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Ausgabe:

1987

Spalte:

678-679

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Apoftegmaty ojców pustyni 1987

Rezensent:

Lerle, Ernst

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677

Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 9

678

Das Werk gliedert sich in Darstellung und Dokumentation. Der
Darstellungsteil kommt mit einer Zweiteilung aus („Die erste Lebenshälfte
1881-1922". „Die zweite Lebenshälfte 1922-1962"), Geschildert
werden in enger Anlehnung an die Quellen die kärgliche Kindheit
und Jugend Hauers im schwäbischen Ditzingen, die Kontakte zur
Hahnschen Gemeinschaft, der Übergang in das Seminar der Basler
Evangelischen Missionsgesellschaft (1900), die Aussendung nach
'ndien (1907), Studienzeit in Oxford, das Vikariat in der Württembergischen
Landeskirche sowie die akademischen Graduierungen und
die Privatdozententätigkeit in Tübingen. Der größere Teil der Monographie
ist Hauers akademischer und außerakademischer Wirksamkeit
seit den zwanziger Jahren gewidmet (1925 ao. Prof. in Tübingen,
■m gleichen Jahr o. Prof. in Marburg, 1927 o. Prof. für Allgemeine
Religionsgeschichte und Indologie in Tübingen). 1920 ist Hauer zum
Kanzler des Bundes der Köngener gewählt worden. Dieses Amt wies
auf seine religionspraktischen Interessen ebenso hin wie seine Zusammenarbeit
mit Rudolf Otto („Religiöser Menschheitsbund") und seine
Aktivitäten in der Deutschen Glaubensbewegung. 1945 wurde Hauer
von den französischen Besatzungsbehörden verhaftet (arrest automa-
•ique) und saß länger als zwei Jahre in einem Internierungslager ein.
Von der Universitätsspruchkammer Tübingen wurde er 1949 als
•.Mitläufer" eingestuft. Durch reguläre Pensionierung seither finanziell
wieder sichergestellt, hat Hauer bis zu seinem Tode 1962 seine
wissenschaftlichen und religionspraktischen Aktivitäten (1950 Arbeitsgemeinschaft
für freie Religionsforschung und Philosophie,
1956 Gründung der Freien Akademie) fortgesetzt.

Der Dokumentationsteil bietet neben einem Bericht über die Quellen
ein chronologisch geordnetes Verzeichnis der Publikationen
Hauers, eine Übersicht der Schriften über Hauer sowie von Zeitschriften
aus dem Umfeld seiner wissenschaftlichen und publizistischen Tätigkeit
. Durch Ergänzungen und Nachträge bis 1984 ist die Bibliographie
loch während der Drucklegungsphase weiter angereichert worden. Weng
vertraut ist die Vfh. mit dem Terrain der Kirchengeschichte und
Kirchenkampfforschung, was dann auch bibliographische Folgewirkungen
zeitigt. Zur allgemeinen Zeitgeschichtsschreibung hat sie
Methodisch und sachlich ebenfalls kaum Kontakt gefunden.

Die enge Anlehnung an Werk und Wirken Hauers, der akribische
Versuch, das Gebäude seiner Religionstheorie auch dort noch mit
Ansprüchen auf fortdauernde Geltung zu rekonstruieren, wo es nur
a"zu deutlich den Prägestempel einer vergangenen Zeit trägt (z. B. im
Hinblick auf den Zusammenhang von Rassenseele und Religion und
auf die lebensphilosophische Überformung religionswissenschaft-
'icher Befunde), wird mit spürbaren Verlusten an zeitgeschichtlicher
Kontextualisierung und kritischer Analytik erkauft. Aus der richtigen
Einsicht, daß Hauers religiöse Ideenwelt, vor allem sein Versuch, über
einen tausendjährigen Christianisierungsprozeß hinweg auf eine
deutsche Glaubensgeschichte in ihrer indogermanischen Substanz zurückzugreifen
, durch Ideologiekonstellationcn der Zeit außerordentlich
begünstigt wurden, zieht die Vfn. keine Rückschlüsse auf deren
^sächliche Tragfähigkeit. Daß Hauer insbesondere in den zwanziger
und beginnenden dreißiger Jahren partiell in Arbeits- und Ideengemeinschaft
mit C. G. Jung, F. Heiler, R. Otto u. a. gestanden hat, ist
noch kein Argument zugunsten der Sachhaltigkeit seines Denkens in
a"en von ihm entfalteten Dimensionen.

Politik ist von Hauer, der als homo religiosus an der „letzthinnigen
Wirklichkeit" orientiert war, stets als etwas Äußerliches angesehen
Worden. Gleichwohl hat er sich im Dritten Reich „eingefügt in die
•nstrumente der Macht" (279). 1935 wurde er Mitglied des NS-
E'ozentenbundes, 1937 trat er in die NSDAP ein und war auch in
andercn NS-Organisationen tätig. So vordergründig es wäre, Hauer
lediglich von seiner politischen Biographie im Dritten Reich her zu
dekuvrieren, so wenig angängig ist es andererseits, ihn mit Interpreta-
•nenten wie Ahnungslosigkeit oder hoffnungslos unpolitische Denkart
'ndirckl zu salvieren. Hauers Oszillieren zwischen „Geisttreue" und
'.Geistverrat" ist auch unter Berufung auf Martin Bubers Votum von
'947 schwer zu glätten (347).

