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Ausgabe:

1987

Spalte:

528-529

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Handbuch religiöse Gemeinschaften 1987

Rezensent:

Obst, Helmut

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Theologische Literatur/eilung 112. Jahrgang 1987 Nr. 7

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dem Buch erwartet, nämlich die Beachtung der „Causa Lulheri",
begegnet ausführlich auf den Seiten 4.18-539. Auch eine Einschätzung
des Ertrages „Der Kontroversen zwischen C'ajetan und Luther
für das ökumenische Gespräch" fehlt nicht.

Vor dem Schlußkapitel geht die Vfn. noch der Einwirkung des
Dominikaner-Theologen „auf die Entwicklung von Gnadenlehre und
Anthropologie in der Neuzeit" nach.

Quellenzitationen, Exegesen, Schlußfolgerungen bieten ein so von
vielen Seilen zu betrachtendes Geflecht, daß es schwerfallen dürfte,
einfach im herkömmlichen Sinne von einem „katholischen" oder
„evangelischen" Buch zu sprechen.

Die freundlichste Reaktion auf die beachtliche Leistung der Autorin
dürfte es sein, hier und da in die Prüfung der zitierten Einzelstellcn
einzusteigen. Das könnte im Rahmen der Kontexte von einer evangelisch
-theologischen Grundhaltung her zu manchem Widerspruch
führen, vornehmlich in der Luther-Interpretation. Zum Beispiel ließe
sich fragen, ob die große Zahl der Einzclbeobachtungen in Luthers
Schriften zu folgender Summierung führt: „In der Frage der Heilsgewißheit
betont Luther so sehr, daß die Gewißheit auf Gott gegründet
und jeder Zweifel Mißtrauen ist, daß der Glaube als menschliche
Komponente kaum noch ... als Geschenk Gottes in den Blick
kommt. So kann ihm C'ajetan der Logik der Gedanken nach mit Recht
entgegenhalten, er mache den Glauben zu einem opus humanuni."
(572) Hier ist mindestens manches mißverständlich, aber auf jeden
Fall Ansatzpunkt für das weitere interkonfessionelle Gespräch.

Barbara Hallensieben hat das große Verdienst, auf eine bedeutende
Gestalt in der Reformationszeit konturiert aufmerksam gemacht zu
haben, von der viele evangelische Theologen bisher nicht mehr
wußten, als daß es 1518 in Augsburg Luther gegenüber einen unflexi-
blen Mandatar Roms gegeben habe.

Görlitz Joachim Rogge

Narsai cinq homelies sur les paraboles evangeliques. Introduction et
TraductionE. P. Siman. Paris: Cariscript I984.V.209S. 8".

Narsai (Narses, Nerses, mit dem Beinamen ,der Aussätzige') wurde
angeblich 399 (oder 407?) geboren. Er leitete seit 437 die berühmte
Schule von Edessa. Als Nestorianer nach 457 abgesetzt und später
vertrieben, gründete er in Nisibis auf persischem Gebiet unter dem
dortigen Metropoliten Barsamas (435-489) eine neue, nestorianische
Schule. Narsai starb in Nisibis im Jahre 502.

Ihm wird ein umfangreiches literarisches Lebenswerk zugeschrieben
. Erhalten geblieben sind rieben seiner „Liturgie" seine 360 Vers-
Predigten, die in der nestorianischen Kirche sehr beliebt waren. Der
ostsyrische Text dieser poetischen Homilien wurde in einer - allerdings
unkritischen und nicht die besten Manuskripte zugrundelegenden
- zweibändigen Ausgabe von A. Mingana im Jahre 1905 veröffentlicht
.

Fünf Homilien, die bislang noch nicht übersetzt worden sind, legt
E. P. Siman in einer gut lesbaren und dennoch dem Text getreulich
folgenden Übertragung vor. Es handelt sich um Homilien über die folgenden
Gleichnisse: Von den zehn Jungfrauen, vom verlorenen Sohn,
vom reichen Mann und dem armen Lazarus, von den Arbeitern im
Weinberg sowie vom Unkraut unter dem Weizen ( = Nr. 27, 33, 48,
47, 53 bei Mingana). Die Textgrundlage liefern die Manuskripte
BM Or. Nr. 5463 (Urmia 1893) und Nisan Nr. 1 (Urmia 1896, jetzt in
Teheran). Vorangestellt ist eine sehr knappe Einleitung (1-5); dann
folgen Übersetzung und Faksimile-Text der Nisan-Handschrift.
jeweils nebeneinander auf den gegenüberliegenden Seiten angeordnet.
Der Faksimile-Text ist gut lesbar, wenngleich Betonungs- und Vokalzeichen
sowie sonstige Lesehilfen nicht immer so deutlich herauskommen
, wie es bei Verwendung dieser verdienstvollen Edition im
akademischen Unterricht wünschenswert wäre.

