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Ausgabe:

1987

Spalte:

128-130

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Poffet, Jean-Michel

Titel/Untertitel:

La méthode exégétique d'Héracléon et d'Origène 1987

Rezensent:

Thümmel, Hans Georg

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 2

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Differenzierung des „Verhältnisses von Glaube, Kirche und Handeln
", „wenn Kirchengeschichte nach der politisch-ethischen Kategorie
des Widerstandes bemessen und entsprechend in einzelnen
Phasen ein unterschiedliches Widerstandspotential konstatiert bzw.
konstruiert" werde (178). Der geistliche WiderstandsbegrifT, der motivationsmäßig
zu würdigen und theologisch zu verorten ist, wird sich
durchaus nach seinen ethisch-politischen Implikaten und Konsequenzen
befragen lassen müssen, wenn Bekenntnis, Martyrium und
Widerstand bei allen Unterschieden historisch vergleichbar bleiben
sollen.

Zur religionspädagogischen Umsetzungsproblematik kirchen- und
zeitgeschichtlicher Ereignisse im Dritten Reich äußern sich weitere
bekannte und schon früher monographisch hervorgetretene Autoren,
so über den Streit um die Bedeutung der Barmer Theologischen Erklärung
bis zur Friedensdiskussion im Raum der Kirche 1984 (Martin
Möller/Gerhard Niemöller), über die Evangelische Kirche im Zweiten
Weltkrieg (Jörg Thierfelder), über Kirche im Nationalsozialismus
(Herwart Vorländer), über den 20. Juli 1944 als religionsunterrichtliches
Thema (Zweitbeitrag G. Ringshausens). Verschiedenen Beiträgen
sind interessant ausgewählte Texte als Veranschaulichungs-
materialien zugeordnet. Der Band vermittelt so fachhistorische Information
und fachdidaktische Anleitung für den Religionspädagogen
im gesellschaftlichen Kontext der Bundesrepublik.

Leipzig Kurt Meier

Dogmen- und Theologiegeschichte

Gahbauer, Ferdinand R.: Das anthropologische Modell. Ein Beitrag
zur Christologie der frühen Kirchen bis Chalkedon. Würzburg:
Augustinus-Verlag 1984. 500 S. 8* = Das östliche Christentum,
N. F. 35. Kart. DM 69,50.

Der Titel läßt Umfassenderes erwarten. Es wird die Übernahme
und Verarbeitung von Begriffen und Vorstellungen der griechischen
philosophischen Anthropologie im Laufe der christologischen Auseinandersetzungen
untersucht. Weder also wird das philosophische
anthropologische Modell zusammenhängend dargestellt, noch werden
die Charakteristika der christlichen theologischen Anthropologie
behandelt, noch schließlich ist das Menschenbild der Spätantike, also
eine kulturelle Fragestellung, Thema des Bandes. Auch in ihrer
Begrenzung ist die Problemstellung noch ausgesprochen anspruchsvoll
: „Es geht... um den Nachweis anthropologischer Grundmodelle
der Antike als Deutungsmuster für die Natureneinheit der Person Jesu
Christi, m. a. W. um die Verwurzelung des Christusmysteriums in
ihrer antik-philosophischen Umwelt gerade mit Hilfe des Menschen
aus Leib und Seele als Vergleichsmodell" (S. 9).

-• G.s Untersuchung setzt mit Euseb von Emesa ein. führt über Lukios
von Alexandreia, Gregor von Nazianz und Gregor von Nyssa zu
Apollinaris und seinen Anhängern. Breiter Raum wird der antioche-
nischen Schule und Kyrill von Alexandreia eingeräumt. „Das
asygchytos und atreptos [der in Chalkedon verabschiedeten Glaubensformel
] erfuhr mit Hilfe der Analogie durch Nemesius und
Theodoret Förderung, adiairetös und achöristös durch Kyrill ... So
trugen schließlich beide Schulen etwas bei zu der Formel . .." (S. 426)
„Als Ergebnis der Arbeit läßt sich die Beobachtung festhalten, daß die
kirchlichen Schriftsteller im Laufe der Zeit immer besser die Grenzen
der Analogie erkannten und dadurch die Christusparadoxie bewahren
lernten" (S. 425).

Natürlich ist die Problemstellung nicht neu. Es gibt sowohl
spezielle Untersuchungen als auch Erörterungen der Problematik in
größerem Zusammenhang, doch erbringt die Konzentration G.s auf
die Entfaltung von Impulsen des anthropologischen Vorbildes eine
wesentliche Bereicherung der Erkenntnisse.

