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Ausgabe:

1987

Spalte:

884-885

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Würthwein, Ernst

Titel/Untertitel:

Die Bücher der Könige 1987

Rezensent:

Wagner, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 12

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kel"' wird von Richard Wetzel festgestellt (S. 84-93). Auf Grund
einer genauen Untersuchung von Codex Ms. 2630 der Universitätsbibliothek
Leipzig, der u. a. ein bisher nicht identifiziertes Brieffragment
enthält, das auf S. 85-87 veröffentlicht und als aus Wittenberg
etwa Mitte Januar 1537 von Cruciger an Veit Dietrich gerichtet
bestimmt wird, kommt Wetzel zu dem Ergebnis, daß Cruciger der eine
der beiden Schreiber ist, denen Luther nach seiner Erkrankung ab
18. Dezember 1536 das letzte Viertel des Textes diktiert hat, der später
den Namen „Schmalkaldische Artikel" bekommen hat. Auch ein
weiteres Brieffragment der Leipziger Handschrift (veröffentlicht
S. 920 wird als von Cruciger an Veit Dietrich gerichtet identifiziert, so
daß auch auf die Herkunft der Gesamtüberlieferung der Handschrift
neues Licht fällt. Offen bleibt damit noch die Identifizierung des zweiten
Schreibers, dem Luther seinen Text nach dem 18. Dezember 1536
diktiert hat.

Eine Neuedition des Briefes Luthers an Franz Burkhard vom
7. November 1537 (WA Br 8, 1380 nach dem neu gefundenen Auto-
graph in der Universitätsbibliothek Leipzig legt Detlef Döring vor
(S. 94-99). Bemerkenswert ist die technische Seite dieser Edition:
Neben einem nach Sachbetreffen durchnumerierten Regest (entsprechend
der Regestenveröffentlichung des Melanchthonbriefwech-
sels durch Heinz Scheible) werden Fundort, Provenienz (Verzeichnung
auch der übrigen Stücke des Überlieferungszusammenhangs),
Editionsvorlage mit Beschreibung, Drucke, Datierung, Ort der Abfassung
und Vorgang beschrieben bzw. begründet, bevor der Brieftext
diplomatisch getreu mit ausführlicher Kommentierung mitgeteilt
wird. Hiermit ist ein Muster für analoge Veröffentlichung vorgelegt,
die sich u. U. künftig ergeben werden.

Helmar Junghans geht in einem Aufsatz „Kaiser Karl V. am Grabe
Martin Luthers in der Schloßkirche in Wittenberg" (S. 100-113) auf
Grund einer Anregung von Gerhard Ebeling der Überlieferung nach,
Karl V. habe nach der Einnahme Wittenbergs am 25. Mai 1547 zusammen
mit dem Herzog Fernando Alvarez von Alba und Bischof
Antoine Perrenot de Granvella von Arras am Grabe Luthers gestanden
und entgegen dem Wunsch seiner Begleiter das Grab Luthers unberührt
gelassen. Junghans stößt nach Prüfung der Überlieferung auf
vier mögliche Quellen für diesen Bericht: Matthäus Ratzeberger,
Cyriakus Spangenberg, Johann Wolf und Matthäus Dresser. Der Vergleich
dieser Quellen läßt nach Junghans den Schluß zu, daß der Bericht
auf (relativ sicherer, allerdings in ihren Einzelheiten kompilierter
) Wittenberger mündlicher Überlieferung beruht. Demnach hätte
Karl V. nicht nur am Grabe Luthers gestanden, sondern sich auch,
was die Behandlung des Grabes betraf, gegen Pläne seiner Umgebung
durchgesetzt. Da mit Quellen über den Vorgang aus der Umgebung
des Kaisers kaum zu rechnen sein dürfte, wird damit der erreichbare
Stand in Sachen der Wahrscheinlichkeit des zu erforschenden Ereignisses
erreicht sein.

Die Lutherbibliographie verzeichnet 1767 Titel. Nachträge zu Veröffentlichungen
vor 1986 greifen zurück bis 1970 - ein Zeichen dafür,
wie schweres ist, auf dem Gebiet der internationalen Lutherforschung
einerseits bibliographisch auf dem laufenden zu bleiben, andererseits
in der Forschung den erreichten Stand der Beschäftigung mit Luther
zu repräsentieren. Ob es möglich sein wird, in absehbarer Zeit einmal
das in der Lutherbibliographie der letzten Jahrzehnte gesammelte
Material zusammenfassend zu präsentieren? Mit ihm stünde ein
beträchtlicher Anteil einer Fortführung von Schotten lohers Bibliographie
zur deutschen Geschichte im Zeitalter der Glaubensspaltung
zur Verfügung.

Leipzig Ernst Koch

[Hanselmann, Johannes:] Diener am Wort - Bischof der Kirche. Festschrift
zum 60. Geburtstag von Landesbischof D. Dr. phil. Mag.
Theol. Johannes Hanselmann D. D. Hg. vom Landeskirchenrat der
Evang.-Luth. Kirche in Bayern. München: Claudius 1987. 512 S.
m. zahlr.. Abb., 1 Farbtaf., 52 S. Tabula Gratulaloria. 8*. Lw.
DM 38,-.

