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Ausgabe:

1987

Spalte:

629

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Vom Dienst des Pfarrers 1987

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Seite 1

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629

Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 8

630

Lehmann, Detlef [Hg.]: Vom Dienst des Pfarrers. Auszüge aus den
klassischen lutherischen Pastoraltheologien des 19. Jahrhunderts.
Oberursel: Oberurseier Hefte 1986. 125 S. 8* = Oberurseier Hefte,
Ergänzungsband, 1. Kart. DM 15,80.

Aus den pastoraltheologischen Werken von C. Harms, W. Löhe,
A. F. C. Vilmar, C. F. W. Walther und H. Bezzel wählte der Hg.
Stücke aus. die für den Dienst des Pfarrers interessant geblieben sind.
Die Vorbereitung auf das Pfarramt, die Lebensführung des Pfarrers,
Seelsorge und Gemeindeleitung, Gottesdienst und Abendmahl, Predigt
, Unterweisung und Amtshandlungen werden in einer gut lesbaren
Auswahl berücksichtigt. Die Auswahl lädt dazu ein, die Originale zu
lesen. Ein Quellennachweis läßt die Kontexte der Auszüge leicht
finden. So zeitbedingt pastoraltheologische Weisheit ist, bleibt die
erfrischende Konkretheit besonders von Harms und Löhe doch auch
dort anregend, wo man ihr nicht mehr uneingeschränkt folgt.

E. W.

Praktische Theologie:
Katechetik/Religionspädagogik

Lähnemann, Johannes: Weltreligionen im Unterricht. Eine theologische
Didaktik für Schule, Hochschule und Gemeinde. 1: Fernöstliche
Religionen. 297 S. m. Abb. II: Islam. 299 S. m. Abb. gr. 8'.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1986. Kart. DM34- u.
36,-.

Johannes Lähnemann, Ordinarius für Religionspädagogik und
Didaktik des evangelischen Religionsunterrichts an der Universität
Erlangen-Nürnberg, ist einer der führenden Religionspädagogen in
der Bundesrepublik Deutschland, die sich auf den Themenbereich
„außerchristliche Religionen" spezialisiert haben. Besonders engagiert
ist er schon seit langem in der Erziehung zur Kulturbegegnung
mit dem Schwerpunkt Christentum und Islam.

In den vorliegenden beiden Bänden präsentiert Lähnemann die
Ergebnisse seiner Bemühungen um einen christlich verantworteten
Religionsunterricht über andere Religionen; Hinduismus, Buddhismus
, Islam. Obwohl diese drei „Weltreligionen" nur einen Ausschnitt
aus der allgemeinen Religionsgeschichte bilden und man fragen
könnte, warum nicht die chinesischen oder japanischen Religionstraditionen
bzw. ausgewählte „Stammesrcligionen" thematisiert werden
, so ist die Konzentration des Vf. auf die drei genannten Religionen
plausibel. Im allgemeinen sehen nämlich die Lehrpläne der einzelnen
Bundesländer nur die Behandlung dieser Weltreligionen vor. Ein reli-
gionswjssenschaftlich durchaus legitimierbares Interesse an einer
abweichenden bzw. ergänzenden Auswahl würde wohl aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht auf die Akzeptanz der Lehrer stoßen.
Carsten Colpe hat 1975 in seinem bei Religionspädagogen weitgehend
unbeachtet gebliebenen Beitrag „Religionswissenschaft als Bezugswissenschaft
zu Unterricht" (wiederabgedruckt fn: Colpe, Theologie,
Ideologie, Religionswissenschaft, München 1980, 210-228) einige
Grundsätze für die Auswahl der religionsgeschichtlichen Unterrichtsinhalte
genannt.

Lähnemanns „Weltreligionen im Unterricht" stellt aus mehreren
Gründen ein „theologisches Grundlagen werk" dar:

- Die beiden Bände informieren religionswissenschaftlich solide und
anschaulich über die wesentlichen Gesichtspunkte der Religionen:
Geschichte, Hauptrichtungen, Erscheinungsformen, Probleme
angesichts der „Moderne" usw.

- Die religiösen Traditionen werden in ihrer Wechselwirkung mit
Europa, insbesondere der Lebenswclt der Schüler, präsentiert.

- Sauber durchgeführte Religionsvergleiche vertiefen das Verständnis
der jeweiligen Religionen.

- Grundsätzliche didaktische Reflexionen helfen dem Lehrer, verantwortet
mit dem ihm zumeist fremden Thema umzugehen.

- Detaillierte Unterrichtsvorschläge für die einzelnen Schulstufen
(von der Primarstufe bis zu Erwachsenenbildung und Konfirmationsunterricht
) zeigen dem Lehrer abwechslungsreiche Möglichkeiten
des Umgangs mit anderen Religionen auf.

