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Ausgabe:

1987

Spalte:

132-134

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Streiff, Patrick Philipp

Titel/Untertitel:

Jean Guillaume de la Fléchère, John William Fletcher 1729 - 1785 1987

Rezensent:

Schicketanz, Peter

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 2

132

Balthasar entfaltet (287-31 1). - Die beiden letzten Kapitel und der
Schluß handeln vom „Proprium der katholischen Anthropologie"
(312ff), von „Schwerpunkte(n) des ökumenischen Dialogs" (3290
und davon, daß Gott sich in den Heiligen verherrlicht (346).

Die Würdigung der Arbeit darf die Selbstbeschränkung in der
katholischen, d. h. spezifisch von der römischen Tradition bestimmten
Position hervorheben, wobei der ökumenische Dialog im Blick auf
„die Heiligen als Leitbilder geglückten Christseins" (17) gefordert ist.
Der nachdrückliche Verweis auf Bonhoeffer (23), über den M. gearbeitet
hat, und auf Taize gibt Hinweise zur Art der Dialogbercitschaft.
Wenn auch „eine geschlossene Systematik noch nicht möglich" sei
(24), hofft M. auf „eine zukünftig mögliche" (ebd.). Droht hier aber
nicht eher Ausschließung als Einbeziehung biblisch-reformatorisch
orientierten Christentums, sogar der echt an die Sicht des späten
Bonhoeffer angeschlossenen, „für die anderen in Christus lebenden"
Christen? Denn obschon evangelische Christen im Verbundensein
mit der oberen Schar glaubend ihrem Herrn folgen und in der eccle-
sia die communio mit den Lebenden und mit den zu Christus Erhöhten
finden, sind ihnen doch nicht nur die kanonisierten und der Blutzeugenschaft
gewürdigten „Heiligen", sozusagen die amtlich zu Vorbildern
ausgemachten Christen, zur „oberen Schar" zugehörig. - Eine
sehr fleißige und anregende Studie!

Jena Horst Beintker

La Nozione di „Romano" tra cittadinanza e universalitä. Napoli:
Edizioni Scientifiche Italiane 1984. XXXIV, 568 S., 1 Taf. gr. 81 =
Da Romaalla Tcrza Roma. Documenti e Studi, Studi II.

Es handelt sich um den Berichtsband über das 2. Internationale
Semyiar mit dem Thema „Da Roma alla Terza Roma", das vom
21.-23. April 1982 in Rom stattgefunden hat. Die ThLZ hat über
Bandl berichtet (109, 1984, 618). Der nun vorliegende Band 11
beginnt mit drei allgemeinen Vorträgen von Paolo Siniscalco. Pier-
angelo Catalano und George Nedungatt, der das weitgespannte
Thema erörterte „1 Romani visti dalI' esterno dei confini orientali
deirimpero" (XXV-XXXII). Es folgen Grußworte von Guiseppe
Branca und Johannes Irmscher, der im Namen des Vorbereitungskomitees
das Seminar eröffnete.

Von den 12 Beiträgen zum Thema „Roma" seien genannt: Jean
Gaudemet. Les Romains et les .autres'; Paolo Brezzi, La .romanita' del
Sacra Romano Imperio; Luigi Prosdocimi. Roma communis patria nella
tradizione giuridica della cristianitä medievale: Picro Bellini, Bellum
Romanum: sulla fondazione canonistica della crociata in Terra Santa; Karl
Otmar Frhr. von Aretin, II problema della renovatio imperii Romanorum
. Pretese universali e realtä costituzionale del Sacro Romano Impero dal
XVI als XVIII secolo; Notker Hammerstein. Num imperium hoc nostrum
Romanum reete dici etiamnum possit? La doctrine des chroniqueurs d'Empire.
des „Reichs-Publizisten"; Wilhelm Brauneder, Civitas et civis Sancti
Romani Imperii (Etat et citoyen du Saint Empire). Von den 15 Beiträgen zum
Thema „Seconda Roma" seien genannt: Dionysios A. Zakythinos. Conti-
nute de l'Empire romain a Constantinople: 330-1453; Fausto Goria,
Romani, cittadinanza ed estensione della legislazionc imperiale nellc costitu-
zioni di Giustiniano; Salvatore Impellizzeri. Romani, Latini et Barbari nell'
„Alessiade" di Anna Comnena; Johannes Irmscher. Les Grecs et l'idee de
Rome apres 1453; Vasilka Tepkova-Zaimova, Les „Romains" dans la
culture slave: la littcrature bulgarc medievale. Zum Thema „Terza Roma"
lagen folgende Beiträge vor: Jaroslav N. Scapov - Nina V. Sinicyna, La
Rome antique et medievale dans les textes russes du IXe au XVIe s. Etüde sur le
sensdes mots russes Rim, rimskij et rimljanin; Matei Cazacu, L'idee de Rome
chez les Russes: l'aspeet philologique (Xle-XVIc siecles); Jan Krajcar S. J..
„Fino alla stessa Roma"; Itala Pia Sbriziolo, Rimskii-romeiskii nellc
„Epistole" dello starec Filofej di Pskov. Ipotesi di interpretazione; Giovanni
Maniscalco Basile, II termine „popolo" nella Povest' o Car'grade: una
ipotesi di interpretazione. Ein Anhang bringt folgende Beiträge: Pierangelo
Catalano. Jus Romanum. Note sulla formazione del concetto: Attilio
Mastino, Antonino Magno, la cittadinanza et l'lmpero universale.

