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Ausgabe:

1987

Spalte:

98-99

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Stähli, Hans-Peter

Titel/Untertitel:

Solare Elemente im Jahweglauben des Alten Testaments 1987

Rezensent:

Stolz, Fritz

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Litcraturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 2 98

Textausgabc (inklusive Beurteilung der Edition von J. Zicglcr4); der LXX oder sekundäre Ausweitung des MT. "Our main criticism
Überprüfung der These von E. Tov die Jer-LXX stamme nicht von of Janzen's handlingofthc variants .. . is the tendency to see only one
zwei Übersetzern, sondern stelle eine Übersetzung dar, die zur Hälfte kind of explanation as valid. namely secondary expansion in the
■n einer Revision erhalten sei ("the translator/reviser theory"); MT." (231) So rückt diese Interpretation eher in den Rang einer Prä-
Untersuchung des Verhältnisses zwischen hebräischem und misse als den eines Ergebnisses. Zu schnell schließe Janzen auch aus
griechischem Jer-Text (einschließlich Beurteilung der Ergebnisse dem kürzeren Text der LXX auf eine kürzere hebräische Vorlage.
Janzens). Als Testobjekt wählt S. das Kapitel Jer-LXX 29 (29,1-7; Diese Erklärung hält jedoch der Nachprüfung nicht stand: "Failure to
30.1-16 in der Ausgabe von A. Rahlfs; 47.1-7; 49,7-22 im MT), das takeaecount of translation phenomena and contextual considerations
die Sprüche gegen die Philister und gegen die Edomitcr enthält. undermine the arguments for a ubiquitously shorter Hebrcw I 'orkige
Zunächst stellt S. die gesamte Textevidenz Tür Jer-LXX 29 vor, than the MT." (247f) Schließlich vermische Janzen unterschiedliche
listet die griechischen Handschriften, die patiistischen Zitate und die Fragestellungen, wenn er die vermeintliche kürzere hebräische
Tochter-Versionen auf und klassifiziert sie. Das Ergebnis des Ver- Vorlage der LXX als die dem MT überlegene Textform beurteile.
8'eichs läßt die vor allem von den Codices Vaticanus und Sinaiticus Auch diese Vereinfachung wird durch die Untersuchung der Textrepräsentierte
B-Ciruppe als die vertrauenswürdigste Texttradition stellen widerlegt. In der Tat bringt S.s eigene Prüfung der "zero
erkennen; "... the B group ... contains on the whole the best variants" in Jer-LXX 29, die den engeren und weiteren Kontext
Wailable witness to the archetype text ol'Jer." (97) Im Licht dieser sowie relevante Parallelstellen berücksichtigt, wichtige Gesichts-
Erkenntnisse und der eigenen Collationcn des Vf. erhält die Text- punkte zugunsten der "mediating theory" bei.

ausgäbe von J. Ziegler hohes Lob; beide Apparate und das Textcorpus Die gründliche Diskussion der Arbeit Janzens wirkt in ihrer
selbst erscheinen als in hohem Maße zuverlässig. S. bemängelt einige methodischen Klarheit und mit ihren treffenden Argumenten
Unübersichtlichkeiten im Apparat und bedauert, daß Ziegler im unmittelbar überzeugend. So wird man den Thesen Janzens. die in der
Gegensatz zur Ausgabe von Rahlfs zur alten Kapitel- und Vers- Forschung schon einigen Einfluß ausgeübt haben, wohl den Abschied
Zählung zurückgekehrt ist. was im Vergleich mit Rahlfs zur geben und zu dem früheren Konsens zurückkehren müssen.
Konfusion führen müsse. Er selbst würde noch stärker als Ziegler die demzufolge jede Textstelle auf ihre Ursprünglichkeit zu prüfen ist.
B-Gruppe gewichten, und er lehnt auch die (wenigen) in den Text auf- Es dürfte deutlich geworden sein, daß die angezeigte Arbeit nicht
genommenen Konjekturen ab und fordert, mit ganz wenigen Aus- nur neuere, einschlägige Textausgaben und Untersuchungen übernahmen
nur bezeugte Lesarten im Text abzudrucken, prüft, sondern darüber hinaus Grundsätzliches zur Beurteilung der
Mit Kap. 29 beginnt ein Teil der Jer-LXX. der sich in Über- Jer-LXX beiträgt. Infolge der Sorgfalt und der methodischen
setzungstechnik und Wortgebrauch so stark von den vorhergehenden Behutsamkeit des Vf. dürften die Ergebnisse der Arbeit nämlich nicht
Kapiteln unterscheidet, daß man in der Regel mit der Arbeit von zwei nur für das untersuchte Kapitel, sondern für das gesamte Jeremiabuch
verschiedcncn Übersetzern gerechnet hat. E. Tov hat diese Erklärung gelten. Zur Überzeugungskraft des Werkes trägt sein sachlicher
durch die Beobachtung ebenso charakteristischer Ähnlichkeiten Duktus einen guten Teil bei. Die noble Form der Auseinander-
| distinetive similaritics") zwischen beiden Teilen widerlegt und sie setzung. die faire Weise der Argumentation, die Anerkennung der
durch die "translator/reviser theory" ersetzt. Demnach sei die Leistung anderer bei aller Kritik - dies findet man in heutzutage
ursprüngliche Jer-Übcrsetzung einer Revision unterzogen worden. eingereichten und publizierten Dissertationen nicht allzuoft.

