Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1987

Spalte:

682-685

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Eccles, John C.

Titel/Untertitel:

Die Psyche des Menschen 1987

Rezensent:

Daecke, Sigurd Martin

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

681

Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 9

682

Das 2. Nicaenum selbst wird ausführlich geschildert, sein Verlauf
genau nachgezeichnet. Die Feststellung eingehender Vorbereitung
und kluger Lenkung (S. 155) trifft den Sachverhalt. Wurde der Tradi-
t'onsbeweis, wie er auf dem Konzil von 754 geführt wurde, als „spärlich
" eingestuft (S. I16f), so erscheint bei der Schilderung des
Konzils von 787 die Bilderverehrung als verbreitete Tradition, die
Fragwürdigkeit sehr vieler Zeugnisse wird mit einer „bisweilen allzu
naiven Gläubigkeit" abgetan (S. 157). Der Neilosbrief an Olympiodor
ei"scheint wieder von den Ikonoklasten in betrügerischer Absicht verstümmelt
(S. 1590- Daß der in Nikaia vorgetragene Text der abgeänderte
sein könnte, wird gar nicht erst erwogen (vgl. dazu Byzantinische
Zeitschrift 71, 1978, 10-21). Und da bei anderen Zeugnissen
ähnlich verfahren wird (S. 170-172), kann der Vf. schließlich dem
Konzil bescheinigen, daß es sich an die „wahre Überlieferung der
Kirche" gehalten (S. 171) und „eine erdrückende Fülle von Zeugnissen
" beigebracht habe (S. 173).

Der Vf. befindet sich gewiß im Einklang mit dem Konzil, wenn ihm
Vor allem an den theologischen Definitionen und Begründungen geigen
ist. Schon die Bildtheorien des 7. Jh. sind m. E. ebenso wie die
des 8. und 9. Jh. nicht nur das Bemühen, etwas im Brauchtum Gewachsenes
nachträglich zu begründen, sondern auch der Versuch,
darin einen Überschwang zu bremsen. Gleichwohl ist durch das Kon-
Z|l dieser ganze Bereich der bis zum krassen Aberglauben reichenden
Phänomenologie der Ikone mitgerechtfertigt worden. Auch in der
Darstellung der Nachgeschichte von Nikaia mit der Erneuerung des
'konoklasmus bis zur Entscheidung von 843 herrschen traditionelle
Einschätzungen vor. Eirene ist fromm, wenn auch kirchenpolitisch
n'cht sehr fähig, die Franken haben eigentlich die Feinheiten griechischer
Theologie doch nicht begriffen. Daß die Nikaia verwerfende
Synode in Frankfurt 794 unter dem Vorsitz der päpstlichen Legaten
stattfand, wird allzu schnell überspielt (S. 213). Die Feststellung, das
Konzil von 787 habe durch theologische Klarheit zu einer einhelligen
Glaubensentscheidung geführt (S. 194), wird durch die Zahl derjenigen
in Frage gestellt, die unter dem erneuten Ikonoklasmus wieder
abfielen (S. 224). Die Bilderlehre von Nikephoros und Theodoras
Studites erfahren die gebührende Beachtung. Unter den Anhängen ist
besonders eine Sammlung von Texten hervorzuheben, die die Schilderung
mit wichtigen Dokumenten illustriert (S. 277-323).

Die Bedeutung eines solchen Werkes geht freilich über die rein wissenschaftliche
Darstellung eines historischen Sachverhaltes hinaus.
De sieben ökumenischen Konzile gelten ja als die gemeinsame
Grundlage der ungetrennten Kirche, und eine solche Darstellung ist
dann natürlich daraufhin zu befragen, welche Stellung sie in dieser
Einsicht zur historischen Erscheinung einnimmt. Diesem Thema ist
das Schlußkapitel gewidmet (S. 206-274). Schon oben mußte festgestellt
werden, daß der Wille, das Konzil als rechtmäßig anzuerkennen
Und das Konzilsergebnis als verbindlich zu rezipieren, sich in einer
voreingenommenen Wertung der Quellen auswirkte, die letztlich
doch die Historie verzeichnet. Die Frage, ob das Konzil ökumenisch
War, weil zwei römische Kleriker als Vertreter des Papstes und einzige
Vertreter der Westkirchen teilnahmen (S. 261 f)> ist eher eine Frage für
Juristen. Und wenn auf die Frage, ob das 2. Nicaenum ein „freies"
Konzil war, die Gegenfrage gestellt wird, inwieweit die ökumenischen
Konzilien überhaupt frei waren, um schließlich festzustellen, „daß
hier die Bischöfe auf einem im voraus angelegten Weg in die Freiheit
vorangehen konnten" (S. 266), so ist das wenig befriedigend. Weiteres
dieser Art könnte angeführt werden. Wichtiger scheint mir die Frage,
Was nun das Bekenntnis zum 2. Nicaenum konkret bedeutet.

