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Ausgabe:

1987

Spalte:

631-633

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Jahrbuch der Religionspädagogik; Bd. 1 1987

Rezensent:

Schröer, Henning

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Theologische Literaturzeitung 1 12. Jahrgang 1987 Nr. 8

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ein komparatistischer Abschnitt, der „Gottesbild und Ethik bei Jesus
und im Koran" (120-143) vergleicht. Der Rez. würde hier die
Akzente etwas anders setzen, insbesondere beim Gottesbild der
beiden Religionsstifter: Gottes Liebe zu den Menschen kommt in dem
islamischen Gedanken derrahma unüberhörbar zum Ausdruck. Rez.
würde auch den Aspekt des „Willens" im Zusammenhang mit der
Charakterisierung von Islam nicht so stark betonen, weil dadurch
einem Teilaspekt - und nicht einmal dem wichtigsten - zu große
Bedeutung zukommt.

Kap. 3 (161-246) legt eine didaktische Bilanz vor, diskutiert die
unterrichtlichen Intentionen, gibt detaillierte Vorschläge für die
jeweiligen Altersstufen und enthält einen Unterrichtsentwurf für die
Orientierungsstufe/Hauptschule. Problematisch scheint mir das von
U. Kelch übernommene Würfelspiel „Wer wird zuerst Hadschi?"
(S. 236-239) zu sein. Muslimische Eltern könnten daran Anstoß
nehmen, daß ihre Religion zu einem „Spiel" gemacht wird und die
vermeindlich fehlende Ernsthaftigkeit des Unterrichts beklagen. Was
im christlichen Religionsunterricht (heute) möglich ist, stößt in anderen
religiösen Traditionen oft auf Unverständnis.

Kap. 4 (247-282) thematisiert die Bedeutung des Themas „Weltreligionen
" für das Selbstverständnis evangelischer Theologie und
Religionspädagogik. Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht eine Auseinandersetzung
mit dem Religionsverständnis Bonhoeffers, Tillichs
und Menschings, dessen theologisch offener und dialogorientierter
Ansatz zur Zeit der dialektischen Theologie weitgehend wirkungslos
blieb, heute aber für die Begegnung der Religionen fruchtbar ist.

„Das Christusgeschehen als Begründung dialogischer Theologie
und Religionspädagogik" (271 -282) - auf diese Formel bringt Lähne-
mann seine eigene Position, die sich in kritischer Auseinandersetzung
mit den genannten Forschern vollzieht.

Fazit: ein gründliches, grund-legendes Werk, ohne das keine religionspädagogische
Auseinandersetzung mit den Weltreligionen mehr
möglich ist.

Köln Udo Tworuschka

Jahrbuch der Religionspädagogik. Hg. von P. Biehl, C. Bizer,
H.-G. Heimbrock u. F. Rickers. Bd. 1: Alltagserfahrungen von
Jugendlichen - theologisch interpretiert. Symbol und Metapher -
auf dem Wege zu einer religionspädagogischen Theorie religiöser
Sprache. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 1985. VIII,
291 S.Kart. DM 44,-.

Ein religionspädagogisches Jahrbuch ist eine Novität. Beabsichtigt
sind „Bilanz über die religionspädagogische Diskussion", „Orientierung
zur Weiterentwicklung der Forschung und einer reflektierten
Unterrichtspraxis" und schließlich „Profilierung der Religionspädagogik
als eigenständigem wissenschaftlichen und praktischen
Aufgabenfeld". Die Hgg. lösen diese Zielvorstellungen durch Grundsatzbeiträge
, kleinere Artikel, Berichte, Rezensionen und eine Dokumentation
ein. Letztere enthält eine vorzügliche von F. Rickers
erstellte religionspädagogische Bibliographie 1983 für den deutschen
Sprachraum sowie ein Verzeichnis der einschlägigen Dissertationen
und Habilitationen. Die beiden Grundsatzbeiträge - Marie Veit, Alltagserfahrungen
von Jugendlichen, theologisch interpretiert, sowie:
Peter Biehl, Symbol und Metapher (29-64) - haben hohen Informationswert
. Veit bietet keine eigene empirische Erhebung, aber eine
auch für den Praktiker ergiebige Schilderung von Alltagserfahrungen,
deren theologische Bedeutsamkeit treffend aufgezeigt wird, ob es nun
um Leistungsgesellschaft, Konsum, Schulderfahrung, „No-future",
Recht und Macht, Liebe, Schule und Lernen, Ideologieanfälligkeit
oder die Situation der jugendlichen Frau geht. Veit kommt zu dem
Ergebnis, daß bei den Erfahrungen unten im Alltag, wo Religion nur
noch neutralisiert vorkommt, die „Schätze" der Kirche und Theologie
wie vorenthalten erscheinen, so daß alles darauf ankommt, daß
„die Gnade sich erneut inkarnieren" könnte. „Anfänge dieses
Geschehens sind da" (28) - eine realistische und zugleich zu Änderung
anregende Analyse. Zu den „Schätzen" gehören sicher auch
Symbol und Metapher, zumal das Stichwort Symboldidaktik in aller
Munde ist. Biehl legt eine umfassende Skizze für eine religionspädagogische
Theorie religiöser Sprache vor. Ausgehend von Tillichs
ontologischem Lösungsversuch favorisiert Biehl E. Jüngels christolo-
gischen Ansatz einer Gleichnistheorie am Leitfaden metaphorischer
Sprache. Unter Verarbeitung der reichhaltigen Literatur zielt Biehls
Entwurf der Symboldidaktik auf die Nutzung der Wirkungsweisen der
Symbole wie Lebensausdruck, Bearbeitung von Grundkonflikten,
Ertragen von Grundambivalenzen und die „didaktische Brückenfunktion
", die Vermittlungskraft zwischen Bewußtem und Unbewußtem
, Reflexion und Emotion, Individuum und Gesellschaft usw.
„Versteht man Vermittlung als zentrale didaktische Kategorie, so läßt
sich behaupten, daß Didaktik und Symbol korrelative Begriffe sind"
(59). Scheint hier Symbol fast das „didaktische Ei des Kolumbus" zu
sein, so werden doch auch Grenzen einer Arbeit mit Symbolen, allerdings
nur in deren Funktionalisierung als Lösung, angedeutet. Man
wünschte sich, daß hier stärker der Hinweis, es gehe darum, „worauf
Jugendliche ihr Herz hängen und sich verlassen (Luther)" (47), zu
kritischer Lehre über den Umgang genutzt würde. Schließlich war
auch Aaron (Ex 32) ein vorzüglicher Symboldidaktiker, zog sich aber
den Zorn des Mose zu. Aber wer das Feld der Symboldidaktik sachkundig
betreten will, wird sich dank Biehls Beitrag nicht im neuen
Labyrinth verlieren.