G. beschränkt sich aus praktischen Gründen auf die griechische
Literatur und kann damit Wesentliches erfassen. Er übersetzt und

interpretiert zentrale Stellen, prüft die anthropologischen Begriffe und
Vorstellungen auf ihre philosophischen Wurzeln und umreißt
schließlich das christologische Proprium des jeweiligen Theologen.
Bei dieser Methode kommt letztlich die Breite und Tiefe der Impulse
des philosophischen anthropologischen Denkens auf die theologische
Entwicklung nur begrenzt zum Tragen. Auch im einzelnen ist das,
was über die philosophischen Wurzeln gesagt wird - wenn es nicht die
zentralen Probleme berührt -, nicht immer überzeugend. Zum Beispiel
heißt es S. 100: „Der Leib gilt nicht mehr als das Gefängnis der
Seele, wie noch Plato, Philo und Albinus dachten." Dazu werden in
einer kurzen Anmerkung nur einige Belegstellen genannt. Ein solcher
Satz erforderte aber wesentlich eingehendere Dokumentation und
Abstützung. Oder es sei auf die apodiktischen Sätze über die Relation
von Anthropologie und Religionsphilosophie (S. 4040 verwiesen.
Auch bei der Verfolgung der theologischen Linie ist das, was mehr am
Rande der Beweisführung liegt, mit einer gewissen Vorsicht aufzunehmen
. So hätte G. z. B. zu Aetios (S. 90) unbedingt V. Grumel, Les
textes monothelites d'Aetios, in: Echos d'Orient28, 1929, 159-166,
befragen müssen, der späte Interpolationen in den genannten Texten
nachweist.

Ein solches Thema setzt eine ungemein breite Problcmkenntnis
voraus. Das Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 430-451) gibt ein
eindrucksvolles Bild der Belesenheit des Autors. Trotzdem kann die
Bibliographie noch mühelos um Wesentliches erweitert werden. Aus
Platzgründen muß hier darauf verzichtet werden. Verwunderlich ist es
z. B., daß K. H. Uthemann, Das anthropologische Modell der
Hypostatischen Union, in: Kleronomia 14, 1982, 7-104, nicht
genannt ist.

Die bibliographische Akribie ist leider nicht immer ausreichend.
Nur zwei Beispiele: S. 448 werden drei Titel M. Richards erwähnt,
dabei wird zweimal nur auf den Wiederabdruck in Opera minora 2
(ohne den ursprünglichen Ort der Publikation), einmal nur auf den
Originalort (nicht auf den Wiederabdruck Op. min. 2, Nr. 41) verwiesen
. Bei Op. min. 2, Nr. 42 wäre zudem der Appendix S. Vif zu
nennen gewesen. S. 56 Anm. 1 wird die Doctrina patrum zitiert. S. 68
Anm. 37 wird für sie allein die Sigle Chrysos verwendet. S. 433 werden
als Herausgeber der Doctrina ,,E. Chrysos, Münster 1981 - und
F. Diekamp, Münster 1907" angegeben. Das ist ungenau, denn
Diekamp ist und bleibt der Editor, nach dem zitiert werden muß. Die
korrekte Information auf dem Titelblatt: „Zum ersten Male vollständig
herausgegeben und untersucht von F. Diekamp. 2. Auflage mit
Korrekturen und Nachträgen von B. Phanourgakis, hrsg. v.
E. Chrysos".

Gut durchdachte Register (S. 452-500) beschließen den Band. Aus
welchem Grunde jedoch der Sachindex in fünf getrennte Register
(deutsch, französisch, englisch, lateinisch, griechisch) aufgespalten
wurde, ist mir nicht einsichtig.

Berlin Friedhelm Winkelmann

Poffet, Jean-Michel: La methode exegetique d'Heracleon et d'Ori-
gene. Commentateurs de Jn 4: Jesus, la Samaritaine et les Samari-
tains. Freiburg/Schweiz: Ed. Universitaires 1985. XXIX, 302 S. gr.
8° = Paradosis. Etudes de litterature et de theologie anciennes,
XXVII. Kart, sfr 58,-.

Origenes hat seinen Johanneskommentar auf Veranlassung von
Ambrosios geschrieben, den er von der valentinianischen Gnosis
bekehrt hatte. Und dieses Werk ist nicht nur einfach Kommentar des
Evangeliums, sondern auch Widerlegung eines anderen Kommentars
oder eher einer Glossierung, nämlich der des Valentinianers Hera-
kleon. Teile dieser Kommentierung sind im Referat des Origenes erhalten
. Poffet hat sich die Aufgabe gestellt, durch die genaue Analyse
des Johannes-Textes und der A uslegungen von Herakleon und Origenes
theologische Ausrichtung und exegetische Methode beider zu
eruieren. Das ist mit viel Akribie in großer Breite geschehen. Dabei
beschränkt sich Poffet auf die Geschichte von der Samariterin (hier: