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Ausgabe:

1987

Spalte:

747-749

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Danker, Frederick W.

Titel/Untertitel:

Benefactor 1987

Rezensent:

Plümacher, Eckhard

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 10

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mus, einseitiger Erhöhungschristologie und präsentischer Eschato-
logie geprägten korinthischen Frömmigkeit.

Der 1 Kor wird, gut begründet, als ein einheitliches Schreiben verstanden
, während im zweiten Brief Kapitel 1-9 alsein Ganzes, Kapitel
10-13 dagegen als Teil des sog. Tränenbriefes angesehen werden,
wobei L. aber auch eine Abfassung der letzten vier Kapitel nach 1-9
für möglich hält. Als spätere Einschübe werden die umstrittenen Abschnitte
I Kor 14,33b-36 und 2Kor6,14-7,1 beurteilt.

Die im 2Kor attackierten Gegner werden als helienistisch-juden-
christliche Wanderprediger gesehen, die in der Zeit zwischen dem
Ersten und dem Zweiten Korintherbrief aus dem syrischen Raum in
die korinthische Gemeinde gekommen und eine besondere Beziehung
zu Petrus gehabt haben sollen. Letztere Bestimmung hat freilich am
2Kor keinen Anhaltspunkt; denn Petrus wird dort nirgends
genannt.

Die Einzelauslegung wird weithin gründlich durchgeführt. Gelegentlich
beschränkt sie sich auf eine Paraphrase des Textes (bes. zu
2 Kor 8 f). Aber das wird durch eine profunde Exegese anderer Stellen
ausgeglichen; genannt seien hier nur die Ausführungen zu so schwierigen
Passagen wie I Kor 2,6-16; 4,6; 7,14.21 oder 2Kor 5,1-10, aber
auch die theologischen Reflexionen am Ende der Auslegung von I Kor
1,18-25 zum Problem der natürlichen Theologie oder zu 2Kor 3,18
hinsichtlich des Verhältnisses zu hellenistischer Verwandlungsvorstellung
; gut wird auch die doppelte Paradpxie, die der sog. Narrenrede
2Kor 11,1-12,13 das Gepräge gibt, herausgearbeitet. Bei der
Interpretation von 2Kor 5,1-10 folgt L. übrigens nicht der Deutung,
die sein Schüler und Namensvetter F. G. Lang (2. Korinther 5,1-10)
in der neueren Forschung (BGBE 16, Tübingen 1973) vertritt, sondern
bezieht diesen Abschnitt - m. E. mit Recht - auf die vollendete
Leiblichkeit bei der Parusie.

In der Einzelauslegung wird auf religionsgcschichtliche Parallelen
(Qumran, Philon, Stoa, Gnosis) hingewiesen; vor allem aber werden
die Beziehungen zum Alten Testament und die Übereinstimmungen
der Aussagen des Paulus mit entsprechenden Weisungen Jesu betont,
so daß sich der Kommentar als ein wichtiger Beitrag zur Biblischen
Theologie erweist. 18 Exkurse schließlich informieren über bedeutsame
Themen wie z. B. „Die Stellung des Paulus zu Leiblichkeit und
Sexualität", „Das Abendmahl bei Paulus" oder „Das Problem einer
Entwicklung der paulinischen Eschatologie".

Diese Neuauslegung der Korintherbriefe beruht auf einem aufmerksamen
und einfühlsamen Hören auf den Paulustext. L. konfrontiert
den am Verständnis der Bibel interessierten Leser nicht mit
eigenwilligen Hypothesen, sondern mit einem ausgewogenen Urteil,
in dem eine umfassende exegetische Erfahrung zum Ausdruck
kommt.

Berlin Christian Wölfl"

Danker, Frederick W.: Benefactor: Epigraphic Study of a Graeco-
Roman and New Testament Semantic Field. St. Louis: Clayton Publishing
House 1982.509 S„ 1 Taf.gr. 8'. Lw.$29.95.

Werden Titel von Dankers umfangreicher Monographie nur flüchtig
zur Kenntnis nimmt, mag zu der Annahme verleitet werden, die
Studie biete nichts anderes als eine auf die griechisch-römische Epi-
graphik und das Neue Testament beschränkte Untersuchung einzig
des Wortfeldes euergetis/benefactor. Danker will indes mehr. Er
unternimmt es, zumindest ansatzweise den gesamten begrifflichen
und thematischen Niederschlag zu analysieren, den ein für die
griechisch-römische Welt charakteristisches kulturelles Phänomen,
das "phenomenon of interplay between people of excellence and
those on whom they make their impact" (27), gefunden hat. Es handelt
sich also nicht um eine semasiologische. sondern um eine semantische
Studie (wie der Untertitel anzeigt). Nicht (nur) einzelne Begriffe,
sondern vielmehr "a fairly consistent pattern of themes and diction"
(ebd.) sind im Verwendungszusammenhang des Sachverhalts benefac-
tio als bezeichnend anzusehen. Dieser kommt auch dann zur Sprache.

wenn Begriffe wie euergetes etc. fehlen (vgl. 323); "the title of this
book, Benefactor, therefore has no Single referent in Greek or Latin. 1t
denotes rather a depth-structural reality that breaks into various the-
matic patterns and comes to linguistic expression in numerous modes
and forms"(27).

