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Ausgabe:

1987

Spalte:

35-37

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Romaniuk, Kazimierz

Titel/Untertitel:

Soteriologia św. Pawła 1987

Rezensent:

Rohde, Joachim

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Theologische Literaturzeitung I 12. Jahrgang 1987 Nr. 1



Symbolic Universe and Social Relations in the Story of Philemon,
S. 200-286) zu vermitteln, während die abschließenden Erwägungen
(Conclusion: Some Reflections on Paul's Letter and its Story,
S. 287-303) der Frage nachgehen, wie die z. Z. der Abfassung des
Briefes noch offene "Story" des Philemon historisch ausgegangen sein
mag, und dabei insbesondere auf "the structures of institutional
authority and the Systems of institutional life"(S. 295) eingehen.

Am stärksten scheint die Abhängigkeit von Peter L. Berger und
Thomas Luckmann (The Social Construction of Reality: A Treatise
in the Sociology of Knowledge. Garden City, N. Y. 1967) zu sein. Von
der religionsgeschichtlichen Fragestellung setzt Vf. sich darum in
zweifacher Hinsicht ab: " First, unlike the history of religion method 1
am not presently concerned with comparing. e. g., Paul's thought with
other Systems of religion and thought in his time nor, therefore, with
the historical context of his thought. Second, and related to the first
point, my concern is with the body of knowledge that Paul thought
about and as we can reconstruct it from what he wrote. The history of
religions school distinguished between systematic reflection and the
religion or beliefs reflected upon, but I am concerned with the
knowledge that was reflected upon"(S. 271 in Anm. 6).

Kritische Anfragen habe ich bei der Rekonstruktion der Situation
des Phlm: Daß Philemon von Paulus bekehrt und womöglich gar als
Leiter der Hausgemeinde eingesetzt worden sein soll, erscheint mir
mehr als fragwürdig angesichts der Tatsache, daß Paulus Phlm 5 vom
Christenstand (nur der ist doch mit Glaube und Liebe umschrieben!)
lediglich von Hörensagen weiß. Viel näher liegt doch die Vermutung,
daß Paulus alle Informationen ausschließlich vom entlaufenen
Sklaven hat! (Vgl. hierzu und zum folgenden A. Suhl: Der Philemon-
briefals Beispiel paulinischer Paränese. Kairos NF 15, 1973,267-279
und ders.: Der Philemonbrief [Zürcher Bibelkommentare "NT 13],
Zürich 1981.) Die Anrede als Synergos V. I hat darum eher
appellativen Charakter. Desgleichen erscheint es problematisch, daß
Paulus nach V. I8f die finanzielle Schuld des Onesimus tatsächlich
beglichen haben soll, wo doch V. I9b.20 ziemlich deutlich einen Verzicht
auf Schadenersatz fordern. Und schließlich scheint mir die sachliche
Notwendigkeit der Dialektik von Pochen auf Autorität und
Autoritätsverzicht verwischt zu werden, wenn Vf. letzteres lediglich
auf den üblichen Stil des Paulus zurückführt und nicht sieht, daß um
der Liebe willen wirklich nur gebeten werden kann.

Diese Einwände sind nur scheinbar belanglos, wollen aber keineswegs
das Verdienst des Vf. schmälern, ein lesenswertes und mit seinen
methodischen Anregungen für die weitere Forschung hoffentlich
richtungsweisendes Buch geschrieben zu haben.

Münster-Amelsbüren Alfred Suhl

Romaniuk, Kazimierz: Soteriologia Sw. Pawra. Warszawa: Akade-
mia Teologii Katolickeij 1983. 318 S. gr. 8'. geb. zt 460.-.

Der bekannte polnische katholische Neutestamentier legt mit
diesem Buch eine Arbeit vor, aus der einzelne Teile jahrelang in Vorlesungen
an katholischen Lehranstalten in Polen vorgetragen wurden.
Sie will nicht nur einzelne Aspekte paulinischer Theologie darstellen,
sondern eine umfassende Theologie des Paulus darbieten, die insgesamt
als Soteriologie verstanden wird. Daraus ergibt sich auch der
Titel des Buches. Nach Auffassung des Vf. trägt nicht nur die Lehre
des Paulus über Sünde und Erlösung soteriologischen Charakter,
sondern auch seine Ekklesiologie, Ethik und Eschatologie (S. 6).
Dementsprechend gliedert er seine Arbeit nach einer Einleitung
(S. 15-45) auch in die drei Haup'tteile: 1. Der Heilsplan Gottes und
seine Verwirklichung in Jesus Christus (S. 48-193). 2. Die Kirche
(S. 199-250), 3. Prinzipien des neuen Lebens (S. 251-308), wobei die
Eschatologie als 5. Kapitel dem dritten Hauptteil zugeordnet ist
(S. 289-297). Grundlage der Darstellung sind alle 13 im Neuen
Testament unter dem Namen des Paulus gesammelten Briefe.

