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Ausgabe:

1987

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

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Neuerscheinungen

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I

Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 5 378

lehre (113ff), vor allem aber der unzureichenden Grundlegung seiner nähren sich aus derselben Denkhaltung: das „kontingente und ein-
christozentrischen Methode: "Whilst thc Christological framework of malige historische Geschehen" spiele bei Kling keine Rolle (105). So
Jüngel's theology is everywhere massievely apparent, he has under- aber werde Gott, zumindest in der Tendenz, auf ein „Postulat der exi-
taken little detailcd cxamination ofits underlyingstructure"(l 30). stentialen Erfahrung von Sinn und Wert, auf eine subjektive Idee"
Die Anfragen sind stets treffend, sachbezogen und bemühen sich, reduziert (106). Reduziert werde aber auch Jesus auf das, was er für
den theologischen Gehalt der Gedanken Jüngels auch dort zu würdi- mich bedeute. Er sei nicht mehr,als die „Verkörperung" einer Sache
gen, wo ihre Präsentation und Ausarbeitung kritisiert wird. Nur an (116; 123). Kurz und gut, der „monistische(n) und zur Geschichtszwei
Stellen sind hier Einschränkungen zu machen. Der Vorwurf, losigkeit tendierende(n) Charakter" von Küngs Deutungen habe sich
Jüngels Soteriologie lege "insufficient emphasis on the primaey of konsequent durchgehalten (126). Die Christologie bringe zu der spon-
moral action in the Christian theology of salvation" (92), belegt tanen Werterfahrung des Menschen nichts inhaltlich und quantitativ
weniger einen Mangel dieser Soteriologie als vielmehr die Tatsache, Neues hinzu (138).

daß Webster von einem anderen Rechtfertigungsverständnis her argu- Auf Einzelheiten dieses Versuchs kann nicht eingegangen werden.

Hernien als Jüngel (vgl. 1020. Und die problematische Übersetzung Die eklatanten Mängel sind zum Teil verständlich, so hat Huoyinen

derWendung„Gottspricht-derMcnsch entspricht" als "Godspeaks als skandinavischer Lutheraner weder Hintergrundwissen noch Ge-

- man expresses" (105) veranlaßt Webster zu einer Reihe von Refle- spür für die schwierige ökumenische Gesprächslage, innerhalb derer

x'onen (Kapitel 9 passim). die unberücksichtigt lassen, daß Jüngel das Buch „Rechtfertigung" entstand. Das zeigt sich etwa an seinen

durchaus auch von der Geschöpflichkeit des Menschen zu reden weiß. Bemerkungen zu Natur und Übernatur, oder an seinem Exkurs über

Doch das sind eher marginale Punkte. Insgesamt ist Websters Einfüh- thomistische und skotistische Christologie (71-74). Ebensowenig

rung durch ihre kritische Sachlichkeit eine engagierte Einladung "to Gespür zeigt Huovinen m. E. für die reich gegliederte Landschaft

'he kind of sustained, serious and yet delighted study", die Jüngels möglicher Hegelinterpretationen und die neuen Fragen, die u.a.

Theologie "both invites and richly rewards" (5). Denn daß "Jüngel's durch Küngs damalige Monographie angestoßen wurden. Mit sogrob-

*ork badly needs sensitive, informed but critical appraisal" (5), liegt flächigen und allgemeinen Hinweisen (man denke: Hegel, zusammen-

auf der Hand. Wie das geschehen kann, hat Webster exemplarisch gefaßt auf drei Seiten) ist eben nichts gewonnen,

demonstriert. Man wird gespannt sein dürfen, ob und wie seine Unverzeihlich und symptomatisch für die Methode scheinen mir

Anfragen und Anregungen aufgenommen werden. zahllose andere Mängel: - wenn etwa bei Hegels klassischem Begriff

Tübingen Ingolf U. Dalferth der "Aufhebung" eine der drei Varianten schlicht vergessen (76). -

wenn entgegen dem präzisen Sinn eines Küngzitats (bis hierher habe
er auf Hegels Bahnen „gedacht", Menschwerdung. 553) einfach

Huovinen. Eero: Idea Christi. Die idealistische Denkform und behauptet wird, Küng wolle auch weiterhin auf Hegels Bahnen „vor-

Christologie in der Theologie Hans Küngs. Aus dem Finn. von anschre.ten , - wenn der Autor Anthropolog.e und Ontolog.e gegen-

H.-Ch. Daniel. Hannover: Luth. Verlagshaus 1985. 159 S. gr. 8- = einander ausschließt, als halte nichts von Ontologie. wer anthropolo-

Arbeiten zur Geschichte und Theologie des Luthertums, N. F. 6. B'sch denkt (97, A 18), und Küngs Charakteristik unserer „eindimensionalen
" Kultur zu einer monistischen Wesensbestimmung des

Diese Monographie, ursprünglich in Finnisch geschrieben, wurde Menschen verändert (135). Aus der unbestrittenen Weisheit. Jesus

'978 an der Universität Helsinki als Dissertation angenommen. Der habe Gott nicht definiert (sondern von ihm in Gleichnissen erzählt).