mi späteren Kopieren seien aber versehentlich zwei verschiedene ... „ . . ... ,_,. ,

Vorlon i Marburg (Lahn) Winfried Thiel
""«»gen benutzt worden, der unrevidierte Text für die erste Hälfte

^r-LXX 1-28), der revidierte für den zweiten Teil (Jer-LXX

- -52). Diese Mischform wurde der Prototyp für die gesamte weitere i s Sodcrlund. The Oracles against the Philistines and Edom in the Greek

enieferung; die darin nicht erhaltenen Teile der ursprünglichen Text ofJcremiah: Chapter 29 as a Microcosm of the Problems Presented by the

Und der revidierten Fassung gingen verloren. Diese kompliziert Septuagint Version ofJcremiah. Diss.Glasgow 1978.

ar|rnutende Theorie überprüft S. anhand des Kapitels Jer-LXX 29 1 Y.-J. Min, The Minuses and Pluscs of the LXX Translation ofJcremiah as

und findet sie nicht bestätigt. Die Untersuchung der Ähnlichkeiten Comparcd with the Massorctic Text: Their Classification and Possible Origins.

"nd der Unterschiede führt nicht zwingend auf eine ursprünglich ein- Diss Jerusalem 1977. Vorher rechnete man mit einem Minus von 2700

WtHcfce Übersetzung. Die natürlichere und ungezwungenere Intcr- Wörtern, etwa einem Achtel des Textes.

Pretati^r, a t ■• ■ • .■ T-i • • .1. (i. Janzen. Studics in the Text ol Jcrcmiah (HSM 6), Cambridge. Mass.

Ober 1, derErCX,eV,denZ b,C,C naeh W,C VOrd,e The°r,e V0" ZWel l973.!hmfolg«enY,J.Min(o.Anm.2)undE.Tov,u.Anm.5).

Ums, a BeS°nderS St3rk ge8Cn d'C HyP°these Tovs sPrechc der ' J. Zieglcr. Septuaginta. Ve.us Tes.amen.um Graecum Vol. 15: leremias.

, Idnd; daß von den angeblich verlorenen Textformen (Jer-LXX Baruch. Threni. Epistula leremiac. Güttingen 1957/ 1976.

- revidert. 29-52 unrevidiert) keine Spur in der Handschriften- ' E. Tov. The Septuagint Translation of Jeremiah and Baruch: A Discussion

erlieferung erhalten sei-ein zweifellos gewichtiges Argument. ofan Early Revision ofthe LXX ofJcremiah 29-52 and Baruch 1:1-3:8 (HSM

°en Höhepunkt der Arbeit bildet das letzte Kapitel. S. untersucht X). Missoula. Montana 1976.
.'er an Jer-LXX 29 das Verhältnis der Jer-LXX zum MT und
ih Crpr"'* zug'eich die These J. G. Janzens. die LXX repräsentiere mit

rer hebräischen Vorlage den ursprünglicheren Text, während der _....... _ _ , _, , . , . .

MTpinpo„ , ,. . . ^ ■ . . ,-. r Stahli. Hans-Pcter: Solare Momente im Jahwejjlauben des Alten

VIMt erweiterte Version darstelle. Janzen beruh sich dalur u. a. aul .. . „ ., /c , ... .... , __

Qumra p Testaments. Freiburg/Schweiz: Universitatsverlag: Gottingen:

nahes, t. a8mCme dCS Jer_Textes- die dem Tex,,yp der LXX Vandcnhoeck & Ruprecht 1985. IX. 60 S. gr. 8" = Orbis Biblicus et

^ stehen, sowie auf eine angeblich allgemein erkennbare Tendenz Orientalis, 66. sfr 19.-.
C^ zur Ausweitung. S. verweist hingegen zunächst auf die

rnale Basis, die drei kleine Textfragmente einer Handschrift In der Arbeit an der Religionsgcschichtc des alten Israel stellt der

J QJer11) darstellen, wohingegen drei weitere Qumran-Handsehriften. Synkretismus ein wesentliches Problem dar; dabei steht insbesondere

Jeweils auch in Fragmenten vorliegen (2QJcr. 4QJer'. 4QJcrt ). den die Frage nach der ausschließlichen Verehrung Jahwes im Zentrum.

>P des MT repräsentieren. Der Hauptpunkt der Kritik richtet sich Zwei Modellvorstellungen konkurrenzieren sich: Nach der einen,

eh gegen die Methodik Janzens. der S. Einseitigkeit und die herkömmlichen, besteht seit der Landnahme ein Gotteskonzept, das

denz zur Generalisierung nachsagt und an den relevanten Stellen einen exklusiven Anspruch beinhaltet und sich mit der Verehrung

on Jer-LXX 29 auch nachweist. Statt eine Vielfalt von Erklärungs- von Göttern neben Jahwe stößt. Die polytheistische Struktur der

J^oglichkcitcn für das Text-Minus der LXX ("zero variants") in den Israel umgebenden Religionen wäre damit ausgeschlossen. Nach der

zu nehmen, kenne Janzen nur eine Alternative: Haplographie in anderen, die in jüngster Zeit an Boden zu gewinnen scheint, ist dieser