Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1987

Spalte:

24

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Gese, Hartmut

Titel/Untertitel:

Zur biblischen Theologie 1987

Rezensent:

Wagner, Siegfried

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

23

Theologische Literaturzeitung 1 12. Jahrgang 1^87 Nr. I

24

/ählung folgen dann die beiden Kommentare "The End of the People
of'God: A Commentary on the Book of Arnos" von Robert Martin-
Achard, übersetzt von G. A. F. Knight (1-71), und "The Theology
of Hope: A Commentary on the Book of Lamentations" von S. Paul
Re'emi, mit Hilfe von Robert Davidson und George Knight in die vorliegende
Form gebracht (73-134). In beiden Kommentaren folgt auf
eine Einleitung die Kommentierung und eine knappe Bibliographie.
Wer von der Zusammenstellung der beiden so ungleichen biblischen
Bücher besonders kühne Thesen der Verfasser erwartet, wird freilieh
enttäuscht. Die einigende Klammer ist der Gesamttitel "God's People
in Crisis".

Martin-Achard teilt das Amosbuch in die üblichen 3 Hauptteile
ein: (1) 1,3-2,16; (2) 3,1-6,14; (3) 7,1-9,10. Dieser autobiographische
Elemente einschließenden Sammlung von Äußerungen und
Orakeln des Arnos sei in 1,1 feine Einleitung vorangestellt und in
9,11-15 ein im Ton mit dem Vorausgehenden kontrastierender
Schluß angefügt worden. Aber nicht nur Einleitung und Schluß sieht
der Vf. für sekundär an. Er beschreibt vielmehr die Entstehungsgeschichte
der Sammlung als mehrstufigen Prozeß. Am Anfang stehe
das mündlich verkündete Wort. Die erste Sammlung gehe auf Arnos
selbst zurück. Sie sei durch seine Schüler sorgfältig bewahrt worden.
Deren eigener Anteil daran wird freilich vom Vf. nicht deutlich gemacht
. Schließlich wurden dem Buch in der Zeit zwischen der Regierung
Josias (622-609 v. Chr.) und nach 587 v. Chr. durch judäische
Leser Bemerkungen und Glossen hinzugefügt. Neben 1,2 und dem
nach 587 anzusetzenden Schluß 9,11 ff (oder 9,8 IT) zählt der Vf. 1.91;
l,Uf; 2,4f; 4,13; 5,8f; 9,5f zu den sekundären Bestandteilen des
Buches. Diese Feststellung will er jedoch nicht als Wertminderung
interpretiert wissen. Die Zusätze seien Ausdruck der Tatsache, daß
die Botschaft des Propheten die Geschichte seines Volkes begleitet
hat.

Zur Person des Propheten bemerkt der Vf., daß mit dem Terminus
noqed "a special category of sheep breeder" (4) bezeichnet werde,
nämlich der Verwalter oder Eigentümer einer kleinen Herde. Arnos
sei daher ein sozial und ökonomisch selbständiger, ja ein vermögender
Mann gewesen oder habe wenigstens eine einigermaßen bedeutende
Position eingenommen. Der Vf. folgert daraus, daß Arnos' Auftreten
nicht vom Klassenkampf abhängig gewesen sei, sondern von dem an
ihn ergangenen Ruf seines Gottes, was als Alternative kaum zwingend
ist. Er datiert Arnos in die I. Hälfte des Jahrzehnts zwischen 760 und
750 v. Chr. Nach seiner Vertreibung aus Bethel sei er wahrscheinlich
nach Juda zurückgekehrt und habe seine frühere Tätigkeit wiederaufgenommen
. Allerdings habe er sich dort entschlossen, seine Worte
über Israel schriftlich niederzulegen und Schülern anzuvertrauen.
Wie man sich das Verhältnis dieses Schülerkreises zu dem Nicht-
mehr-Propheten Arnos vorzustellen hat, wird nicht gesagt.

Die Botschaft des Arnos wird vom Vf. charakterisiert durch die
Härte und Strenge der Diagnose über den Zustand des Volkes Israel
und durch das rigorose Urteil Jahwes über die Schuldigen. Sie konzentriere
sich auf die Ankündigung des Endes des Nordreiches. Die
vom Propheten zu diesem Zweck immer wieder verwandten Bilder
seien die von Flucht, Untergang und Tod. "Arnos appears quite
clearly as the witness of a God who pronounces a radical No to the
very existence, both present and future, of his people." (8)

Re'emi untergliedert die 5 Kapitel (= 5 Lieder) der Threni in jeweils
2 (1,1-11.12-22; 2,1-10.11-22; 5,1-18.19-22) oder 3 Teile
(3,1-24.25-51.52-66; 4,1-11.12-16.17-22). Formal unterscheidet
er Elemente nationaler (2,22; 3,43-47; 5) und individueller Klagelieder
(1,9c—1 lc.12-16). Danklieder (3,1-24.52-66), des Weisheitsliedes
(3,25-27), Sündenbekenntnisses (1,5.8.14.18.20; 3,39-42; 4,6)
und Hymnus (3,22ff; 5,19) (79). Die Verbindung der verschiedenen
Elemente in einem Poem erklärt er aus dem liturgischen Gebrauch bei
nationalen Trauerfeiern. Die akrostichische Form der Kap. 1-4
wird einerseits aus der poetischen Tradition der Entstehungszeit,
andererseits aus dem Verlangen des Dichters, seine Gefühle "from
Alef to Taw" auszudrücken (79), erklärt.