GH.

Kirchen- und Konfessionskunde

Streiff. Patrick Philipp: Jean Guillaumc de la Flechcrc, John William
Fletcher 1729-1785. Ein Beitrag zur Geschichte des Methodismus.
Frankfurt/M.-Bern-New York: Lang 1984. 540 S„ 1 Taf. gr. 8° =
Basler und Berner Studien zur hist. u. syst. Theologie, 51. Kart, sfr
85.-.

„Der Methodismus ist die letzte große Kirchcnbildung und geschah
wie die Entstehung der reformatorischen Kirchen wider Willen."
Dieses Urteil Martin Schmidts in seiner Biographie über John Wcsley
(Zürich 1953 und 1966 2 Bände) trifft auch für den Helden dieses
Buches zu: Auch er ist wider seinen Willen als wichtiger Vertreter des
frühen Methodismus anzusehen, obwohl er zeit seines Lebens
anglikanischer Pfarrer geblieben ist.

Da die meisten Leser im deutschen Sprachraum wenig von ihm
wissen dürften, möchte ich seine Biographie und Bedeutung
skizzieren: Aus einem savoyardischen Grafcngeschlccht stammend,
wurde Jean als Sohn des Hauptmanns und wahrscheinlich Weinbergbesitzers
Jacques de la Flechere in Nyon im Waadtland 1729 geboren^-
Er war das sechste von acht Kindern. 1740/41 kam er nach Genf
1746 studierte er dort ein bis zwei Jahre „Belles-Lettres". Ein weiterführendes
Studium hat er nicht aufgenommen; er erwog eine
militärische Laufbahn, ging aber dann im Sommer 1750 nach
England in ein Internat, um seine Sprachkenntnisse zu vertiefen. Im
Herbst 1751 wird er Hauslehrer bei einem Parlamentsabgeordneten
Thomas Hill. In dieser Zeit hat er wohl auch seinen Namen anglisiert,
so daß die zunächst verwirrende doppelte Namensgebung im Titel des
Buches biographisch gerechtfertigt erscheint. Hill hat den jungen
Mann offenbar geschätzt, ihn ermuntert sich 1756 ordinieren zu
lassen. Dazu ernannte er ihn für die Plärrstelle Madeley in der Grafschaft
Shropshire zum Hilfsgeistlichen. Von 1760 bis 1785 ist er
offiziell anglikanischer Pfarrer in Madeley. Im August 1785 stirbt er
an einem nicht näher bezeichneten Fieber. Hinter diesen schon nicht
alltäglichen Fakten verbirgt sich eine anima Candida christiana
besonderer Art. Im calvinistischen Sinn erzogen, wird er von
prophetischen apokalyptischen Ideen seines Onkels Theodore
Crinsoz de Bionens (geb. 1690) beeinflußt. Streiff macht es wahrscheinlich
, daß der junge Jean in Genf in einer „vernünftigen
Orthodoxie" reformierter Art erzogen wird, die sein Denken
maßgeblich bestimmt hat auch nach seiner Lebenswende. Die
holländisch-englische Frühaufklärung bestimmt seine Theologie
auch später: Glaube und Vernunft sind keine Gegensätze. Soweit die
Quellen für die Jugendzeit in Genf ausreichen - sie sind sehr spärlich!
-, versucht Jean mit großem Ernst und sittlicher Strenge als Christ zu
leben. Der Versuch, mit drei Freunden zusammen ein intensives
christliches Gemeinschaftsleben aufzubauen, scheitert. Im Frühjahr
1753 hört Fletcher erstmals von der methodistischen Bewegung. Er
nimmt von sich aus Kontakt zu ihnen in London auf. Im Januar 1754
(Nachweis des nicht ganz sicheren Dalums 85) erlebt er den entscheidenden
Durchbruch seines Lebens. Streiff nennt ihn nach fast zu
breiter Darlegung aller historischen und literarischen Fragen
(71-107) treffend: „Die existenzverändernde Erfahrung von Sünde
und Gnade". Es handelt sich um keine Bekehrung eines Atheisten
zum Christen, sondern um Vergewisserung, daß Christus ihn von
Sünde und Tod befreit (vgl. zum Sprachgebrauch 71 Anm. 1). Wenige
Monate später schließt er einen Bund mit Gott. Das Dokument dieser
Lebensübergabe ist in unserem Jahrhundert verloren gegangen. Streiff
bringt die englische Übersetzung vollständig in seinem Buch (92-94).
Fletcher gewinnt in den nächsten Jahren zunehmend an Einfluß bei
den Methodisten. Mit den führenden Gestalten John und Charles
Wesley und der Gräfin Hutingdon verbindet ihn eine lebenslange
Freundschaft trotz auftretender Spannungen zwischen diesen. Der
Briefwechsel mit diesen drei Personen ist die Hauptquelle für diese
Biographie. Fletcher hat von sich keine große Meinung. Er läßt sich
gern von anderen raten, besonders von John Wcsley, den er verehrt.