K.-H. B.

Rilttardby, Robert: Quaestiones in librum primum siiitintiarum hg.

von J. Schneider. München: Verlag der Bayerischen Akademie der
Wissenschaften; München: Beck i. Komm. 1986. 56* S., 308 S.
gr. 8" = Bayerische Akademie der Wissenschaften. Veröffentlichungen
der Kommission für die Herausgabe ungedruckler Texte aus der
mittelalterlichen Geisteswelt, 13. (ich. DM 65,-.

Der in Oxford lehrende Robert Kilwardby wurde 1261 Provinzial
des Dominikanerordens und war 1272-1279 Erzbischof von Canter-
bury. Von seinen Quaestiones zu den Sentenzen des Petrus Lombar-
dus liegt bisher Buch 3 in 2 Teilbänden vor. Der jetzt vorgelegte Band
enthält Quaestiones, „die sich weder lückenlos noch in strenger
Reihenfolge den Distinctionen des Lombarden anschließen"(22). Der
Index Auctorum zeigt, daß öfter als Petrus Lombardus andere
Gewährsleute zitiert werden: Am häufigsten Augustin, danach Aristoteles
, Bonaventura und Alexander von Haies; auch Anselm von
C'anterbury, Boethius, Averroes, Cicero, Fulgentius, Johannes
Damaszenus, Isidor von Sevilla, Rhabanus Maurus. Richard von
St. Victor und Seneca kommen vor. Unterstrichen werden die „engen
Beziehungen K.s zu seinem Oxforder Kollegen Richard Rufus"(26).
Ein Exkurs zur Ideenlehre gibt genaueren Aufschluß über den theologischen
Standort. Es muß „eine bislang aus den Quellen nicht faßbare
Diskussion gegeben" haben (45). Schlußfolgerungen werden nur vorsichtig
gezogen. Wahrscheinlich war K. von Richard Rufus abhängig,
der 1255 aus Paris nach Oxford kam: K. könnte sein Werk 1256
begonnen haben. Der Schlußsatz der Einleitung lautet: „So ist es möglich
, daß K. als Magister, veranlaßt durch das Bekanntwerden des
Sentenzenkommentars Bonaventuras und durch die Wiedergabe und
Weiterführung der Gedanken des Doctor Seraphicus bei R. R., in diesen
Quaestionen in die Auseinandersetzungen einzugreifen, die Auffassungen
der Magistri zu bestätigen oder zu widerlegen, und mit
eigenen Gedanken die Entfaltung der Lehre zu fördern beabsichtigte
"^).

G. H.

Kirchen- und Konfessionskunde

Reller, Horst, u. Manfred Kießig [Hg.]: Handbuch Religiöse Gemeinschaften
. Freikirchen, Sondergemeinschaften, Sekten, Weltanschauungen
, Missionierende Religionen des Ostens. Neureligionen
. Für den VELKD-Arbeitskreis Religiöse Gemeinschaften im
Auftrage des Lutherischen Kirchenamtes hg. 3., völlig Überarb. u.
erw. Aufl. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1985.
795 S. gr. 8". geb. DM 78,-.

Der rasche Wandel in der religiösen Szene der Gegenwart läßt vorliegende
Darstellungen rasch veralten, macht ständige Fortschreibung
unerläßlich, nötigt, neuen Akzentsetzungen Rechnung zu tragen. Diesem
Ziel fühlt sich die 3. Auflage des „Handbuches Religiöse Gemeinschaften
" verptlichtet. Es knüpft dabei an Vorliegendes an. Die
problematische Gliederung in: Freikirchen; Sondergemeinschaften;
Sekten; Esoterisch-neugnostische Weltanschauungen und Bewegungen
; Missionierende Religionen des Ostens und Neureligionen
(„Juge'ndreligionen"); Religiös-philosophische Weltanschauungen
wird - trotz Veränderungen im einzelnen - beibehalten. Auch sonst
sind Desiderate, die bereits an die I. Auflage zu stellen waren (vgl.
ThLZ 104, 1979, 752-755), zu wiederholen. Als Beispiel sei auf die
Darstellung der Neuapostolischen Kirche verwiesen, die sowohl in
der BRD wie in der DDR die drittgrößte Konfession ist. Hier wäre
eine der Bedeutung dieser Religionsgemeinschaft angemessene aktuelle
Bearbeitung (nicht nur neues Zahlenmaterial) dringend notwendig
gewesen. (Ihre Lehre wird nach wie vor auf weniger als einer Seite
vorgestellt.) Deutliche Qualitätsverbesserungen weisen die Darstellungen
der meisten Freikirchen auf. Hier haben sich Kontakte und
Gespräche mit Vertretern der Freikirchen positiv ausgewirkt, sind
Gemeinsamkeiten, aber auch nach wie vor bestehende Gegensätze