Über Hauers wissenschaftliche Leistungen in der Indologie und
beim Entwurf einer „ganzheitlich gerichteten Religionsforschung"
(vgl. sein Referat vor dem Internationalen Kongreß für Religionsgeschichte
in Marburg i960. Druck: S. 381 ff) zu urteilen, ist der Rez.
nicht kompetent. Es scheint aber, daß die Zusammenhänge zwischen
wissenschaftlicher Arbeit und lebensweltlichen Interessen noch
wesentlich genauer und damit kritischer aufzudecken sind, als es in
der vorliegenden Monographie geschieht. Hauer stand in der Erbfolge
des religiösen Liberalismus und hat sich 1930 in einem Brief an
K. O. Paetel gegen das damals modische .Scherbengericht über den
Liberalismus ausgesprochen. Die differenten Manifestationen des
einen Urgrundes waren anzuerkennen. Auf der anderen Seite hat
Hauer von Einheit und Eindeutigkeit, von der „großen Synthese der
deutschen Staats- und Kulturform" geträumt (185). Martin Buber war
es, der diesen Widerspruch scharfäugig aufgedeckt hat. Es sei, so
Buber in einem Brief vom 4. Januar 1933, „insbesondere bei Hauer
bemerkenswert, wie er zugleich sein eigenes Freiheitsbedürfnis erkannte
und die Notwendigkeit des Kommens einer Zwangsordnung
erklärte, wie er das Fazit zog, alle seien sich, wiewohl ,aus verschiedenen
Seelenräumen', in der Wirklichkeit des Gehorsams einig..."
(206).

Mag man der Sicht der Vfn. in vielen Punkten nur mit vielen Einschränkungen
folgen können, so stellt ihre arbeitsintensive- Monographie
dennoch eine deutliche Bereicherung unseres Wissens über
Hauer dar. Nicht scharf genug erkannt ist die Hauersche Zumutung an
das Christentum, mit einer „Religiösen Arbeitsgemeinschaft deutscher
Nation" eine Reformation über Martin Luther hinaus ins Werk
setzen zu wollen. Für die historisch-politische Einordnung des Führers
der Deutschen Glaubensbewegung bleiben die Arbeiten von
H. Buchheim, J. S. Conway, K. Meier, K. Scholder weiterhin unverzichtbar
.

Leipzig Kurt Nowak

Dogmen- und Theologiegeschichte

Starowieyski, M. [Bearb. und Auswahl]: Apoftegmaty Ojcöw Pustyni.

Przeklad: M. Borskowska, M. Starowieyski, M. Rymuza. Wstepy:
E. Makowiecka, M. Starowieyski, E. Wipszycka. Tablica poröw-
nawcza dorn. L. Regnault. I/II. Warszawa: Akademie Teologii
Katolickiej 1986. 292 S. m. 5 Abb. u. 278 S. gr. 8° = Pisma
Starochrzescijariskich Pisarzy, 33.

Dieser Band (der 33. in dieser Reihe) setzt eine Serie von Arbeiten
zur Patristik fort, unterscheidet sich aber deutlich von den vorhergehenden
Bänden der gleichen Reihe. Er ist mit größerem wissenschaftlichen
Aufwand erstellt. In ihm kommt eine differenziertere
Betrachtungsweise antiker Texte zum Ausdruck, als das in den früheren
Bänden dergleichen Reihe der Fall war.

Der Hauptteil bietet eine Übertragung der Apophthegmata patrum
ins Polnische. Erklärende Anmerkungen erleichtern das Verständnis.
Die einführenden Kapitel berichten eingehend über Ergebnisse der
historischen und archäologischen Forschung. Literatur ist auch aus
weniger bekannten Sprachen eingearbeitet. Als Verfasserteam sind
sechs Namen und als Redaktionskollegium weitere vier Namen genannt
. Aus dem Vorwort erfährt der Leser, daß auch die Kardinäle
Wyszyriski und Glemp die Arbeit mit ihren Möglichkeiten gefördert
haben.

Die einrührenden Kapitel zeichnen ein Bild mönchischer Frömmigkeit
, für das nicht nur literarische Texte verwertet werden, sondern
das auch der vollen Lebenswirklichkeit jener Zeit gerecht zu werden
versucht. Die Eremiten entstammen vorwiegend den koptisch
sprechenden Volksschichten, die durch alexandrinische Kultur wenig
beeinflußt waren. Sie kamen auch aus sozialen Randgruppen,
deren Christianisierung damals noch nicht abgeschlossen war. Für die
Bekehrung der Landbevölkerung war vor allem das Vorbild der