Autor will Küngs fundamentaltheologisches „Zentrum", die „Denk- wird flugs auf Küngs vermeintlich antimetaphysische Haltung ge-

jorm" seiner Theologie herausarbeiten (19). Die Schrift ist unterteilt schlössen (107); die-exegetisch nun wirklich nicht mehr aufregende-

1,1 ■ Präludium". „Intermezzo" und „Postludium", und wird durch Bemerkung aber, Jesus habe nicht sich selber verkündet, lädt ebenfalls

c"ie knappe Zusammenfassung abgeschlossen. zu dogmatischem Mißtrauen (Reduktion auf die subjektive Erfahrung

'm Präludium wird Küngs erstes Werk {Rechtfertigung. Die Lehre einer Sache, 122f) ein. Die Suche nach historischer Zuverlässigkeit
Karl Barths und eine katholische Besinnung, 1957) verhandelt. Dort. nennt Huovinen wie selbstverständlich positivistisch (I 12), den Ver-
so der Vf.. wird Christus vornehmlich gesehen als der ewige, prä- weis auf die ,,existentiale"(?) Bedeutung eines Textes aber subjekti-
existente Gottessohn. Die Inkarnation sei „lediglich Offenbarung" des vistisch und funktional. Schließlich häufen sich die -ismen (Monisgottmenschlichen
Christusgeheimnisses (128), die Christologie von mus, Idealismus, Subjektivismus, Präexistentianismus. Positivismus),
Chalcedon diene nur der Veranschaulichung einer „präexistentiani- wie wir es seit den neuscholastischen Lehrbüchern nicht mehr kann-
Shschen Christologie" (69). „Monismus" und „Idealismus" (74) seien ten. Dabei hätte wenigstens der Schlüsselbegriff „Idealismus" einer
deutlich spürbar. befriedigenden Klärung bedurft.

Das lediglich 19scitige Intermezzo bespricht dann Küngs umfang- So meine ich. daß diese Arbeit nicht nur an Küngs Denken vorbeireiche
Monographie zu Hegels Christologie („Menschwerdung Got- gegangen ist. Übersehen wurde vor allem die ungeheure Herausforde-
tes", 1970) als einen Übergang zur späteren Konzeption. Indem Küng rung, in die systematische Theologie durch historische Forschung
den „konkreten Jesus" dem System Hegels entgegenhalte, gleite er in geraten ist. Diese Arbeit selber erscheint mir als das Musterbeispiel
Richtung auf die Geschichtlichkeit Jesu (82). Doch bleibe die Hegel- eines ungeschichtlichen, auch durch die Exegese unberührten Den-
'nterpretation ambivalent. Küng kritisiere denselben Hegel, dem er kens. Genau deshalb aber hat Huovinen auch die eigentliche Drama-
andererseits folgen wolle. Außer dieser tiefen Ambivalenz kann Huo- tik des Küngschen Weges - hin zum Jesus der Geschichte, somit hin
v'inen in diesem 700scitigen Buch wenig entdecken. zu einer auch historisch endlich verantworteten Christologie - gerade

Das Postludium (35 Seiten) befaßt sich schließlich mit Küngs Werk nicht entdeckt. Anders wäre ihm der Wendepunkt nicht zum kurz ein-

■ Christ sein". Hier liegt der zweite, zum ersten Teil deutlich kontra- geblendeten Intermezzo, sondern vielleicht zu einer spannenden

Gierende Schwerpunkt der Untersuchung. Schon zu Beginn wird jetzt Untersuchung geraten. Beschränkung im Thema hätte sicher weiter

auf den ganz anderen Küng abgehoben. Ursprünglich sei der Akzent geführt. Vielleicht ist es nicht nur Zufall, wenn in dieser Komposition

v'on Küngs Christologie auf dem präexistenten Christus gelegen. Jetzt neben „Präludium", „Intermezzo" und „Postludium" die eigent-

'iege er auf der „Erfahrung des post Christum lebenden Subjekts" (93). liehen Sätze dieser Musik (etwa eine wohlgesetzte Fuge) vergessen

Aber auch jetzt unterliege Küng einer „monistischen Tendenz", weil sind.

dem subjektiven Werturteil des Menschen im Grunde keine begrün- Nijmegen Hermann Haring
dende Wirklichkeit mehr vorausgehe (102-104). Langsam schält sich

Huovinens Generalthesc heraus: der frühe Christomonismus „von Borgman, Erik: Bevrijdingstheologie als uitdaging aan westerse theologie

oben" und der spätere anthropologische Monismus „von unten" (TTh 27,1987.55-73).