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Ausgabe:

1987

Spalte:

649-652

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Die Verantwortung des Menschen für eine bewohnbare Welt im Christentum, Hinduismus und Buddhismus 1987

Rezensent:

Tröger, Karl-Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 9

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Im VIII. Hauptteil werden „Die Mahnungen an das wandernde
Gottesvolk im Hebräerbrief (S. 302-306/261-265) trefflich, aber
sehr kurz charakterisiert, wobei sich eine geraffte Einführung in das
Schreiben und in die sich in ihm durchgängig anzutreffende Paränese
als Verstehenshilfe erweist.

Ebenso wird in den IX. Hauptteil „Eschatologische Mahnung in der
Johannes-Offenbarung" (S. 307-324/266-280) zunächst durch eine
theologische Standortbestimmung eingeführt, „A. Der eschatologische
Gesamtrahmen" (S. 307-312/266-270), um dann unter „B.
Die Sendschreiben" (aber nicht auf diese beschränkt, S. 312 bis
318/270-276) zu zeigen, „daß Christologie und Eschatologie in
der OITb die entscheidenden Größen in der Ethik bzw. im Leben der
Christen sind" (S. 314/272). Besonders an den Sendschreiben läßt
s'ch erkennen, daß - wie es „ähnlich auch im Jakobusbrief und bei
Jesus anzutreffen war" - „die betonte Zukunftserwartung für die irdischen
Nöte und Probleme nicht stumpf macht, sondern . .. gerade das
soziale Gewissen und die soziale Sensibilität verstärkt" (S. 318/2751").
Abschließend zeigt Sehr, in „C. Der Konflikt mit dem Staat" den konkreten
, auch ethisch zu bewältigenden „Zusammenprall von christlichem
Glauben und romischem Imperium und Imperatorenkult"
z- Z. Domitians(S. 319-324/276-280).

Ein Literaturverzeichnis ergänzt die den einzelnen Hauptteilen vorangestellte
und innerhalb der Darstellung reichlich herangezogene
Literatur (S. 325f/281f)- Ein ausführliches Stellenrcgister beschließt
das Werk (S. 327-340/283-296).

Es bedarf keiner näheren Erklärung: Schr.s Darstellung der neu-
testamentlichen Ethik ist weit mehr als ein .Grundriß'. Es ist ein
Standardwerk neutestamentlicher Forschung, das in erheblichem
Maße die Spezialliteratur souverän einbezieht und kritisch bedenkt,
v°r allem aber die Fülle des Stoffes so mustergültig aufarbeitet, daß
w'rklich die neutestamentlichen Zeugen zur Sprache kommen. Prägfant
und in dichter Abfolge der Gedankenführung werden auch komplizierte
Sachverhalte dargelegt. Tiefgreifende exegetische Arbeit liegt
den Ausführungen zugrunde, und erhebliche Partien im Engdruck
zeigen, wie konzise der Vf. Einzelheiten profiliert und auch gegenüber
anderen Meinungen abgrenzt. In diesem Sinne geht Sehr, sicher über
Planung und Zielsetzung der Ergänzungsbände im NTD um der Sache
willen hinaus, was in diesem Falle nur ausdrücklich begrüßt werden
kann. Gewiß wird man da und dort Akzente anders setzen und in Einzelheiten
auch zu anderen Einsichten kommen. Das ist angesichts des
Besamten vorgelegten Werkes nicht so entscheidend, denn in Schr.s
Darstellung wird eindeutig die Verschiedenartigkeit ethischer Ansätze
■nnerhalb des Neuen Testaments sichtbar, womit sich freilich immer
auch die mehrfach vom Vf. angeschnittene, aber letztlich doch weithin
offene Fragestellung nach dem Verhältnis - dem Zueinander und
auch Gegeneinander - ethischer Konzeptionen innerhalb der Geschichte
des Urchristentums verbindet. Diese Fragestellung dennoch
berührt zu haben, ist nicht die geringste Leistung des Vf. Sehr, gelingt
es, gerade durch die methodisch so sorgfältige Herausarbeitung der
verschiedenen Konzeptionen christlichen Handelns im Horizont des
theologischen Denkens der einzelnen neutestamentlichen Autoren
Jede falsche Systematisierung zu vermeiden. Um so mehr bedauert
man (trotz S. 16/15f und „Einleitung" insgesamt) seinen Beitrag aus
der Festschrift für Eduard Schweizer „Zur Frage nach der Einheit und
Mitte neutestamentlicher Ethik"7 nicht - zumindest sinngemäß - in

Religionswissenschaft

^anikkar, Raimundo, u. Walter Strolz [Hg.]: Die Verantwortung des
Menschen für eine bewohnbare Welt im Christentum, Hinduismus
und Buddhismus. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1985. 191 S. 8" =
Veröffentlichungen der Stiftung Oratio Dominica. Weltgespräch
der Religionen. 12. Kart. DM 39,50.

der „Ethik des Neuen Testaments" als abschließende Erwägur/g zu
finden. Heißt es doch dort: „Die Frage nach der Einheit und Mitte des
Neuen Testaments ist nach wie vor stark umstritten, doch wer die
Divergenzen innerhalb des neutestamentlichen Kanons nicht ignoriert
oder verharmlost, dem drängt sich angesichts der spannungsreichen
und widersprüchlichen Pluralität neutestamentlicher Aussagen
die Suche nach einer Mitte und einem Sachkriterium unausweichlich
auf."8 In zu erwartenden weiteren Auflagen des Buches
sollte ein das Anliegen dieses Aufsatzes aufgreifender Schlußabschnitt
beigefügt werden.