Bei den Artikeln referiert Hans-Günter Heimbrock über den Forschungsstand
der pädagogischen Religionspsychologie (67-85),
indem er die aktuellen Modelle psychischer Entwicklung und deren
Erklärungskraft für religiöse Entwicklung vorstellt. Lerntheoretisches,
psychoanalytisches, rollenpsychologisches (H. Sunden) Modell sowie
das der kognitiven Psychologie (J. Piaget, D. Elkind, L. Kohlberg)
werden skizziert. Bei der Frage möglicher Integration der Modelle
wählt Heimbrock die Entwicklung der Symbolfunktion in der kognitiven
und psychoanalytischen Psychologie. Auch hier schlägt also das
Problem der Symboldidaktik durch. Der Wert der Psychologie wird
religionspädagogisch zusammengefaßt: „Christlicher Glaube ist
sicher nicht als notwendiges Element menschlicher Entwicklung
erweisbar, kann aber in seiner bereits biblisch sichtbaren dynamischen
Struktur auch unter Zuhilfenahme entwicklungspsychologischer
Denkmodrtle beschrieben (nicht reduziert) werden" (84). Der
Beitrag von H. Halbfas: Was heißt Symboldidaktik? (86-94) zeigt,
daß das Jahrbuch interkonfessionell konzipiert ist. So wie Halbfas auf
praktischen Vollzug anstatt einer Didaktik über ... drängt, so betont
auch J. Scharfenberg in „Meditation als Lebens- und Lernhilfe"
(95-105) den Übungscharakter, aber sein Interesse liegt in der
Rechenschaftsablage über pastoralpsychologisches Denken, das bei
ihm auch um den Umgang mit Symbolen zentriert ist. Aus den weiteren
Beiträgen greife ich heraus: F. Rickers' Literaturbericht über
„Friedenserziehung im Religionsunterricht" (120-136), der angesichts
weithin existierender Unfertigkeit und Kurzatmigkeit an
H. J. Heydorns für ihn vorbildlichen „Elemente einer Friedenserziehung
" (1970) erinnert. Christoph Bizers „Facetten der Diskussion
zum Konfirmandenunterricht" (137-147) sind originell und
polemisch spitz, so daß er zu dem Ergebnis kommt, daß trotz vielfacher
Bemühung keine Diskussion um den Konfirmandenunterricht
geführt wird, die diesen Namen verdient. Seine Testprobleme:
Unterrichtende als pädagogische Laien, jugendferne Gemeinde und
Mißachtung des Gottesdienstes haben sicher ihre Richtigkeit, aber
Bizer verstellt doch etwas die Schwierigkeiten, mit denen viele redlich
ringen, und wird Veröffentlichungen wie dem „Handbuch für die
Konfirmandenarbeit" (1984) nicht gerecht.

Bemerkenswert ist Hans Stocks Erinnerung an einen vergessenen
Text R. Bultmanns, ein Gutachten zum Religionsunterricht von
1948, insbesondere zum Verhältnis von Schule und Kirche. Bultmanns
Ursprungsanteil zu der späten Konzeption des hermeneu-
tischen Religionsunterrichts wird überzeugend belegt. Geradezu
aufregend ist Dieter Stoodts Bericht über „Fundamentalismus versus