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Ausgabe:

1987

Spalte:

817-818

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Haendler, Gert

Titel/Untertitel:

Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger 1987

Rezensent:

Barton, Peter F.

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung I 12. Jahrgang 1987 Nr. 11

818

in ..Zur Deutung und Bedeutung des I. Pctrusbriefcs" (109-144) zu
dem Ergebnis: ..Der Brief will nach seinem Wortlaut von Petrus
geschrieben sein" (117).

Wie Neugebauer für die petrinische Verfasserschaft des I. Briefes
eintritt, so plädiert E. M. B. Green in ..Der 2. Petrusbrief neu betrachtet
" (1-50) für die ..Echtheit" des 2. Schreibens. Muß Green auch
einräumen, daß der Nachweis hierfür nicht „mit letzter Sicherheit"
erbracht werden kann (41). so läßt ihn doch seine kritische Hinter-
fragung der gegen die „Authentizität" dieses Briefes vorgebrachten
Argumente zu dem Schluß kommen, daß ein überzeugender Beweis
dafür fehlt, daß Petrus nicht sein Autor war.

Den problematischsten Beitrag stellt die „Chronologie zum Leben
des heiligen Petrus" (85-108) von S. Docks dar. Hier wird - anhand
von nur wenigen Quellen - der kühne Versuch unternommen, eine
nahezu lückenlose Chronologie der vita Pctri von dessen (Gal 1.18
erwähnter) Begegnung mit Paulus (im Sommer 37) bis zu seinem
Kreuzestod in Rom (Ende 67 oder Januar 68) zu erstellen.

Obwohl die in diesem Band vorgelegten Aufsätze von unterschiedlichem
Gewicht sind, ist es dem Hg. zu danken, daß er sie - hier
gesammelt und teilweise ins Deutsche übersetzt - einer größeren
Öffentlichkeit zugänglich gemacht und dadurch dem Nachdenken
über ..Petrus" neue Impulse gegeben hat.

Leipzig Werner Vogler

Kirchengeschichte: Mittelalter

Haendler. Gert: Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger.

Berlin: Evang. Vcrlagsanstalt 1985. 138 S. gr. 8* = Kirchengeschichte
in Einzeldarstellungen. 1/7. Pp. M 9.80; Ausland 13.,-.

Es ist dem Rcz. eine Ehre und Freude, auf ein weiteres schönes
Werk (lert I laendlcrs zu verweisen. Oft werden Kirchenhistoriker von
ihren Studenten gefragt, wo sie denn Grundkenntnisse über die Kirchengeschichte
einer Zeit (in diesem Fall der Karolingerzeit) überseht
lieh, leicht und didaktisch gut „aufbereitet" erwerben können:
Der Rcz. - und nicht nur dieser - haben wiederholt die „Kirchcn-
geschiehtc in Einzeldarstellungen" (und nicht zuletzt die Werke
Hacndlers) empfohlen. In 11 komprimiert geschriebenen, aber gleichwohl
leicht les- und gut verwertbaren Kapiteln (Abendländische Kirche
von Columban bis Pirmin, Päpste 625-731. Zeitalter des Bonifatius
, Bündnis zwischen Frankreich und Papsttum 731-754/753,
Karl der Große und die Päpste. Kirchliches und geistiges Leben im
Reiche Karls. Theologische Diskussionen während Karls Herrschaft.
Christianisierung der Sachsen, Kaisertum und Papsttum im 9. Jh.,
Probleme in der karolingischen Reichskirchc nach Karl. Geistige
Arbeit in der späten Karolingerzeit) bringt Haendler die Karolingcr-
Zeil dem Leser nahe. Die meisten Kapitel müßte der Rez. analog
abgrenzen, bei einigen würde er dies nicht tun (obschon ihm nicht klar
ist. ob seine Abgrenzungen auch besser wären): Beim 8. Kapitel freilich
(dessen Inhalt der Rez. begrüßt) müßte dies geschehen. Hier sollte
nicht nur die Christianisierung im Sachsen-, sondern auch die im
Awarenrcich behandelt werden: Denn die Awarenmission (Bildung
eines kurzfristigen Awarcnreiches). Mission unter den nun freiwerdenden
Alpen- und Donauslawen zeigt deutlich, daß die Kirche lem-
•ahig ist - und daß die Kirche in der Karolingerzeit den Lernprozeß
auch bewältigte: Kein Taufzwang, keine lange Katechumenenzeit
und (Alkuins besonderes Anliegen) keine nennenswerte finanzielle
Belastung in den Gebieten des ehemaligen awarischen Großreiches
(dazu gehörte auch Ostösterreich und - über die heutigen Bundesländer
Kärnten und Steiermark weit hinausgehend - Karantanicn). Von
diesem Einwand abgesehen, kann dieses vorgelegte Werk nur wärm-
stens empfohlen werden.

