochterkirche mit der Nachdem Arbeitsweise und Ziele des Konvents an Hand des
Anglikanischen Mutter vereint sehen. „Methodismus hieß für de la vorjährigen Protokollbandes vorgestellt wurden (ThLZ 1 10. 1985,

echere die weitere Reformation der Kirche von England." (479) 8440, sei nur von den gehaltenen Referaten die Rede: W. H.

etcher war dem „wesleyanischen Methodismus zugeneigt" (480), Marshner, Präsident des Konvents, legte eine analysierende Zusam-

^ersuchte aber den calvinistischen Flügel auszusöhnen, freilich ohne menfassung seiner beiden vorjährigen Referate über Marias unbe-

°'g- John Wesley wollte Fletcher als seinen Nachfolger haben, was fleckte Empfängnis, also ihre eigene sündlose Geburt, und der neuen

er durch dessen früheren Tod nicht akut wurde. Ekklesiologie vor. "Keynote and presidential adress, 1984: The

Der ,,Heilige und Gelehrte des Methodismus" - so wird Fletcher Immaculate Conception and Recent Ecclesiology: III. Mary, the

I Zeichnet bis heute - hat die Geschichte jener drei Jahrzehnte von Church, and Sinlessness" (39-86) dürfte sehr aufschlußreich sein für

'55-1785 im Methodismus maßgeblich beeinflußt. Dabei muß die Position dieser mariologischen Gesellschaft. Ob Maria Vorbild

seine persönliche Frömmigkeit und Lauterkeit, die Echtheit seiner oder viel mehr Urbild, Schoß (womb) der Kirche^ und der neuen

erkündigung verbunden mit seiner eigenen Bedürfnislosigkeit und Menschheit sei, ist klar dahin entschieden, daß Maria als neue Eva mit

^escheidenheit gerade im Gegensatz zu den anderen „Führern" der ihrer Gnade den neuen Adam (= Christus) voranträgt (bring forth the

ewegung eindrücklich gewesen sein. New Adam) und mit ihm seinen mystischen Leib(= Kirche). Der Sohn

Patrick Philipp Streiff, Schweizer methodistischer Pfarrer, hat die Gottes sei durch sie unser neuer Adam. "Jesus is already Head of the

erste wissenschaftlichen Ansprüchen gerechtwerdende Biographie Church in the womb of the New Eve"; Haupt der Kirche im Mutter-

v°rgelegt (Berner Dissertation 1983). Seine Hauptquelle sind die sorg- schoß der neuen Eva!

sam zusammengetragenen Briefe von und an Fletcher. Ein umfang- Diese bildhafte ekklesiologisch-mariologische'Deutung, obschon in

Riehes Briefregister (493-530) wird abgedruckt. In vielen Fällen sind Auseinandersetzung mit Yves Congar, der ja von der Kirche der

'e Veröffentlichungen verändert worden, so daß die Originale ge- Sünder redet, ist eine ausführende Wiederholung von O. Semmelroth,

sucht werden mußten, soweit sie zu finden waren. StreifTbetont zwar Urbild der Kirche, Würzburg 21954. Er wird mit dem lang

ausdrücklich, daß er handschriftliche Notizen und Vorlagen aus dem entwickelten Argument zitiert: „Im Mutterschoß der Gesamt-

^ethodistischen Archiv in Manchester nicht berücksichtigt habe (14), menschheit ...wurde die Kirche empfangen: ohne Erbsünde. Wie

a°er er hat wie die Briefe auch die theologischen Veröffentlichungen also sollte diese Kirche personifiziert sein können in einer Gestalt, die

0111 handschriftlichen Eintragungen von Fletcher in seinem Notiz- nicht ebenso ohne Erbsünde ist?..." (Semmelroth 151) Solche

uch verglichen. Die Darstellung von Streiff ist von wohltuender symbolische Denkweise liefert also die „Beweise" für "The

escheidenheit sowohl hinsichtlich der Einschätzung der eigenen immaculate Conception" Marias, „die vom ersten Augenblick ihres