In der Einleitung gibt der Vf. zunächst einen knappen Überblick

über die Interpretation des Paulinismus seit der Tübinger Schule.
Dabei wird umfassend vor allem die deutschsprachige Forschung seit
dem 19. Jh. von F. Chr. Baur und seinen Schülern bis in die Gegenwart
dargestellt (Bultmann, Bornkamm, Schlier, Käsemann. Schmit-
hals, Conzelmann und Kümmel). Als Quellen der Theologie des
Paulus behandelt er das pharisäisch-rabbinische Judentum, die alt-
testamentlichen Schriften, Qumran, den Hellenismus, persönliche
Offenbarungen an Paulus, frühchristliche Traditionen und apostolische
Erfahrungen des Paulus. Der Vf. folgt nicht den Thesen der
kritischen Einleitungswissenschaft zur nichtpaulinischen Herkunft
etlicher Paulusbriefe, obwohl er sie kennt und diskutiert. Dabei beruft
er sich oft auf den Standpunkt der konservativeren protestantischen
Forschung und leitet nicht nur den 2. Thessalonicher-, Kolosser- und
Epheserbrief, sondern auch die Pastoralbriefe von Paulus her. Unter
den Gefangenschaftsbriefen sieht er den Philipperbrief in einer
ephesinischen Gefangenschaft des Paulus verfaßt, den Kolosser-,
Epheser- und Philemonbrief dagegen in der ersten römischen Gefangenschaft
. Hinsichtlich der Pastoralbriefe folgt er der Auffassung,
wie sie z. B. in den Einleitungen von Michaelis und Feine/Behm vertreten
worden ist, d. h. der I, Timotheusbrief ist für ihn nach der
ersten römischen Gefangenschaft in Makedonien entstanden, der
Titusbrief ebenfalls nach der ersten Gefangenschaft im östlichen
Missionsgebiet des Paulus und der 2. Timotheusbrief in einer zweiten
Gefangenschaft in Rom kurz vordem Märtyrertod.

Da für den Vf. die Theologie des Paulus Soteriologie und nicht
Anthropologie ist, setzt er im ersten Kap. nicht wie Bultmann mit
anthropologischen Begriffen ein. sondern mit den christologischen
Hoheitstiteln Kyrios, Gottessohn, Mittler und Messias (Chrislos).
Dann folgt in Kap. 2 Das Geheimnis der Erhöhung Christi, in Kap. 3
Leiden und Tod Jesu in der paulinischen Soteriologie, in Kap. 4 Die
Heilsinitiative Gottes des Vaters in der paulinischen Soteriologie, in
Kap. 5 Die Sünde, in Kap. 6 Rechtfertigung und frühere Heilsgeschichte
mit der Darstellung des mosaischen Gesetzes und seines
Unvermögens in der bisherigen Heilsgeschichte, in Kap. 7 Verschiedene
Aspekte des Heilswerkes Jesu (wie Versöhnung, Erlösung,
Loskauf, Buße und Vergebung).

Daß der Vf. die Pastoralbriefe für unmittelbar paulinisch ansieht,
hat natürlich im zweiten Hauptteil für die Darstellung der Ekklesiologie
Konsequenzen. Das gilt sowohl bei der Darstellung des apostolischen
Amtes als auch bei der Darstellung anderer Ämter für die notwendigen
Amtsqualitäten der Diener der Kirche, besonders bei der
Darstellung der hierarchischen Stufen Episkopen, Presbyter, Dia-
kone. Gleichwohl gesteht der Vf. aber doch zu, daß die hierarchischen
Stufen des Priestertums noch unpräzise und unbestimmt dargestellt
werden, so daß sehr wohl Unterschiede bestehen gegenüber dem
Stand an der Wende vom zweiten zum dritten Jh.

Im dritten Hauptteil, der paulinischen Ethik, werden die verschiedenen
Aspekte des täglichen Zusammenlebens in der christlichen
Gemeinde erörtert, darunter der Begriff'der christlichen
Bruderliebe in der Kirche als einer Gemeinschaft von Brüdern, die
Pflichten gegenüber dem Nächsten, Fragen von Reichtum und
Armut, Ehe und Ehelosigkeit usw.

Einerseits wertet der Vf. die paulinischen Briefe durchaus als
Quellen, die die Möglichkeit zu einer synthetischen Darstellung der
paulinischen Soteriologie gewähren, andererseits ist er der Meinung,
daß sie auch eine Entwicklung der paulinischen Theologie in drei
Etappen erkennen lassen: Die erste Etappe spiegele sich in den
Thessalonicherbriefen, in der Paulus noch nicht in größere Polemik
mit Gegnern verwickelt sei, die zweite Etappe in den vier großen
Hauptbriefen, in der er sich mit dem Judentum (Römer- und Galater-
brief) und dem Hellenismus (Korintherbriefe) auseinandersetze, und
die dritte Etappe in den Gefangenschaftsbriefen aus Rom (Epheser-
und Kolosserbrief), in der er gegen gnostische Strömungen auf kleinasiatischem
Gebiet kämpfe. In dieser letzten Etappe sei die Soteriologie
des Paulus sowohl ekklesiologisch als auch zugleich kosmolo-
gisch ausgerichtet. Im Epheserbrief findet er auch viele Berührungs-