Hinsichtlich der Autorschaft neigt der Vf. zu der Auffassung, daß
alle Lieder von einem Autor stammen (cf. 81 mit 79), der Augenzeuge
der geschilderten Ereignisse war, aber nicht mit Jeremia identisch ist.
Der Inhalt verweise auf Juda, vielleicht Jerusalem, als Entstehungsort.
Die Entstehungszeit sei unterschiedlich. Kap. I könne zur Zeit des
ersten Exils 598 v. Chr. entstanden sein. Kap. 5 im Exil, die anderen
Kapitel 587/586 v. Chr., so daß für die 5 Kap. die Zeit zwischen 598
und 580 v. Chr. in Frage käme.

In den Threni begegnen wir den .Ärmsten des Landes', denen erlaubt
worden war zu bleiben. Die Lieder haben den Zweck, sowohl
Kummer und Entsetzen über das Geschehen zum Ausdruck zu bringen
als auch Sünde zu bekennen. "The poet acknowlcdges in the
namc of the people that this calamity that had fallen upon Judah was
in faet a punishment from Yahweh . . . But at the same time, therefore,
it was a warning for the generations to come, not only for Judah, but
forall the nations of the world as well." (76)

Oer schmale Raum und die Anlage der Reihe ließen keine ausführliche
Begründung der Ergebnisse zu. So unterbleibt auch die Auseinandersetzung
mit anderen Positionen. Die Kürze der Bibliographien
dokumentiert das auf ihre Weise. Wird die Reihe damit der angegebenen
Zielgruppe, "ministers and Christian educators" (VI), wirklich
gerecht?

Leipzig Dietmar Mathias

Gese, Hartmut: Zur biblischen Theologie. Alttestamentliche Vorträge
. 2. Aufl. (durchges.). Tübingen: Mohr 1983. 239 S. gr. 8'.
Kart. DM 39,-.

„Das Buch ist ein nur wenig veränderter Nachdruck der Erstauflage
, die als Band 78 in der Reihe .Beiträge zur evangelischen Theologie
. Theologische Abhandlungen' im Chr. Kaiser-Verlag München
1977 erschienen ist" (Vorwort zur Neuauflage). In der Tat ist an Umfang
und Abfolge der Vorträge nichts geändert, selbst die Seitenzählung
ist beibehalten. Die .Veränderung' bezieht sich auf eine
Durchsicht des Textes. Zwischen 1977 und 1983 ist im Jahre 1981
eine englische Übersetzung im Augsburg Publishing House Minnea-
polis unter dem Titel "Essays on Biblical Theology " erschienen. Es
entspricht der Bedeutung des Tübinger Alttestamentlers, daß die Beschäftigung
mit seinen bekannten Positionen weiter anhält, obwohl
die Abfassung einzelner Vorträge schon bis zu anderthalb Jahrzehnte
zurückliegt. Sicherlich kommen Thematik und Systematik der behandelten
alt- und neutestamentlichen (biblischen) Problemfelder
(Schriftverständnis, Tod, Gesetz, Sühne, Herrenmahl, Messias,
Johannesprolog, Weltbild) bestimmten Bedürfnissen des Theologen
und Pfarrers entgegen, die durch die vornehmlich analytisch arbeitenden
exegetischen Wissenschaften offenbar nicht befriedigt werden
können. Die Frage danach, wie die analytisch erschlossenen Einzelelemente
eines Textes wieder zusammengedacht werden können, oder
ob sie mit Textelementen anderer Textschichten und -ebenen zusammengesehen
werden müßten oder aber in ihrer Vereinzelung (Isolierung
) verbleiben sollten, ist eine berechtigte Frage, die noch nicht genügend
Aufmerksamkeit gefunden hat. Hier schreitet Gese auf seine
Weise voran, ohne daß er die analytische Textbeobachtung verleugnete
. Sachlich ist über das hinaus, was zur ersten Auflage in dieser
Zeitschrift schon gesagt worden ist, nichts zu bemerken, so daß der
Hinweis auf ThLZ 106, 1981,876-878 genügen kann.

Leipzig Siegfried Wagner

Day, John: God's conflict with the dragon and the sea. Echoes of a
Canaanite myth in the Old Testament. Cambridge: Cambridge Uni-
versity Press 1985. XII, 233 S. 8*. Lw.£25.-.

Die vorliegende Abhandlung geht auf eine von J. A. Emerton betreute
Cambridger Dissertation zurück. Sie ist ebenso ein speeimen
eruditionis ihres Vfs. wie ein insgesamt gelungener Versuch, die aus