Der Bereich, in dem Danker das semantische Feld benefactor zum
Zweck des Vergleichs mit einschlägigen neutestamentlichen Aussagen
untersucht, ist die Epigraphik. Natürlich weiß auch Danker, daß entsprechende
Aussagen ebenso reichhaltig auf zahlreichen Ebenen der
griechisch-römischen Literatur zu finden sind (vgl. die Anmerkungen,
passim). Jedoch: "There would be far more acquaintance on the part
of the general public with the themes and formulations of thesc docu-
ments than with the works of literary figures" (29). Auch für Danker
steht also mehr oder minder fest, was zahlreiche Exegeten nicht erst
seit Deissmanns Tagen glauben: daß die neutestamentlichen Texte
"were designed to meet the needs of primarily a non-literary public"
(ebd.)

Die These von Dankers Studie ist eine doppelte: "It may be said
that no subject dominates Graeco-Roman literary and non-literary
texts as does the remembered benefactor" (488) und: "It is apparent
that the profile of the Graeco-Roman benefactor dominates in the pre-
sentations of God that are set forth in the New Testament. Concomi-
tantly, human ethical response is seen in the relation to the divine
beneficence" (493).

In einer Einführung (26-S5) erläutert Danker zunächst sein Vorhaben und
bietet einen knappen Überblick über jene 53 Dokumente, die anschließend
(56-316) sämtlich übersetzt und mit kurzem Kommentar versehen dargeboten
werden.' Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Ehreninschriften (unter
ihnen der Rosetta-Stein, Nr. 31; auch IMakk 14,27-49 erscheint in diesem
Zusammenhang, Nr. 13) und diesen Verwandtes wie Weihungen an Götter (und
Kaiser), Götterpreisungen (darunter Dan 4,37b-c LXX. Nr. 25) und autobiographische
„Aretalogien" wie z. B. die res gestae des Augustus (Nr. 43: der
einzige lateinische Text). Die Auswahl sieht Danker darin begründet, daß "the
most common form ofeivic and private recognition of human-benefaction in the
Graeco-Roman world is the honorary deerce" (487). Unter Berücksichtigung
weiterer epigraphischer und literarischer Belege werden diese Dokumente in
der Folge ausgewertet und zugleich mit parallelen Aussagen des Neuen Testaments
in Beziehung gesetzt. Als erstes fragt Danker nach dem „Profil" des
Wohltäters (317-392), das sieh ihm aus einer Analyse der Terminologie ergibt,
die die dem Wohltäter zugesprochenen persönlichen Qualitäten beschreibt
(z. B. aretl, euergesla, eupoffa, chrestoies. cunoia. euseheia. dikalosynt, um nur
einiges zu nennen). Es folgt ein Abschnitt (393-416) über die verschiedenen
Wohltaten ("benefits"). die ein Wohltäter zu erweisen pflegt (z. B. Befreiung
von Unterdrückung. Schuldenerlaß. Gewährleistung der allgemeinen Wohlfahrt
, Heilung). Ein weiteres Kapitel (417-435)"* geht dem Zusammenhang von
Wohltaterweis und Gefährdung des Wohltäters nach: im Neuen Testament sind
- Danker zufolge - Christologie und Paulusbild häufig von diesem hellenistischen
"pattern'' (vgl. z. B. Lysias 6,40; Lukian. Toxaris 20; weiteres bei Danker
363-366) geprägt. Endlich (436-486) untersucht der Autor noch das Motiv der
Reaktion der Wohltatenempfänger auf die ihnen zugewandten Gaben (Appetit
auf mehr; Dankbarkeit; Gedächtnisbewahrung; Rühmen des Wohltäters). Eine
Zusammenfassung(487-493). ein Quellennachweis und ein Stellcnregister runden
das Buch ab. Abkürzungsverzeichnis und ausgewählte Bibliographie befinden
sich aufS. 9-25.

Darüber, welche der von Danker dem semantischen Bereich benefactor
inkorporierten neutestamentlichen Aussagen und Textediesem
wirklich zugehören, wird man freilich gut streiten können. Dieser
Streit muß jeweils von Fall zu Fall ausgetragen werden: hier kann nur
auf einiges wenige hingewiesen werden. Erwägenswert scheint mir
etwa Dankers Einordnung der neutestamentlichen leitourgia-Aus-
sagen in den Kontext des hellenistischen beneJactor-Komp<;e<i
(330ff): gelungen z. B. auch die Interpretation der Tertullusrede Apg
24,2-8 in diesem Horizont (438). Hingegen dürfte die Terminologie,
deren sich Lk zur Schilderung der urchristlichen Gütergemeinschaft
bedient hat, kaum dem "semantic field" benefactor, sondern eher der
hellenistischen Philosophie entstammen (gegen Danker 333). Wenig
überzeugend sind auch die Verbindungslinien, die Danker 394 zwischen
Aposteldekret und Epigraphik zieht.

Mein Haupteinwand gegen Dankers Studie ist ind.es. daß die seman-