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Ausgabe:

1987

Spalte:

847-848

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Beyer, Beate

Titel/Untertitel:

Konfessionsverbindende Ehe 1987

Rezensent:

Berenbruch, Karl-Wilhelm

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Seite 1

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847

Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 11

848

Praktische Theologie: Seelsorge

Beyer, Beate, und Jörg Beyer: Konfessionsverbindende Ehe. Impulse
für Paare und Seelsorger. Mainz: Grünewald 1986. 120 S. 8°. Kart.
DM 19,80.

Konfessionell gemischte Ehen sind noch immer problembelastet.
Die vom Partner vielfach nicht verstandene konfessionelle Bindung
des anderen Ehepartners bringt oft ein Element der Fremdheit zwischen
die Eheleute. Das vorliegende Buch will ein praktischer Leitfaden
sein, es will Chancen und Möglichkeiten konkreter, christlicher
Gestaltung einer Mischehe aufzeigen. Es wendet sich vor allem an
Betroffene, die vielfach mit einer gewissen Ratlosigkeit den inneren
Spannungen gegenüberstehen, die eine konfessionsverschiedene Ehe
mit sich bringt.

Die beiden Autoren - selbst ein Mischehepaar - kennen die Situation
offenbar recht genau aus eigener Anschauung. Das Buch geht auf
mancherlei Vorträge und Ehevorbereitungsseminare der Vff. zurück.
So erscheinen die Vorschläge, die zur Bewältigung der Mischehensituation
gemacht werden, durchweg als praktikabel und erprobt.

Die Vff. geben einerseits eine Vielzahl praktischer Ratschläge zu
Problemen der ökumenischen Trauung, der Taufe und Kindererzic-
hung, des gemeinsamen Gottesdienstbesuches, des Abendmahlsempfanges
und des häuslichen christlichen Lebens. Andererseits halten die
Vff. es für nötig, daß die Partner einer Mischehe bestimmte Kenntnisse
über die andere Konfession erwerben. Erst solche Kenntnisse
können zum Verstehen des praktisch-kirchlichen Verhaltens des Partners
führen und so jene innere Fremdheit in Glaubensdingen abbauen
helfen, die Mischehen erheblich belastet. Entsprechend wird eine Art
ökumenischen Grundwissens vermittelt zu den Themen Ehe, Kirchenrecht
, Gottesdienst, Herrenmahl, wobei Begriffe wie Ehesakrament
und Transsubstantiation gestreift werden; die lutherische und
die reformierte Abendmahlslehre werden kurz berührt, ebenso die
Leuenberger Konkordie.

Mischehen unterliegen leider mancherlei negativen Trends. Zuweilen
wird versucht, den ehelichen Frieden durch religiöse Indifferenz
zu erhalten. In der Konsequenz solcher Haltung wird dann die
Taufe der Kinder zunächst aufgeschoben, später verzichtet man ganz
auf diese und auch auf die christliche Erziehung, da man sich über die
zu wählende Konfession nicht einigen kann. Andererseits erhalten
manche Mischehen und -familien im Laufe der Zeit eine einseitige
konfessionelle Ausprägung. Dies führt dann häufig zur Gewissensbelastung
und Isolation des konfessionell schwächeren Partners. Gefährlich
ist es auch, wenn die Partner in Glaubensfragen nebeneinander
her leben in bleibender gegenseitiger Fremdheit.

Auf diese negativen Tendenzen machen die-Vff. mehrfach aufmerksam
. Man will ihnen bewußt begegnen. Dabei erscheinen kirchenoffi-
zielle Verlautbarungen oft als ungeeignet, um wirkliche Lösungen anzubieten
. Die Haltungen der Kirchen sind vielfach von Angst diktiert,
Gläubige der eigenen Konfession zu verlieren. Selbst die „gemeinsamen
kirchlichen Empfehlungen für konfessionsverschiedene Ehen
und Familien" der Deutschen Bischofskonferenz und der EKD von
1981 enttäuschen durch Halbherzigkeit und ständige Vorsichtsrufe.

Um den genannten Gefahren zu begegnen, ist bewußtes Engagement
der Eheleute nötig. Wer seine Ehe christlich, d. h. als innere Einheit
vor Gott, führen will, muß sich etwas einfallen lassen, er muß sich
um den gemeinsamen Glauben bemühen.

Die Stärke des vorliegenden Buches liegt zweifellos in dem nüchternen
und zugleich entschiedenen Bemühen, die Probleme der Mischehe
zu sichten und zu bestehen, und in den entsprechenden konkreten
Ratschlägen.