Hanselmann ist seit 1975 bayrischer Landesbischof, seit 1978 Vizepräsident
und 1987 Präsident des Luth. Weltbundes. Die Festschrift
enthält Vorträge, Rundbriefe, Ansprachen und Predigten aus seinem
Dienst als Bischof. Die Hgg. ordneten den Stoff den auf das Bischofsamt
bezogenen Aussagen der bayrischen Kirchenverfassung zu. So
entstand ein eindrückliches Bild davon, wie der Jubilar den vorgegebenen
Auftrag situationsgemäß mit seinem persönlichen Profil erfüllt.
Dabei zeigt sich deutlich das Bemühen, biblisch fundierte Orientierungshilfen
von einer Idar reformatorischen, aber nicht konfessionali-
stischen, sondern dialogfähigen Position aus zu geben. „Krise und
Chance der Volkskirche heute", „Abendmahl in Gottesdienst und
Gemeindeaufbau", „Die missionarische Erneuerung der Gemeinde",
„Die Friedensbewegung - eine Herausforderung an die Kirche",
„Thesen zum öffentlichen politischen Reden und Handeln der Kirche
", „Die Pfarrfamilie in unserer Zeit" lauten einige der wichtigen
Themen, die engagiert und zugleich immer mit der Fähigkeit, auf
andere zu hören, besprochen werden. Bei allem Streben nach Verständigung
weicht Hanselmann schwierigen Fragen nicht aus. Was er sagt,
hat theologischen Tiefgang und ist ansprechend vorgetragen. Viele
Bilder und eine umfangreiche Tabula gratulatoria geben einen Eindruck
von den vielfältigen Kontakten des Jubilars.

E. W.

Altes Testament

Würthwein, Ernst: Die Bücher der Könige. 1. Kön. 17-2. Kön. 25.
Übers, u. erklärt. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1984. XVI,
S. 205-517 gr. 8° = Das Alte Testament Deutsch. Neues Göttinger
Bibelwerk, 11,2. Kart. DM 42,-; Lw. DM 54,-.

*

Seit dem Jahre 1984 liegt der erwartete zweite Teilband der Übersetzung
und Kommentierung des Könige-Buches1 durch Ernst Würthwein
vor (ATD 11,2). Er behandelt die Kapp. 1 Kön l7-2Kön 25. In
Anlage, Aufbau und Durchführung gleicht dieser Teil dem ersten, der
im Jahre 1977 erschienen war. Auf den komplizierten Druck (Halbfett
-, Kursiv-, Mager- und Petitdruck sowie Benutzung verschiedener
Klammern und Verwendung von Einrückungen usw.) des übersetzten
Bibeltextes, mit welchem der Kommentator die Ergebnisse seiner lite-
rarkritischen Analysen sichtbar macht, ist bereits in der Besprechung
des ersten Teilbandes hingewiesen worden (ThLZ 104, 1979, 5030.
Wie dort, so finden sich auch in diesem Kommentarteil neben der
Einzelauslegung Einleitungen und Nachworte zu verschiedenen Textkomplexen
wie auch mitunter zu Einzelkapiteln, in denen W. sowohl
auf die ursprüngliche Eigenständigkeit eines Textes als auch auf seine
inhaltliche Zugehörigkeit zum Gesamtwerk des Könige-Buches zu
sprechen kommt. Hier bringt er auch den Versuch unter, trotz aller
differenzierten Schichtung des Könige-Buches einen roten Faden in
der theologischen Aussageabsicht nachzuzeichnen.

In der Analyse des behandelten Bibcltextes bleibt sich der Vf. auch
im zweiten Teilband treu. Bis in Teile eines Verses hinein werden die
verschiedenen redaktionellen Bearbeitungen verfolgt. Neben derdeu-
teronomistischen Grundschrift (DtrG) nimmt W. zwei verschiedene
Gruppen von prophetischen Deuteronomisten (DtrPl und DtrP2)
und nomistische Deuteronomisten (DtrN, nach R. Smend) an. Es versteht
sich von selber, daß die deuteronomistische Redigierung eines
Bibcltextes einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat. W.
bringt zum Ausdruck, daß die erwähnten einzelnen Redaktionen
während des gesamten 6. Jh. v. Chr. angesetzt werden müssen. DtrG
soll bald nach 587 v. Chr. entstanden sein, DtrP um 550 v. Chr. und
DtrN im letzten Drittel des 6. vorchr. Jh. (503). Darüber hinaus gibl es
auch noch nach-dtr redaktionelle Bearbeitungen des Textes des
Könige-Buches sowie Nachträge und Glossen, die der Kommentator
textlich zu bezeichnen imstande ist. Obwohl vor-dtr Material vorhanden
ist, scheint W. kein vor-dtr Könige-Buch anzunehmen. Das Vorhandensein
älterer Materialien wird zugestanden, aber es begegnet nur