Schräges Werk ist weite Verbreitung und wirkliches Durcharbeiten
zu wünschen, wozu auch die wichtige und sorgfältig durchgeführte
Lizenzausgabe beitragen wird. Es führt zum Mitbedenken und
Weiterbedenken der ethischen Probleme und ist in diesem Sinne ein
Grundlagenwerk für die weitere Erforschung der neutestamentlichen
Ethik''. „Der Leser erhält mit diesem Band . .. Orientierung und inhaltliche
Kriterien für eigenes Verhalten" (Klappentext der Lizenzausgabe
). Er erfährt für sein eigenes Leben, daß neutestamentliche
Ethik „trotz aller Zeit- und Situationsdifferenz analogiefähig und
aktuell" bleibt10.

' H.-D. Wendland. Ethik des Neuen Testaments. Eine Einführung, Grundrisse
zum Neuen Testament. Das Neue Testament Deutsch. Ergänzungsreihe.

4, hg. v.G. Friedrich, Göttingen 1970.

2 W. Schräge, Zur formalethischen Deutung der paulinischen Paränese.
ZEE4, 1960, S. 207-233 ;ders.. Die konkreten Einzelgebote in der paulinischen
Paränese, 1961; ders.. Die Christen und der Staat nach dem Neuen Testament,
1971;ders., Der Jakobusbrief (S. 5-58), Der erste Petrusbrief (S. 59-117), Der
zweite Petrusbrief (S. 118-149), Der Judasbrief (S. 217-232), in: H. Balz -
W. Schräge, Die katholischen Briefe, NTD 10. 1973: ders., Barmen II und Das
Neue Testament, in: Zum politischen Auftrag der christlichen Gemeinde. Barmen
II, 1974, S. 127-171; ders.. Zur Ethik der neutestamentlichen Haustafeln,
NTS 21, 1974/75, S. 1-22; ders.. Zur Frontstellung der paulinischen Ehebewertung
in IKor 7,1-7, ZNW 67, 1976, S. 214-234; ders.. B. Leiden im
Neuen Testament, in: E. S. Gerstenberger - W. Schräge. Leiden, 1977,

5. 118-236; ders., B. Frau und Mann im Neuen Testament, in: E. S. Gerstenberger
- W. Schräge, Frau und Mann, 1980. S. 92-188. 189-197; ders.. Art.
Ethik. IV. Neues Testament, TRE, Bd. X, 1982, S. 435-462.

' Gegenüber der Kennzeichnung „Normen" ist Sehr, wegen des allgemein
zu statisch gebrauchten Begriffs zurückhaltend (S. 18/17).

4 Vgl. die in Anm. 2 genannten einschlägigen Titel.

5 Vgl. die Titel in Anm. 2.

6 SoW. Schräge, Jakobusbrief (Anm. 2).S. 36.

' W. Schräge, Zur Frage nach der Einheit und Mitte neutestamentlicher
Ethik, in: Die Mitte des Neuen Testaments. Einheit und Vielfalt neutestamentlicher
Theologie. Festschrift für Eduard Schweizer zum 70. Geburtstag. 1983.
S. 238-253.

" W. Schräge (Anm. 7), S. 238. H.-D Wendland. Ethik (Anm. 1), schloß
seine Ausführungen mit dem Abschnitt „Die Einheit der neutestamentlichen
Ethik" (S. 122-124).

* Vgl. die neueren Ausfuhrungen in „Ethik im Neuen Testament", hg. v.
K. Kertelge, QD 102, 1984, und bes. R. Schnackenburg, Ethische Argumentationsmethoden
und neutestamentlich-ethische Aussagen, ebd. (S. 32-49), 33f;
R. Schnackenburg. Die sittliche Botschaft des Neuen Testaments. Band I: Von
Jesus zur Urkirche, HThK Suppl. 1, 1986, S. 7: „Die Einzelforschung muß
weitergehen; wir bleiben immer .aufdem Weg'." Vgl. auch die wichtige Spezial-
umersuchung von E. Reinmuth. Geist und Gesetz. Studien zu Voraussetzungen
und Inhalt der paulinischen Paränese, ThA XLIV, 1985.
"' W. Schräge (Anm. 7),S. 251.

„Die Frage des Überlebens der Menschheit zwingt die großen Welt-
rcligionen zu gemeinsamen Überlegungen und Anstrengungen für
mehr Frieden", heißt es auf dem Rückendeckel. Dem kann man nur
zustimmen, denn sie alle tragen Mitverantwortung für die Bewahrung
des Lebens auf der Erde, und so ist die Feststellung erfreulich, daß sich
die Weltreligionen „heute dieser Welt-Verantwortung mehr und mehr
bewußt" werden (S. 7, Einführung der Hgg.). In Wahrnehmung dieser