Hinsichtlich der sogenannten ökumenischen Trauung weisen die
Vff. daraufhin, daß es neben der Trauform A (evangelische Trauung
mit gastweiser Beteiligung eines katholischen Geistlichen) und der

Form B (kathol. Trauung mit gastweiser Beteiligung eines evang.
Geistlichen) seit 1974 im Raum von Baden auch den Ritus C gibt, der
von beiden Kirchen ohne besonderes Genehmigungsverfahren anerkannt
wird. Nach diesem Formular können alle Teile der Trauliturgie
außer der Konsenserklärung wahlweise von einem der beiden
beteiligten Pfarrer gesprochen werden. Nur die Entgegennahme des
Ehekonsens selbst bleibt dem katholischen Pfarrer vorbehalten. Diese
Form C kommt der Vorstellung einer paritätisch-ökumenischen
Trauung näher als die Formulare A und B.

Der katholische Partner einer Mischehe muß vor der kirchlichen
Trauung eine Erklärung unterschreiben, in der er sich verpflichtet,
sich „nach Kräften" darum zu bemühen, daß die Kinder in der kath.
Kirche getauft und erzogen werden - soweit dies in seiner Ehe möglich
ist. Was bedeutet in diesem Zusammenhang die Formulierung „nach
Kräften" (pro viribus), die auch in den neuen Codex Juris Canonici
1983 aufgenommen wurde?

Die Vff. weisen auf die bereits genannten „Gemeinsamen kirchlichen
Empfehlungen" von 1981 hin, wo es auf S. 10 heißt: „Da aber
die Erziehung der Kinder Sache beider Eltern ist und keiner der Ehepartner
zum Handeln gegen sein Gewissen veranlaßt werden darf, besteht
diese Verpflichtung darin, das in der konkreten Situation nach
bestem Wissen und Gewissen Mögliche zu tun." Die zu unterschreibende
Erklärung ist also keine in jedem Falle bindende, sondern beläßt
den Eltern einen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Frage,
in welcher Konfession die Kinder zu taufen und zu erziehen sind.
Demgemäß raten die Vff., die Frage, in welcher Konfession die Kinder
getauft und erzogen werden sollen, schon vor der Eheschließung zu
klären. Bei der Entscheidung dieser Frage sollten auch pragmatische
Gründe herangezogen werden; so sollte bedacht werden, welcher
Partner die stärkeren Beziehungen zu seiner Kirche hat und wie die
örtlichen kirchlichen Verhältnisse sind. Auch die früher in Schlesien
praktizierte Methode, daß die Söhne in der Konfession des Vaters, die
Töchter in der der Mutter erzogen werden, wird erwogen. Auf jeden
Fall soll es zu einer Entscheidung kommen, damit nicht die Kinder die
fehlende Entscheidungsbereitschaft der Eltern mit religiöser Heimatlosigkeit
bezahlen müssen.

Die „Gemeinsamen kirchlichen Empfehlungen" legen es nahe, den
Gottesdienst nur getrennt, in der jeweils eigenen Konfession zu besuchen
. (Empf. S. 20) Diesem Votum widersprechen die Vff., es bedeutet
nach ihrer Meinung, daß dem Paar die Möglichkeit genommen
wird, am regelmäßigen Glaubensvollzug des anderen teilzuhaben.
„Hier wird die Möglichkeit verbaut, zu dem einen Gott gemeinsam zu
beten, um damit die Ehe auch als bewußte Glaubensgemeinschaft zu
erleben" (S. 85). Voraussetzung für dieses Erleben der Ehegemeinschaft
auch im Gottesdienst ist allerdings das allmähliche Verstehen
des Gottesdienstes der anderen Konfession, wozu Hilfen gegeben werden
.

In der Frage des Abendmahlsempfanges wünschen sich die Vff., daß
ein Mischehepaar in beiden Kirchen das Sakrament gemeinsam empfangen
kann. In den „Empfehlungen" von 1981 heißt es: „Es kann
jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß ein katholischer Christ -
seinem persönlichen Gewissensspruch folgend - in seiner besonderen
Lage Gründe zu erkennen glaubt, die ihm seine Teilnahrne am evangelischen
Abendmahl innerlich notwendig erscheinen lassen. Dabei
sollte er bedenken, daß eine solche Teilnahme dem inneren Zusammenhang
von Eucharistie und Kirchengemeinschaft, besonders im
Hinblick auf das Amtsyerständnis, nicht entspricht." (Empf. S. 23)

Die Vff. folgern aus diesem Text, daß einem Katholiken die Gewissensentscheidung
zugestanden wird, zum evangelischen Abendmahl
zu gehen. (S. 101) Weitere praktische Vorschläge werden gemacht zu
den Themen häusliches Gebet und Glaubensgespräch, Kindergottesdienst
, Kindergarten, Konfessionswechsel Jugendlicher.

Man wünscht sich das engagierte, sachkundige und leicht lesbar geschriebene
Buch in die Hand vieler betroffener Mischehepaare.

Bernburg Karl-Wilhelm Uerenbruch