Das für Studenten Wesentliche wird anschaulich gebracht und dargeboten
: Gut ausgewählte Anmerkungen führen ihn wie ein (alle

wesentliche Werke anführendes) Literaturverzeichnis in den derzeitigen
Stand der Forschung wie an die Quellen heran. Dankenswerterweise
werden in einer Zeit, in der sich auch Geschichts- und Theologiestudenten
mit lateinische Texten extrem „schwer tun" (jeder Leiter
von Seminaren. Privatissima. Proseminaren weiß um diese crux nur
zu gut Bescheid), werden hier klug ausgewählte Zitate im Text wie in
den Anmerkungen (z. B. 30.79.100.133 IT [christliche Verkündigung
in althochdeutscher Sprache] u. ö.) in deutscher Übersetzung vermittelt
. Die Klarheit des Stils Haendlers besticht: Reiche didaktische
Erfahrung verrät die Aufbereitung des spröden wissenschaftlichen
Stoffes. Alles wirklieh Wissenswerte wird hier dem Studenten „in
nucc" geboten. Oft müßten freilich an sich richtige Ausführungen
durch einen Ausblick auf die Folgezeit ergänzt (und damit wohl auch
relativiert) werden, etwa S. 31: „Erst Bonifatius ist" der „Verquickung
von Klerus und Krieg energisch entgegengetreten" (was sicher richtig
ist!) - doch sollte stärker betont werden, daß noch viele, viele Generationen
hindurch (auch in deutschen Landen wie im „Römischen
Reich") auch und gerade Bischöfe mit der Leitung von Strafexpeditionen
betraut wurden! Den Interpretationen des Vf. ist aber ganz zuzustimmen
, sein Werk besticht durch die - so schwierige - Straffung.
eine Zeittafel liefert (S. 1370 nützliche Zusatzinformationen. Die
hohe Kunst, das unbedingt Wesentliche vom allenfalls als unwesentlich
einstufbaren Beiwerk unterscheiden zu können, beherrscht der
Vf. Auch hier muß wieder gesagt werden: Die Bände dieser empfehlenswerten
Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen, deren Preisgestaltung
den Erwerb auch für finanzschwächere Studenten und Pfarrer
in Diasporakirchen möglich macht, haben nur einen gravierenden
Nachteil. Sie erscheinen in einer viel zu kleinen Auflage, so daß der
Erwerb im Ausland selbst bei Vorbestellung oft kaum möglich ist.
Selbst auf Thcologica spezialisierte Buchhandlungen, bei denen rechtzeitig
eine Vorbestellung aufgegeben wurde, sehen sich daher kaum in
der Lage, eine Lieferung aller Bände zu besorgen. Aber den Hgg. ist für
die Konzeption des Gesamtwerkes, dem Autor für die schöne und
sinnvolle Gestaltung des hier besprochenen Bandes zu danken.

Wien Peter Friedrich Barton

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Bartel. Horst t. Brendler, Gerhard, Hübner. Hans. u. Adolf Laube
[Hg.]: Martin Luther. Leistung und Erbe. Berlin: Akademie-Verlag
1986.481 S.gr.8 Hlw. M 95.-.

„Dieser Band vereinigt eine Auswahl von Meinungen und Standpunkten
zu Grundproblcmen der Lutherforschung, die auf der von
der Akademie der Wissenschaften der DDR und vom Ministerium für
Hoch- und Fachschulwesen der DDR im Oktober 1983 in Halle
(Saale) veranstalteten internationalen wissenschaftlichen Konferenz
.Martin Luther - geschichtliche Stellung und historisches Erbe' vertreten
wurden." (9) So charakterisiert einer der Mitherausgeber des
informationsträchtigen Werkes, Gerhard Brendler, die hier vorliegende
Aufsatzsammlung.

Der Sammelband mit insgesamt 61 jeweils in sich abgeschlossenen
Beiträgen erscheint 3 Jahre nach dem Lutherjahr und bietet noch einmal
einen literarischen Höhepunkt in der Zusammenfassung der Fragen
und Probleme, wie sie 1983 in der DDR vorgetragen und diskutiert
wurden. Eine große Zahl international bekannter Lutherforscher
aus dem In- und Ausland hat sich beteiligt. Vertreter der marxistischen
Geschichtswissenschaft und Theologen kamen zu Wort. Die
hier gedruckt vorliegenden Vorträge sind - nicht zuletzt auch durch
zum Teil ausführliche Anmerkungsapparate - gut geeignet, den
Gesprächsstand in der Lutherforschung widerzuspiegeln. Theologen
wenden sich in der Erörterung von Fragestellungen marxistischen
Kollegen zu und umgekehrt. Zahlreiche Anmerkungen weisen dieses
aus.