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Ausgabe:

1987

Spalte:

427-429

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Levin, Christoph

Titel/Untertitel:

Die Verheißung des neuen Bundes 1987

Rezensent:

Wächter, Ludwig

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 6

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derten Abschnitt die Rede. Das begründet den Wunsch, bei der zu
erwartenden Neuauflage die Religionsgcschichte stärker zu berücksichtigen
und konsequenter in die Geschichtsdarstellung einzu-
beziehen.

Daß sich Vf. als Historiker versteht, ist auch daran abzulesen, daß er
für alle genannten Orte Lokalisierungsvorschläge macht und durch
gelegentliche Kartenskizzen (Nr. 1-7) dem Leser das Auffinden
zumindest der wichtigsten Orte erleichtert. Auch hierbei geht der
Wunsch dahin, entweder der Geschichte Israels eine eigene Karte mitzugeben
oder doch im Ortsnamenregister auf die jeweils heranzuziehende
Kartenskizze zu verweisen.

Schließlich soll der unverwechselbare Stil des Vf. nicht unerwähnt
bleiben, ist doch vom „Felsennest" Jerusalem (196) oder davon die
Rede, daß den Omridcn die Religionspolitik „aus dem Ruder gelaufen
" sei (270). Und andernorts (249) wird gefragt: „Litt Asa an der
Prostata?"

Es liegt in der Natur derartiger Lehrbücher, daß vieles kurz, Tür
manchen Leser zu kurz wegkommt (z. B. die sog. Väterreligion) oder
daß Positionen vertreten werden, die nicht bei jedem Zustimmung
finden. Insgesamt darf man dem Vf. mit Dank bescheinigen, eine
Geschichte Israels erstellt zu haben, die ihr eigenes Profil hat und
unter den gegenwärtigen Lehrbüchern ihren festen Platz finden wird.
Daß sie auch manche Diskussion auslöst, ist dem Vf. gewiß nicht
unlieb, hat er sein Werk doch dem Andenken seiner beiden Leipziger
Lehrer Albrecht Alt und Siegfried Morenz gewidmet.

Greifswald Hans-Jürgen Zobel

Levin, Christoph: Die Verheißung des neuen Bundes in ihrem thcolo-
giegeschichtlichen Zusammenhang ausgelegt. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1985. 303 S. gr. 8* = FRLANT, 137. Lw.
DM 74,-.

Jeremia 31,31-34, die Verheißung des neuen Bundes, wird in
diesem Buch in einen weiten Zusammenhang hineingestellt.

Die Vorbemerkungen (I. S. 11-21) erläutern nach einem kurzen
Forschungsüberblick die Art des beabsichtigten Vorgehens (S. 20):
„Den Text selbst - soweit das bei der Zirkelstruktur unseres Verste-
hens möglich ist - zum Maßstab der Exegese zu nehmen, ihn nicht
von vorgegebenen Fragestellungen herzu befragen und nicht an fremden
Kriterien zu messen." Darauf folgt (S. 21) die Bestimmung der
wissenschaftlichen Position des Vf.: „Ich habe gelernt, das Alte
Testament zum weit überwiegenden Teil als das Ergebnis eines lang
andauernden Prozesses schriftlicher Traditionsbildung zu lesen, zu
dessen Verständnis redaktionsgcschichtliche so wenig wie biographische
oder überlieferungsgeschichtliche Lösungen taugen: und ich
habe gelernt, daß die Geschichte der Theologie des Alten Testaments
nach der Vorgeschichte in vorexilischer Zeit und dem Zwischenspiel
der Exilszeit (587-539) erst mit dem persischen Zeitalter beginnt. . ."
Man kann einen Widerspruch zwischen den Aussagen beider Zitate
entdecken: enthält das zweite nicht doch „vorgegebene Fragestellungen
"? Diese Widersprüchlichkeit zieht sich durch das gesamte Buch
hin: Auf der einen Seite gibt es redliche und gewissenhafte Arbeit an
den Texten, auf der anderen Seite werden Pauschal urteile vorgebracht
, die thesenartig größere Überlieferungskomplexe einordnen
oder Wissenschaftsmethoden bewerten bzw. abwerten.

Was an Levins Vorgehen von Anfang an auffällt, ist, daß - gewiß
durch die Skepsis gegenüber anderen Methoden, den Text zu befragen
, bedingt — die klassischen Vertreter der radikalen Literarkritik.
Wellhausen und Duhm, vielfach als Kronzeugen der eigenen Anschauungen
herangezogen werden.

Im Gegensatz zu der gängigen Trennung beider Texte wird die Verheißung
des neuen Bundes (Jer 31,31 -34) zusammen mit der Verheißung
der Neusaat Israels und Judas (Jer 31,27-30) ausgelegt. Die
Formel „Siehe, Tage kommen, Spruch Jahwes", die in beiden Verheißungen
(V. 27a.31a) belegt ist, wird als „Einleitungsformel zur
Schilderung kommender Heilszeit*' (S. 23) bestimmt, welche Teil

einer eigenen Gattung der prophetischen Heilsankündigung (S. 28)
sei. Angesichts der engen Präzisierung der Formulierung und der
knappen Bezeugung stellt sich die Frage: Was versteht L. unter
„Gattung"?