- Das Werk bietet schließlich grundlegende theologische Überlegungen
zur Bedeutung des Themas Weltreligionen für das Selbstverständnis
evangelischer Theologie und Religionspädagogik.
Lähnemann charakterisiert seine Aufgabe als „theologische Didaktik
" (Bd. 1,11). Die Religionen sollen demzufolge „nicht neutral
beschrieben werden" (11). Vielmehr wird der „christlich-theologische
Hintergrund des Verfassers . . . nicht geleugnet" (11). Die Religionen
dürfen jedoch nicht „von vornherein von christlichen Vorstellungen
aus beschrieben und beurteilt werden" (11). Es geht Lähnemann
darum, „den Weg des anderen mitzuvollziehen, sich seine Erlebnisse,
sein Denken und Handeln vor Augen zu führen, die anderen Religionen
von ihren je spezifischen Wurzeln aus zu verstehen" (11 0-

Das Selbstverständnis einer Religion - eine im übrigen sehr differenzierte
Größe - wird heute nicht länger nur von einer dialogorientierten
Theologie ernst genommen, sondern auch von Religionswissenschaftlern
, denen es, im Gefolge etwa Wilfred Cantwell Smiths
daran gelegen ist, daß sich die Gläubigen einer religiösen Tradition in
den Ausführungen des Wissenschaftlers wiedererkennen.

Das Urteil über die anderen Religionen hängt außerdem davon ab,
wie der christlich-theologische Hintergrund des Vf. qualifiziert ist.
Während sich Vertreter eines freien (evangelischen) Christentums
nicht scheuen, Offenbarung auch außerhalb der biblischen Traditionen
anzunehmen, werden andere eine solche Position nicht teilen.

Ob es sich beim islamischen Gott „Allah" um „den einen Gott"
handelt, den Christen und Muslime verehren, oder um „denselben
Gott" - an der Beantwortung dieser Frage läßt sich schon einiges über
die im Hintergrund stehende Theologie ablesen.

Soweit es der Rez. zu beurteilen vermag, gelingt es Lähnemann,
seine programmatischen Aussagen auch weitgehend zu realisieren.
Seine Urteile, insbesondere auch dann, wenn sie kritischer Natur sind,
bleiben fair und ausgewogen. Die Vertreter der behandelten religiösen
Traditionen dürften ihren Glauben wiedererkennen.

Der Hinduismus (S. 15-98) wird als „ewige Ordnung", wie sie als
„Seins- und Sollensgesetz" (G. Mensching) in Erscheinung tritt, in
seiner religionsgeschichtlichen Entwicklung dargestellt. Breiten
Raum nimmt die Beschäftigung mit dem Neuhinduismus ein, insbesondere
die Auseinandersetzung mit den in der religionspädagogischen
Literatur zu Unrecht meist als „Jugendsekten" bezeichneten
Gruppen. Lähnemanns Unterrichtsentwurf für Abschlußklassen der
Sekundarstufe! (98-140) ist sehr detailliert und enthält neben
Intentionen, einem Resümee über vorliegende Unterrichtsbücher und
Medien, differenziert dargelegten Unterrichtsschritten auch gut ausgewählte
Medien.

Kap. 2 (141-153) beschäftigt sich mit einem „didaktischen Sonderproblem
": den AV-Medien zum Thema Weltreligionen, deren theologische
und didaktische Kriterien expliziert werden.

Kap. 3 thematisiert den Buddhismus und entspricht in seiner
Anlage der Hinduismusdarstellung. Das Unterrichtsprojekt bezieht
sich diesmal auf die Sekundarstufe II. Besonders interessant ist die als
Exkurs geführte Auseinandersetzung mit Dorothee Sölles Gedicht:
„Erinnere dich an Gotama" (175-178), dessen inhaltliche Mängel
und weltanschauliche „Scheuklappen" Lähnemann zu Recht hervorhebt
.

Bei Band 2, der ausschließlich dem Islam gewidmet ist, handelt es
sich um die „vollkommen überarbeitete und um eine grundsätzliche
Besinnung zur Bedeutung des Themas Weltreligionen für das Sclbst-
verständnis evangelischer Theologieund Religionsdidaktik erweiterte
Fassung" des 1977 (in der „Handbücherei für Religionsunterricht"
bei G. Mohn/Gütersloh) erschienenen Bandes „Nichtchristliche Religionen
im Unterricht. Beiträge zu einer theologischen Didaktik der
Weltreligionen. Schwerpunkt: .Islam'".

Einer differenzierten Einführung in die Grundlagen des Islams folgt