Das Werk endet mit einer Würdigung der Ikone in der Überlieferung
der Ostkirche. „Auch das christliche Abendland ist davon eingenommen
, und man möchte nur wünschen, daß es sich nicht nur
um eine augenblickliche Mode handelt, sondern um die Wiederentdeckung
der göttlichen .Gegenwart' in den Ikonen, um eine Begeg-
nUng hin auf die Einigung der Christen . . ." (S. 273). Darin liegt die
ganze Problematik. Das Konzil wird als ökumenisch anerkannt und
somit auch für den Westen als verbindlich erklärt. Indem aber die

gerechtfertigte und geforderte Bilderverehrung auf die ostkirchliche
„Ikone" bezogen wird, erklärt sich der Westen faktisch für häretisch.
Was ist unter dieser Voraussetzung etwa von Meisterwerken modernen
katholischen Kirchenbaus wie der Fronleichnamskirche Aachen
oder St. Anna in Düren zu halten? Widerspricht ihre Bildlosigkeit den
Forderungen des 2. Nicaenum? Aber die Probleme liegen noch tiefer.
Was hier über die Ikone gesagt wird, entspricht nicht mehr den Positionen
des 2. Nicaenum, sondern stammt im wesentlichen aus der
russischen Religionsphilosophie des frühen 20. Jh. (Florenskij,
Trubeckoj, Bulgakov, Losskij), die freilich ebenso wie das 2. Nicaenum
versuchte, über massiv volkstümliche Vorstellungen und
Praktiken hinauszukommen. Gleichwohl sind diese Erscheinungen
weiterhin vorhanden. Nun ist es ja nicht so, daß es in der Kirche des
Westens keine Bilder gäbe, es gibt sogar eine Bilderverehrung. Es sei
hier nur auf die „Gnadenbilder" verwiesen, die in der Gotik über die
italobyzantinische Kunst nach dem Westen kamen und hier ihren
Siegeslauf antraten, wobei u. a. die Vorstellung des „Lukasbildes"
Mittlerdienste leistete. Diese direkt auf die Ikone zurückgehende Erscheinung
hat, wie andere derartige Erscheinungen, keinen Platz in
der katholischen Dogmatik. Sie wird eher als etwas Volkstümliches
abgetan. Was geschieht nun eigentlich, wenn an dieser Erscheinung
vorbei auf die Ikone zurückgegriffen wird, und zwar nicht auf die konkrete
Erscheinung, die genauso „volkstümlich" ist, sondern auf ein
dogmatisch-religionsphilosophisches Sublimat, das es in dieser Reinheit
auch in der Ostkirche nicht gibt? Das Ernstnehmen einer Zustimmung
zu 787 würde ja doch bedeuten müssen, nicht eine gelegentlich
in eine römisch-katholische Kirche verirrte Ikone zu verehren (als
etwas Exotisches, d. h. von außen Gekommenes), sondern die Bilderverehrung
als etwas Eigenes zu entwickeln und zu fördern.

Es war ein Werk römisch-katholischer Provenienz zu besprechen.
An ihm mußten die Probleme aufgezeigt werden. Das darf jedoch
nicht darüber hinwegtäuschen, daß die evangelische Kirche sich in
ihren ökumenischen Bemühungen einer fast gleichen Problematik
stellen muß.

An Fehlern fielen mir auf: S. 38 Anm. 58: Auch Garnier hat Basilius die
Barlaam-Homilie abgesprochen, s. PO. 3.1, 11-21; S. 72. 74 Anm. 36.43-45
lies „5. Buch"; S. 90 Anm. 32 geht es nicht um eine besondere Meinung von
St. Gero, sondern um die S. 127 Anm. 70.281 Anm. 3 genannte Schrift; S. 92
Z. 1 ist wohl „730" zu lesen; S. 127 Anm. 70: statt „Demetriuskirche" lies
„Sophienkirche"; S. 42: statt „Konstansmausoleutn" lies „Konstantina-
Mausoleum" ; S. 34 Z. 7 v. u.: statt „Petrus" lies „Christus".

Greifswald Hans Georg Thümmel

Systematische Theologie: Allgemeines

Eccles, John C: Das Rätsel Mensch. Die Gifford Lecturesan der Universität
von Edinburgh 1977-1978. Übers, aus dem Engl. v. K. Ferreira
. München-Basel: Reinhardt 1982. XIV, 240 S. m. 89 z.T.
färb. Abb. gr. 8'. geb. DM 32,-.

-: Die Psyche des Menschen. Die Gifford Lectures an der Universität
von Edinburgh 1978-1979. Aus dem Engl, von J. Jongejan. München
-Basel: Reinhardt 1985. XV, 259 S. m. 76 Abb. gr. 8*. Lw. DM
39,80.

Auf insgesamt etwa 500 Seiten liegen hier nun auf Deutsch die Gifford
Lectures vor, die der Neurobiologe und -physiologe, der Nobelpreisträger
John C. Eccles, jeweils im Frühjahr 1978 und 1979 an der
Universität von Edinburgh gehalten hat. Die zusammen 20 Vorlesungen
bilden eine geschlossene Einheit, so daß die beiden Bände nur
gemeinsam gelesen und gewürdigt werden können.

Zunächst stellt Eccles den Gang der kosmischen, biologischen und
kulturellen Evolution dar: Ursprung und Evolution des Universums-
Planetensystem und der Planet Erde - Ursprung des Lebens und biologische
Evolution - Evolution des Menschen - die kulturelle Evolu-