Das Ergebnis der literarkritischen Analyse von Jer 31,27-34, die
Hauptgegenstand der Abschnitte II—IV ist, sei mit den Worten Levins
mitgeteilt (S. 60):

„(I) Den Verheißungen von Neusaat und neuem Bund liegen in
V. 27a.29a/J;'b - 30a.31 a.34ab« zwei frühexilische Heilswortc zugrunde
, die nach einer vorgegebenen Gattung gestaltet sind.

(2) Diese Heilsworte sind in V. 27b-29an.31 b-32.33b.34bu/Sh' um die
Verheißungen von Neusaat und neuem Bund ergänzt worden. Beide
Verheißungen stammen von ein und demselben Verfasser. Dieser hat
zugleich aufdie Texte I,10.I2;6,I3 und I 1,4.10zurückgegriffen.

(3) In spätalttestamentlicher Zeit ist die Bundesverheißung durch die
Verheißung der ins Herz geschriebenen Tora V. 33a erläutert
worden.

(4) V. 30b ist Glosse."

Recht ausgedehnt und vielschichtig ist Abschnitt V (S. 61-146):
„Die Vorgeschichte der Bundesverheißung. Ursprünge und Entwicklung
der alttestamentliehen Bundestheologie". Einleitend wird das
Problem der Entstehungsgeschichte der Prosareden des Jcremia-
buches gestreift, in denen L. keine Spuren einer planmäßigen Bearbeitung
erkennen kann, was zu einer Kritik der These einer deuterono-
mistischen Redaktion des Buches Jeremia führt, wie sie besonders von
W. Thiel vertreten wird. L. entdeckt stattdessen, „daß in den jeremia-
nischen Prosareden nicht eine Hand (oder eine Schule) in einigen
Jahren, sondern hundert Hände in hundert Jahren geschrieben haben
müssen" (S. 65). Das ist überspitzt gesagt und schießt irgendwie an
Thiel vorbei, der ja nirgends behauptet hat, die dtr Redaktion sei die
einzige Bearbeitungsschicht im Buche Jeremia. Die prophetische
Literatur ist nach L. „in erster Linie weder Autoren- noch Redaktorenliteratur
, sondern Auslegungsliteratur, ein großer, in Jahrhunderten
gewachsener, schriftlicher Midrasch" (S. 67).

Nach einem Exkurs über den Jeremiatext der Septüaginta wird das
Hauptthema des Abschnitts in Angriff genommen, die Vorgeschichte
der Bundesverheißung. Eine Analyse von Jer 11,1-14 ergibt, daß der
Grundtext V. 3b-6 und seine erste Ergänzung V. 9a. 1 Ob— 11 dem
Verfasser der Bundesverheißung als Vorlage gedient haben, während
Jer 7,21-23 Vorlage für Jer 1 1,3b-6 sei, bestehend aus dem Jeremia-
wort7,21 „fugt eure Brandopfer zu euren Schlachtopfern und eßt
Fleisch!" und der auf dem ßoden deuteronomischer Theologie
gewachsenen Erweiterung 7,22-23 mit der bedingten Verheißung
„hört auf meine Stimme, so will ich euer Gott sein, und ihr sollt mein
Volk sein!" (S. 75-80). Jer 7,22-23 sieht L. als die Wurzel der Bundestheologie
an; wenn das Stichwort „Bund" auch fehle, so sei doch
die „Bundesformel" vorhanden.

In dem umfangreichen Rest des Abschnittes geht die Darlegung in
die Breite, was die Nennung der Überschriften belegen möge: Das
Hauptgebot. Exkurs: Zum vor-bundestheologischen Deuterono-
mium. Die Notwendigkeit des Gesetzes. Der Dekalog. Die Gebote des
Dekalogs. Das Deuteronomium als Bundesgesetz. Das Schema.
Dtn 26,16-19 und der Moabbund. Die bundestheologische Paränese
des Deuteronomiums. Das Deuteronomium als Bundesformular.
Dtn 27 und der Bundesfluch. Bundestheologie und m2. Jos. 24: Die
Königswahl Jahwes. Der Begriff ma. Der Königsvertrag als Vorbild des
Gottesbundes. - Stärker auf das eigentliche Thema sind die beiden letzten
Unterabschnitte konzentriert: Jer I l,3b-6.9a.l0b-l 1: Die Geschichte
als Bundesbruch. Die Vorgeschichte der Bundesverheißung.

Abschnitt VI (S. 132-146) - Die Verheißung des neuen Bundes -
bringt eine eingehende theologische Auslegung von Jer 31,27-34.

Abschnitt VII (S. 147-196) - Die Bundesverheißung im Jeremia-
buch. Ursprünge und Entwicklung der jeremianischen Heilsprophetie
- gibt nicht nur Jer 31,27-34 seinen Platz im Rahmen der Heilsprophetie
des Buches Jeremia, sondern es werden auch die Auffassungen
des Vf. über die Entstehung des Jeremiabuches ausführlich dar-