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Ausgabe:

1987

Spalte:

600-601

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Beale, Gregory K.

Titel/Untertitel:

The use of Daniel in Jewish Apocalyptic literature and in the Revelation of St. John 1987

Rezensent:

Böcher, Otto

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599

Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 8

600

sehen Anfängen kenntnisreich und vor allem auch lesbar dargestellt
zu haben. Geschichtlich bedingte Transformationen werden als
solche benannt (freilich ohne daß die eigentlich soziohistorischen
Faktoren wohl genug gewürdigt werden), die Konkretionen der
urchristlichen Gemeinden (etwa die Beschlüsse des Apostelkonvents)
werden als maßgebende ökumenische Problemlösungsmodelle verstanden
, und auch nachapostolische wie nachneutestamentliche Weiterentwicklungen
werden gegen ein verabsolutiertes sola scriptura-
Prinzip grundsätzlich akzeptiert. Es gibt wohl z. Z. kein zweites Buch
aus der Feder eines Exegeten, das fundierte historisch-theologische
Kenntnisse verbindet mit einer ökumenischen Offenheit und Sensibilität
für das wirklich unterscheidend Christliche am Beginn der christlichen
Kirchen als Impuls für die gegenwärtige ökumenische Praxis.
Dieses Buch, das die. wichtigsten Einsichten der neutestamentlichen
Wissenschaft (wenn auch mit eigenen Akzenten) zusammenfaßt,
sollte Pflichtlektüre nicht nur für jeden Ökumeniker, sondern für
jeden Theologen sein. Dies wäre der beste Dank und eine sachgerechte
Form der Anerkennung für das jahrzehntelange Engagement
des Vf. im ökumenischen Gespräch.

Paderborn Hubert Frankemölle

Badenas, Robert: Christ the End of the Law. Romans 10.4 in Pauline
Perspective. Sheffield: JSOT Press 1985. XIV, 311 S. 8' = Journal
for the Study of the New Testament, Suppl. Series 10. Kart.£ 10.95;
Lw.£25.-.

In seinem Kommentar zum Römerbrief ("1980, S. 2720 spricht
Ernst Käsemann von „dem wahrscheinlich nie endenden Streit um
die Bedeutung von xekoc," in Rom 10,4. Er begründet diese skeptische
Prognose mit dem Hinweis auf systematische Störfaktoren bei der
Exegese dieser Stelle. Denn „während die heutige Exegese im allgemeinen
xeXog durch ,Ende' übersetzt..., wendet Systematik aller
Schattierungen ein, daß auch ,Ziel'. . . oder ,Sinn, Erfüllung' gemeint
sein könnte ... Pls hat nicht den mindesten Raum für solche Versuche
freigelassen .. ."

Dieses entschiedene Urteil über die Diskussionslage und über die
Sachfrage von Rom 10,4 wird nach der hier zu besprechenden Untersuchung
zu revidieren sein. Sie verbietet nicht nur die Zurückführung
des Dissensus in dieser Frage auf systematische Prämissen (von denen
Käsemann selbst ja wohl nicht frei ist), sondern sie läßt sogar einen
exegetischen Konsensus auf der von Käsemann kategorisch ausgeschlossenen
Linie als möglich erscheinen (in paradoxer Widerlegung
der Erwartungen, die der Titel des Buches weckt!). Im Gegensatz
zu vielen Abhandlungen, in denen die Karten nur neu gemischt
werden, verspricht die Arbeit von Badenas eine wirkliche Klärung der
umstrittenen Frage.

Die Untersuchung hat drei Teile: einen auslegungsgeschichtlichen
(S. 7-37), einen semantischen (S. 38-80) und einen exegetischen zum
Kontext der Stelle, d. h. zu ihrem Ort und ihrer Funktion innerhalb
von Rom 9-11 (S. 81-151). Es folgen der Anmerkungsteil
(S. 152-263), das Literaturverzeichnis (S. 264-279), sowie ein Register
zu Bibelstellen (S. 280-292) und Autoren (S. 293-311).

Die besondere Stärke dieser Arbeit im Vergleich zu anderen Untersuchungen
zum Thema ist im semantischen Mittelteil zu sehen, der
nicht nur die grundsätzlichen Bedeutungsmöglichkeiten von reXog
aufzeigt, sondern gezielt nach Wortverbindungen fragt, die mit
Rom 10,4 vergleichbar sind (vgl. S. 45-48 u. ö.). Besonders erwähnenswert
sind hier Plutarch, Amatorius 750 E {xsXoq yäp imdvnia;
riöovij) und ders., Moralia 780 E (Sixn fxev ojv vöpov xüjoq eaxi), Piaton,
Gorgias 499 E (xeXoq eivai anaoü>v xojv npd&wv xö dyaMv), Philo, De
Plantatione 168 (xeAoq iaxiv oo<pi<v; naideia), sowie aus dem Neuen
Testament Rom 6,21 f; lTim 1,5; IPetr 1,9. Wertvoll, weil selten in
die Diskussion einbezogen, ist der Hinweis auf Ausdrucksmöglichkeiten
der griechischen Sprache, die eindeutig von einer Beendigung
oder Ablösung sprechen (S. 48): Die vorherrschende Exegese von

Rom 10,4 läuft darauf hinaus, daß Paulus auf zahlreiche eindeutige
Formulierungsmöglichkeiten verzichtet hätte - zugunsten einer Wortwahl
, die nach sonstigem Sprachgebrauch selbstverständlich teleologisch
zu verstehen war.

Aus der Zusammenfassung dieses Teiles (S. 79f) seien die folgenden
Thesen mit Zustimmung zitiert und hervorgehoben:

" 1. xeXoc, is a dynamic, polysemic word whose precise semantic im-
port in the phrase depends on the concrete context, but whose basis
connotations are primarily directive, purposive, and completive, not
temporal." (Die Aufzählung der Wortbedeutungen im Wörterbuch
von W. Bauer erweckt also einen völlig falschen Eindruck!)

"2. xiXoc, with genetive is generally used in expressions indicating
result, purpose, outcome, and fate, not termination.

3. xiXoQ vöfiou and related expressions are indicative of the purpose,
fulfillment, or object of the law, not of its abrogation." (79)

"8. The teleological use of xik>q, is well attested in the NT in general
and in the Pauline writings in particular.

9. In all the NT occurrences of phrases having the same grammati-
cal strueture as Rom 10.4, xeAoc, is unanimously translated in a
teleological way." (80)

Die damit begründeten Erwartungen an den Sinn von Rom 10,4
werden im dritten Teil auf den Prüfstand der Kontext-Analyse
gestellt. Dabei zeigt sich, daß Paulus den Weg der Werkgerechtigkeit
nicht für eine seit Christus vergangene Phase der Geschichte anerkennt
, sondern grundsätzlich bestreitet (vgl. 9,310- Als Aussage über
den Sinn oder Zielpunkt der Torah schließt sich 10,4 gut an die vorangehenden
Aussagen über Israels Erkenntnisdefizit in 10,2f an (vgl.
S. 101 ff). Das Torahzitat in 10,5 begründet (yäp) V. 4, wenn V. 6 ff als
Auslegung, nicht Antithese zu V. 5 verstanden wird. (vgl.
S. 121-133).

Verglichen mit der sonstigen Kommentierung und Erörterung von
Rom 10,4 fällt auf, daß B. sich in diesem dritten Teil seines Buches auf
den Kontext des Römerbriefes beschränkt, während die herkömmliche
Exegese gern auf das Phasenmodell von Gal 3,23-25 verweist.
Diese Beschränkung ist jedoch methodisch gerechtfertigt als Vorordnung
des unmittelbaren literarischen Kontextes gegenüber anderen
Schriften desselben Vf.; sie entspricht ferner unserer gewachsenen
Einsicht in die Wandlungen im Denken des Apostels Paulus, gerade in
der Frage des Gesetzes (vgl. H. Hübner u. a. m.).

Vom Ergebnis der semantischen und exegetischen Untersuchungen
her betrachtet, erweist sich die Auslegungsgeschichte bis hin zur
Reformationszeit als relativ textnah. Erst die geschichtstheologische
Umdeutung von Luthers Begriffspaar „Gesetz und Evangelium" in
nachreformatorischer Zeit und seine Umsetzung in geistesgeschichtliche
Fortschritts- oder Entwicklungsgedanken brachte die temporalantithetische
Auffassung von Rom 10,4 zur Herrschaft. Ihre Widerlegung
in der vorliegenden Untersuchung sollte Rückwirkungen auf
die Verhältnisbestimmungen zwischen Altem und Neuem Testament
haben und auch im Kontext des Dialogs mit dem Judentum
Beachtung finden (was vom Vf. noch nicht thematisiert wird).

Wuppertal Klaus Haacker

Beale, G. K.: The Use of Daniel in Jewish Apocalyptic Literature and
in the Revelation of St. John. Lanham - New York: University
Press of America 1984. XIV, 349 S. 8 Kart. $ 14.25 Lw. $ 23.50.

Die vorliegende Untersuchung ist im wesentlichen identisch mit der
1980 abgeschlossenen phil. Diss. (Cambridge, U. S. A.) des Vf., der als
Assistant Professor für Neues Testament am Gordon-Conwell Theo-
logical Serriinary in South Hamilton (Massachusetts, U. S. A.) wirkt.
Sie führt ältere Studien zur Frage der Benutzung des Alten Testaments
durch die Johannes-Apokalypse (R. H. Charles, A. Vanhoye,
J. Cambier, E. Lohse u. a.) weiter, spezialisiert sich auf Zitate und
Anspielungen aus dem Buche Daniel und bezieht die Literatur der
jüdischen Apokalyptik ein.